Schlagwortarchiv für: E-Government

General Assembly of the Swiss Alliance for Data-Intensive Services

More than 20 of the 28 members of the Swiss Alliance for Data-Intensive Services met in Zurich for the General Assembly on November 11th 2016 and discussed the status of the network and the planned activities for next year.

The mission of the Alliance is to provide a significant contribution to make Switzerland an internationally recognized hub for data-driven value creation. The activities are supported by the Commission for Technology and Innovation and focus on three main areas: (1) Innovation: Catalyze scientific innovation into data-driven products, services and business models, (2) Education: Provide training on both technical and business related topics around data-driven value creation and (3) Inspiration: Make achievements visible and thus inspire innovation and entrepreneurship. Swiss Alliance for Data-Intensive Services stands for innovation in the entire data-driven value creation chain and focus on two pillars: Industrial services around Industry 4.0 / Internet-of-Things and Digital and mobile services for humans.

Bern University of Applied Sciences, E-Government Institute is a founding member and active in different expert groups, as e.g. data architecture and big data infrastructure.

More about Swiss Alliance for Data-Intensive Services.

Save the date: 4rd Swiss Conference on Data Science: June 12, 2017, Kursaal Bern.

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Transformationales E-Government: Alles bleibt anders!

In diesem Beitrag wird E-Government aus ganzheitlicher Perspektive betrachtet und ein Programm für die digitale Transformation des Staats skizziert. Die Qualität des Fundaments und der Aufbau von Kompetenzen sind dafür kritische Erfolgsfaktoren.

Was ist E-Government? Die simple Antwort darauf ist noch immer dieselbe wie vor fünfzehn Jahren, sie lässt sich nur mit der heutigen Sprache eleganter formulieren: E-Government ist die digitale Transformation des Staats. Diese Transformation steht erst am Anfang. Sie wird primär die Art des professionellen Arbeitens im Staatsdienst verändern und sekundär die Formen der Teilhabe und der Legitimation. Die Transformation als Möglichkeit zu erkennen und praktisch zu nutzen, ist aber alles andere als einfach. Notwendig sind Abstraktionsvermögen, Kreativität, Kontextwissen, ästhetisch-sinnliches Vorstellungsvermögen und kulturelle Kompetenz. Notwendig ist auch ein gutes Fundament.

Strukturdiskussion – noch alle Fragen offen
Die digitale Transformation wird die Staatsstrukturen und darüber hinaus die philosophischen Grundlagen des Staats verändern. Das ist wenig umstritten, wurde aber noch nicht wirklich konsequent durchdacht und wenn, dann IT-basiert, umgesetzt. Nehmen wir die populäre These von der „Auflösung des Territorialitätsprinzips“: Sie impliziert nicht weniger als die Möglichkeit von Ordnung ohne Ortsbezug und widerspricht damit Carl Schmitts These vom Recht als Einheit von Ordnung und Ortung (1950). Damit wird aber auch das traditionelle Staatskonzept grundsätzlich in Frage gestellt. Dementsprechend verwundert es nicht, dass der fast zehn Jahre alte Diskurs noch immer wenig praktische Wirkung gezeigt hat. Ähnliches gilt für die Forderung nach der „Auflösung des Zuständigkeitsprinzips“: Die in Österreich praktizierte Front-Office-Lösung für Bezirksämter, die einen Bezug staatlicher Dienstleistungen wie z.B. eine Passausstellung unabhängig von Zuständigkeiten ermöglicht, zeigt, dass Informatikparadigmen oft viel wirksamer sind als Organisationsdiskurse.

Teamarbeitsdiskussion – gerade erst begonnen
Während man immerhin über Strukturveränderungen schon seit langem spricht, so hat die Diskussion über die neue Arbeitswelt der Verwaltung gerade erst begonnen. Die Stadt Wien setzt seit einiger Zeit auf die Jungen als Mitarbeitende (quasi die Generationen Y und Z) und das österreichische Finanzministerium schon etwas länger auf Wissenteilen. Und bei einem kürzlichen Besuch in Bremen war Arbeit 4.0 ein zentrales Zukunftsthema. Man sollte all diese Aktivitäten als Annäherung sehen an das eigentliche Kernthema, nämlich die Teamarbeit. Dem globalen Trend hin zu mehr Teamarbeit stehen gute Gründe gegen Teamarbeit in der Verwaltung und einige negative Erfahrungen damit entgegen. Diese Gegenargumente reichen nicht aus, um den Staat zur teamarbeitslosen Zone zu erklären, aber es wird einige Experimente und einige Forschung brauchen, um zu einfachen, praxistauglichen Konzepten für Teamarbeit im Staatswesen zu gelangen.

Drei Fundamente
Die oben jeweils nur kurz angeschnittenen Themen zeigen exemplarisch, wie gering unsere Vorstellung noch ist von der anstehenden digitalen Transformation des Staats. Diese sollte jedenfalls auf traditionellem E-Government aufbauen. Ein tiefes Wissen über Good Practices und Bad Practices ist ein notwendiges Fundament für transformatives E-Government – die Kenntnis von First Practices reicht nicht aus. Zu einem tiefen Wissen gehört sowohl eine multidisziplinäre Perspektive, die ökonomische, technische, rechtliche, ethnologische und ethische Sichten beinhaltet, als auch eine transdisziplinäre Perspektive, die diese Sichten kontextbezogen kreativ integriert. Wer die plusminus 14 E-Government Patterns nicht in- und auswendig kennt, der sollte deshalb diese zuerst intensiv studieren, bevor er über Transformationen nachdenkt.

Die digitale Transformation des Staats sollte aber auch die stattfindenden digitalen Transformationen von Gesellschaft und Wirtschaft kennen und die Erfahrung damit und das Wissen darüber nutzen. Es macht wenig Sinn über eine neue Organisation des Staats nachzudenken, wenn man die aktuellen Trends im Nichtstaatlichen nicht kennt und versteht. Denn anders als beispielsweise ein Unternehmen sollte der Staat dauerhaft existieren und Freiheit, Sicherheit und Vertrauen schaffen. Das schliesst unbedarfte Grossexperimente aus (auch wenn es keineswegs gegen lokale Experimente und Pilotprojekte spricht).

Sind diese beiden Fundamente vorhanden, so kann man philosophisch darüber nachdenken, was der ideale Staat der Zukunft sein könnte und sollte. Kann und muss! Denn ohne philosophische Perspektive wird die konzeptionelle Entwicklung der digitalen Transformation des Staats Stückwerk bleiben. Kein neuer Staat ohne neues Staatsbild und kein neues Staatsbild ohne eine Integration von Menschenbild und technisch-organisatorischen Handlungsoptionen. Gerade weil es eben nicht nur neue Chancen, sondern auch neue Risiken gibt – so dass traditionelle E-Government Konzepte nicht nur angestaubt sind, sondern sich auch als brandgefährlich erweisen könnten – braucht es auch eine neue Staatsphilosophie.

Worauf es ankommt
Die digitale Transformation des Staats braucht also ein dreifaches Fundament. Zusätzlich dazu sind viel Kontextwissen, Kreativität, Abstraktionsvermögen und ästhetisch-sinnliches Vorstellungsvermögen wichtige Erfolgsfaktoren.

In der heutigen Staatsorganisation sind viel Wissen und Knowhow materialisiert, das man unbedingt kennen sollte, wenn man nicht bei der digitalen Transformation schwer schädliche Nebenwirkungen riskieren will. Dieses Kontextwissen betrifft sowohl die Probleme als auch die Problemlösungen und der kulturelle Aspekt spielt dabei eine zentrale Rolle.

Für die Weiterentwicklung dieses Wissens und Knowhows braucht man Kreativität. Den Rahmen für diese Kreativität bilden Abstraktionen, die den Umgang mit der Komplexität des Staats vereinfachen. Komplementär zu abstrakten Perspektiven spielen aber auch ästhetisch-sinnliche Aspekte eine wichtige Rolle. Einerseits weil Staat Machen immer auch eine theatrale Aufführung beinhaltet. Anderseits weil die User Experience mit den neuen digitalen Werkzeugen das Verhalten so entscheidend steuern kann, dass sie die Weiterentwicklung des Staats mitbestimmt.

Alles bleibt anders
Es kommt also nicht auf Daten oder Prozesse an, sondern auf kulturelle Kompetenz, Kontextwissen, Abstraktionsvermögen, Kreativität und eine ästhetische Begabung an, wenn man die digitale Transformation des Staats effektiv realisieren will. Es gibt dafür aus den unterschiedlichsten Fremdbereichen erprobte Methoden, aber die E-Government Forschung hat sich diese noch nicht angeeignet und steht nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch ganz am Anfang. Ein Programm für transformatives E-Government muss zwingend die skizzierten Kompetenzen aufbauen, wenn es nicht grandios scheitern will – und es sollte dies möglichst tun, bevor es zu viel Schaden angerichtet hat.

Sicher wäre es einfacher, auf all das zu verzichten und beim konventionellen E-Government zu bleiben, das hier und da ein paar Dinge digitalisiert und automatisiert. Aber in einer Welt, in der die Digitalisierung Wirtschaft und Privatleben völlig umkrempelt gibt es keine Stabilität ohne Wandel -auch nicht für den Staat Es gibt aktuell viele Ideen, hoheitliche Aufgaben zu entstaatlichen und es gibt erste Ideen, Unternehmen ganz durch Algorithmen zu ersetzen. Darauf mit Transformationsverweigerung auf Seiten des Staats zu reagieren, wäre keine nachhaltige Strategie.

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E-Government meets E-Health? Oder: E-Government + E-Health = E-Society?

Vom Dienstag 8. März bis Freitag 11. März 2016 fand an der Bern Expo das alljährliche Familientreffen der beiden Communities E-Government in der Schweiz und E-Health in der Schweiz im Rahmen der InfoSocietyDays statt. Die E-Government-Community traf sich vom 8. bis zum 9. März und die E-Health-Community vom 10. bis zum 11. März 2016.

E-Government Forum

Das diesjährige Swiss eGovernment Forum setzte sich die folgenden Motti für die die beiden Tage: «eSociety bereits heute Realität» sowie «Digitalisierung von Verwaltungsleistungen durch Make oder Buy».

Erhellend war am ersten Tag das erste Referat von Danielle Gagnaux-Morel, Staatskanzlerin des Canton de Fribourg. Take-home messages können wie folgt zusammengefasst werden: Ein E-Society-Himmel kann nur entstehen, wenn Ubiquitous Networks die Bereitstellung von Ubiquitous Services unterstützen und diese wiederum die Zusammenführung der verschiedenen E-Bereiche zu einem neuen Ganzen, der E-Society führen. Ziel von E-Government ist die Staatsmodernisierung. Die Herausforderung besteht darin, den Nutzen für die Nutzer herauszuarbeiten und zu ermöglichen. Transparenz und Vertrauen sind zentrale Ziele des modernisierten Staats.

Am letzten E-Government-Forum Romand, das in Neuchâtel stattfand, war der Guichet Unique des neuenburgischen Kantons ein zentrales Thema. Nun tauchte dieser auch in Bern an den InfoSocietyDays (allerdings nicht zum ersten Mal) auf. Der Vizekanzler und der IT-Chef des Kantons berichteten von den grossen Fortschritten hin zum papierlosen Staat.

E-Government Schweiz ganz neu, hätte man als Motto über das Referat von Cedric Roy stellen können. Ueli Maurer wird zitiert, der sagte: „Mit der Umsetzung der E-Goverment-Strategie Schweiz fördern Bund, Kantone und Gemeinden gemeinsam die dienstleistungsorientierte Verwaltung.“ Neu? Ja! Neue Steuerung – Trennung von strategischer und operativer Steuerung. Neue Finanzierung – Kantone und Bund finanzieren gemeinsam CHF 4 Mio. Die Kantone sind erstmals an der Finan­zie­rung beteiligt.

Wie immer gab es am Nachmittag des ersten Tages auch Solution-Präsentationen zu sehen. Spannend war ein Einblick ins herausfordernde Intranet des EDA, das neu gestaltet wurde und Kommunikation und Kollaboration mit Externen unterstützt und das Projektdatenbank, Prozessmodellierung, Dokumentenmanagement und Personenstammdatenmanagement integriert und weltweit zum Einsatz bringt.

Ein aktueller Statusbericht aus der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit am IWI Der Universität Bern bot Matthias Stürmer. Dabei wurde klar, dass diese Stelle unterdessen eine beachtliche Grösse angenommen hat und auch über ansprechende Ressourcen zur Aufgabenbewältigung im Themenfeld Digitale Nachhaltigkeit verfügt. Interessant waren auch die präsentierten neun Kriterien für Digitale Nachhaltigkeit. Fünf davon beziehen sich auf das Digitale Gut, vier davon beziehen sich auf das Ökosystem, in welchem das Digitale Gut genutzt wird. Wen wundert es, dass das erste Kriterium auf freie Lizenzen lautet.

Der zweite Tag war dem Make-or-Buy von Services im IT-Bereich gewidmet. Sehr spannend war gleich der Einstieg in die zwei unterschiedlichen Vorstellungen der Make-or-Buy-Lösungen im IT-Bereich der Kantone Basel (ZID) und Schaffhausen (KSD).

E-Health Forum

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Das Forum E-Health stand am ersten Tag unter dem Oberthema „Elektronisches Patientendossier – Was nun?“ und dem Motto „Implikationen auf die Unternehmensstrategie“ und am zweiten Tag unter dem Motto „Konkrete Operationalisierung und Umsetzung“.

Ein erster Keynote-Vortrag wurde gehalten von Jürgen Holm – Medizininformatiker der Berner Fachhochschule. Er führte ein in die turbulenten kommenden Zeiten von E-Health. Die Digitale Transformation im Gesundheitswesen verläuft über die Konvergenz der Bereiche Automatisierung, Empowerment, Daten und Vernetzung.

Im Weiteren kam eine Fallstudie aus dem Kanton Genf zur Diskussion. Hier waren Pflegeinstitutionen zusammen mit dem Staat tätig im Themenbereich Patientendossier. Die Historie zeigt, dass es ein langer Weg war, der 1998 begann und bis heute andauert. Die numerischen Resultate können sich sehen lassen, 13‘000 Patienten sind eingeschlossen, 600 Hausärzte machen mit und 600 Gesundheitsfachleute sind integriert und pflegen ein elektronisches Patientendossier. Zu finden ist das auf MonDossierMedical.ch. Bis 2015 waren 6937 Dossiers eröffnet worden. Der Kanton ist zusammen mit der Post und Cisco schon lange auf dem Weg der Gesundheitsvernetzung und zeigte wieder einmal, dass man das Patientendossier auch schon haben kann, statt es erst zu entwickeln.

Unter dem Titel von der KG zur eKG zum ePD – Hausärztinnen und Hausärzte als Torwächter des elektronischen Patientendossiers zeigte gfs.bern die beinahe schon zur Tradition gewordene Studie eHealth Barometer. Die Schlussfolgerungen aus den empirischen Resultaten haben es in sich. Die Thesen lauten wie folgt: Eine Offenheit bei steigenden Datenschutzbedenken gegenüber dem ePD ist da. Es zeigen sich mannigfache Bedürfnisse und eine steigende Bekanntheit. Die Meinungsbildung zum ePD ist noch wenig weit fortgeschritten, das ePD ist bei der Bevölkerung besser zu verankern. Thesen zu den Leistungserbringern lauten wie folgt: Umsetzung eHealth auf Kurs, aber kein Automatismus. Insbesondere bei der Hausärzteschaft ist noch viel Überzeugungsarbeit für das ePD zu leisten.

Dann war es an der Reihe von eHealth Suisse, dem Koordinationsorgan für eHealth seitens des Eidgenössisches Departements des Inneren, darüber zu berichten, wie der Stand von eHealth aus Sicht von eHealth Suisse aussieht. Die gute Nachricht: Genf, Wallis, Tessin und St. Gallen gehören zu den Vorreitern und haben weitgehend auch einen zertifizierten Stand bezüglich eHealth in der Schweiz. Waadt gehört noch in die Nähe davon. Der grosse Rest der Schweizer Kantone und Versorgungsregionen steht quasi derart am Anfang, dass das Thema eHealth zwar bearbeitet wird, politische und strategische Entscheide on the way sind, aber die konkrete Umsetzung noch auf sich warten lässt.

Die Governance von Affinity Domains scheint eines der ganz heissen hinter der Einführung von eHealth in der Schweiz stehenden Fragen zu sein. U.a. kann hier der Kanton Zürich unter dem Label ZAD – Zurich Affinity Domain, bereits entsprechende Erfolge vorweisen. Ein dominantes Thema scheint zu sein: Information, Aufklärung sowie Weiterbildung. Ohne das scheint es mit eHealth nicht weiter zugehen.

Eine Reihe von Lösungspräsentationen zeigte am Nachmittag einen Überblick über Themen wie folgt: Integration von Bürgern und Leistungserbringern als Erfolgsfaktor, insbesondere Hausärzte, auch umfassende Bedrohungs- und Risikoanalysen wurden von IT-Security-Experten präsentiert. Ferner gelangten als mögliche Erfolgsfaktoren von eHealth und ePD u.a. IHE und die API-Economy in den Blickwinkel. Die Swisscom zeigte sich überzeugt, dass das Geschäftsmodell insbesondere Nutzen für die Beteiligten in den Vordergrund rücken muss und nicht auf Staatsfinanzierung gehofft werden darf und kann.

Der zweite Tag widmete sich u.a. der Gründung und Besonderheiten von Affinity Domains. Am Beispiel des Universitätsspitals Zürich, welches gewaltige Investitionen in ein Klinikinformationssystem tätigte, zeigte auf, dass der Nutzen vielfach nicht dort anfällt wo der Aufwand entsteht. Auf Forschungssicht wird auch am Aufbau eines Swiss Personalized Health Networks gearbeitet. Zwischen 2017 und 2020 sollen 70 Mio. CHF investiert werden. Darin wird auch Big Data ein zentrales Thema sein. Und noch einmal grüsste Frau Brönnimann aus dem Living Lab der Medizininformatik der Berner Fachhochschule von den Folien, als Letztere die Frage thematisierte, ob man sich Affinity Domains besser anschliessen oder selber eine gründen solle. Make-or-Buy bezüglich Gemeinschaften? Die Schlussfolgerungen lauteten wie folgt: Für das Buy gilt: Kostet viel Geld, macht aber Spass. Für das Make gilt das Gleiche … Dann ging der Referent konkreter der Frage nach, was Make-or-Buy denn tatsächlich bedeutet. Dabei zeigt sich einmal mehr: Finanzierungs- und Governance-Modelle werden wichtige Entscheidungskriterien sein ob man sich einer bestehenden Gemeinschaft anschliesst oder beschliesst selber eine zu gründen. Das Fazit: Es gibt keine einfachen Kochrezepte.

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Enterprise Architecture im Bachelor Wirtschaftsinformatik

Im Herbstsemester 2015/16 wurde die Lernumgebung des Kurses für Enterprise Architecture im Bachelor der Berner Fachhochschule komplett umgestellt. Resultat ist ein Kurs, der den Studierenden in einer sehr realitätsnahen Simulation ermöglicht, Architekturarbeit persönlich zu erleben und zu gestalten, in diesem Jahr im Kontext der Fähigkeiten von Behörden.

Initialisierung
Wie viele Änderungen in Unternehmen startete die Vorbereitung des Herbstsemesters 2015/16 mit einer Ressourcenfrage: wie können wir die verschiedenen Anforderungen mit den vorhandenen Ressourcen abdecken? Und nicht zuletzt: wie lässt sich der Kurs zu Enterprise Architecture mindestens ebenso gut anbieten, ohne unter diesen Ressourcenproblemen zu leiden?

Bisheriger Kurs
In den vergangenen Jahren erarbeiteten sich die Studierenden im Präsenzunterricht in sieben mal vier Lektionen die Theorie, welche sehr nahe den beiden Büchern «Enterprise Architecture as Strategy» [1] und «Quasar Enterprise» [2] folgt. Die Theorie wurde durch die Studierenden in Zwei-Wochen-Etappen in einem persönlichen, semesterübergreifenden Fallbeispiel in sechs Etappen angewendet. Eine mündliche Prüfung in Form eines Gesprächs des Studierenden in der Rolle eines Beraters mit seinem Prüfenden in der Rolle eines Kunden mit einem spezifischen Architekturproblem beschloss das Semester.

Neuer Kurs
Das didaktische Konzept sieht als Abschluss vor, dass alle Studierenden in der Blockwoche im Januar in einem Gross-Workshop gemeinsam eine Architektur erarbeiten. Wenn wir sie zu Architektur-Arbeit befähigen wollen, müssen sie schliesslich in der Lage sein, in einem Team mit anderen Architekturartefakte zu erstellen. So stellt sich eigentlich die Herausforderung, die Studierenden durch das Semester sinnvoll auf diese Challenge vorzubereiten.

Im Grundsatz folgt der Kurs der Idee, dass die Studierenden zum selbstständigen Lernen befähigt werden sollen. Dies beinhaltet insbesondere auch, gute Bücher zu lesen und das Gelesene in die Praxis umsetzen zu können. Die Studenten wurden entsprechend aufgefordert, als Vorbereitung für die Workshop-Woche die beiden Bücher [1] [2] zu lesen und entlang den bisherigen sechs Etappen in einer Lerngruppe gemeinsam ein Fallbeispiel zu erarbeiten. So befähigt sollen sie in die gemeinsame Blockwoche starten.

Gemeinsame Erarbeitung einer Enterprise Architecture
Allen Kursteilnehmenden wurde eine Aufgabe gestellt, die es umfassend zu bearbeiten gilt: Die Erarbeitung der Geschäftsfähigkeiten der Behörden in der Schweiz über alle föderalen Ebenen hinweg, ausgehend von eCH-0122 – Architektur E-Government Schweiz [3], Abschnitt 5.3. Die 35 Studierenden wurden zufällig in sieben Architekturteams à fünf Personen eingeteilt. Jedem Team wurde, ausgehend von der Idee, dass sie das Architekturteam eines der Departemente des Bundes sind, die Kern-, sowie die Führungs- und unterstützenden Fähigkeiten zugeteilt (weisse Buchstaben in Abbildung 1 zeigen Gruppenzuweisung).

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Abbildung 1 Fähigkeiten der Behörden (nach [3])

Zu diesen Fähigkeiten sollten die Gruppen die Teilfähigkeiten und in diesen die Geschäftsobjekte und -prozesse identifizieren. Um arbeitsfähig zu werden, mussten die Studierendengruppen den Scope ihrer Aufgabe erfassen und untereinander diesen auf jeden Studierenden weiter aufteilen. Erstes Etappenziel war, mitte Woche alle identifizierten Elemente in ein Enterprise Architektur Werkzeug zu importieren und da erste toolbasierte Validierungsprüfungen zu machen. Die tabellarischen und grafischen Reports aus dem EA-Werkzeug lagen den Studierenden dann jeweils am nächsten Morgen vor. Ein weiterer Zwischenimport vor der Endversion wurde auf den Donnerstag festgelegt. Studierende konnten jederzeit zusätzliche Imports durchführen. Um ihnen bewusst zu machen, dass Architekturen iterativ entstehen, mussten sie aber immer klarmachen, für welchen Zeitpunkt (Mittwoch, Donnerstag oder Freitag) sie ihre Importe durchführen wollten.

Das erwartete Resultat Ende Woche war von jedem Studierenden ein eigenständiger Bericht zum mit der Gruppe gemeinsam abgesprochenen Scope begleitet mit einer Import-Datei für den Zeitpunkt «Freitag» für das Enterprise Architektur Werkzeug. Vom Umfang her umfasst jeder Bericht:

  • Management Summary
  • Einleitung
  • Enterprise Architektur (gem. [1])
  • Dokumentation der Geschäftsfähigkeiten
  • Dokumentation der Geschäftsobjekte
  • Dokumentation der Geschäftsprozesse
  • Dokumentation der Geschäftsfälle
  • Zusammenfassung und Ausblick
  • Lernreflexion
  • Anhang

Prozess der gemeinsamen Erarbeitung
Die Architektur wurde in einem iterativen Prozess erarbeitet. Die Studierenden mussten sich in ein ihnen unbekanntes Themenfeld eindenken. Zudem war auch das angewandte Metamodell [4] ihnen vollständig neu. Dies entspricht sehr eng der Situation, in welcher man als Berater in ein neues Unternehmen kommt.

Um 14:30 Uhr tauschten die Gruppen täglich innerhalb der Gruppe über ihren Stand und offene Fragen aus. Dies wurde um 15:30 Uhr in einem Kursmeeting mit einem Vertreter pro Gruppe konsolidiert. Offene Fragen wurden diskutiert, aber nicht entschieden. Am nächsten Morgen um 8:15 Uhr trafen sich die Gruppenvertreter wieder, um die offenen Fragen noch einmal zu diskutieren und die Beschlüsse zu fassen. Um eine gute gemeinsame Basis zu haben, wurde das Protokoll sofort erstellt und gleich noch im Meeting freigegeben. In Gruppenmeetings um 9:15 Uhr wurde in jeder Gruppe das weitere Vorgehen besprochen.

Die Beschlüsse bezogen sich auf Konkretisierungen des Auftrags (a), Aktualisierung des Scopes der Gruppen (versioniert), Interpretation der Metamodell-Vorgaben und Werkzeug-Sichten, Konventionen (b) sowie Gesamtgestaltungsfragen zum Zielmodell. Auch gewichtige Architekturentscheidungen konnten zeitnah gefällt werden.

Fazit und Ausblick
Die Studierenden haben die Fallbeispiele während dem Semester in etwa in der bisherigen Arbeitsqualität erstellt. Rundum überrascht waren wir von der realitätsnahen Arbeitsumgebung in der Blockwoche. Die Studierenden erlebten die Herausforderung der Arbeit an einem grossen Resultat in grossen Gruppen sehr hautnah. Diese Erfahrung lässt sich grundsätzlich nicht nur auf den Arbeitsalltag für Architekten transferieren, sondern ebenso in andere Anwendungsfelder der Informatik. Inhaltlich konnten alle Behördenfähigkeiten relevant vertieft werden, wobei vorallem in den Abhängigkeiten zwischen den Fähigkeiten noch einiges zu leisten wäre.

Aus der Erfahrung aus 2015/16 wird das selbstständige Lernen im Herbstemester 2016/17 durch drei monatliche Präsenzveranstaltungen unterstützt. Zudem wird die Blockwoche im Januar am Donnerstag ausgesetzt, weil die Studierenden an diesem Tag noch eine Semesterarbeit abgeben müssen. Ansonsten werden wir mit der Studierendengruppe auch Anfang 2017 wieder eine intensive Arbeitswoche verbringen. Das Thema der Arbeit wird bis Ende November definiert und sich wahrscheinlich auf eines unserer Projekte fokussieren, das Metamodell wird auf [1] [2] [4] basieren.


Literatur

  1. J. W. Ross, P. Weill, and D. C. Robertson, Enterprise Architecture as Strategy – Creating a Foundation for Business Execution. Boston, Massachusetts: Harvard Business School Press, 2006.
  2. G. Engels, A. Hess, B. Humm, O. Juwig, M. Lohmann, J.-P. Richter, M. Voss, and J. Willkomm, Quasar Enterprise – Anwendungslandschaften serviceorientiert gestalten, 1. Auflage. Heidelberg: dpunkt.verlag, 2008.
  3. W. Müller and H. Lindner, “eCH-0122 – Architektur E-Government Schweiz: Grundlagen,” Zürich, 2014.
  4. A. Spichiger and P. Noser, Fähigkeiten-basierte Unternehmensarchitektur, In Arbeit. Bern.

(a) im Auftrag jeweils mit Überarbeitungsmarkierungen geändert
(b) z.B. Kürzel der Geschäftsfähigkeiten in gelber Schrift in Abbildung 1

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Warten oder starten – eGov-Portal des Kantons Solothurn

Der Kanton Solothurn will mit der Realisierung eines eGov-Portals sein eGovernment-Dienstleistungsangebot ausbauen. Der vorliegende Artikel fokussiert die Wahl für ein geeignetes Identifikationsverfahren zum geplanten eGov-Portal. Die Analyse der Identifikationslösungen bei anderen Kantonen, der Markttrends und der entsprechenden Standards führen zum Schluss: Das Eine tun und das Andere nicht lassen.

Ausgangslage und Zielsetzung
Der Kanton Solothurn befindet sich mit dem E-Government-Dienstleistungsangebot im Vergleich zu anderen Kantonen im Mittelfeld. Das Angebot für Online-Behördengänge mittels einfacher Webformulare ist bereits weit fortgeschritten. Für das Angebot erweiterter Dienstleistungen plant der Kanton Solothurn aktuell die Realisierung eines eGov-Portals. Über das eGov-Portal sollen das E-Government-Angebot weiter ausgebaut und die Online-Behördengänge einfacher sowie attraktiver gestaltet werden. Aus Sicherheitsgründen setzt dies zusätzlich die Umsetzung eines geeigneten Identifikationsverfahrens voraus. Mit dem Ziel einer Empfehlung zur Umsetzung des Identifikationsverfahrens beim Kanton Solothurn wurden unter Einbezug der QM-Stufen nach eCH-0170 [1] im Rahmen einer Masterarbeit umfangreiche Untersuchungen durchgeführt.

Vorgehen
Die Erarbeitung der Empfehlung wurde zusätzlich zur Theorie durch Marktforschung gestützt und durch Befragungen ergänzt. Dies erfolgte über Interviews mit ausgewählten Verantwortlichen für Identifikationslösungen bei anderen Kantonen. Die anschliessende Situationsanalyse basiert auf Informationen aus vier Interviews mit Vertretern der Kantone Aarau, Bern, Zug und Zürich. Zu jeder untersuchten Lösung wurde eine Stärken-Schwächen-Analyse erarbeitet sowie eine Chancen-Risiken-Analyse über alle betrachteten Lösungen erstellt, die gleichermassen auch den Kanton Solothurn fokussiert.

Vorarbeiten zur Empfehlung
Nachfolgend aufgeführte Punkte aus der Situationsanalyse, den Markttrends, der Literatur sowie Normen wurden vertieft abgeklärt:

  • Gesetze und Verordnungen
  • Selbstregistrierung vs. Vorregistrierung
  • Identifikationskosten für die Benutzer
  • Eigene eID vs. eID anderer Institutionen
  • Identifikation mit/ohne physische/r Anwesenheit
  • Interne vs. externe physische Identifikation
  • Auslagerung der Benutzerdaten
  • Mehrere QM Stufen vs. 1 QM Stufe

Anhand der Erkenntnisse aus diesen Abklärungen wurde anschliessend die Empfehlung abgeleitet.

Empfehlung
Die erarbeitete Empfehlung sieht für die Umsetzung des Identifikationsverfahrens zum eGov-Portal des Kantons Solothurn zwei Phasen vor.

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Abbildung 1: Empfehlung in zwei Phasen

 

In der ersten Phase soll eine minimale Identifikation mittels Selbstregistrierung auf QM Stufe 1 umgesetzt werden. Dies ermöglicht dem potenziellen Benutzer eine einfache Registrierung und einen sofortigen Zugang zu den eGov-Dienstleistungen. Der Zugang wird zusätzlich zu Benutzername und Passwort mit einem zweiten Faktor (mTAN) geschützt. Bei bestimmten Eingaben werden darüber hinaus die Personendaten situativ und individuell in der jeweiligen Fachapplikation verifiziert. Dieses Vorgehen ermöglicht es dem Kanton Solothurn, Erfahrungen mit dem eGov-Portal zu sammeln und gibt dem Kanton parallel dazu genügend Zeit, um die entsprechenden Gesetze als Voraussetzung für die Umsetzung der zweiten Phase zu revidieren.

Die Gesetzesrevision ist für die Lösung mit einer Identität auf QM Stufe 3 zwingend, damit sich der volle Funktionsumfang (Willensbekundung, elektronische Signatur etc.) auszuschöpfen lässt und gewährleistet dadurch die medienbruchfreie Abwicklung von Eingaben der jeweiligen Benutzer. Durch die nahtlose Abwicklung lassen sich Kosten einsparen und die Durchlaufzeit der Eingaben beschleunigen.

Da die technische Entwicklung im Ganzen nicht stillsteht, sollte vor der Umsetzung zur Einführung auf QM Stufe 3 (Phase 2) die Gesamtsituation noch einmal ganzheitlich geprüft werden. Sollte sich bis dahin gegebenenfalls bereits eine schweizweite eID-Lösung durchgesetzt haben, müsste die Einbindung dieser eID berücksichtigt werden. Auch die Upgrade-Möglichkeiten von der QM Stufe 1 auf 3 sollten zu diesem Zeitpunkt neu beurteilt werden.

Weitere Empfehlungen zur Umsetzung
Die nachfolgenden Empfehlungen, die als Nebenprodukt der Hauptabklärungen entstanden sind und nicht direkt mit dem Identifikationsverfahren in Verbindung stehen, sollten für den Portal- und Projekterfolg mitberücksichtigt werden.

  • Das eGov-Portal gesund wachsen lassen. Das bedeutet, dass zuerst wenige Applikationen in das Portal integriert, Erfahrungen gesammelt und mit diesen Erkenntnissen das Portal sowie die Prozesse kontinuierlich optimiert und weiterentwickelt werden.
  • Idealerweise setzt der Kanton Solothurn bei der Umsetzung des eGov-Portals auf ein offenes Portalsystem (Open Source). Dies verhindert, dass hohe Fixkosten (Lizenzkosten) entstehen und umgeht damit die feste Bindung an einen Anbieter (Vendor Lock-in).
  • Die Identifikation juristischer Personen ist ebenso wichtig und darf beim eGov-Portal bzw. Identifikationsverfahren nicht ausgeschlossen werden. Wie aus den Interviews mit anderen Kantonen hervorgegangen ist, sollte beim Konzept auf eine nachhaltige Lösung geachtet werden. So ist z. B. das Login nur für natürliche Personen verfügbar und diese nehmen dann innerhalb des Portals zusätzlich die Rolle juristischer Personen wahr.

Fazit und Ausblick
Mit dem eGov-Portal Projekt sollte gestartet werden. Die Empfehlung für die Umsetzung der Selbstregistration (Phase 1) wurde aufgenommen und in die Systemübersicht des Projektantrags für das eGov-Portal eingearbeitet. Mit der Phase 1 und der daraus resultierenden QM Stufe 1, einer reinen Selbstregistrierung ohne zusätzliche Personendatenüberprüfung, lässt sich das Projekt ohne Verzögerung umsetzen.

Aktuell befindet sich der Projektauftrag in der Finalisierung. Sobald er bewilligt ist, steht die Erstellung des Lastenhefts an. Parallel zum Projektverlauf soll zudem die Gesetzesrevision für die Empfehlung der Phase 2 initiiert werden. Dieses langfristige Vorhaben ermöglicht dem Benutzer in Zukunft zusätzlich das elektronische Signieren von Eingaben und dadurch die vollständige medienbruchfreie Kommunikation mit dem Kanton Solothurn. Durch dieses Vorhaben wird auch ein bedeutender Schritt in Richtung Digitalisierung realisiert, was die Attraktivität und vor allem die Wirtschaftlichkeit des Kantons Solothurn auch für die Zukunft gewährleistet.


[1] eCH, eCH-0170 – eID Qualitätsmodell, 2014. S 1-31.

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OneGov Cloud – Online-Gemeindeschalter as a Service

Die OneGov Cloud steht für E-Government in der Praxis für kleine und mittlere Gemeinden. Die OneGov Cloud bietet einen Online-Schalter für die effiziente und transparente Abwicklung aller Online-Dienstleistungen. Dafür wurde das Schweizer Webportal mit einem Best of Swiss Web Award ausgezeichnet.

GA-Tageskarten & Turnhallen
Was ist E-Government in einer kleineren bis mittleren Schweizer Gemeinde? Versuchen wir für einmal keine theoretische, sondern eine praktische Definition anhand der Online-Transaktionen einer mittleren Schweizer Gemeinde:

– Reservationen: 56%

  • GA-Tageskarten: 59%
  • Räume: 41%

– Formulare: 33%

  • Betreibungsregisterauszüge: 61%
  • Wohnsitzbestätigungen: 11%
  • Übrige: 38%

– Veranstaltungen: 11%

Die Zahlen mögen etwas überraschen. In der theoretischen Diskussion von E-Government geht es um „offizielle“ Formular wie Umzugsmeldungen oder Betreibungsregisterauszüge. In der Praxis der Gemeindeverwaltung geht es offenbar zu einem Grossteil um andere Dienstleistungen.

Aussensicht & Innensicht
Wie jeder Schalter hat auch der Online-Schalter einer Gemeinde zwei Seiten. Als Kunde am Schalter zeigt sich mir die die Aussensicht der Organisation. Für mich als Kunde (Einwohner) sind dieServicequalität sowie Verfügbarkeit des Services (Schalteröffnungszeiten) absolut zentral: ein Online-Schalter ist 24h geöffnet.

Die Innensicht vertritt der Verwaltungsangestellte auf der anderen Seite des Gemeindeschalters. Die Verwaltung ist – wie der Kunde – an einer hohen Servicequalität interessiert. Geschäftsvorgänge müssen transparent und nachvollziehbar sein.

Sowohl in der Aussen- als auch in der Innensicht stehen die Kosten nicht im Zentrum. Eine Gemeindeverwaltung hat kaum Anreize für Effizienz-Verbesserungen. Der politische Wille zu Effizienzsteigerungen in der Gemeindeverwaltung dürfte relativ gering sein, zumal deren Realisierung einen Abbau personeller Ressourcen nach sich zöge.

Transaktionen & Service Ticketing
Als Kunde erfahre ich Servicequalität, insofern mein Anliegen effizient und für mich transparent erledigt wird. Dabei ist es mir gleichgültig, wie meine Transaktion hinter dem Online-Schalter weiterverarbeitet wird. Eine mögliche Prozess-Integration ist das Problem der Gemeindeverwaltung, nicht des Kunden. Selbst wenn meine Transaktion im Hintergrund manuelle Vorgänge auslöst (Concierge Service) stört mich dies nicht, sofern ich über den Status meiner Transaktion jederzeit transparent informiert werde (Service Ticketing).

Service Center & Gemeinde-Bot
Die vielzitierte Digitalisierung kann ihr Potential erst unter der Voraussetzung entfalten, dass die bestehenden Offline-Prozesse vereinfacht und nicht telquel in die Online-Welt übertragen werden. Geschieht diese Vereinfachung, so besteht die Möglichkeit, die Verarbeitung der Transaktionen in ein gemeinde-übergreifendes Shared-Service-Zentrum auszulagern. Konsequent weitergedacht könnte der Service in nicht all zu ferner Zukunft gar durch einen Gemeinde-Roboter (Bot) übernommen werden. Was nach Science Fiction tönen mag, ist soweit nicht entfernt: Betrugserkennungs-Systeme für Kreditkarten funktionieren genau an dieser Mensch-Maschinen Schnittstelle. Der Weg zum Gemeinde-Bot ist weniger weit, als man vielleicht denkt.

Standards & Gemeinde APIs
In einer idealen IT-Welt gibt es für alles einen allgemein gültigen Standard. In der realen Welt gibt es öffentliche Webservice-Schnittstellen (public REST APIs). Einer Gemeindeverwaltung kann es nämlich egal sein, ob eine Transaktion über das Online-Formular auf eigenemPortal, über eine Smartphone App eines Drittanbieters oder direkt über dieSchnittstelle aus der Software eines Unternehmens ausgelöst wird.

Eine (noch) fehlende semantische Standardisierung darf kein Grund sein, auf Webservice-Schnittstellen als eine zwingende Anforderung für E-Government-Portale zu verzichten.

Bottom-up & Top-down
Eine Gemeinde ist eine Gemeinde ist eine Gemeinde. Alle Gemeinden der Schweiz sind bezüglich Leistungsangebot und den damit verbundenen Abläufen sehr ähnlich. Diese Homogenität der Gemeinden spricht scheinbar für einen Top-down-Ansatz im E-Government. Der Bund macht immer mehr einheitliche Vorgaben und die Kantone setzen diese um. Ein solcher Vollzugs-Föderalismus verträgt sich jedoch nicht mit der Föderalismus-Tradition der Schweiz. Die “unteren” Staatsebenen sind mehr als reine Vollzugsvasallen. Bottom-up statt Top-down steckt in der DNA des Schweizer Föderalismus.

Ebenfalls gegen einen Top-down Ansatz der Vereinheitlichung spricht der Umstand, dass die Gemeinden eben durchaus ihre Besonderheiten haben. Dies wird erst sichtbar, wenn man in jene E-Government-Prozesse schaut, die nicht im Lehrbuch stehen (Reservation von Turnhallen oder Skilagerplätzen). Laufen diese Prozesse nicht ebenso über die E-Government-Plattform, sind operative Exzellenz und hohe Zugänglichkeit zum Service-Angebot nicht zu erreichen.

SaaS & Open Source
Eine kleine bzw. mittlere SchweizerGemeinde entscheidet selbst über ihre IT-Systemlandschaft. Das bedeutet aber keinesfalls, dass die Gemeinde ihre E-Government-Lösung selbst entwickelt und betreibt. Als idealer Weg für eine Gemeinde bietet sich die Service-Miete einer Portallösung in einem Software-as-a-Service (SaaS) Modell an. Unter den privaten Anbietern von Portalen gibt es marktwirtschaftliche Konkurrenz. Dies führt zu einem Wettkampf der Anbieter bezüglich Service-Angebot und Qualität sowie im Angebotspreis.

Auch wenn diese Argumente klar für privatwirtschaftliche Lösungen sprechen, muss sichergestellt werden, dass auf diese Weise nicht eingezäunte Daten-„Gärlti“ entstehen. Der Datenaustausch unter den Service-Portalen unterschiedlicher Anbieter ist via Webservice APIs sichergestellt.

Begibt sich die Gemeinde, die sich nun zwar unabhängig für eine Lösung entscheidet, nicht in neue Abhängigkeiten eines privaten Softwareanbieters (Lock-in)? Die Frage ist berechtigt. Genau aus diesem und anderen guten Gründen soll E-Government Software Open Source sein.


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seantis gmbh entwickelt in der Gemeinschaft des Vereins OneGov.ch die Open Source Gemeindelösung OneGov Cloud. Die OneGov Cloud wurde 2016 mit einem Best of SwissWeb Award in der Kategorie Public Affairs ausgezeichnet. www.onegovcloud.ch

 

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