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«Der Public Sector braucht mehr Dialog und weniger Gärtlidenken»

Damit der Public Sector in der Schweiz digital richtig durchstarten kann, brauche es einen Kulturwandel, bei dem alle Beteiligten das oft noch vorherrschende «Gärtlidenken» überwinden müssten. Besonders Bund, Kantone und Gemeinden sollten sich über ihre Grenzen hinaus stärker vernetzen, sagt E-Government-Experte Alain Gut, Director Public Affairs bei IBM Schweiz.

Wie hat sich aus Ihrer Sicht der Public Sector in den vergangenen fünf Jahren aus Sicht der Wirtschaft transformiert? Sind Sie zufrieden mit der heutigen Maturität?

Der Public Sector hat sich in den letzten fünf Jahren zwar technologisch verbessert, jedoch nur sehr langsam. Es braucht nach wie vor sehr viel Zeit, dass man sich mit neuen Technologien und deren möglichen Einflüssen befasst und dann auch entsprechende Projekte auslöst. Ein Massstab im öffentlichen Sektor sind nach wie vor die Fortschritte im eGovernment und da werden in der Schweiz nicht wirklich grosse Erfolge erzielt. Wobei wir im Vergleich mit anderen Ländern nicht unbedingt schlechter werden, sondern die anderen besser. In diesem Sinne kann man mit der Maturität auch nicht zufrieden sein. Wir sind mit wichtigen Basisdienstleistungen wie beispielsweise einer funktionierenden und weit verbreiteten E-ID Jahre im Rückstand. Obwohl wir (noch immer) als ein innovatives Land gelten, tut man sich im Public Sector schwer, neue Entwicklungen anzunehmen und auch umzusetzen. Politische Rahmenbedingungen und auch unser ausgeprägt föderales System helfen hier auch nicht, für etwas mehr Flexibilität und manchmal auch Geschwindigkeit zu sorgen.

Wenn wir von Transformation reden: Wohin soll sich der Public Sector bewegen? Was sind die Erwartungen der Wirtschaft?

Ein sicherlich grosses Hemmnis für Transformation ist das Beschaffungsrecht, das sowohl der Verwaltung wie auch den Anbietern sehr enge Fesseln anlegt. Auch führt dies dazu, dass grössere Projekte sehr lange dauern und wenn umgesetzt, oft schon wieder «renovationsbedürftig» sind. Mit mehr Dialog (dies sieht das alte wie auch das neue Beschaffungsgesetz vor) könnten sicherlich bessere und innovativere Lösungen gefunden werden. Zudem ist es absolut essentiell, dass sich im Public Sector auch ein kultureller Wandel durchsetzt. Mit den heutigen und zukünftigen technologischen Möglichkeiten und der Notwendigkeit von durchgängigen End-to-end-Prozessen muss das «Gärtlidenken» von Departementen, Direktionen, Abteilungen und Ämtern der Vergangenheit angehören. Dafür braucht es den politischen Willen und das nötige technologische Verständnis der Exekutive und eine Verwaltung, die als eine Einheit ihren Kunden, den Bürgern und den Unternehmen, moderne und einfache Interaktionen rund um die Uhr ermöglicht.

Wie kommt es zu Innovation im Public Sector?

Das ist eine Frage, die mich beschäftigt, seit ich mit dem Public Sector zu tun habe und das sind nun doch schon einige Jahre. Was sind die Merkmale einer innovativen Kultur? Dazu gehören sicherlich Kreativität, Vertrauen in die Mitarbeiter und das Zulassen von Fehlern – das heisst, man muss bereit sein, auch Risiken einzugehen – und ein ausgeprägtes und transparentes Kommunikationsverhalten. Es ist sicherlich nicht vermessen zu behaupten, dass dies nicht die ausgeprägten Verhaltensmerkmale einer Verwaltung sind. Zudem lässt es auch das Beschaffungsrecht fast nicht zu, dass der Public Sector zusammen mit Anbietern Pilotprojekte oder Tests durchführt. Einerseits will die Verwaltung, wenn möglich, dafür Ausschreibungen verhindern und andererseits wollen sich Anbieter keiner Vorbefassung aussetzen und Knowhow einbringen, ohne auf einen entsprechenden Auftrag zählen zu können. Innovation braucht also ein entsprechendes kulturelles Umfeld und Rahmenbedingungen, die innovative Ideen zulassen. Die OECD hat dazu ein Framework entwickelt, das die Problematik sehr gut zusammenfasst: People, Knowledge, Ways of working, Rules and processes.

Der Bundesrat hat am 20. November 2019 die E-Government-Strategie Schweiz 2020-2023 verabschiedet. Die verbindliche Regelung der Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden wird darin grossgeschrieben. In diesem Zusammenhang ist dem Schlussbericht des Projektes «Digitale Verwaltung» des EFD und der KdK, der Ende Oktober veröffentlicht wurde, von drei Varianten die Rede, wonach die dritte Variante die Gründung einer Behörde ist, v.a. für transversale Belange zuständig sein soll. Was halten Sie von den vorgeschlagenen Modellen?

Es ist erfreulich, dass auf allen Ebenen erkannt wurde, dass es im Bereich des eGovernments und der digitalen Verwaltung einer Strategieänderung bedarf, um die technologischen Herausforderungen meistern zu können. Die vorgeschlagenen Modelle sind ein typisch schweizerischer Kompromiss. Eigentlich wollen alle die beste, dritte Variante, sind sich aber bewusst, dass in unserem föderalen System die notwendigen (gesetzlichen) Rahmenbedingungen dies (fast) unmöglich machen und sehr viel Zeit benötigen. Der Druck auf eine gesamtschweizerisch koordinierte Lösung ist wahrscheinlich auch zu gering, dafür funktioniert unser Verwaltungsapparat immer noch zu gut. Ein vergleichbares Projekt haben auch die Polizeien mit HPi (Harmonisierung der Schweizer Polizeiinformatik). Nach acht Jahren sind die erzielten Ergebnisse überschaubar und es mussten viele Hürden organisatorischer, rechtlicher und projektbedingter Art überwunden werden.

Im Projekt «Digitale Verwaltung» geht es um Steuerung und Zusammenarbeit. Sollen wir weitere Aspekte auf die Agenda dringend setzen?

Das Projekt «Digitale Verwaltung» deckt die wichtigsten Bereiche wie Strategie, Standards, Innovation, Dienstleistungen und Vernetzung sehr gut ab. Wie immer liegt es auch hier nicht an der Strategie selbst, sondern wie die Strategie umgesetzt werden kann. Grundsätzlich ist es nachvollziehbar, dass sich der Bund, die Kantone und die Gemeinden in der Verantwortung sehen. Das ist sicherlich auch richtig so. Wünschenswert wäre, wenn mehr Kooperation mit der Wirtschaft und der Wissenschaft stattfinden würde. Ob dies in Form von PPPs (Public Private Partnerships) oder in Arbeitsgruppen stattfindet, ist nebensächlich. Wichtig ist der Austausch von Ideen und Möglichkeiten, das Miteinander, um die besten Lösungen zu finden und die breite Verankerung von Ergebnissen auf allen staatlichen Ebenen, vor allem auch bei der Bevölkerung.

Wir haben in den letzten Jahren viel in Projekte und Services investiert. Brüssel verteilt uns schlechte Noten, weil wir im internationalen Vergleich im Bereich Basisdienste im Rückstand sind (vgl. EU-Benchmark 2019). Welche Basisdienste sollten priorisiert werden? Was ist konkret vorgesehen? Wo sehen Sie die Herausforderungen?

Zu priorisieren sind sicherlich die Elektronische Identität, die digitale Post (elektronischer Versand von Dokumenten und Informationen zwischen Staat und Bevölkerung/Unternehmen), eDokumente (Dokumente können sicher herunter- und heraufgeladen werden) sowie authentische Quellen (Behörden füllen Formulare mit bekannten Daten im Voraus aus). Grundlage von allem ist aber die Elektronische Identität. Sie ist an sich Voraussetzung für alle behördlichen Prozesse. Die neue E-Government-Strategie der Schweiz sieht entsprechende Massnahmen im Bereich der Basisdienste und Infrastruktur vor. Standards und Schnittstellen müssen dafür geschaffen werden. Ohne diese sind Identitäts-, Zugriffs- und Datenverwaltung kaum umsetzbar. Bund, Kantone und Gemeinden sind hier gefordert. Dabei ist aber immer zu beachten, dass die Schweiz sich nicht auf einer Insel befindet. Die Schnittstellen müssen auch den elektronischen Austausch mit anderen Ländern, vor allem aus der EU, ermöglichen.

Gegen die E-ID-Gesetzesvorlage wird voraussichtlich ein Referendum ergriffen. Die Gegner der Vorlage sind der Meinung, dass der Identitätsnachweis eine hoheitliche Aufgabe ist, die nicht der Wirtschaft überlassen werden kann. Geht es hier im Grunde um eine Frage des Vertrauens oder eher um die Rolle des Staates im digitalen Zeitalter?

Es geht um Beides. Der Staat muss an sich in der Lage sein, eine Elektronische Identität anzubieten. Warum er dies im Rahmen des neuen E-ID Gesetzes nicht tun will, ist eine Sache für sich. Vorgesehen ist ja, dass der Staat die Identität prüft, die Lösung selbst von Dritten erbracht wird. Ob durch eine allfällige Volksabstimmung der Staat dazu gezwungen werden kann, das werden wir sehen. Auch ist dies nicht eine optimale Ausgangslage und würde die Einführung der elektronischen Identität um Jahre verzögern. Wichtiger als wer sie herausgibt ist, dass die Lösung die notwendige «blindness» erfüllt, das heisst, dass niemand – auch nicht der Herausgeber der E-ID – sehen kann, wer mit wem eine Transaktion ausgeführt hat. Das ist die Voraussetzung für das Vertrauen in die Elektronische Identität. Die Rolle des Staates im digitalen Zeitalter ist eine spannende und noch ungeklärte Frage und wird einen intensiven Dialog zwischen Staat, Bevölkerung, Unternehmen und vor allem auch der Politik bedingen.

An einer Podiumsdiskussion der Netzwerkveranstaltung 2019 «Digitale Verwaltung zum Nutzen Aller» hat Michel Huissoud, Direktor der Eidg. Finanzkontrolle, das Ergreifen einer Verfassungsinitiative vorgeschlagen, um die Verwaltung der Basisregister neu zu gestalten. Wäre dies der richtige Ansatz, um den öffentlichen Diskurs zum Thema Datenpolitik zu lancieren?

Eine Verfassungsinitiative wäre sicherlich eine Möglichkeit, eine breite Diskussion zum Thema Datenpolitik zu starten. Es gibt jedoch bereits einige Bestrebungen, den Umgang mit Daten zu sensibilisieren und auf das politische Parkett zu bringen. Open Government Data, Data Governance, Datenportabilität und Swiss Data Space sind nur einige der Begriffe, die im Rahmen einer Datenpolitik von Relevanz sind. Für Europa hat IBM eine solche Vision für bis ins Jahr 2024 erarbeitet – «For a responsible, open and inclusive digital Europe». Nicht nur für eGovernment, sondern auch für Initiativen wie eHealth oder eMobilität ist eine akzeptierte Datenpolitik notwendig. Open Data als der neue Rohstoff nicht nur der digitalen Verwaltung, rechtliche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, die die Schweiz zu einem attraktiven Daten-Standort machen, müssen die Ziele der Datenpolitik sein. Nach den grossen Skandalen um Social-Media-Plattformen, die gefährliche Informationen verbreiten und personenbezogene Daten in einem beispiellosen Ausmass missbrauchen, ist an sich die Sensibilität zum Thema Daten in hohem Masse vorhanden. Aber auch hier gilt, es braucht die Verwaltung, die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Politik. Nur gemeinsam lässt sich eine Datenpolitik etablieren.

Welche Themen sollen Ihrer Meinung nach im politischen Diskurs aufgenommen werden? Ist der Schweizer Public Sector bereit für Künstliche Intelligenz?

Grundsätzlich sollte sich der Public Sector mit allen neuen Technologien auseinandersetzen. Egal ob Blockchain, Künstliche Intelligenz, Quantencomputing oder Hybrid Clouds, sie alle werden den öffentlichen Sektor beeinflussen. Notwendig für den Public Sector wird es aber sein, sowohl die traditionellen als auch die neuen Systeme zu integrieren. Dabei ist sowohl betriebswirtschaftliches Fachwissen als auch Wissen über neue Technologien Voraussetzung. Es geht eigentlich nicht nur darum, diese miteinander zu «integrieren», sondern sie auch ineinander zu überführen. Eine Kultur der Agilität und Innovation wird zunehmend wichtig. Das Verständnis eines Verwaltungsprozesses und wie Technologie in diesen Ablauf eingebettet werden kann, wird der Schlüsselfaktor für den zukünftigen Erfolg des Public Sectors sein. In diesem Sinne ist man auch für einen konkreten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (noch) nicht bereit. Und auch hier gilt es zu beachten, dass man die Regulierung in Grenzen hält.

Die Bundeskanzlei hat (mit NZZLibro) soeben eine Publikation zur Schweiz 2030 herausgegeben: Wie sieht die digitale Verwaltung 2030 aus? Und davon ausgehend: Was sind die nächsten Schritte?

Für die digitale Verwaltung 2030 stehen ja nur noch zehn Jahre zur Verfügung. Das ist sehr wenig Zeit für die Verwaltung. Wenn es jedoch gelingt, alle Strategien – wie die eGovernment Strategie oder die Strategie zur Digitalen Verwaltung – wie geplant umzusetzen, steht die Schweiz sicherlich besser als heute da. Eine grosse Gefahr besteht jedoch darin, dass es nicht gelingt, neue Technologien wie beispielsweise 5G, rechtzeitig einzuführen. Dem Bund kommt dabei die wichtige Rolle zu, vorgängig die Bevölkerung zu sensibilisieren und entsprechende Informationen aufzubereiten. Die Digitalisierung wird immer stärker zur treibenden Kraft für Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Chancen dieser Transformation proaktiv zu ergreifen ist notwendig, um die Schweiz auch zukünftig als innovativen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort zu positionieren. Deshalb ist es wichtig, dass auch im öffentlichen Sektor den Mitarbeitern – egal ob Mann oder Frau – neue Perspektiven gegeben werden und sie auf die neuen Jobs und Skills entsprechend befähigt werden. Sehen wir Digitalisierung als Chance – auch für den Public Sector!


Zur Person

Dr. Alain Gut ist Director Public Affairs bei IBM Schweiz. Er setzt sich in zahlreichen Kommissionen und Gremien für die Themen Bildung und Informatik, Cyber-Sicherheit, Mobilität und Datenpolitik ein.

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EasyGov.swiss: E-Government nach den Bedürfnissen der Unternehmen

«Der Online-Schalter EasyGov.swiss bringt den KMU administrative Entlastung», so kündigte vor zwei Jahren der damalige Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann die neue Onlineplattform der Behörden an. Anfang Dezember 2019 erfolgte nun bereits die dritte grosse Erweiterung von EasyGov mit neuen Behördendienstleistungen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO zeigt damit, dass E-Government in einem föderalen Staat auf hohem Niveau möglich ist.

Die gesteckten Ziele sind hoch: Auf EasyGov sollen Behördenleistungen so bereitgestellt werden, dass sie ohne besondere Kenntnisse über behördliche Zuständigkeiten aus einer Hand und ohne technisches Spezialwissen nutzbar sind. «Die Geschäftsprozesse der Verwaltung werden konsequent auf die Nutzerbedürfnisse ausgerichtet, vereinfacht, standardisiert und in ihrer Effizienz optimiert», heisst es in der Strategie «Digitale Schweiz» des Bundes. «Der wichtigste Grundsatz von EasyGov ist die Kundenzentrierung», sagt Martin Godel, Leiter KMU-Politik beim Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, gegenüber governmenttobusiness.com.

Um die Bedürfnisse der Unternehmen im Bereich E-Government zu kennen, wurden diese Anfang 2019 in der zweiten Nationalen E-Government-Studie in Zusammenarbeit mit E-Government Schweiz abgefragt. So sind beispielsweise 60 Prozent der Unternehmen der Meinung, dass das Auffinden der behördlichen Angebote deren Nutzung am meisten erschwert. Genau deshalb ist ein gebündeltes Angebot der Behördengeschäfte auf einer Plattform das zentrale Ziel von EasyGov. Es soll schrittweise ein One-Stop-Shop aufgebaut werden, auf welchem Unternehmen alle angebotenen Behördenleistungen über einen einzigen Account mit einheitlicher Benutzerführung abwickeln können. So müssen regelmässig benötigte Firmendaten wie zum Beispiel die Adressdaten oder die Handelsregisternummer nur einmal erfasst werden. EasyGov erfüllt damit bereits heute das Once-Only-Prinzip, welches die EU als Massstab für gute E-Government-Lösungen definiert hat.

Drei grosse Updates in zwei Jahren

Auch in der Reihenfolge, in welcher neue Behördengänge aufgeschaltet werden, berücksichtigt das SECO nach Möglichkeit die Wünsche der Unternehmen. So wurden vor einem Jahr die zehn gängigsten Handelsregistermutationen integriert und im letzten Sommer sämtliche Betreibungsämter angeschlossen. Mit dem aktuellen Update von Anfang Dezember 2019 können neu auch Lohndeklarationen an die SUVA übermittelt werden. All diese Behördengänge standen bei den Unternehmen oben auf der Prioritätenliste.

Seit der Lancierung im November 2017 hat EasyGov bereits drei grosse Updates erfahren. Zu Beginn wurde die Plattform insbesondere von Gründerinnen und Gründer genutzt, welche von der Anmeldung beim Handelsregister bis zur Mehrwertsteuer, den Sozial- und Unfallversicherungen sämtliche nötigen Behördengänge für die Firmengründung online erledigen können. Mit den letzten Updates ist EasyGov nun auch für bestehende Unternehmen attraktiver geworden.

E-Government in einem föderalen Staat

EasyGov ist Teil der Strategie von E-Government Schweiz, der Organisation von Bund, Kantonen und Gemeinden für die Ausbreitung elektronischer Behördenleistungen. Bei jeder Aufschaltung von neuen Dienstleistungen müssen neue Behörden involviert werden. Das ist immer wieder eine grosse Herausforderung für das Team von Martin Godel. «Wir können den Behörden nichts befehlen, sondern müssen sie jedes Mal erst vom Nutzen überzeugen», sagte Martin Godel kürzlich gegenüber Radio RTS. Viele öffentliche Verwaltungen betreiben heute Portale mit entsprechend hohen Kosten für Entwicklung, Betrieb, Pflege, Support und Personal. Diese Kosten könnten eingespart werden, indem die Behörden EasyGov als Portal wählen und ihre Tätigkeiten auf ihr Kerngeschäft – die Bearbeitung des eigentlichen Behördenprozesses – fokussieren. Weiter geht damit meist ein höherer Ausbaustandard und Kundenfreundlichkeit einher, da EasyGov vieles bietet, was die meisten Plattformen nicht bieten können. Zum Beispiel gehört ein Kundenservice-Desk zum EasyGov-Paket, wo KMU von morgens 8 bis abends 22 Uhr viersprachig anrufen können. Der ambitionierte Ansatz, in einem föderalen Staat einen One-Stop-Shop für Behördendienstleistungen aufzubauen, erfordert eine gute Einbindung aller Stakeholder und langen Atem. Jede Aufschaltung eines neuen Angebots durchläuft dabei den gleichen Prozess. Dieses Projektmanagement erlaubt, rund alle sechs Monate den Unternehmen neue Behördenleistungen anzubieten.


Leistungsangebot von EasyGov.swiss Version 1.5

Aktuell bietet EasyGov folgende Behördendienstleistungen:

  1. Firmengründung
  2. Anmeldungen bei: a) Handelsregister, b) AHV (Ausgleichskassen), c) Mehrwertsteuer und d) Unfallversicherung (Suva und Privatversicherer)
  3. Handelsregister-Mutationen
    mit kantonsübergreifenden Sitzverlegungen und öffentlichen Beurkundungen
  4. Schuldbetreibung und Betreibungsauskünfte
    für Unternehmen, Vereine, Stiftungen Genossenschaften und Privatpersonen
  5. Bürgschaften für KMU
    Die vom Bund anerkannten Bürgschaftsgenossenschaften verschaffen den KMU einen leichteren Zugang zu Bankkrediten. KMU können die zuständigen Bürgschaftsorganisation via EasyGov kontaktieren.
  6. Suva-Lohndeklarationen
    Unternehmen ohne eigene Lohnbuchhaltungssoftware können ihre Lohndaten direkt in EasyGov erfassen und anschliessend an die Suva übermitteln.
  7. Bewilligungsdatenbank
    Übersicht über bewilligungspflichtige und reglementierte Berufe in der Schweiz auf Stufe Bund, Kantone und Gemeinden.
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Januarausgabe: Digitale Verwaltung Schweiz – von der Integration zur Transformation

Es besteht Konsens, dass es uns in der Schweiz gut geht – unser Gesundheitssystem, die Sicherheit sowie die Bildung, um nur einige Beispiele zu nennen, sind top. Die Herausforderung besteht darin, heute das Richtige zu tun – damit es sich hier noch in 20 Jahren gut lebt und arbeitet.

Der Blick auf den Europäischen Markt ermöglicht uns die Anschlussfähigkeit – im rechtlichen, organisatorischen sowie technischen Sinn und zeigt uns Trends, die wir selber auf die Agenda setzen können. Denken wir z.B. an das Once-Only-Prinzip.

Schlechte Rankings aus den EU-Studien sind Ansporn, um hier im Land politischen Druck aufzubauen. Trendberichte der OECD sind Impulse für das Reflektieren unserer Innovationskraft. Der Innovation Index der Cornell University und INSEAD ist erschienen – wir sind Nr. 1 unter den Innovation Leaders. Die Schweiz ist top für Wissen und Outputs im Bereich Technologie und Kreativität. Soweit alles gut. Aber gemäss eGovernment Benchmark 2019 der Europäischen Kommission haben wir Nachholbedarf: Fehlende Basisdienste führen dazu, dass Brüssel unsere Leistung schlecht bewertet. Wir haben einen Fokus auf Projekte und Services gelegt; jetzt geht es darum, die digitale Dateninfrastruktur zu realisieren.

Internationale Analysen sind nicht nur quantitativ und auf Rankings bezogen. Das Observatorium Public Sector Innovation der OECD sammelt konkrete Use Cases und clustert diese anschliessend in Trends. Es geht nicht nur um Digitalisierung –manchmal ist genau die Auseinandersetzung mit anderen Herangehensweisen eine Bereicherung. So übernimmt z.B. die Stadt Amsterdam das Konzept von Airbnb für staatliche Gebäude – es geht um eine sinnstiftende Zwischennutzung, wenn diese leer stehen. Es geht um Adressierung konkreter Herausforderungen sozialer, ökonomischer oder ökologischer Art mit innovativen Ansätzen.

Mit dem Jahr 2019 ist für E-Government Schweiz die aktuelle Strategieperiode zu Ende gegangen: Mit dem neuen Jahr tritt die E-Government-Strategie Schweiz 2020–2023 von Bund, Kantonen und Gemeinden in Kraft. Ende November hat E-Government Schweiz eine Standortbestimmung vorgenommen und dabei der grundsätzlichen Fragestellung nachgegangen, wie die Digitalisierung der Verwaltung den grösstmöglichen Nutzen für die Gesellschaft entfaltet (Info dazu hier).

In der Wissenschaft reden wir von einem Maturitätsmodell zur digitalen Transformation des Staates. Haben wir in den letzten Jahren einen Fokus auf Prozessoptimierung, Verbesserung der Datenhaltung oder – für uns zentral – auf behördenübergreifende Zusammenarbeit gelegt, so dreht sich jetzt vermehrt alles um den smarten Staat, der neue Ressourcen mit Wissen & Know How verbindet, um an konkrete Problemstellungen heranzugehen, Entscheidungen zu treffen oder Dienstleistungen zu erbringen. Die Schweiz hat die Kommunikations- und Transaktionsphase hinter sich und befindet sich gerade bei der Integrationsphase – der Nationale Adressdienst ist ein gutes Beispiel hierfür. Aus Forschungssicht spannend ist die Frage, wie wir die letzte Maturitätsstufe dieses Modelles erreichen.

Drei Stossrichtungen zur digitalen Transformation des Staates sind erkennbar:

  • Die Öffnung des Staates für Entscheidungen und Leistungserbringungen,
  • die Relevanz von Vertrauen im staatlichen Handeln und Infrastruktur als Befähiger
  • den ganzen Bereich um Daten und darauf basierenden Dienste.

Hin zur Transformation gilt es folgende Handlungsfelder auf dem Radar zu halten:

  • Wir müssen in digitale Kompetenzen und Fertigkeiten investieren und die Führung in der digitalen Transformation befähigen
  • Es geht darum, sich Gedanken zu machen, wie wir im föderalen System eine «Good Data Governance» vorantreiben können und nach welchen Prinzipien wir Daten austauschen und behördenintern wiederverwenden wollen
  • Und: Wir brauchen Experimentierräume – neben dem Tagesgeschäft – wo wir uns aus der Komfortzone herauskriegen und mit Neuem experimentieren können.

In dieser Ausgabe lesen Sie, wie die neue Personalstrategie der Bundesverwaltung auf die Herausforderungen der digitalen Transformation fokussiert, wie Innovation im öffentlichen Sektor aus der Sicht der Privatwirtschaft vorangetrieben werden kann oder wie Governance aus politischer Sicht immer mehr eine wichtige Rolle spielt.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.

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Aprilausgabe: E-Government macht seine Hausaufgaben

E-Government hat sich dran gemacht, seine Hausaufgaben nachzuholen. In dieser Ausgabe erfahren sie unter anderem, wie Chatbots in Zukunft auch in der Verwaltung eingesetzt werden können, wie die Tourismusbranche für höhere Websemantik fit gemacht wird und wie in Schulen die Bildungsidentität eingeführt wird. Anzuführen wäre auch, dass Bundesrat Ueli Maurers Initiative Früchte trägt und der E-Government Roundtable sich nicht nur in der Bundesverwaltung etabliert, sondern auch für die Kantone öffnet. Schön, dass es vorwärts geht. Ich liefere gerne noch ein paar Anregungen, die im Ausland seit langem erfolgreich umgesetzt wurden. Aber es freut mich, dass etwas geschieht. Dass nach dem Reden das Tun kommt. Und: dass es über das Tun einen echten Austausch gibt!

Traurig ist freilich, dass noch immer die Jeder-für-sein-Projekt-Einstellung allgegenwärtig ist. «Wir haben das Problem doch schon lange gelöst.» – so lautet die beliebte Replik, beispielsweise auf die Bildungsidentität. Oder schlimmer: «Das gibt es doch schon lange von Facebook und Google. Die können das doch viel besser als die Verwaltung!» Ganz zu Schweigen von den Forderungen, Services zu nutzen, in deren Konstruktion von Anfang der Wurm drinnen war, weil sie bürokratisch gedacht wurden. Motto: «Der Wille zählt, nicht die Qualität.»

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Zu dieser noch nicht überwundenen alten Attitüde kommen neue Probleme hinzu: Oder reihen sich – je nach Sichtweise – in sie ein. Fertig gebaute Lösungen inklusive Betreuung fürs erste Jahr der Nutzung lassen sich nicht einmal verschenken. Beispiel: IDV (Identitätsverbund Schweiz). Und vollfunktionierende Systeme müssen durch neue Systeme ersetzt werden, die zwangsläufig geringere Maturität und geringeren Funktionsumfang haben. Beispiel: GEVER in jenen Bundesämtern, die das digitale Dokumentenmanagement im Griff haben.

Irgendwann wird uns die neue E-Government Strategie erklären, wie uns das alles vorwärtsbringt. Wir warten drauf, aber man kann nicht sagen, dass wir gespannt sind. Wichtig sind im Augenblick, dass die Hausaufgaben wirklich gemacht werden, die sich angesammelt haben. Vielleicht schafft das Schweizer E-Government die Aufnahme ins «Gymi». Mindestens mit ein bisschen Coaching. Aber das hat noch Zeit! Jetzt muss erst einmal gearbeitet werden. Damit beim nächsten nationalen Grossprojekt ein taugliches Fundament vorhanden ist – und nicht wie bei der Bildungsidentität Grundlagenarbeit unter hohem Zeitdruck geschehen muss. Das Motto der digitalen Gegenwart heisst «Vorbereitung statt Planung!». Das gilt auch für die Verwaltung.

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Herzlichst, Ihr Reinhard Riedl

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