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Warum Usability für eHealth-Anwendungen wichtig ist

Elektronische Gesundheitsanwendungen werden oft gerade von denen nicht angenommen, die davon profitieren könnten. Offenbar sind diese an den Bedürfnissen von den chronisch Kranken oder älteren Menschen vorbei entwickelt worden. Eine bessere Bedienbarkeit dank User-Centered-Design ist im Gesundheitswesen leider noch nicht so etabliert wie z.B. im E-Government. Dabei ist Usability ein entscheidender Erfolgsfaktor für eHealth.

eHealth ist in aller Munde. Bereits im Dezember 2011 ergab die Internetrecherche mit dem Suchbegriff „eHealth“ 659 Treffer in PubMed, 18.600 in Google Scholar und 2.420.000 in yahoo.com sowie 29.500.000 in Google.com (Showell und Nohr, 2012). Erstaunlicherweise gibt es trotzdem keine klare Definition für eHealth. Systematisch aufgearbeitet wurde diese Frage schon von Oh et al. (2005), mit dem – hier etwas verkürzt dargestellten – Resultat, dass eHealth etwas mit Gesundheit und Technologie bzw. Internet zu tun hat, und dass unter anderem Anwendungsbereiche wie die Versorgung chronisch Kranker damit gemeint sind oder ganz allgemein „Gesundheitsversorgung unter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien“.

Dementsprechend heterogen ist die Palette an eHealth-Anwendungen, welche sich auf Basis neuerer Formen der Mensch-Maschine Interaktion (z.B. ubiquitous und pervasive computing) noch in mHealth-, pHealth- und dHealth-Anwendungen unterteilen lassen. Jedenfalls sind wichtige Prozesse der Gesundheitsversorgung sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie und Pflege bzw. Rehabilitation davon betroffen. Im Zusammenhang mit weiteren technologischen Möglichkeiten wie etwa Wearables, Cloud Computing und Artificial Intelligence bergen eHealth-Anwendungen ein enorm disruptives Potenzial.

Dies mag auch den in Teilbereichen gewaltigen Widerstand gegen eHealth-Anwendungen erklären. Aktuelles Beispiel für diese Situation ist die Einführung elektronischer Gesundheitsdossiers, wo immer neue Argumente aus dem Umfeld berufsgruppenpolitischer Interessensgruppen Risiken adressieren, welche bei genauerer Betrachtung gegenüber den Vorteilen vernachlässigbar scheinen. Nicht selten wird die Argumentationskeule des Datenschutzes ins Treffen geführt, ohne zu reflektieren wie groß das Ausmass vermeidbarer unerwünschter Ereignisse heute, gerade wegen der Informationsmängel an den Schnittstellen noch ist. Wie gross ist denn die Gefahr einer missbräuchlichen Verarbeitung von Impfdaten über einen e-Impfpass wirklich im Vergleich zur Sicherstellung eines aktuell empfohlenen Impfstatus und einer damit einhergehenden Herdimmunität in der Gesamtbevölkerung?

Unterschiedliche eHealth-User
Es lohnt sich daher die Charakteristiken der User von eHealth-Anwendungen näher zu betrachten. Diese können, abgesehen von Organisationen, folgende sein:

  • Health Professionals (Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Hebammen, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten etc.
  • Administratives Personal in Gesundheitseinrichtungen
  • Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige (insbesondere bei chronischen Krankheiten wie Asthma, Diabetes, COPD)
  • Gesunde Bürgerinnen und Bürger

Je nach Zugehörigkeit zu einer dieser Bevölkerungsgruppen – genauer Rollen -, unterscheiden sich die individuellen Zielvorstellungen erheblich. Bisweilen widersprechen sich die individuellen Ziele sogar je nachdem, welche Rolle man einnimmt: vorstellbar ist z.B. dass ein Arzt eHealth-Anwendungen unter Verweis auf die Datensicherheit in seinem beruflichen Umfeld ablehnt, sich als Freizeitsportler aber einer Fitness-Plattform angeschlossen hat und innerhalb der Community Trainingsdaten austauscht.

Gesunde Bürgerinnen und Bürger (dazu können auch Health Professionals gerechnet werden) nehmen vor allem gesundheitsbezogene Informationsdienste im Internet in Anspruch. Diese sind in der Regel hinsichtlich Usability unkritisch bzw. benutzerfreundlich, da meistens anonymisiert gearbeitet werden kann oder man sich ohne viel Aufwand bei Foren registrieren kann. Dies verhält sich bei Patientinnen, Patienten und deren Angehörigen (im folgenden End-User genannt) erheblich anders. eHealth-Anwendungen für diese Bevölkerungsgruppen weisen oft große Mängel in der Usability auf, welche eine bedeutende Einstiegsbarriere darstellen. Manchmal sind auch regulatorische Rahmenbedingungen verantwortlich für die geringe Usability.

Das heißt die End-User kommen gar nicht soweit, dass sie sich mit dem möglichen Mehrwert der eHealth-Lösung auseinandersetzen, sondern scheitern schon bei der ersten Inbetriebnahme durch Bedienungsfehler oder sogar davor, weil ihnen wichtige infrastrukturelle Vorrausetzungen (Internetanschluss, WLAN, Handysignatur, Eingabegeräte etc.) fehlen. Als Beispiel darf hier die Authentifizierung im Zusammenhang mit der österreichischen elektronischen Gesundheitsakte ELGA angeführt werden, welche nur mittels Handysignatur oder Bürgerkarte möglich ist. Es darf bezweifelt werden, dass in der Allgemeinbevölkerung genügend Wissen über die notwendigen Schritte bzw. Geräte vorhanden ist. Somit sind diese Personen ohne Hilfe faktisch ausgeschlossen, obwohl sie per Gesetz (Opt-Out Regelung) eigentlich Zugang zu ihrer ELGA hätten.
Verstärkend kommt hinzu, dass es sich bei den Patienten und deren Angehörigen aufgrund des Alters, einer chronischen Erkrankung oder einer Medikation oftmals um Personen mit eingeschränkten perzeptiven, kognitiven und psychomotorischen Fähigkeiten handelt. Dies muss im Design der eHealth-Anwendungen berücksichtigt werden.

Aspekte der usability bzw. des User-Centered-Design
Prinzipiell geht es bei eHealth-Anwendungen einerseits um verschiedene Formen der Kommunikation zwischen Health Professionals und Patientinnen und Patienten (in der Telemedizin ist diese räumlich oder sogar zeitlich getrennt) sowie dem Austausch zwischen Gesundheitseinrichtungen und andererseits um die Gesundheitsinformationsversorgung der Bürger und Bürgerinnen über Internet-Technologien.
Zur Gewährleistung der Usability solcher Anwendungen existieren neben allgemeinen Standards wie z.B. der Norm EN ISO 9241, welche Richtlinien der Mensch-Computer-Interaktion beschreibt, spezielle Telemedizin- oder eHealth-Standards. Das European Telecommunications Standards Institute hat z.B. solche entwickelt. Ferner stehen viele User-Centered-Design-Methoden zur Verfügung, die auch in das Gesundheitswesen übernommen werden können. Demiris et al. (2010) führen z.B. „Paper prototyping and sketching, thinking aloud, scenarios and storytelling, interviews and field studies, questionnaires, logging and other observation methods“ sowie „simulation and modeling“ an.
Als eine Art Minimalempfehlung für das Design der Schnittstellen, der Systemeigenschaften und der Implementierung schlagen Demiris et al. (2010) folgende drei Maßnahmen vor:

  • Einbeziehen der End-User in möglichst frühe Design-Phasen
  • Messung der Usability mittels Beobachtungen
  • Reflexion der Informationsbedürfnisse der End-User

Hilfreich ist die Entwicklung sogenannter „Personas“, die bestimmte User-Typen repräsentieren. Letztlich geht es darum, durch Berücksichtigung der Human Factors (HF) die Sicherheit und Effektivität des Gesamtsystems Mensch-Maschine zu verbessern. Die Bandbreite der zu berücksichtigenden Faktoren ist vielfältig und reicht von den Eingabegeräten (Mouse, Keyboard, Touchpad etc. bis zu den psychischen, kognitiven und sozialen Einflussfaktoren der User.
Velsen et al. (2013) haben einen multidisziplinären Ansatz zum Requirements-Development für eHealth vorgeschlagen, um die Diskrepanz zwischen der entwickelten Technologie, den End-User Charakteristiken, physikalischen Rahmenbedingungen und dem organisationalen User-Kontext zu überbrücken.

Ausblick
Möglicherweise muss die Gesellschaft für den sinnvollen Gebrauch von eHealth-Anwendungen auf der Makroebene noch ökonomische Anreize wie Steuererleichterungen, Versicherungsrabatte, Gewinnspiele oder anderes installieren. Grundlegend und hilfreich ist es jedenfalls, wenn eHealth-Anwendungen eine hohe Usability aufweisen und dadurch die Adhärenz zur Erreichung der gewünschten Ziele der Gesundheitsversorgung fördern. Methoden und Tools dazu liegen bereit.


Quellen

  1. Showell, C., Nohr, C. (2012). How should we define eHealth, and does the definition matter? Quality of Life through Quality of Information. J. Mantas et al. (Eds.) doi: 10.3233/978-1-61499-101-4-881
  2. Oh, H., Rizo, C., Enkin, M., Jadad, A. (2005). What Is eHealth (3): A Systematic Review of Published Definitions. J Med Internet Res. 2005 Jan-Mar; 7(1): e1. PMCID: PMC1550636. PMID: 15829471
  3. Demiris, G., Krupinksi, E., Washington, K., Farberow, B. (2010). The Role of Human Factors in Telehealth. Telemedicine and e-Health, May 2010. doi: 10.1089/tmj.2009.0114
  4. Velsen, L., Wentzel, J., Gemert-Pinjen, J. (2013). Designing eHealth that Matters via a Multidisciplinary Requirements Development Approach. JMIR Res Protoc. 2013 Jan-Jun; 2(1): e21. PMCID: PMC38154232. doi: 10.2196/resprot.2547
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Elektronische Gesundheitsanwendungen werden oft gerade von denen nicht angenommen, die davon profitieren könnten. Offenbar sind diese an den Bedürfnissen von den chronisch Kranken oder älteren Menschen vorbei entwickelt worden. Eine bessere Bedienbarkeit dank User-Centered-Design ist im Gesundheitswesen leider noch nicht so etabliert wie z.B. im E-Government. Dabei ist Usability ein entscheidender Erfolgsfaktor für eHealth.

eHealth ist in aller Munde. Bereits im Dezember 2011 ergab die Internetrecherche mit dem Suchbegriff „eHealth“ 659 Treffer in PubMed, 18.600 in Google Scholar und 2.420.000 in yahoo.com sowie 29.500.000 in Google.com (Showell und Nohr, 2012). Erstaunlicherweise gibt es trotzdem keine klare Definition für eHealth. Systematisch aufgearbeitet wurde diese Frage schon von Oh et al. (2005), mit dem – hier etwas verkürzt dargestellten – Resultat, dass eHealth etwas mit Gesundheit und Technologie bzw. Internet zu tun hat, und dass unter anderem Anwendungsbereiche wie die Versorgung chronisch Kranker damit gemeint sind oder ganz allgemein „Gesundheitsversorgung unter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien“.

Dementsprechend heterogen ist die Palette an eHealth-Anwendungen, welche sich auf Basis neuerer Formen der Mensch-Maschine Interaktion (z.B. ubiquitous und pervasive computing) noch in mHealth-, pHealth- und dHealth-Anwendungen unterteilen lassen. Jedenfalls sind wichtige Prozesse der Gesundheitsversorgung sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie und Pflege bzw. Rehabilitation davon betroffen. Im Zusammenhang mit weiteren technologischen Möglichkeiten wie etwa Wearables, Cloud Computing und Artificial Intelligence bergen eHealth-Anwendungen ein enorm disruptives Potenzial.

Dies mag auch den in Teilbereichen gewaltigen Widerstand gegen eHealth-Anwendungen erklären. Aktuelles Beispiel für diese Situation ist die Einführung elektronischer Gesundheitsdossiers, wo immer neue Argumente aus dem Umfeld berufsgruppenpolitischer Interessensgruppen Risiken adressieren, welche bei genauerer Betrachtung gegenüber den Vorteilen vernachlässigbar scheinen. Nicht selten wird die Argumentationskeule des Datenschutzes ins Treffen geführt, ohne zu reflektieren wie groß das Ausmass vermeidbarer unerwünschter Ereignisse heute, gerade wegen der Informationsmängel an den Schnittstellen noch ist. Wie gross ist denn die Gefahr einer missbräuchlichen Verarbeitung von Impfdaten über einen e-Impfpass wirklich im Vergleich zur Sicherstellung eines aktuell empfohlenen Impfstatus und einer damit einhergehenden Herdimmunität in der Gesamtbevölkerung?

Unterschiedliche eHealth-User
Es lohnt sich daher die Charakteristiken der User von eHealth-Anwendungen näher zu betrachten. Diese können, abgesehen von Organisationen, folgende sein:

  • Health Professionals (Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Hebammen, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten etc.
  • Administratives Personal in Gesundheitseinrichtungen
  • Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige (insbesondere bei chronischen Krankheiten wie Asthma, Diabetes, COPD)
  • Gesunde Bürgerinnen und Bürger

Je nach Zugehörigkeit zu einer dieser Bevölkerungsgruppen – genauer Rollen -, unterscheiden sich die individuellen Zielvorstellungen erheblich. Bisweilen widersprechen sich die individuellen Ziele sogar je nachdem, welche Rolle man einnimmt: vorstellbar ist z.B. dass ein Arzt eHealth-Anwendungen unter Verweis auf die Datensicherheit in seinem beruflichen Umfeld ablehnt, sich als Freizeitsportler aber einer Fitness-Plattform angeschlossen hat und innerhalb der Community Trainingsdaten austauscht.

Gesunde Bürgerinnen und Bürger (dazu können auch Health Professionals gerechnet werden) nehmen vor allem gesundheitsbezogene Informationsdienste im Internet in Anspruch. Diese sind in der Regel hinsichtlich Usability unkritisch bzw. benutzerfreundlich, da meistens anonymisiert gearbeitet werden kann oder man sich ohne viel Aufwand bei Foren registrieren kann. Dies verhält sich bei Patientinnen, Patienten und deren Angehörigen (im folgenden End-User genannt) erheblich anders. eHealth-Anwendungen für diese Bevölkerungsgruppen weisen oft große Mängel in der Usability auf, welche eine bedeutende Einstiegsbarriere darstellen. Manchmal sind auch regulatorische Rahmenbedingungen verantwortlich für die geringe Usability.

Das heißt die End-User kommen gar nicht soweit, dass sie sich mit dem möglichen Mehrwert der eHealth-Lösung auseinandersetzen, sondern scheitern schon bei der ersten Inbetriebnahme durch Bedienungsfehler oder sogar davor, weil ihnen wichtige infrastrukturelle Vorrausetzungen (Internetanschluss, WLAN, Handysignatur, Eingabegeräte etc.) fehlen. Als Beispiel darf hier die Authentifizierung im Zusammenhang mit der österreichischen elektronischen Gesundheitsakte ELGA angeführt werden, welche nur mittels Handysignatur oder Bürgerkarte möglich ist. Es darf bezweifelt werden, dass in der Allgemeinbevölkerung genügend Wissen über die notwendigen Schritte bzw. Geräte vorhanden ist. Somit sind diese Personen ohne Hilfe faktisch ausgeschlossen, obwohl sie per Gesetz (Opt-Out Regelung) eigentlich Zugang zu ihrer ELGA hätten.
Verstärkend kommt hinzu, dass es sich bei den Patienten und deren Angehörigen aufgrund des Alters, einer chronischen Erkrankung oder einer Medikation oftmals um Personen mit eingeschränkten perzeptiven, kognitiven und psychomotorischen Fähigkeiten handelt. Dies muss im Design der eHealth-Anwendungen berücksichtigt werden.

Aspekte der usability bzw. des User-Centered-Design
Prinzipiell geht es bei eHealth-Anwendungen einerseits um verschiedene Formen der Kommunikation zwischen Health Professionals und Patientinnen und Patienten (in der Telemedizin ist diese räumlich oder sogar zeitlich getrennt) sowie dem Austausch zwischen Gesundheitseinrichtungen und andererseits um die Gesundheitsinformationsversorgung der Bürger und Bürgerinnen über Internet-Technologien.
Zur Gewährleistung der Usability solcher Anwendungen existieren neben allgemeinen Standards wie z.B. der Norm EN ISO 9241, welche Richtlinien der Mensch-Computer-Interaktion beschreibt, spezielle Telemedizin- oder eHealth-Standards. Das European Telecommunications Standards Institute hat z.B. solche entwickelt. Ferner stehen viele User-Centered-Design-Methoden zur Verfügung, die auch in das Gesundheitswesen übernommen werden können. Demiris et al. (2010) führen z.B. „Paper prototyping and sketching, thinking aloud, scenarios and storytelling, interviews and field studies, questionnaires, logging and other observation methods“ sowie „simulation and modeling“ an.
Als eine Art Minimalempfehlung für das Design der Schnittstellen, der Systemeigenschaften und der Implementierung schlagen Demiris et al. (2010) folgende drei Maßnahmen vor:

  • Einbeziehen der End-User in möglichst frühe Design-Phasen
  • Messung der Usability mittels Beobachtungen
  • Reflexion der Informationsbedürfnisse der End-User

Hilfreich ist die Entwicklung sogenannter „Personas“, die bestimmte User-Typen repräsentieren. Letztlich geht es darum, durch Berücksichtigung der Human Factors (HF) die Sicherheit und Effektivität des Gesamtsystems Mensch-Maschine zu verbessern. Die Bandbreite der zu berücksichtigenden Faktoren ist vielfältig und reicht von den Eingabegeräten (Mouse, Keyboard, Touchpad etc. bis zu den psychischen, kognitiven und sozialen Einflussfaktoren der User.
Velsen et al. (2013) haben einen multidisziplinären Ansatz zum Requirements-Development für eHealth vorgeschlagen, um die Diskrepanz zwischen der entwickelten Technologie, den End-User Charakteristiken, physikalischen Rahmenbedingungen und dem organisationalen User-Kontext zu überbrücken.

Ausblick
Möglicherweise muss die Gesellschaft für den sinnvollen Gebrauch von eHealth-Anwendungen auf der Makroebene noch ökonomische Anreize wie Steuererleichterungen, Versicherungsrabatte, Gewinnspiele oder anderes installieren. Grundlegend und hilfreich ist es jedenfalls, wenn eHealth-Anwendungen eine hohe Usability aufweisen und dadurch die Adhärenz zur Erreichung der gewünschten Ziele der Gesundheitsversorgung fördern. Methoden und Tools dazu liegen bereit.


Quellen

  1. Showell, C., Nohr, C. (2012). How should we define eHealth, and does the definition matter? Quality of Life through Quality of Information. J. Mantas et al. (Eds.) doi: 10.3233/978-1-61499-101-4-881
  2. Oh, H., Rizo, C., Enkin, M., Jadad, A. (2005). What Is eHealth (3): A Systematic Review of Published Definitions. J Med Internet Res. 2005 Jan-Mar; 7(1): e1. PMCID: PMC1550636. PMID: 15829471
  3. Demiris, G., Krupinksi, E., Washington, K., Farberow, B. (2010). The Role of Human Factors in Telehealth. Telemedicine and e-Health, May 2010. doi: 10.1089/tmj.2009.0114
  4. Velsen, L., Wentzel, J., Gemert-Pinjen, J. (2013). Designing eHealth that Matters via a Multidisciplinary Requirements Development Approach. JMIR Res Protoc. 2013 Jan-Jun; 2(1): e21. PMCID: PMC38154232. doi: 10.2196/resprot.2547
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Patienten können ihre Daten smart nutzen

Das Gesundheitswesen der Zukunft wird digitaler und technischer. Für die Patientinnen und Patienten eröffnen sich dank einfachem Datentransfer auch neue Möglichkeiten. Über dieses Themengebiet hat unsere Autorin mit Prof. Dr. Elske Ammenwerth von der Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik in Hall (Tirol) unterhalten.

Sie haben diesen Herbst die Konferenz mit dem Motto „Wie viel Technik braucht die Pflege“ organisiert. Daher lautet meine erste Frage an Sie: wie viel Technik braucht das Gesundheitswesen und ganz speziell die Beziehung zwischen einer Gesundheitsfachperson und einem/einer Patient/in?

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist nicht mehr aufzuhalten – und das ist gut so! Intelligente IT-Lösungen können helfen, die Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen zu verbessern. Das Gesundheitswesen hinkt im Vergleich zu vielen anderen Branchen hier hinterher, was die IT-Durchdringung angeht. Das muss sich ändern, und das wird sich ändern. In Österreich, der Schweiz und in Deutschland sind wir dabei auf einem guten Weg – aber viel bleibt noch zu tun.

Prof. Dr. Elske Ammenwerth

Durch die Digitalisierung wird sich dabei auch die Beziehung zwischen der Gesundheitsfachperson und dem Patienten ändern. Ein Beispiel: Liegen patientenbezogene Informationen z.B. in Form einer elektronischen Patientenakte digital vor, kann der Patient viel einfacher darauf zugreifen, Informationen überprüfen, bei Unklarheiten nachfragen, oder auch Informationen ergänzen. Das ist viel einfacher als früher im Papierzeitalter! So werden ja in vielen Ländern jetzt auch Patientenportale entwickelt, die dem Patienten ermöglichen, eigenständig auf Inhalte seiner elektronischen Patientenakte zuzugreifen. Dies wird die Rolle des Patienten stärken – das oft verwendete Stichwort hier ist „Patient Empowerment“.

Sie sagen das Konferenzmotto sei provokant. Was ist daran provokant?

Na ja, es ist provokant, weil da die Frage mitschwingt, ob es ein „zu viel“ an Technik, an Digitalisierung gibt. Denn auch wenn ich ein klarer Befürworter der Digitalisierung der Prozesse im Gesundheitswesen bin: Dies darf nie dazu führen, dass wir uns von der Technik abhängig machen und die Intuition und die persönliche Beziehung zwischen Menschen ersetzen. Ich fände es furchtbar, wenn ich als Patient in einem Krankenhaus nur noch Pflegepersonen und Ärzte treffe, die in ein Tablet schauen, statt mit mir zu reden. Oder wenn klinische Entscheidungen nur noch auf Grundlagen von Algorithmen oder aufgrund von statistischen Modellen getroffen werden. Hier müssen wir als Medizinische Informatikerinnen und Informatiker immer aufmerksam sein – ein gutes Gesundheitswesen muss beides sein: modern und menschlich. Die Technik ist ohne den Menschen nicht viel wert.

Ein viel diskutiertes Thema der ENI 2017 war die sekundäre Datennutzung von Patientendaten, oder auch als Big Data gehandelt. Ass.-Prof. Dr. Werner Hackl, UMIT Hall, verwendete für die klinische Realität von Big Data das Zitat von Dan Ariely, Prof. für Psychologie und Verhaltensökonomik an der Duke University, USA: „Mit Big Data ist es wie mit Sex im Teenager-Alter: Jeder spricht darüber. Keiner weiss wirklich, wie es geht. Alle denken, dass die anderen es tun, also behauptet jeder, dass er es auch tut.“ Was läuft falsch und was sollte bei der Nutzung sekundärer Daten im klinischen Alltag geändert werden?

Wie so oft ist auch bei „Big Data“ zu beobachten, dass durch geschicktes Marketing und einen prägnanten Slogan ein Hype erzeugt wird, welcher aus meiner Sicht zu hohe Erwartungen schürt. Wie Werner Hackl gesagt hat: Jeder meint, er muss dabei sein. Das gilt für die Industrie, die Gesundheitseinrichtungen, aber auch die Forschung.

Die sekundäre Datennutzung kann nur funktionieren, wenn viele Voraussetzungen erfüllt sind, die wie Bausteine ineinandergreifen. So müssen wir zunächst qualitativ hochwertige und möglichst standardisierte Primärdaten zur Verfügung haben. Dies ist doch oft gar nicht gegeben! Große Teile der Dokumentation erfolgen immer noch auf Papier und sind daher gar nicht auswertbar. Und die elektronische Dokumentation ist oft lückenhaft, wenig aussagekräftig da zu stark standardisiert (oder zu wenig standardisiert) und daher von geringer Qualität.

Für die sekundäre Datennutzung brauchen wir also ein klares Bild der Qualität und Quantität der vorhandenen Daten in unseren Informationssystemen – und das ist schon schwierig. Welches Krankenhaus kann ad hoc sagen, welche Daten und Datentypen es in seinen oft über 100 Anwendungen einsetzt? Wenn man also Primärdaten als Datenschatz versteht, muss man wohl – um im Bild zu bleiben – sich vorstellen, dass dieser Schatz noch in der Erde steckt – und zwar nicht in einer Kiste, sondern als einzelne Edelsteinbrocken in der Erde verteilt. Das macht deutlich, wie schwierig das „Heben“ dieses Schatzes ist.

Ein anderer Aspekt ist, dass Einrichtungen oft ja gar nicht wissen, was sie eigentlich mit ihren Primärdaten machen wollen. Wenn man z.B. eine Pflegedirektorin fragt, was sie denn jetzt genau wissen möchte, kommt ein Achselzucken. Sekundäre Datennutzung funktioniert aber nur, wenn ich eine einigermaßen klare Vorstellung davon besitze, was ich denn überhaupt an Fragestellungen habe – Fragen aus der Sicht des Managements, der Qualitätssicherung, der Patientensicherheit, der Forschung? Das sollte ich mir vorher überlegen, bevor ich zu „graben“ anfange – sonst weiss ich ja nicht, wonach ich buddeln soll.

Was sind Schlüsselmerkmale einer erfolgreichen sekundären Datennutzung? Wer profitiert davon?

Werner Hackl hat gerade in seinem lesenswerten Artikel „PRECISE DATA STATT BIG DATA“ für die eHealth.com diese Schlüsselmerkmale für erfolgreiche sekundäre Datennutzung skizziert: Hierzu gehört, zunächst einmal eine klare Fragestellung zu definieren, die ich beantwortet haben möchte. Dann wähle ich die Datenquellen aus meinen Informationssystemen aus, die meine Fragen am besten beantworten. Aus dieser Datenquelle extrahiere ich dann einen zunächst möglichst minimalen Kerndatensatz, der meine Frage beantworten kann. Wenn später neue Fragestellungen hinzukommen, kann ich diesen Kerndatensatz entsprechend erweitern.

Entscheidend ist bei der Datenextraktion die Berücksichtigung des Kontexts der Daten – wo kommen meine Primärdaten her? In welchem Kontext (Anamnese? Befundung? Abrechnung? Qualitätssicherung?) wurden die Primärdaten dokumentiert? Was bedeutet dies für die Aussagekraft der Primärdaten für meine Fragestellung? Abrechnungsdaten spiegeln zum Beispiel nicht immer die klinische Realität wieder! Die Qualität der Analyseergebnisse hängt also direkt von der Qualität der Primärdaten ab. Also: Erfolgreiche sekundäre Datennutzung erfolgt gut geplant – und berücksichtigt die Kontextabhängigkeit der Primärdaten.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel geben, das aufzeigt, wie sekundäre Daten optimal in der medizinischen und pflegerischen Patientenversorgung genutzt werden können?

In unserem Forschungsprojekt PATIS – A Patient Safety Intelligence System and Framework, welches vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF gefördert wird, beschäftigen wird uns mit der Frage, wie wir Daten aus der klinischen Routinedokumentation für Aussagen zur Patientensicherheit verwenden können.

Hierfür entwickeln wir derzeit Indikatoren, mit denen wir Patientensicherheit messbar machen können. Dies ist also unsere Fragestellung. Wir versuchen dann, in der umfangreichen ärztlichen bzw. pflegerischen Routinedokumentation die Daten zu finden, die uns helfen, uns Indikatoren messbar zu machen – also eine typische sekundäre Datennutzung. Wir kooperieren hier mit den Tirol Kliniken sowie mit Firmenpartnern. Aus dem Projekt heraus soll ein Patient Safety Minimum Dataset entstehen, welches dann auch von anderen Kliniken übernommen werden kann.

Nun andersherum gefragt: Wie realistisch ist aus Ihrer Sicht die optimale sekundäre Datennutzung oder unterliegen wir hier einer gigantischen Illusion? Denn, inwiefern können Daten überhaupt die menschliche Realität abbilden?

Wie schon andiskutiert sind Daten immer kontextabhängig – erst wenn ich weiss, in welchem Kontext Daten entstanden sind, entsteht Information, mit dem ich dann weiter arbeiten kann. So sind z.B. medizinische Diagnosen unterschiedlich zu interpretieren, je nachdem ob sie als Teil der Abrechnung dokumentiert (und für die Abrechnung optimiert) wurden) oder ob sie als Basis für eine Therapieplanung dokumentiert wurden. Wenn uns diese Kontextabhängigkeit klar ist, wir also Daten nicht blind vertrauen, und wenn wir die sekundäre Datennutzung gezielt planen, also an Fragestellungen ausrichten, dann werden hier einen enormen Nutzen erhalten. Von einem blinden „Schürfen“ nach neuen Erkenntnissen in einem riesigen Datenberg halte ich, wie hoffentlich deutlich wurde, recht wenig.

Wo und wie könnte die sekundäre Datennutzung eine Gefahr für die Patientenversorgung darstellen?

Eine Gefahr sehe ich dann, wenn ich Primärdaten ohne Betrachtung von Kontext und Aussagekraft so lange statistisch auswerte, bis ich irgendeinen Zusammenhang erkenne, und diesen dann unvalidiert in die klinische Entscheidungsfindung einfließen lasse.

Was sind Pflichten und Aufgaben von Gesellschaft, Politik, Bildung, Informatik, Managern im Gesundheitswesen, Gesundheitsfachpersonen und Patient/innen damit eine mit Mehrwehrt einhergehende sekundäre Datennutzung im Alltag gelingt?

Wir alle dürfen Daten und darauf aufsetzenden Auswertungen und Erkenntnissen nicht nur deswegen glauben, weil „Big Data“ gerade hip ist. Wir müssen vielmehr immer hinterfragen: Woher kamen die Daten? In welchem Kontext wurden sie generiert? Wie glaubwürdig sind sie? Und was war die Fragestellung der Auswertung? Außerdem müssen wir uns als Gesellschaft bemühen, dass die Anwender, also die Gesundheitsfachpersonen, ausreichend digitale Kompetenz haben, um Big Data-Anwendungen im Speziellen und Gesundheits-IT-Anwendungen im Allgemeinen kritisch mit zu begleiten und anzuwenden. Leider ist IT-Kompetenz oft kein Kern in der Ausbildung von Gesundheitsfachberufen. Ich halte es daher für eine wichtige Aufgabe, entsprechende berufsbegleitende Weiterbildungsangebot zu entwickeln.

Ich darf in diesem Zusammenhang erwähnen, dass wir uns an der UMIT schon seit ca. 2010 diesem Thema annehmen. Seit dieser Zeit bieten wir regelmäßig Intensivkurse zum Thema Informationsmanagement und eHealth für Pflegeberufe an. Ganz spannend ist jetzt unser neuer berufsbegleitender Universitätslehrgang „Health Information Management“, welcher sich gezielt an Gesundheitsfachberufe, aber auch an technische Berufe, wendet. Dieser Universitätslehrgang vermittelt in drei bzw. fünf Semestern fundierte Kompetenzen in Gestaltung, Auswahl, Einführung und Betrieb von IT-Systemen im Gesundheitswesen. Ein Schwerpunkt ist dabei auch die Sekundärnutzung von Routinedaten. Die nächste Gruppe startet im Herbst 2018.

Und für die vorletzte Frage springen wir in das Jahr 2037: Wie verändern bis dahin die Informationstechnologien das Berufsbild der Gesundheitsfachpersonen, und im Besonderen das der Pflegefachpersonen? An welchen Merkmalen sind diese Veränderungen erkennbar? (z.B. Bereiche der zwischenmenschlichen Kommunikation, Beratung und Befähigung der Patient/innen im Kontext des Selbstmanagements)

Eine schwierige Frage – Vorhersagen für die Zukunft liegen ja notorisch daneben! Aber gut, versuchen wir es: Im Jahre 2037 wird das Gesundheitswesen umfassend digitalisiert sein. Elektronische Patientenakten werden innerhalb der Einrichtungen Standard sein, und nationale eHealth-Infrastrukturen sorgen dafür, dass auch bei einem Einrichtungswechsel alle patientenbezogenen Informationen reibungslos übermittelt werden. Mobile Geräte sind allgegenwärtig, unflexible Standcomputer werden kaum noch benötigt.

Die derzeit teilweise überbordende Dokumentation ist zurückgeführt auf das wirklich Wichtige, der Fokus liegt auf der Unterstützung der unmittelbaren Patientenversorgung durch eine adäquate Dokumentation. Weiterführende sekundäre Auswertungen (z.B. für die Abrechnung oder das Qualitätsmanagement) erfolgen gut geplant im Hintergrund. Die Datenqualität wird dabei durch spezialisierte Informationsmanager laufend überprüft. Dies alles entlastet klinisch tätiges Personal von unnötigen Dokumentationsaufwänden und gibt mehr Zeit für die Patientenversorgung.

Der Patient wird eine viel aktivere Rolle als heute einnehmen und über Patientenportale auf die Informationen zugreifen, selber Informationen (z.B. Diabetes-Tagebücher, Sport-Apps etc.) einstellen, sich mit anderen Betroffenen vernetzen und mit Gesundheitsfachpersonen elektronisch kommunizieren können. Videosprechstunden und Heim-Monitoring werden zum Alltag gehören ebenso wie sensorgesteuerte Fernüberwachung von Patienten. Ein Krankenhausaufenthalt kann dadurch oft vermieden werden.

Intelligente Anwendungen helfen bei der klinischen Entscheidungsfindung, dienen aber nur als Unterstützung, nicht als Ersatz für eine gemeinsame Diskussion im multiprofessionellen Behandlungsteam. Digitale Grundkompetenzen werden in allen klinischen Ausbildungs- und Studiengängen integriert sein. Es wird spezialisierte Berufsbilder wie eine „Telemonitoring Nurse“ oder einen „Facharzt für Health Information Management“ geben, und diese werden attraktive Karrieremöglichkeiten bieten.

Gesundheitseinrichtungen werden einen Chief Information Office besitzen, welcher als Teil der Geschäftsführung über strategische Weiterentwicklungen im Bereich der Digitalisierung federführend mitentscheidet. Ob uns das gelingt, hängt von folgenden Fragen ab: Wieviel sind wir bereit, für ein modernes Gesundheitswesen zu investieren? In wieweit verstehen wir, dass klinische tätige Personen auch immer Informationsmanager sind und entsprechend Aus- bzw. Weiterbildungen und Karrierewege benötigen? Und wie schaffen wir es, auch die Bevölkerungsschichten in diese Vision einzubeziehen, die nur geringe oder keine IT-Kompetenz haben (Stichwort: Digital Divide)? Wir haben also noch viel zu tun in den nächsten Jahren.

Und die letzte Frage: Was ist kurz beschrieben Ihr Forschungsgebiet und welche Motivation treibt Sie in Ihrer Forschung an?

Ich beschäftige mich seit 15 Jahren mit dem Management von Informationssystemen im Gesundheitswesen. Ich möchte durch meine Arbeit dazu beitragen, die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Konkrete Forschungsthemen sind dabei unter anderem der Einsatz von IT-Lösungen zur Verbesserung der Medikationssicherheit, die Evaluierung des Nutzens von IT-Systemen im Gesundheitswesen, die Benutzerfreundlichkeit von IT-Lösungen, die Einbindung von Patienten über Patientenportale oder auch aktuell die Frage nach der Vermittlung notwendiger Kompetenzen an Gesundheitsfachberufe.

 

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Digitale Transformation im Gesundheitswesen – von Systemen zu Netzwerken

Digitale Transformation im Gesundheitswesen ist ein vielschichtiger und kaum überschaubarer Themenbereich. Diskutiert wird über Big Data und Predictive Analytics, eHealth, mobile Health, Apps und Sensoren, über neue Ansätze in Forschung, Diagnose und Therapie. Der gesetzliche Rahmen für sichere digitale Kommunikation im Gesundheitswesen wurde geschaffen und langsam finden diese technologischen Entwicklungen Beachtung und Eingang in die Kliniken, Praxen und Labors und damit in den Alltag des ersten Gesundheitsmarktes. Unabhängig vom klassischen Gesundheitswesen hat sich aber, wenn es um die persönliche Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit geht, schon länger eine Art Paralleluniversum entwickelt. Die Welt der vernetzten Bürger und Konsumenten, die Welt der ePatienten. Ein Paralleluniversum, das in den Möglichkeiten der Vernetzung gründet, neue Werte und Normen und damit neue Ansprüche hervorbringt und von dem eine starke transformative Kraft ausgeht, die das Gesundheitswesen, so wie wir es heute kennen, gerade ziemlich auf den Kopf stellt.

Konnektivität
Die Wurzeln digitaler Transformation bildet das Thema der Konnektivität. Konnektivität bedeutet die zunehmende Organisation unserer Welt in Netzwerken und impliziert einen Paradigmenwechsel in allen Gesellschaftsbereichen von „Systemen“ hin zum „Netzwerken“.
Was ist der Unterschied zwischen Systemen und Netzwerken? Jedes System – ob mechanisch wie eine Uhr, organisch wie der Körper oder sozial wie ein Spital – hat ein Organisationsprinzip, das drei Funktionen erfüllt:

  • es selegiert die Elemente, die zum System gehören,
  • es relationiert, d.h. es setzt die Elemente zueinander in Beziehung und
  • es steuert.

Die „Elemente“ des Systems, also die Rollen und Funktionen, sind vom System „konstruiert“. Ein Arzt ist ein Arzt, eine Pflegefachperson eine Pflegefachperson, ein Patient ein Patient. Sie haben bestimmte Funktionen und Rollen in der Organisation zu erfüllen. Netzwerke geben keine klaren Rollen und Funktionen vor, sondern sind einfach eine Ansammlung von irgendwie miteinander verbundenen Akteuren. Eine Mutter eines chronisch kranken Kindes hat möglicherweise durch ihr Vernetztsein mehr Wissen über diese spezifische Krankheit, als der sie behandelnde Hausarzt.

Jedes System ist auf eine Differenz zur Umwelt begründet und diese Differenz ist für jedes System konstitutiv. Das System schliesst aus, um zu funktionieren. Alles, was aus dem System ausgeschlossen wird, bildet die Umwelt des Systems. Systeme müssen also klare Grenzen haben. Sie müssen wissen, was und wer dazu gehört und was nicht. Ein Spital als System betrachtet grenzt sich traditionellerweise klar ab von ambulanter Pflege, von niedergelassen Ärzten, von Pflegeeinrichtungen oder einem Altersheim.

Im Gegensatz zu Systemen haben Netzwerke durchlässige und unscharfe Grenzen. Es ist weniger wichtig zu wissen, wer oder was dazu gehört, als zu wissen, wer mit wem verbunden ist. Ein Netzwerk differenziert sich von anderen Netzwerken nicht durch Grenzen, sondern durch die Intensität und Qualität der Kommunikationen. Für einen Diabetespatienten gehört deshalb seine aus online Freunden bestehende Diabetes-Community z.B. auf mySugr genauso zum Netzwerk wie der Arzt im Spital, sein Case Manager bei der Versicherung und sein Blutzuckermessgerät. Im Gegensatz zu Systemen, die zur eigenen Identitätsbildung möglichst eindeutig wissen müssen, wer sie sind, erlauben Netzwerke multiple Identitäten. Jeder Akteur in einem Netzwerk ist gleichzeitig Teil anderer Netzwerke. Gesundheit und Krankheit betrachte ich je anders, je nachdem ob ich im konkreten Fall Patientin, Steuerzahlerin und Versicherungsnehmerin bin.

Soziale Systeme grenzen sich gegenüber der Umwelt, wo unendlich viel Anderes passieren kann, durch zentrale Steuerung, klare Zielsetzungen und strenge Funktionalisierungen ab und reduzieren auf diese Weise Komplexität. Netzwerke wie traditionelle Organisationen managen oder steuern zu wollen, ist äusserst schwierig. Netzwerke sind flexibel, innovativ und komplex. Wandel ist in Netzwerken grundgelegt. Für ein Netzwerk entsteht Ordnung nicht dadurch, dass möglichst viel Komplexität durch zentrale Steuerung, klare Zielsetzungen und strenge Funktionalisierungen reduziert wird, sondern durch das Freisetzen der Kräfte der Selbstorganisation. Ordnung entsteht „bottom up“.Gegenwärtig erleben wir in allen Gesellschaftsbereichen einen Übergang von Systemen hin zu Netzwerken. Und dies mit ziemlich weitreichenden Folgen. Die traditionellen Akteure im Gesundheitswesen befinden sich gegenwärtig eher noch auf der Systemseite, die vernetzten Patienten, Konsumenten und Bürger bewegen sich vermehrt in der Netzwerkwelt.

Neue Werte und Normen
Aus der Organisation unserer Gesellschaft in Netzwerken heraus sind eine Reihe neuer Werte und Normen entstanden: Die Forderung nach offener Kommunikation, Transparenz, Partizipation, Authentizität, Empathie, Heterogenität und Flexibilität. Diese Werte sind mehr als Schlagworte – sie sind eine Realität der vernetzten Welt. An ihnen werden alle unsere Produkte, Dienstleistungen und Konversationen – als Einzelpersonen oder als Organisationen auch im Gesundheitswesen – gemessen.

Technologie als Treiber
Auch wenn Technologie nicht Kern der digitalen Transformation ist, so ist sie doch ein ganz mächtiger Treiber und Katalysator – allen voran die Mobiltechnologie. Kein Techniktrend hat sich so rasant etabliert wie die Kommunikation via smarte mobile Endgeräte. Ende 2013 gab es weltweit erstmals mehr Mobilgeräte als Menschen und wir sind die erste Generation, die überall wo wir hinkommen kostenloses Wi-Fi erwarten. Mobilgeräte sind zu Türöffnern für den Zugang zu Information, Kommunikation und Partizipation für ganz unterschiedliche Generationen geworden. Und natürlich bedienen sich auch Gesundheits- und Wellnessaktivitäten zunehmend mobiler Technologien. Mobiltechnologie hat zu so etwas wie „seamless health“ geführt – die Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit ist aus Sicht von Gesundheitskonsumenten und Patienten fliessend geworden. Sie macht nicht mehr an der Spitalpforte oder der Tür zur Arztpraxis halt. Die Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit ist vielmehr zu einem Kontinuum über verschiedene Orte, Zeiten, Technologien, soziale Settings, aber auch über verschiedene Märkte hinweg geworden.

ePatienten-Bewegung
Neben unterschiedlichsten Auswirkungen der digitalen Transformation auf unseren Umgang mit Gesundheit und Krankheit wie Quantified Self-Bewegung, Consumer Genomics, Big Data und Predictive, Ansätze künstlicher Intelligenz bei der Befundung und Früherkennung von Krankheiten, partizipativer Forschung und Patient Crowdsourcing, einem neuen Umgang mit Gesundheitsdaten, partizipativer Medizin und Shared Decision Making, um nur ein paar wenige zu nennen, steht insbesondere die Forderung nach einer neuen Patienten- oder Kundenkommunikation im Raum. Die vernetzte Gesellschaft  verlangt eine offene Form der Kommunikation. Kommunikation, auch Patienten- und Angehörigenkommunikation muss offen, selbstkritisch, respektvoll, ehrlich sein. Einige Institutionen im Gesundheitswesen haben diese Tendenz erkannt und kommunizieren auf allen nur erdenklichen Kanälen mit den Patienten und ihren Angehörigen. Die amerikanische Mayo Clinic tut dies sehr erfolgreich via Blog, Podcast, Diskussionsforen, Videokanal auf iTunes und YouTube, Facebook, Twitter und sehr ausgefeiltem Patientenportal inklusive App. Kommunikation mit Ärzten und Pflegepersonen wird in den meisten Studien als Hauptgrund für Patientenzufriedenheit genannt. Und Patientenzufriedenheit wiederum als massgeblicher Treiber für Health Outcome. In Europa wird diesem Thema langsam aber sicher mehr Beachtung geschenkt. Das Dresdner Sozialunternehmen „was-hab-ich“ übersetzt für Patienten kostenlos medizinische Berichte und Befunde in ein verständliches Deutsch und der Direktor des ReShape Institute an der Radboud Universität in den Niederlanden hat an der eigenen Klinik eine neue Funktion, die des CLO, des Chief Listening Officers eingerichtet, dessen bzw. deren Aufgabe nichts weiter beinhaltet, als den Patienten, ihren Angehörigen, aber auch den Mitarbeitenden zuzuhören und die Learnings wieder in die Qualitätsprozesse der Organisation einfliessen zu lassen.

Tatsächlich ist eine neue Generation von Patienten, die so genannten ePatienten, am Entstehen, die die Werte der vernetzten Welt, offene Kommunikation, Transparenz und Partizipation ins Zentrum stellt. Das kleine „e“ vor Patient steht übrigens nicht nur für „elektronisch“, sondern für educated, enabled, engaged und empowered – aktiv, befähigt, kompetent. Die ePatienten sind mit ihren Forderungen nach Kommunikation, Partizipation und Transparenz zu einer neuen ernstzunehmenden Einflussgrösse auf dem Gesundheitsmarkt geworden.


Weiterbildungen zum Thema:

CAS eHealth – Gesundheit digital
nächster Start: Februar 2018

CAS Digitale Transformation
nächster Start: März 2018


 

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Testlauf für das elektronische Patientendossier

Röntgenbilder, Blutwerte und Spitalberichte werden auf dem elektronischen Patientendossier (EPD) gespeichert. Das Zusammenspiel aller Beteiligten ist komplex. In dieser Woche haben 16 Software-Unternehmen aus vier Ländern die Programme und die verschiedenen Prozesse getestet.

Lange Tische, ein Laptop neben dem anderen, konzentriert schauen Programmierer und IT-Ingenieure auf die Bildschirme. Über allem liegt Neonlicht und gedämpftes Gemurmel. Das Untergeschoss des Campus Liebefeld des Bundesamtes für Gesundheit hat sich für eine Woche in eine Art Laboratorium verwandelt: Am Projectathon von eHealth Suisse, EDI und IHE testen 16 Software-Unternehmen, darunter auch Swisscom eHealth, ob ihre Anwendungen im Zusammenspiel funktionieren.

Für die Infrastruktur haben die Organisatoren 1,5 Kilometer Kupfer- und Glasfaserkabel verlegt, eine eigene Internet- und Stromleitung installiert sowie eine separate Lüftung eingebaut, damit der Raum mit knapp 100 IT-Spezialisten und ebenso vielen Rechnern nicht heiss läuft. Gerechnet hatten die Organisatoren um Adrian Schmid, den Leiter von eHealth Suisse, mit 50 Anmeldungen. Etwa 20 Mitarbeitende überwachen den Testlauf und fungieren quasi als Schiedsrichter.

Einer von ihnen ist Projektleiter Tony Schaller von IHE Suisse. Er schaut den Testern über die Schulter. «Das EPD ist kein Einzelprodukt sondern ein Zusammenspiel von mehreren Produkten, da ist es besonders wichtig, dass die Transaktionen zwischen den verschiedenen Anbietern», sagt Schaller. Gemeint sind damit nicht nur die Interaktionen zwischen Spitälern, Gesundheitspersonal, Apotheken und anderen Playern sondern auch der Austausch zwischen den kantonalen Gemeinschaften. Anders als in Dänemark, wo es ein staatlich einheitliches Patientendossier gibt, bleibt die Schweiz dem Föderalismus treu. «Das mag zwar auf den ersten Blick komplex sein, aber es bringt auch den Vorteil, dass die Daten niemals nur an einem Ort gespeichert werden und so vor einem Missbrauch sicherer sind», erläutert Schaller.

Der Projectathon biete den Unternehmen eine einmalige Umgebung mit einer sehr hohen Effizienz. «Fehler werden innerhalb von Minuten gefunden und behoben, sonst würde das vielleicht Wochen dauern.» Nicht nur die kurzen Wege sind besonders an diesem Event sondern auch, dass eigentlich Konkurrenten nebeneinander sitzen, miteinander an ihren Produkten feilen und sich gegenseitig testen. Getestet werden neben Use-Cases auch die Referenzumgebung.

Nach der Lancierung des EPD nächsten Sommer sollen jährlich ähnliche Testläufe stattfinden.

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Interview mit Harold Thimbleby: «The quality of health IT has become very poor»

Healthcare has numerous problems, from its rising costs to the problems of error, which have recently been shown to be comparable to diseases like cancer. And increasing numbers of older people, obesity and diabetes and other problems are increasing the pressure. Everyone agrees that IT can lead improvement in healthcare, but will IT really make things better or contribute to more error and problems? What should we do? We talked with the IT specialist Harold Thimbleby about these questions.

Friederike Thilo: On your website you state, “Even the lowest estimates put preventable error as a much bigger killer than accidents; healthcare is the most dangerous industry!” What is your personal experience from navigating the healthcare system?

Dr. Harold Thimbleby: My father died in hospital as a result of a preventable error in 2014. The problems escalated into me making a formal, lengthy written complaint, and the response was not very helpful. I realized that my long list of complicated problems had not helped the hospital reply constructively to the core problem! So, with my wife, I made a very short video (3 minutes) of the key issue I really wanted to be addressed and that I felt could realistically be addressed. I sent the short story on a DVD to the Board of Directors of the hospital for them to watch. The real work was working out what I wanted to say, and to stay focused on a point that would communicate my message.

My story had an immediate effect, changed practice, and I was asked to give some training on human factors. I have since heard that the hospital has had an increase in reports of system problems on their computerized incident reporting system. So, if they start fixing these systematic problems, and everybody will benefit.

What is going wrong in healthcare regarding patient safety in general?

When failures happen everything has gone wrong — this is the basic lesson of the Swiss Cheese model. Yet we like to blame the person at the sharp end, as this seems a far simpler solution than fixing the system.

Sometimes, very rarely in fact, this may be the right thing to do. But almost always blaming a person underplays all of the other failures: failures in IT design, failures in management practice, failures in training, overwork, and all sort of other things that contributed to the incident. There is a very good rule: if somebody is accused of making a mistake, but somebody else could have made the same mistake under the same circumstances, then it isn’t their fault.

Where do you believe the problems arise?

Although blaming individuals is deceptively simple and easy, it means we overlook the reasons why those individuals have got caught up in the problem. Often, there have been near misses for weeks but nobody is reporting them or doing anything about them. Then one day, just by chance, one too many things goes wrong, and a patient is harmed. There was not enough spare capacity to sort out or avoid the problem; the team is not working well together, or whatever. But (usually) the people in the room on the day it goes wrong did not cause the problem — they just made it visible. The path to the problem had already been laid by poor design, poor training, poor workload management, whatever. Not listening to problems being solved every day without causing any patient harm misses important chances to learn before it is too late.

I like Chick Perrow’s book «Normal Accidents». He argues that accidents happen a lot but are not noticed, but sometimes they turn into catastrophes which of course are noticed. If we only study catastrophes, we miss all the learning opportunities from accidents. Worse, what turns an accident into a catastrophe is usually just bad luck, from which we can learn very little. Perrow’s “accidents” are, in other words, “near misses” that could expose how the system is failing.

Who is to blame?

We all are! We buy newspapers, consume news, we stimulate the naïve story that individuals are to blame, and we perpetuate the “bad apple” theory. We buy the news that says “the nurse turned into a witch and betrayed us all” nonsense. Lawyers want to sue people. Hospitals want to show they are solving problems — by disciplining staff or sacking them. Insurance companies find it easier. Manufacturers deny liability using all sorts of legal tricks. For example, CE marks which are required for any European products protects manufacturers from many liabilities, reducing incentives to make better products. Often manufacturers require hospitals to indemnify them from liability (in so-called hold harmless clauses), or in requiring professional clinical judgement, which means that problems are must be checked by the clinicians — which sort of sounds sensible until you realise that it protects IT errors at the same time. If you agree in writing that a professional clinician should not make mistakes, then they should not make mistakes even if the IT is wrong, so the manufacturer is legally protected if the IT has problems.

And hospital procurement is so keen on the benefits of the products it very rarely argues against such restrictive clauses.

This seems to be not only widespread in the health care sector…

I agree, our whole culture likes to blame people; we understand these “personal” stories. Blaming — and hoping to fix — big complicated systems that nobody understands is more important, but harder. Indeed, in the UK the problems run all the way down to the Criminal Justice Act which says that IT is presumed to work correctly. (When have you had IT work properly for any length of time??) If you follow the Act’s logic then any problems must be the users’! This law (and it isn’t the only one) protects manufacturers and hospitals, and misdirects attention to the users (usually nurses) rather than to the systems and the design of IT.

One area of blame nobody likes is that just being excited by IT itself causes problems. The UK, for example, had a massive project called the National Programme for IT (NPfIT) which was supposed to update all of the UK’s healthcare IT. But it was a massive, extraordinarily expensive failure, wasting billions of pounds. I like to argue that if somebody said they had a breakthrough treatment for cancer, you’d ask for proper evidence before treating people everyone. Why, then, do we spend so much on IT — which is, after all, a treatment or medical intervention — with no evidence that the treatment works? Why is nobody doing serious experiments to find out? I’ve got some answers to this, which I’ll explore below.

What do you think – is the health care system in Switzerland a safe haven for patients?

I’ve visited Swiss hospitals, but never as a patient. So far as I can see, Switzerland is not much different to other western healthcare systems. In particular, it (like everyone else) thinks new IT will be part of the solution to the usual problems — but this is a superficial argument. IT is also part of the problem, and it needs improving.

Which health care system in the world is doing the best job in regards to patient safety?

Sitting here in the UK, with Brexit and four nations (England, Wales, Scotland, Northern Ireland), I think nationalism is a big mistake. Patients cross borders, and diseases certainly don’t respect borders. We need more international collaboration to learn what is best. And what’s best in pediatrics and oncology and health informatics etc. in each country will be different — and we need to work out how to work together. Standards are needed. Regulations are needed. There is a lot to learn from the openness of the USA (e.g., MAUDE) but also a lot to learn about the problems of special interest groups (“The USA has the best democracy that money can buy”). Without collaboration, the IT we use will be incompatible — and patients and staff will suffer.

The digitalization of the health care system is strongly welcomed by different stakeholders, including patients. However, according to your publications, it seems that the digitalization is threatening patient’s lives. You emphasize that one main problem is the user interface between medical devices and systems used by health professionals and patients. What are the problems with what kind of medical devices and systems?

There are closely related problems, I think. First, we all live in a world where computers (wifi, cloud, Amazon, Facebook and so on) are wonderful and we all want more. But none of the stuff we want was designed for healthcare, so there is a very real danger that our excitement for IT drives our desires for healthcare, and that applies whether we are patients, nurses, anaesthetists or procurement or health IT Directors of big hospitals.

Then there is “success bias.” Obviously, Facebook and Amazon and eBay and so on are hugely successful and we’d like nice systems like that in healthcare. But we don’t see all of the thousands of failed IT ideas that haven’t made it to big time. So we think IT is wonderful, but it’s hard to think about the chances of it being wonderful. If there are a 999 failed companies for each Amazon, then the chance that we can build a healthcare IT system that works is around 1 in a 1,000. And that’s also forgetting that Amazon has at least 1,000 programmers working for it. How many work on your pet health IT project? Three? How good are they? It’s not going to turn out well.

Why do you think so?

Because we are all so uncritical, the quality of health IT has become very poor. Our regulations and legislation don’t help. To be more positive, I think IT can tell us a lot about healthcare. Computers cannot do things that are impossible, and just computerizing healthcare therefore makes existing problems and confusion very apparent if we only look. We should not just do what people want, but we should explore how to make healthcare more effective and computerize something that works. For example, the calls for “interoperability” tell us a lot, not so much about how badly designed computers have been, but how divergent healthcare practices are that allowed inconsistent computer systems to get a hold in the first place. Computers can help poor systems run faster, they can audit and monitor them with ease, but being more efficient at a poorly-structured job is not as useful as doing a good job. So, yes, I hope that more computer scientists will get pro-actively engaged in healthcare.

On your web site and in some of your articles on healthcare, you talk about attribute substitution. What does it mean?

When we have a problem to solve, we look for “attributes,” the key features of the issues we have to understand. For example, interviewing someone for a new job is a familiar, hard problem: it is hard work to fairly assess each new candidate in a few minutes. So, rather than doing the hard work, it is tempting just to decide that we would like to employ the nice looking candidate. For most jobs, what somebody looks like is hardly relevant, so falling for this temptation we have substituted the simple attribute of “nice looking,” which is very quick and easy to assess, for the much harder attribute of “how well can they do job?” Attribute substitution happens in this case when we confuse “they look nice” for “they are nice” (which is very hard to assess correctly) and hence we think they can do the job. It is not surprising that rigorous interviews carefully follow objective evaluation criteria and checklists to try to manage these unconscious biases.

Attribute substitution also happens when we buy hospital IT. We know stuff like tablets and phablets, clouds and blockchains look very good, so we tend to think these things are good. This seems such a quick and natural decision, we fall into believing it before questioning how valid it is. Of course, whether such stuff is any good for clinical use in a hospital requires assessing much more complex attributes than whether we just like it and would want one for ourselves!

Indeed, I keep asking, where is the evidence that all this innovation in IT actually helps healthcare or patient outcomes? Such thinking would be unacceptable for pharmaceutical innovations — we would rightly demand evidence, based on rigorous experiments such as randomized controlled trials. We would ask about doses and side effects. Too many people are too excited by IT to ask — they are substituting the seductive attributes of new and exciting for the formal attributes of effectiveness and safety.

Elsewhere you talk about cognitive dissonance. Can you tell us what you mean by this?

Cognitive dissonance is an academic way of saying we can have conflicting ideas, which is uncomfortable so we will usually find ways out of the conflict. For example, perhaps I smoke. But smoking is bad. But I am not bad. So these two thoughts are at conflict in me. One solution is to say “I like smoking.” Another example might be: I put a lot of work into learning a computer system. I could think that all my work was caused by the bad design of the computer system (which means I wasted my time learning it). But I’m not stupid — I like to believe I do not waste my time! I could resolve this conflict by convincing myself “this is a wonderful computer system and everyone should use it.” In fact, once everyone else starts to use it, I will become indispensable. That’s almost as crazy as a smoker saying the benefit is that they get to talk with all the other smokers outside the building.

You called your suggested solution to tackle errors related to user interfaces “techealth.” What do you mean by techealth?

When we give something a name, we can start to think about it intentionally, and we can point out (in any team we work with) that we need to think about it, because we can call it by name. If we just think we can buy new healthcare IT and everything will get better, then we are missing out on the deeper problems we are trying to solve.

So by techealth I mean: this is the name for the work that needs doing to ensure healthcare and IT (and other technologies) work well together.

What kind of research project epitomizes how techealth might be addressed or realized?

CHI-MED is a great place to start. They have made two great booklets that can be downloaded from http://www.chi-med.ac.uk  — a summary of their findings, and a manifesto for improvement.

Improving safety of medical devices and systems is key to making healthcare a less dangerous “industry” for patients. What are the duties and tasks of a) researchers, b) clinicians, c) healthcare managers, d) politicians and e) patients?

What are the duties of all of us? I think we need to accept that IT is very complicated and often inadequate for the task. In the consumer world, it is fine when companies sell us a dream, and then a year later sell us another dream. Like everyone else, I want the latest mobile phone or watch too! But our private addiction to consuming the latest IT is no guide at all for what we need in healthcare.

Because our addiction to IT is expensive, we risk cognitive dissonance: we justify to ourselves our high spending by convincing ourselves how wise we are buying the latest stuff. But that is hardly a good reason to get the latest stuff into a hospital. So, our duty: we must all think more clearly. And put techealth on our agenda.

 And finally, tell us about your area of research or about something which you think our readers would be interested in.

I am fascinated by the collision of human nature and computer nature. For example, because of workload or whatever, humans make errors. By their nature, we don’t notice errors as they happen — if we did, we would have avoided them. On the other hand, computers are programmed and in principle we can design computers to manage error. For example, infusion pumps have been around for years and we have a really good idea about how they are used, and therefore we know how to program them so that they can be safer.

Understanding how they are really used, in our labs we have programmed better infusion pumps, and we have reduced error rates. So that’s our lab research, improving IT to make things safer; but my “meta-research” is to understand why so few people want to improve their IT. There are lots of answers there, but perhaps one that we should prioritise first is that hospital procurement should aim to improve safety rather than just save money (and of course, safety will save money in the long run).

My wife, Prue Thimbleby, works in arts in healthcare, and she does an inspiring job of helping people — patients and staff — tell powerful stories on http://www.artsinhealth.wales. In fact, the arts are central to changing attitudes and I think it is only through applying the arts that we will change the world. Underlying that, it is only through science that will we have a clear idea of the better world we want — and whether, and if so how, we are fooling ourselves before we get there. We certainly need more science behind IT in healthcare, and we need more art to share best practice as we discover it.


About:

Harold Thimbleby is an Honorary Fellow of the Royal College of Physicians, a Fellow of the Royal College of Physicians, Edinburgh, the Institute of Engineering Technology, the Learned Society of Wales, and an Honorary Fellow of the Royal Society of Arts . His passion is to improve healthcare by improving IT. He is an internationally respected computer scientist, and has won many awards and prizes and is also a well-known speaker and has been invited to speak out on these issue in over 30 countries.


Literature:

Harold Thimbleby, “Trust me I’m a computer,” Future Hospital Journal, 2017 in press.

Harold Thimbleby, “Improve IT. Improve Healthcare,” IEEE Computer, pages 40–45, June 2017.

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