E-Government meets E-Health? Oder: E-Government + E-Health = E-Society?

Vom Dienstag 8. März bis Freitag 11. März 2016 fand an der Bern Expo das alljährliche Familientreffen der beiden Communities E-Government in der Schweiz und E-Health in der Schweiz im Rahmen der InfoSocietyDays statt. Die E-Government-Community traf sich vom 8. bis zum 9. März und die E-Health-Community vom 10. bis zum 11. März 2016.

E-Government Forum

Das diesjährige Swiss eGovernment Forum setzte sich die folgenden Motti für die die beiden Tage: «eSociety bereits heute Realität» sowie «Digitalisierung von Verwaltungsleistungen durch Make oder Buy».

Erhellend war am ersten Tag das erste Referat von Danielle Gagnaux-Morel, Staatskanzlerin des Canton de Fribourg. Take-home messages können wie folgt zusammengefasst werden: Ein E-Society-Himmel kann nur entstehen, wenn Ubiquitous Networks die Bereitstellung von Ubiquitous Services unterstützen und diese wiederum die Zusammenführung der verschiedenen E-Bereiche zu einem neuen Ganzen, der E-Society führen. Ziel von E-Government ist die Staatsmodernisierung. Die Herausforderung besteht darin, den Nutzen für die Nutzer herauszuarbeiten und zu ermöglichen. Transparenz und Vertrauen sind zentrale Ziele des modernisierten Staats.

Am letzten E-Government-Forum Romand, das in Neuchâtel stattfand, war der Guichet Unique des neuenburgischen Kantons ein zentrales Thema. Nun tauchte dieser auch in Bern an den InfoSocietyDays (allerdings nicht zum ersten Mal) auf. Der Vizekanzler und der IT-Chef des Kantons berichteten von den grossen Fortschritten hin zum papierlosen Staat.

E-Government Schweiz ganz neu, hätte man als Motto über das Referat von Cedric Roy stellen können. Ueli Maurer wird zitiert, der sagte: „Mit der Umsetzung der E-Goverment-Strategie Schweiz fördern Bund, Kantone und Gemeinden gemeinsam die dienstleistungsorientierte Verwaltung.“ Neu? Ja! Neue Steuerung – Trennung von strategischer und operativer Steuerung. Neue Finanzierung – Kantone und Bund finanzieren gemeinsam CHF 4 Mio. Die Kantone sind erstmals an der Finan­zie­rung beteiligt.

Wie immer gab es am Nachmittag des ersten Tages auch Solution-Präsentationen zu sehen. Spannend war ein Einblick ins herausfordernde Intranet des EDA, das neu gestaltet wurde und Kommunikation und Kollaboration mit Externen unterstützt und das Projektdatenbank, Prozessmodellierung, Dokumentenmanagement und Personenstammdatenmanagement integriert und weltweit zum Einsatz bringt.

Ein aktueller Statusbericht aus der Forschungsstelle Digitale Nachhaltigkeit am IWI Der Universität Bern bot Matthias Stürmer. Dabei wurde klar, dass diese Stelle unterdessen eine beachtliche Grösse angenommen hat und auch über ansprechende Ressourcen zur Aufgabenbewältigung im Themenfeld Digitale Nachhaltigkeit verfügt. Interessant waren auch die präsentierten neun Kriterien für Digitale Nachhaltigkeit. Fünf davon beziehen sich auf das Digitale Gut, vier davon beziehen sich auf das Ökosystem, in welchem das Digitale Gut genutzt wird. Wen wundert es, dass das erste Kriterium auf freie Lizenzen lautet.

Der zweite Tag war dem Make-or-Buy von Services im IT-Bereich gewidmet. Sehr spannend war gleich der Einstieg in die zwei unterschiedlichen Vorstellungen der Make-or-Buy-Lösungen im IT-Bereich der Kantone Basel (ZID) und Schaffhausen (KSD).

E-Health Forum

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Das Forum E-Health stand am ersten Tag unter dem Oberthema „Elektronisches Patientendossier – Was nun?“ und dem Motto „Implikationen auf die Unternehmensstrategie“ und am zweiten Tag unter dem Motto „Konkrete Operationalisierung und Umsetzung“.

Ein erster Keynote-Vortrag wurde gehalten von Jürgen Holm – Medizininformatiker der Berner Fachhochschule. Er führte ein in die turbulenten kommenden Zeiten von E-Health. Die Digitale Transformation im Gesundheitswesen verläuft über die Konvergenz der Bereiche Automatisierung, Empowerment, Daten und Vernetzung.

Im Weiteren kam eine Fallstudie aus dem Kanton Genf zur Diskussion. Hier waren Pflegeinstitutionen zusammen mit dem Staat tätig im Themenbereich Patientendossier. Die Historie zeigt, dass es ein langer Weg war, der 1998 begann und bis heute andauert. Die numerischen Resultate können sich sehen lassen, 13‘000 Patienten sind eingeschlossen, 600 Hausärzte machen mit und 600 Gesundheitsfachleute sind integriert und pflegen ein elektronisches Patientendossier. Zu finden ist das auf MonDossierMedical.ch. Bis 2015 waren 6937 Dossiers eröffnet worden. Der Kanton ist zusammen mit der Post und Cisco schon lange auf dem Weg der Gesundheitsvernetzung und zeigte wieder einmal, dass man das Patientendossier auch schon haben kann, statt es erst zu entwickeln.

Unter dem Titel von der KG zur eKG zum ePD – Hausärztinnen und Hausärzte als Torwächter des elektronischen Patientendossiers zeigte gfs.bern die beinahe schon zur Tradition gewordene Studie eHealth Barometer. Die Schlussfolgerungen aus den empirischen Resultaten haben es in sich. Die Thesen lauten wie folgt: Eine Offenheit bei steigenden Datenschutzbedenken gegenüber dem ePD ist da. Es zeigen sich mannigfache Bedürfnisse und eine steigende Bekanntheit. Die Meinungsbildung zum ePD ist noch wenig weit fortgeschritten, das ePD ist bei der Bevölkerung besser zu verankern. Thesen zu den Leistungserbringern lauten wie folgt: Umsetzung eHealth auf Kurs, aber kein Automatismus. Insbesondere bei der Hausärzteschaft ist noch viel Überzeugungsarbeit für das ePD zu leisten.

Dann war es an der Reihe von eHealth Suisse, dem Koordinationsorgan für eHealth seitens des Eidgenössisches Departements des Inneren, darüber zu berichten, wie der Stand von eHealth aus Sicht von eHealth Suisse aussieht. Die gute Nachricht: Genf, Wallis, Tessin und St. Gallen gehören zu den Vorreitern und haben weitgehend auch einen zertifizierten Stand bezüglich eHealth in der Schweiz. Waadt gehört noch in die Nähe davon. Der grosse Rest der Schweizer Kantone und Versorgungsregionen steht quasi derart am Anfang, dass das Thema eHealth zwar bearbeitet wird, politische und strategische Entscheide on the way sind, aber die konkrete Umsetzung noch auf sich warten lässt.

Die Governance von Affinity Domains scheint eines der ganz heissen hinter der Einführung von eHealth in der Schweiz stehenden Fragen zu sein. U.a. kann hier der Kanton Zürich unter dem Label ZAD – Zurich Affinity Domain, bereits entsprechende Erfolge vorweisen. Ein dominantes Thema scheint zu sein: Information, Aufklärung sowie Weiterbildung. Ohne das scheint es mit eHealth nicht weiter zugehen.

Eine Reihe von Lösungspräsentationen zeigte am Nachmittag einen Überblick über Themen wie folgt: Integration von Bürgern und Leistungserbringern als Erfolgsfaktor, insbesondere Hausärzte, auch umfassende Bedrohungs- und Risikoanalysen wurden von IT-Security-Experten präsentiert. Ferner gelangten als mögliche Erfolgsfaktoren von eHealth und ePD u.a. IHE und die API-Economy in den Blickwinkel. Die Swisscom zeigte sich überzeugt, dass das Geschäftsmodell insbesondere Nutzen für die Beteiligten in den Vordergrund rücken muss und nicht auf Staatsfinanzierung gehofft werden darf und kann.

Der zweite Tag widmete sich u.a. der Gründung und Besonderheiten von Affinity Domains. Am Beispiel des Universitätsspitals Zürich, welches gewaltige Investitionen in ein Klinikinformationssystem tätigte, zeigte auf, dass der Nutzen vielfach nicht dort anfällt wo der Aufwand entsteht. Auf Forschungssicht wird auch am Aufbau eines Swiss Personalized Health Networks gearbeitet. Zwischen 2017 und 2020 sollen 70 Mio. CHF investiert werden. Darin wird auch Big Data ein zentrales Thema sein. Und noch einmal grüsste Frau Brönnimann aus dem Living Lab der Medizininformatik der Berner Fachhochschule von den Folien, als Letztere die Frage thematisierte, ob man sich Affinity Domains besser anschliessen oder selber eine gründen solle. Make-or-Buy bezüglich Gemeinschaften? Die Schlussfolgerungen lauteten wie folgt: Für das Buy gilt: Kostet viel Geld, macht aber Spass. Für das Make gilt das Gleiche … Dann ging der Referent konkreter der Frage nach, was Make-or-Buy denn tatsächlich bedeutet. Dabei zeigt sich einmal mehr: Finanzierungs- und Governance-Modelle werden wichtige Entscheidungskriterien sein ob man sich einer bestehenden Gemeinschaft anschliesst oder beschliesst selber eine zu gründen. Das Fazit: Es gibt keine einfachen Kochrezepte.

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AUTHOR: Konrad Walser

Professor für Wirtschaftsinformatik, Fachbereich Wirtschaft, Berner Fachhochschule

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