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Von E-Voting bis Behördenbot – Tagungsbericht vom Swiss E-Government Forum

Wie die Verwaltung  digital wird, haben ReferentInnen am Swiss E-Government Forum in Bern gezeigt. So hilft in St. Gallen etwa ein Chatbot beim Umzug. Mehr solcher E-Services und auch E-Voting wünscht sich die Schweiz, zeigt die Nationale E-Government-Studie, die E-Government-Schweiz-Geschäftsleiter Cedric Roy vorstellte. 

«Der Beamte ist ein Roboter» lautet der Titel des Referats, mit dem Labinot Demaj (im Titelbild) das Swiss E-Government Forum eröffnet. Er ist Mitbegründer der Beyerley AG Zürich und Associate Fellow Smart Government Lab an der Hochschule St. Gallen und hat im Auftrag der Stadtverwaltung St. Gallen einen digitalen Verwaltungsassistenten, den Chatbot «Gallus» entwickelt. «Gallus» hilft bei verschiedenen Behördengängen, wie etwa einem Umzug hilft. Der Verwaltungsassistent kann zudem verschiedene Probleme lösen auch Formulare ausfüllen. Für das Betreibungsregister haben beyerley und Abraxas den Bot entsprechend angepasst.

Wenn der Beamte ein Bot ist

Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger wandele sich die klassische Schalteransicht zum Smart Government. „Je smarter der Service wird, umso weniger sichtbar wird die Verwaltung für die Bevölkerung noch sein“, erläutert Demaj. Die Schalterbeamten von früher würden nach und nach durch Bots abgelöst.

Der Bot greift bei seinen Antworten nicht nur auf Backend-Daten zu sondern auf alle Daten, die im Netz und in der Umgebung verfügbar sind. Auch Echtzeitdaten werden genutzt. Technisch gesehen braucht der Assistent eine Infrastruktur (App o.ä.), Module, eine Plattform und Schnittstellen zu wichtigen Programmen. „Aber bis der Bot ein Beamter wird, ist es noch ein langer Weg“, sagt Demaj. Die Herausforderungen liegen vor allem bei den Protokollen – also an der Stelle, wo sich entscheidet, ob ein Mensch oder ein Bot die Aufgabe lösen sollte. Der Bot muss eines Tages erkennen, wann er ein Problem an den Menschen delegiert muss. Zudem brauche es Verbesserungen bei den Backend-Daten, mehr Sign-in-Möglichkeiten und Schnittstellen sowie bessere Kommunikationsfähigkeiten der Bots, so dass dieser auch auf ein „Tschüss“ adäquat reagieren kann und nicht antwortet „Ich habe Sie nicht verstanden.“

Zürich plant bürgerzentrierte Verwaltung

Die nächste Referentin Dr. Kathrin Arioli, Staatsschreiberin der Staatskanzlei des des Kantons Zürich stellt die digitale Verwaltung von Zürich vor. Zu ihren strategischen Zielen zählen:

  • Vereinfachung und Ausbau der digitalen Leistungen
  • Verbesserungen der Rahmenbvedingungen
  • Nutzung von Behördendaten
  • Förderungen der digitalen Informationen
  • Etablierung des Kulturwandels
  • und die Einrichtung des digitalen Arbeitsplatzes für die Mitarbeitenden.

Die Teilprojekte für die Realisierung setzen Arioli und ihr Team mit einem Impulsprogramm entsprechend den strategischen Zielen um. Einzelne Projekte haben Innovationscharakter andere bieten „quick wins“.

Besondere Bedeutung habe der Kulturwandel, betont Arioli: „Wir müssen weg vom Silodenken.“ Das Projekt ZHweb2019 ist hierfür ein Schlüsselprojekt, bei dem Mitarbeitende aus allen Abteilungen mitwirken. Es entsteht die neue Webpräsenz, die sich über die Themen präsentiert und sich besonders eng an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientiert. Die Staatskanzlei ist vernetzt mit Partnerorganisationen in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Bundesverwaltung, Zürcher Gemeinden u.a..

SchweizerInnen wollen E-Voting für alle

Cedric Roy, Leiter E-Government Schweiz. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo

Cédric Roy, Leiter der Geschäftsstelle E-Government Schweiz stellt die Nationale E-Government-Studie 2019 vor. Herausgeberinnen sind E-Government Schweiz und das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco. Eingeflossen sind qualitative Interviews mit 19 Privatpersonen und eine repräsentative Erhebung bei Unternehmen und Verwaltungen.

Diese haben ergeben, dass der Behördenkontakt heute zwar überwiegend persönlich ist, der Kontakt über digitale Wege aber zunimmt. Die Hauptgründe dafür sind Zeitersparnis und Flexibilität. Am meisten genutzt wird demnach die elektronische Steuererklärung, es werden aber deutlich mehr digitale Behördenleistungen gewünscht. Auffallend ist jedoch, so Roy, dass im Tessin E-Services deutlich weniger genutzt werden als in der Deutschschweiz. Die Ergebnisse geben keinen Aufschluss über dne Grund. Roy vermuttet, dass gesetzliche Grundlagen und finanzielle Ressourcen fehlten.

Auch zu einem politisch sehr heissen Eisen wurden Bevölkerung, Unternehmen und Verwaltung befragt: E-Voting. Die Mehrheit der Bevölkerung möchte demnach elektronisch abstimmen.  Fast 70%  der Befragten wollen E-Voting in der Schweiz und etwa die Häfte der Befragten würde dann sogar öfter wählen, wenn es elektronisch ginge. Nur 8% möchten E-Voting verbieten.

Zwei Drittel der Befragten nutzen jeden digitalen Behördendienst oder zumindest die Hälfte davon. 90 % haben die Dienste erfolgreich genutzt, trotzdem finden 23 % die Nutzung schwierig.

Bei den Unternehmen zeigt sich ein etwas anderes Bild, sagt Roy. 73 % der Unternehmen nutzen alle oder die Hälfte der digitalen Dienste und das zum grössten Teil ohne Probleme. Oft nutzen Unternehmen Telefon und Email, um mit den Behörden in Kontakt zu treten. Allerdings sind die digitalen Dienstleistungen für Unternehmen eher unbekannt wie etwa easygov.

Die befragten Verwaltungen können bislang nur wenige digitale Dienste anbieten, 86% der Angestellten wissen jedoch, dass das Angebot ausgebaut werden muss. Als Grund für das noch kleine Angebot sehen die Befragten bei den fehlenden finanziellen und personellen Ressourcen sowie teilweise fehlenden rechtlichen Grundlagen.

In seinem Fazit empfiehlt Roy unter anderem „digital first“ entsprechend dem „digital by default“-Prinzip der Tallinn-Deklaration.

In Österreich startet Digitales Amt

Dr. Gerhard Popp, Bundesministerium für Digitalisierung, Österreich. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo

Wie sich das E-Government in Österreich entwickelt hat, schildert Dr. Gerhard Popp, Bundes-Chief Digital Officer des Bundesministeriums für Digitalisierung der Republik Österreich. Seit Januar 2018 gibt es ein eigenes Ministerium für die Digitalisierung.

„Wir müssen nicht E-Government machen sondern mobile Government“, betont Popp. Der Grund: immer weniger Leute haben einen PC daheim, aber fast alle haben ein Smartphone. Das ist für Popp einer der zentralen Punkte und seine Maxime heisst „mobile first“. Neu geschaffen wurde die Plattform oesterreich.gv.at für die Verwaltungen von Bund, Ländern und Gemeinden. Bürgerinnen und Bürger finden auf ihr konkrete digitale Amtswege zu Geburt, Umzug, Reisepass, Wahlkarte und andere. Besonders daran sei: „die Dienstleistungen werden im gleichen Medium erbracht“ und nicht am Schluss doch auf Papier zugeschickt. Zudem sehen weitere Services angegliedert wie FinanzOnline und ein Steuerrechner. Die Plattform geht am 15. März online.

Weiter arbeitet Österreich am «Digitalen Amt» der Verwirklichung des Only-Once-Prinzips und der Konsolidierung der IT-Infrastruktur. Dazu gehören auch der Ausbau von „shared services“ beim Bund.

Digitale Verwaltung braucht Durchhaltevermögen

„Stehen die Bürgerinnen und Bürger wirklich im Zentrum der Politik?“ – mit dieser Frage beschäftigt sich Anja Wyden Guelpa, Direktorin des civicLab. „Die digitale Verwaltung entwickelt sich schon weiter, aber es braucht sehr viel Energie, Geduld und Durchhaltevermögen“, resümiert sie. Leider seien die Verwaltungen zu vorsichtig und wollten nicht scheitern. Deshalb kämen einige digitale Projekte nicht voran. Letztlich braucht es einen Kulturwandel. Aus ihrer Sicht sollten diese Punkte umgesetzt werden, um die digitale Verwaltung zu beschleunigen:

  • In der Politik müsse der Mensch im Zentrum stehen. Klingt banal, aber so Wyden Guelpa: Nur wer ein Regierungsprogramm so schreibt, dass es auch Lernende verstehen, habe seine Aufgabe richtig gemacht.
  • Es braucht mehr Versuchslabore, in denen PolitikerInnen mit BürgerInnen, HackerInnen und Forschenden diskutierten und Ideen entwickeln – «eine Community aufbauen». Dies sei in der Privatwirtschaft gang und gäbe.
  • PolitikerInnen sollten talentierte Mitarbeitende engagieren, fördern und ihnen Verantwortung übertragen. Dies vermittle den eigentlichen Sinn für politisches Handeln.
  • Um eine mutige und innovative Kultur zu fördern, sollten die Führungspersönlichkeiten ihren Mitarbeitenden einen Safe Space geben, in dem sie Risiken eingehen dürften und wüssten, dass die Führung hinter ihnen stehe.

Das Swiss E-Government Forum ist Teil der Infosocietydays, zu denen auch das Swiss E-Health Forum gehört, das am 7. und 8. März stattfindet.

Wir haben am 5. März im Liveblog vom ersten Tag des Swiss E-Government Forums berichtet, diesen finden Sie hier unten.

Alle Refereate finden Sie hier.

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Call for Papers: Daten im E-Government

Die Ausgabe zum Themenschwerpunkt Big und Open Data beschäftigt sich im März 2018 mit dem Thema «Daten im E-Government».

Die grosse Frage lautet: Wie kann man die Zusammenarbeit in der Verwaltung zwischen autonomen Organisationen «minimal invasiv» gestalten? Anders gefragt: Wie kann man erfolgreich zusammenarbeiten, ohne dass sich die Beteiligten zu stark verändern müssen?

Eine These lautet: Für die organisationsübergreifende Zusammenarbeit genügt es, dass sich alle Beteiligten auf Standards für den Informationsaustausch einigen. Wir wollen in der Ausgabe «Daten im E-Government» diese These genauer untersuchen:

Welche Standards für den Informationsaustausch sind notwendig?

Was kann mit konkreten Standards erreicht werden?

Und wo liegen die Grenzen einer Standardisierung, die sich auf den Informationsaustausch beschränkt?

Wir laden Sie ein bis zum 5. Februar 2018 einen Abstract einzureichen.

Abstracts können an digitalsociety@bfh.ch gesendet werden.

Mögliche Themenfelder für Beiträge:

  1. Welche Datenstandards sind für die Förderung einer effektiven Behördenzusammenarbeit besonders wichtig?
  2. Welche Rolle spielen Registerharmonisierung und Registerintegration für die digitale Transformation des Staats?
  3. Welche Data Governance braucht es, um Prinzipien wie «Only Once» umzusetzen?
  4. Wie kann Datenschutz so implementiert werden, dass zwar der Schutz der Privatsphäre gewährleistet wird, die behördenübergreifende Zusammenarbeit aber nicht zu sehr beeinträchtigt wird?
  5. Wie schaut eine erfolgversprechende Datenstrategie für die Digitale Schweiz aus?
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Braucht es «Code for Switzerland»?

Schaut man in die USA, kann man im E-Government zwei sehr konträre Beobachtungen machen: Auf der einen Seite sind da die Realität der Missstände in der Verwaltung verbunden mit den stets etwas schrägen Vorträgen der Spitzenforschenden, die über innovative Bibliotheken vortragen. Viele werden nun sagen: Klar, Google! Aber ich meine die Tatsache, dass zentrale Aufgaben der lokalen Verwaltung in den USA von Bibliotheken übernommen werden und dabei oft Freiwilligenarbeit im Spiel ist. Das wirkt von Europa aus betrachtet seltsam wie vieles im heutigen Amerika.

Auf der anderen Seite steht da das Freiwilligenprojekt «Code for America», in dem oft in kürzester Zeit Anwendungen für die Verwaltung entwickelt werden. Software-Lösungen, die der normalen Verwaltung Jahre und Millionen kosten würden, werden ohne Kosten in wenigen Wochen fertiggestellt und danach kontinuierlich weiterentwickelt, wie das für Dienste im Internet normal ist. Auch das wirkt seltsam. Manch ein Schweizer Verwaltungsjurist und manch ein IT-Unternehmer wird da zum Monarchen und fragt wie einst ein österreichischer Kaiser: «Dürfen die das?». Offensichtlich ja.

Die eigentliche Lehre aus der Geschichte des Silicon Valley

Die USA sind ein Vorbild in Sachen Forschungsförderung, auch weil sie kein Problem damit haben, dass die Privatwirtschaft die mit Steuergeld erzielten Resultate valorisiert und im Milliardenvermögen verwandelt. Sie sind aber in Sachen kommunaler Verwaltung alles andere als ein Vorbild. Nun aber demonstrieren sie, dass agile Entwicklung und stetige Verbesserung auch bei Verwaltungssoftware möglich sind und das E-Government-Lösungen zehn bis hundert Mal so schnell wie in der Schweiz in die Welt gestellt werden können.

Bei uns war bisher die Reaktion die ewig Gleiche: «Wir haben die beste Verwaltung der Welt (und wir müssen uns vom Schmuddelkind USA nichts zeigen lassen)!» Müssen wir auch wirklich nicht, könnten wir aber. Als ich noch ein junger frecher Student war (kurz vor dem Äquivalent zum heutigen Master-Diplom in Technischer Mathematik), hat man mir gelegentlich unverblümt gesagt: «Schau immer auf die, die besser sind als du, nie auf die, die schlechter sind als du!» Daran muss man sich nicht halten. Tatsächlich ist es sogar ziemlich frustrierend. Aber der Rat ist gar nicht so schlecht, wie er scheint, denn unser Blick steuert meist unsere Richtung. Unerfahrene Autofahrer lernen sicher durch die Kurve fahren, in dem sie auf den Kurvenausgang schauen. Schauen sie dagegen auf die Kurve, dann wird es kritisch. Wir könnten also beim Blick in die USA statt auf die vielerorts herrschende Misere der lokalen Verwaltung, einfach auf Code for America schauen. Vielleicht liesse sich Ähnliches auch in der Schweiz realisieren?

Damit soll der Schweizer IT-Industrie nicht das Wasser abgegraben werden. Zur Diskussion gestellt wird, ob so nicht die Innovation stimuliert und am Ende die Schweizer Software-Industrie sogar gestärkt werden könnte mit einer «Code for Switzerland» Organisation.

Nein? Das wäre nicht in Ordnung? Gut, diese Sicht ist nachvollziehbar. Aber es gibt da noch etwas, etwas Tieferliegendes nämlich, dass vielleicht schon einen Gedanken wert wäre: das Code for America zugrundeliegende philosophische Konzept von «Government as a Platform». Die Verwaltung, so die Essenz dieses auf Tim O’Reilly zurückgehenden Konzepts, sollte alle relevanten Akteure zusammenbringen, damit die gesellschaftlichen Probleme gelöst werden. Sie sollte die Voraussetzungen für die Lösung schaffen, nicht aber die Lösung selber. Ganz ähnlich wie einst die amerikanische Forschungsförderung die Voraussetzungen für das Entstehen des Silicon Valley geschaffen hat, das Entstehen selber dann aber von der Privatwirtschaft vorwärtsgetrieben wurde, getrieben durch unternehmerische statt durch staatliche Entscheidungen.

Übertragung auf die Situation in der Schweiz

Man muss ja nicht so weit gehen wie die Briten, die ihren Verwaltungsdesignprinzipien 2012 als zweites Prinzip «Do less!» definiert haben. Man kann ja gutschweizerisch das Prinzip umformulieren als «Tue das Wichtige zuerst und tue es vor allem richtig!» Das heisst: Versuche nicht die Amerikaner in der Geschwindigkeit der Software-Entwicklung zu toppen, sondern fokussiere dich darauf, das Essentielle mit 200-prozentiger Qualität zu liefern.

O je, werden manche sagen. Wir sind eh schon so langsam, und jetzt verlangt die Hochschule 200 Prozent! Doch dieses Entsetzen würde die Realität in der Schweiz verkennen: Es gibt (noch) keine konsequente Priorisierung in der Schweiz, nicht einmal einen Konsens, was denn wichtig wäre. Es gibt (noch) keine Strategie im Sinne Michael Porters, die einen Trade-off definiert. Und es wird im Schweizer E-Government (noch immer) bei den Grundlagen nicht genau auf Qualität geschaut. Man denkt in Abkürzungen, um schneller vorwärts zu kommen, und das Ergebnis ist, dass es in der Summe sehr viel langsamer vorwärtsgeht, als mit einer 200-prozentigen Qualität beim Wesentlichen.

Würde man dagegen die Schweizer Verwaltung als Plattform für die Lösung gesellschaftlicher Probleme verstehen, das heisst natürlich als exzellente und weltbeste Plattform, dann fänden die 200 Prozent Qualität beim Bauen des Fundaments eine viel breitere Akzeptanz. Die Verwaltung müsste sich nicht in die ihr fremden Gefilde der IT-Lösungsentwicklung vorwagen und die IT-Lösungsanbieter würden zwar höhere Konkurrenz haben, dafür aber ihre Lösungen auf viel stabileren technischen, organisatorischen und politischen Fundamenten aufsetzen können. Ein Nebeneffekt wäre die schweizweite Professionalisierung des E-Government. Denn durch eine gute Plattform fliesst viel Wissen, und das Wissen führt zu höherer Effizienz, Effektivität und Qualität der Arbeit – und das alles zusammen ist ein Synonym für Professionalisierung.

Ein Code for Switzerland wäre vielleicht cool, aber vielleicht auch zu anarchistisch. Was wir benötigen ist eine gutschweizerische Realisierung des in den USA erfundenen Prinzips «Government as a Platform»! Das Wissen muss schneller und breiter fliessen. Denn Reichtum entsteht durch Wissensfluss.

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«The goal is to prove or validate a thesis or an idea; not a product, an implementation or a determined value or effect to anyone»

Mats Snäll, Chief Digital Officer, The Swedish Land Registry, about Blockchain Technology and innovation projects in Sweden.

Interview: Reinhard Riedl

What is your approach to innovation in government?

Our approach (we are a state government agency to keep real property register, perform mapping, form real properties and establish ownership registrations and other rights connected to properties with about 2000 employees financed by fees and grants ) is that innovation is the tool to identify opportunities to move faster with better results in digital development (business development with the opportunities IT offers). It is also a driving force to gain experience and more in-depth knowledge, validate ideas, and to motivate and inspire digital leadership and development. Innovation is observed in budgeting, in planning, and management.
Business invests time and costs to give the whole organization value.

What is the goal of these innovation projects?

The goal is to prove or validate a thesis or an idea; not a product, an implementation or a determined value or effect to anyone. There is no need for a result if the activity does not lead to any such answer or verification, or if the activity is stopped.

One of your innovation projects is about blockchains for land registers? Why did you decide to go for blockchain technology?

We innovate with blockchain technology because we believe that it might lead to better and more secure transactions with real property, it may offer even more transparency, and it provides real digital original contracts. We innovate to verify that.

What did you achieve and what are your findings?

To date, we have shown that the technology works to support the full process of selling and buying a real property; including financing, mortgaging and land registration. We have also found that the promises mentioned seem to be true. Lessons learned so far are that the technology has become the lesser of the challenges and that the issue of governance, legal aspects and liability may be more challenging.

From your perspective, which role will blockchain technology play in government in the future?

It will play the same role as the traditional database-driven technology; adhering to the same belief that paper documents are the only possibility to have reliable true originals. However, it will be more readily adaptable and usable for businesses or models of operation.

What are others innovation projects you are running/planning?

We run “projects”:

  • to see if open data inspires more innovation and better services in society
  • to verify that AI (IBM: s Watson) can improve and provide better services to customers who ask questions about land registration and improve the rate of positive
  • to see if it is possible to collect information on coordinates for property boundaries through crowdsourcing and VR/AR

You also work for foreign countries. What is the motivation behind this type of services for others?

The motivation is really about being part of a Swedish Development cooperation to reduce poverty and according to the Swedish aid programme. A critical aspect of reducing poverty is to develop the country’s administration. We work broadly with building capacity , increase our knowledge and support with experience from Swedish experts from our organization to fight poverty and to work for equality and gender issues (another prioritized area), and to protect the environment.

Which projects have you done so far abroad or have planned for the future?

Lantmäteriet has been active in a vast number of nations. Here are some of the ongoing and completed projects:
Armenia, Azerbaijan, Bosnia, Botswana, Georgia, Indonesia, Jordan, Kenya, Kirgizstan, Croatia, Namibia, Serbia, Tadzhikistan, Vietnam, Belarus

Which benefits have you got so far from these projects and what were the benefits in the countries where you worked?

It is not meant to be beneficiary to us or lead to any profit to Swedish interests because it is a part of the Swedish aid programme. But we do gain a lot of experience, and many ideas emerge from the work which is possible to adapt to our business.

Our traditional final question: What will democracy and government look like in 2050?

Future democracy and government will probably have the same values and regulations, but the way and the processes to act out the democracy will change and rely on the infrastructure of an information society. We probably will see a lot more of acting power from “social media nations” (Estonia e-citizenship, Facebook…), direct polls and uncorrupted elections (hopefully) due to blockchain/distributed ledger, etc.

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Unsere Verwaltungsabläufe sind so gut wie deutsche Dieselmotoren umweltfreundlich sind

Warum schneidet die Schweiz in internationalen E-Government-Rankings so schlecht ab? Wo sind andere weiter?

Andere Länder investieren wesentlich mehr in Fachexpertise und Weiterbildung. Einige haben Topteams aufgebaut und gleichzeitig Wissen in der Verwaltung breit verankert. Ausserdem praktizieren sie neben dem regelmässigen Fachaustausch einen ernsthaften Diskurs über die richtige Architektur der Lösungen. Deshalb können sie strategisch sinnvoller und ganzheitlicher an die Innovationen herangehen. Das wirkt sich insbesondere bei der digitalen Integration der Verwaltung aus, beispielweise bei der Reduktion der Registerlandschaft auf drei Kernregister, aus. Und es hilft beim Aufbau der Infrastruktur für die digitale Wirtschaft, beispielsweise beim digitalen Grenzabbau und dem Schutz der Konsumenten. Nebenbei werden Staaten mit Digitalisierungsexpertise in der Verwaltung die nationale Autonomie politischen Entscheidens besser wahren können, beispielsweise wenn diese von den Giganten der Sharing Economy angegriffen wird.

Wie erklären Sie sich den aktuellen Wissensrückstand angesichts der Tatsache, dass die Schweiz gleichzeitig als eines der innovativsten Länder gilt, hervorragende Hochschul- und Forschungsinstitutionen hat und dazu eine Bevölkerung, die (wenn man auch hier internationalen Vergleichen glauben will) Internet fleissiger nutzt als ihre Nachbarn?

Das liegt einerseits an der Schweizer E-Government-Kultur mit ihren Mythen und Märchen, anderseits an der veränderten Rolle der Schweizer Elitehochschulen. Zur E-Government-Kultur in der Schweiz gehört, dass so getan wird als ob Innovationen weder finanzielle Investitionen noch zusätzliches Wissen verlangen. Zudem wird auf den transformativen Charakter der Digitalisierung nicht im Geringsten eingegangen. Dem könnten nur Elitehochschulen widersprechen. Doch deren Rolle hat sich stark verändert, so dass für sie nur mehr Publikationsexzellenz zählt und deshalb Professoren nicht mehr für einen exzellenten Wissenstransfer in die politische Praxis zur Verfügung stehen. Sie schreiben bestenfalls noch White Papers, die dann dafür sorgen, dass ein Thema ganz tot ist, weil es ja bereits «gewhitepapert» wurde. Ergebnis: Das Innovationsland Schweiz leistet sich im E-Government den Langsamfortschritt.

Hat es, im Fall von E-Government, vielleicht damit zu tun, dass unsere Verwaltungsabläufe bereits im analogen Hier und Jetzt so gut sind, dass es nicht viel zu verbessern, aber unter Umständen viel zu verschlechtern gibt?

Nein. Unsere Abläufe sind so gut wie deutsche Dieselmotoren umweltfreundlich sind. Das heisst, aus Sicht des 20. Jahrhunderts sind unsere Ablaufstrukturen sehr gut. Aus Sicht der Technologie der Gegenwart nutzen wir dagegen viele Freiräume zur besseren Organisation nicht und verzichten obendrein auf den Grossteil der möglichen Automatisierungen. Und das, obwohl wir wissen, dass Algorithmen häufig bessere Entscheider sind als Menschen und uns viel Arbeit sehr gut abnehmen können. Der Mensch ist nur dort dem Algorithmus überlegen, wo es offene Kontexte gibt, wo es um direkte Interaktionen mit anderen Menschen geht oder wo Kreativität entscheidend ist. Wir sollten die menschliche Arbeit in der Verwaltung deshalb darauf ausrichten, dass in komplexen, widersprüchlichen Situationen vernünftige Entscheidungen getroffen werden, und Kreativität dort eingesetzt wird, wo sture Bürokratie scheitert oder komplexe politische Geschäfte vorbereitet werden müssen. Dafür braucht es aber Verwaltungsmitarbeitende, die das Potenzial der IT verstehen und nutzen.

Wie sieht das im Fall E-Voting aus? Ist hier das Hindernis, dass wir bereits in der «besten aller direkten Demokratien» leben?

Hier fehlt tatsächlich der Leidensdruck. Die Schweizer Demokratie funktioniert effektiv heute super. Und wir könnten uns glücklich zurücklehnen, wenn nicht gerade aus der Schweizer IT-Szene immer lauter der traditionelle Staat angegriffen würde, und zwar Verwaltung und demokratische Prozesse.  Die Schweizer Innovationskraft wird eben nicht zur Verbesserung des Existierenden verwendet, sondern zum Forschen nach alternativen Lösungen für Legislative und Exekutive. Blockchains sollen staatliche Register und andere hoheitliche Aufgaben ersetzen und das Wählen völlig neu organisieren. Darüber hinaus werden in der Forschung derzeit Kapitalismus, Demokratie und Sozialismus neu gedacht. Das ist sehr animierend, bringt uns auch wirklich weiter, aber es ist oft auch blauäugig. Im Fall einer praktischen Umsetzung kann es entweder nutzlos Ressourcen vergeuden oder im Gegenteil ziemlich gefährlich werden, wenn die traditionellen staatswissenschaftlichen und ökonomischen Perspektiven aussen vor bleiben, so wie das derzeit der Fall ist. Eine neue Wissenschaft ohne altes Wissen läuft stark Gefahr, den Realitätsbezug zu verlieren.

Was könnte uns eine digitale Demokratie bringen, was wir nicht schon haben?

Die Zukunft lässt sich aus heutiger Sicht simpel beschreiben: Immer mehr Bedarf nach kurzfristigen Demokratie-Events mit hoher Erlebnisqualität und immer weniger Gestaltungsmacht für politische Entscheider aufgrund globaler Abhängigkeiten. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Deshalb könnten in Zukunft authentische Demokratiesimulationen eine Schlüsselrolle spielen. Statt der häufig scheiternden digitalen Partizipationsprojekte könnten Simulationsexperimente das Bedürfnis nach Demokratieerfahrungen abdecken und würden obendrein viel bessere Chancen für Bottom-up-Ideen bieten: Findet eine solche Idee in der Simulation hohe Zustimmung, so werden die traditionellen politischen Institutionen klug genug sein, sie praktisch umzusetzen. Damit wird der Policy Cycle für Ideen weit geöffnet, ohne dass seine stabilisierende Kraft untergraben wird. Und das wäre neu.

Nochmals praxisnah nachgefragt: Was wären denn die Vorteile von E-Government ? Geht es eher um Effizienz oder um Bürgernähe und eine neue Auffassung von Partizpation?

Ja, ja und ja – um alle drei. Plus um höhere Qualität bei den Sachentscheiden und um ein besseres Zuarbeiten für Parlament und Regierung. Aber ganz grundsätzlich geht es um die zukünftige Stabilität des Schweizer Staats. Wenn wir die alten Prinzipien wie Subsidiarität bewahren wollen, müssen wir sie neu interpretieren und das Wesentliche von dem trennen, was einst mit alten Technologien nicht anders gemacht werden konnte. Wenn wir der wachsenden Komplexität der Verwaltungsaufgaben Herr bleiben wollen, genügt es nicht, überflüssige Normen zu entsorgen. Wir müssen auch die Arbeitsausführung in grossen Schritten optimieren und die Partizipation konsequent integrieren, in die Weiterentwicklung wie in die Ausführung. Und nicht zuletzt: Wenn die Verwaltung für jüngere Menschen ein attraktiver Arbeitgeber bleiben will, müssen wir innerhalb der Verwaltung eine neue User-Experience schaffen und mehr coole Kognitionswerkzeuge einführen.

Warum kommt die Swiss-ID nicht vom Fleck? Ist sie, wie böse Zungen sagen, angesichts der Blockchain heute technisch bereits veraltet?

Oje. Das ist eine Frage für Geisterseher wie Dr. Siri Paboun. Im Ernst: Alain Sandoz von der Uni Neuchâtel hat vor Jahren vorgeschlagen, als strategische Massnahme der Verwaltung die gesamte Datenhaltung wegzunehmen. Im Fall von Blockchains als Technologielösung für diese Idee sind aber noch viele sehr kritische Fragen offen, sowohl im Technischen als auch in Bezug auf die Frage, wer was steuert. Deshalb ist das derzeit noch keine Umsetzungsoption. Der Vorschlag für ein E-ID-Gesetz des Bundesamts für Justiz wäre eigentlich gut, wenn er nicht so schräge Ideen wie die Einführung eines eID-Roamings mit im Gepäck führen würde. Was wir benötigen ist ein klitzekleines bisschen volkswirtschaftliche Expertise. Das heisst in diesem Fall, dass wir die E-ID  ähnlich wie eine Plattform betrachten und nach Geschäftsmodellen für das ganze E-ID-Ökosystem suchen, statt einzelne Funktionen separat zu betrachten. Dann käme man vermutlich zum Schluss, dass eine hoheitliche Lösung nicht nur staatspolitisch wichtig ist, sondern auch ökonomisch mindestens auf Zeit sinnvoll wäre.

Geht es mit E-Health und dem elektronischen Patientendossier vielleicht erst wirklich los, wenn endlich eine Generation von Digital Natives die Arztpraxen und Spitalleitungen übernommen haben wird?

Die Dänen haben nur bei einer Bevölkerungsgruppe Akzeptanzprobleme für die Digitalisierung des öffentlichen Sektors: ein Teil der unter 25-Jährigen verweigert sich. Das zeigt, dass sich die wirkliche Welt nicht an Mythen hält. Die Lösung der E-Health-Schwierigkeiten ist im Kern simpel: E-Health sollte zwar in Bezug auf die Datenintegration rund um den Patienten organisiert werden, nicht aber aus Nutzenperspektive. Der Qualitätsmassstab für E-Health-Lösungen ist, dass sie den Gesundheitsfachpersonen helfen, einen fachlich besseren Job zu machen. Wenn Ärzte dadurch keine besseren Ärzte werden, dann taugt eine Lösung nichts. Das gilt für alle involvierten Gesundheitsfachberufe. Wir müssen das Design an den Direktnutzenden ausrichten. Wenn es für diese guten Lösungen gäbe, so würde das zwar nicht sofort eine breite Akzeptanz entstehen lassen, doch es würde die Diskussion verändern. Dann würde man alle Verweigerer nämlich fragen können, ob sie wirklich für eine schlechtere Gesundheitsversorgung sind. Aber auch das wird nicht ausreichen. Danach wird es nämlich matchentscheidend sein, den betroffenen Fachpersonen glaubhaft die Angst nehmen, dass sie in Zukunft durch Algorithmen kontrolliert werden. Kontrollalgorithmen sollten ausschliesslich dazu verwendet werden, um die 1 bis 5 Prozent der schwarzen Schafe zu identifizieren, die unprofessionell arbeiten. Ansonsten sollten die Algorithmen primär den Fachpersonen dienen, ihnen eine tolle User Experience bieten und ihnen helfen, ihre Disziplin weiterzuentwickeln. Eigentlich ziemlich simpel, oder halten Sie meine Sicht für naiv?


Originalbeitrag auf asut.ch

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Wie verändert das digitale Informationsmanagement die Organisation des Staats?

Die enormen und raschen Veränderungen, welche Digitalisierung und Globalisierung mit sich bringen, erschüttern auch das Selbstverständnis des Staates. Behörden stehen vor der Herausforderung, inmitten der grossen allgemeinen Hektik ein angemessenes Informationsmanagement zu entwickeln und Antworten darauf zu finden, welche Aufgaben für den Staat der Zukunft zentral sein sollen.

Daten statt Prozesse in Zentrum
Entgegen der vielerorts vorherrschenden Sicht, dass es sich bei der Digitalisierung um eine Betrachtung der Behördenprozesse geht, stellt dieser Artikel die Rolle der Daten und der Register ins Zentrum. Dabei gilt es gleich vorab festzuhalten, dass es beim staatlichen Handeln zuerst einmal um dessen Resultate gehen sollte, und erst sekundär darum, mit welchen Prozessen sie erreicht werden. Übertragen auf die Digitalisierung bedeutet dies, dass es um die Daten und deren Qualität geht, und erst sekundär um die manuellen und automatisierten Prozesse, die diese verändern.

Gerne geht seitens Bevölkerung und Wirtschaft vergessen, dass die Behörden im Auftrag der Gesellschaft handeln. Dem Legalitätsprinzip folgend dürfen sie genau das tun, wozu die Legislative sie durch Gesetze beauftragt hat. In einem Satz zusammengefasst regeln die Behörden entlang den Gesetzen, wer in der Gesellschaft im Detail welche Rechten und Pflichten hat. Konkret stellt ein Strassenverkehrsamt sicher, dass ein Fahrzeug, das in Verkehr gesetzt werden soll, verkehrstauglich ist, und dass die Nutzung des Fahrzeugs durch den Halter hinreichend versichert ist. Oder die Einwohnerkontrolle registriert den Zuzug einer Familie mit Hund in die Gemeinde.

Gerade die grundlegenden Behördenentscheide werden in Registern wie dem Fahrzeughalterregister oder dem Einwohnerregister festgehalten. Die Pflege, Aktualisierung und Auswertung solcher Register gehört zu den Kernaufgaben des Staates.

Riesige Herausforderungen für Behörden
Solange die Register von Hand in dicken Büchern geführt wurden und die Informationen auch wenig zugänglich waren, hat im wesentlichen jede Behörde z. B. ihr eigenes Personenregister geführt. Sie musste dies sogar tun, weil es ihr im Normalfall gar nicht erlaubt war, auf Informationen anderer Behörden zuzugreifen. Dabei handelte eine Behörde wie alle Unternehmen oder auch Einzelpersonen: Alle führen ihre eigenen Kontaktdaten. Dass diese unternehmens- oder familienübergreifend gemeinsam geführt werden, ist sehr unüblich.

2006 hat das Parlament das «Bundesgesetz über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister» (kurz Registerharmonisierungsgesetz) beschlossen, in welchem geregelt wird, welche eidgenössischen Register sowie kantonalen und kommunalen Einwohner- und Stimmregister ihre Informationen über Personen zwecks Vereinfachung der Datenerhebung für statistische Zwecke abstimmen und dazu Daten zwischen den Registern austauschen müssen. Ebenso wird geregelt, welche Daten in den Einwohnerregistern als Quelldaten bereitgestellt werden müssen. Diese Bereitstellung der Informationen, aber insbesondere auch die Bereinigung der Differenzen zu anderen Registern, bedeutet für die Halter der Einwohnerregister einen sehr hohen Aufwand.

Was auffällt ist, dass der Zweck des Gesetzes u. a. mit Statistik begründet wird. Dies kommt vor allem daher, dass bei der Erstellung von registerübergreifenden Statistiken Fehler und semantische Differenzen sichtbar werden. Und es sind genau diese semantischen Probleme, die in der Bereinigung sehr viel Aufwand verursachen. Das Gesetz beschränkt sich, wie es der lange Name ausdrückt, aber nur auf eine sehr geringe Menge von Daten.

Die wirklich grosse Herausforderung liegt nun darin zu definieren, bezüglich welcher weiteren Daten die entsprechenden Register harmonisiert werden sollen und wer die Datenhoheit über welche Daten innehat. So wurden im UID-Gesetz bezüglich Datenverantwortung zum Teil verschiedene Register gleichgestellt, so dass es also keine klare Datenhoheit gibt. Die Herausforderung, eine klare Semantik für den Inhalt des UID-Registers zu definieren, lässt sich am Umstand ablesen, dass im UID-Register gemäss Gesetz nicht Unternehmen, sondern «UID-Einheiten» geführt werden.

Langsame, aber nachhaltige Veränderung
Wie bereits erwähnt, erfordert eine Veränderung bezüglich Datenaustausch eine Anpassung mindestens auf Gesetzesstufe, was die Involvierung der entsprechenden Legislativorgane erfordert. Auch wenn die Umsetzung des «Once-only Principle», wie dieses zurzeit in der EU länderübergreifend getestet wird (vgl. toop.eu), zu sparsameren und effektiveren Lösungen führt, haben diese Mühe sich durchzusetzen. Bedenken seitens des Datenschutzes und die doch recht hohen Kosten für die Bereitstellung der entsprechenden Infrastruktur und die initiale Harmonisierung der Daten führen zu einer sehr zögerlichen Anpassung der entsprechenden legalen Vorgaben. Niemand muss heute mit qualitativ minderwertigen Lösungen verbundene Aufwände rechtfertigen, weil die entsprechenden Kosten nirgendwo explizit erscheinen.

Es wäre hier Aufgabe des Gesetzgebers, das Heft in die Hand zu nehmen. Die Wirtschaft könnte helfend unterstützen, indem sie eine entsprechende Veränderung einfordert, weil auch der Wirtschaft wegen mangelnder Datenqualität Kosten entstehen, welche lokal betrachtet recht klein, über die gesamte Volkswirtschaft betrachtet aber recht gross sind.

Rollenverteilung im Informationsmanagement
Zielsetzung eines guten Informationsmanagements ist eine umfassende Informationssicherheit, die die Verfügbarkeit, die Integrität und den Datenschutz sicherstellt. Dies erfordert ein behördenübergreifende Governance entlang folgender Rollen:

  • Datenbezüger beziehen Daten vom Master. Ist es wegen qualitativer Anforderungen notwendig, eine Kopie anzulegen, ist die Aktualisierung der Daten sicherzustellen. Werden bei der Verwendung der Daten qualitative Mängel an den Daten selber festgestellt, wird der Datenbereitsteller dabei unterstützt, diese zu beheben.
  • Datenbereitsteller sorgen für eine hohe Verfügbarkeit und Integrität der Informationen. Betroffene haben einfache Möglichkeiten, inkorrekte Daten korrigieren zu lassen. Datenbereitsteller propagieren Änderungen an den Daten über Notifikationen. Der Datenschutz muss insofern gut ausgestaltet sein, als die Betroffenen darin unterstützt werden, Datenmissbrauch zu identifizieren.
  • Datentransporteure und -vermittler erleichtern sowohl den Bezügern wie auch den Bereitstellern ihre Aufgabe. Entsprechend engagieren sich diese ebenso für eine umfassende Informationssicherheit.
  • Führung und Regulation sorgen für ein effektives und effizientes Zusammenwirken aller Beteiligten. Subsidiarität und Föderalismus stellen ganz besondere Herausforderungen. So kann es oft einfacher scheinen, Aufgaben zu zentralisieren. Nicht immer entstehen aber durch Zentralisierung nachhaltig gute Lösungen.

Bezüglich aller Daten im Staat gilt es für die Behörden, hier eine Rollenklärung zu erzielen. Sie müssen ihre Rolle als «Besitzer und einziger Nutzer» zugunsten einer der obenstehenden Rollen im Zusammenspiel mit allen Stakeholdern im Staat aufgeben. Im Sinne des Öffentlichkeitsprinzips kommt den Bereitstellern auch die Aufgabe zu, Daten als «Open Government Data» im Sinne einer Infrastruktur und einer Ressource der Gesellschaft und Wirtschaft verfügbar zu machen.

Priorisierung der Harmonisierung
Das staatliche Handeln ist breit gefächert und wird durch die enormen und raschen Veränderungen, welche Digitalisierung und Globalisierung mit sich bringen, in den Grundfesten erschüttert. So stellt sich für jede Behörde die Frage, was sie in der grossen, allgemeinen Hektik als erstes anpacken muss. Hier sind den Behörden folgende Fragen empfohlen:

  • Welche Aufgaben der Behörde müssen auch langfristig (z. B. in hundert Jahren) hoheitlich bleiben?
  • Wie gelingt es den Behörden gemeinsam, die Datenhoheit in Bezug auf diese Aufgaben zu behalten bzw. sie zurückzugewinnen?

Dabei geht es um die zentralen Fragen nach den Aufgaben des Staats der Zukunft. Selbstredend darf es nicht der Exekutive überlassen werden, diese festzulegen, sondern es ist an der Legislative, hier lenkend zu wirken. Die entsprechenden Veränderungen werden aber auch die Judikative beschäftigen.

Schliesslich ist es an allen, an diesen Erneuerungen aktiv mitzuwirken. Niemand darf für sich die Rolle des Statisten beanspruchen. Die Digitalisierung bringt es u. a. mit sich, dass der Staat sich öffnet (Open Government). Mitwirkung und Mitgestaltung sind auch diesbezüglich gefragt.


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