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Nutzbringende und sichere digitale Identitäten für alle Lebensbereiche und ihre Eigenschaften

Digitale Identitäten begleiten uns tagtäglich. Die technischen Möglichkeiten sind sehr vielgestaltig. Wie können digitale Identitäten einerseits eine sichere Identifizierung fürs eGovernment und eHealth ermöglichen und andererseits auch den Schutz der Privatsphäre garantieren?

Digitale Identitäten ermöglichen den Zugang zur digitalen Gesellschaft. Sie repräsentieren Personen, Organisationen und Objekte in der digitalen Welt und werden in immer mehr Lebensbereichen verwendet. Jeder von uns hat so – bewusst oder unbewusst –  digitale Repräsentationen seiner Person für verschiedenen Zwecke. Sei es die Cumulus-Karte der Migros, der SwissPass der SBB oder die SIM-Karte im Mobilgerät, all diese digitalen Identitäten begleiten uns täglich.

Digitale Identitäten sind sehr vielgestaltig. Das Spektrum aus technischer Sicht reicht von Benutzername/Passwort Kombinationen und Smartcards über biometrische Identifikationsmittel bis zu hardwarebasierten Zertifikaten, wie z.B. der SuisseID.

Welche Eigenschaften sollte eine digitale Identität haben?
Eine digitale Identität sollte nutzbringend sein. Sie ist ein Hilfsmittel, um bestimmte Funktionalitäten in der digitalen Welt ausführen zu können. So kann man mit einer digitalen Identität beweisen, wer man ist und so bestimmte Online-Dienste verwenden. Man kann Dokumente oder Daten – analog zu einer handschriftlichen Unterschrift – digital signieren. Mit anderen, eher passiven Identitäten, kann man Vergünstigungen aus Bonusprogrammen einsammeln oder andere Leistungen der realen Welt, wie zum Beispiel Benutzung des ÖV, in Anspruch nehmen.

Für einige Anwendungen in der digitalen Welt, wie z.B. im eGovernment, muss man sicher sein, wer hinter einer digitalen Identität steckt. Identitäten, wie die SuisseID, können als digitaler Ausweis verwendet werden. Dazu müssen die verwendeten Identitäten sicher und vertrauenswürdig sein. Bei einer Identität, die auf einer SuisseID beruht, kann man 100% sicher sein, dass man es mit der entsprechenden Person zu tun hat. Das Vertrauen in die SuisseID basiert zum einen auf einem zertifizierten Registrierungsprozess, bei dem man persönlich anwesend sein muss, und zum anderen auf der Sicherheit der verwendeten Technologien. So wird mit einem Hardware-Token, dem SuisseID-Stick, verhindert, dass die SuisseID-Identität gestohlen werden kann. Nur wer den Stick und die passende PIN besitzt, kann die SuisseID benutzen. Man spricht hier von einer 2-Faktoren-Authentifizierung.

Das höchste Vertrauensniveau geniesst eine staatlich anerkannte elektronische Identität. Hier übernimmt der Staat die Verantwortung für die Registrierung, die meist an die Beantragung eines Ausweisdokuments, zum Beispiel Identitätskarte oder Reisepass, gekoppelt ist.
Aber das hohe Vertrauen und die Sicherheit einer digitalen Identität haben ihren Preis: höhere Kosten sowie eine komplizierte Handhabung und ein aufwendiger Registrierungsprozess. Daraus resultiert meistens eine schlechte Benutzerakzeptanz. Deshalb sollte beim Einsatz von digitalen Identitäten immer die Benutzerfreundlichkeit gegen die Sicherheitsanforderungen abgewogen werden. Zum Beispiel kann bei einem Online-Abonnement einer Tageszeitung auf eine hohe Sicherheit verzichtet werden, da das Schadenspotential gering ist.

Ohne Schutz der Privatsphäre geht es nicht
Die Datensammelwut einiger Diensteanbieter im Internet und verschiedene Hackerangriffe auf Kundendaten in den letzten Monaten, lassen den Wunsch nach Schutz der Privatsphäre und Anonymität erstarken. Zumal es heute sehr schwer, und zum Teil fast unmöglich ist, einmal preisgegebene Daten wieder aus der digitalen Welt zu entfernen. Eine gute digitale Identität ermöglicht es daher auch, sich anonym oder pseudonym in der digitalen Welt zu bewegen. Bei diesen Verfahren werden die wahre Identität einer Person verborgen und nur die Eigenschaften, preisgegeben, die für die Nutzung eines Services essentiell notwendig sind, wie zum Beispiel das Alter. So kann man den Zugriff auf ungeeignete Inhalte für Minderjährige kontrollieren, ohne deren Namen oder Geschlecht zu kennen. Die Preisgabe der Identität (oder von Teilen davon) bzw. Wahrung von Anonymität bleibt somit eine Entscheidung der Person selbst.

Eine digitale Identität reicht nicht aus

Die verschiedenen möglichen Eigenschaften digitaler Identitäten machen klar, dass mehrere Identitäten für die verschiedenen Anwendungsbereiche benötigt werden.

Im eGovernment und auch im eHealth ist es wichtig, die Bürger und Bürgerinnen, bzw. Patienten und Patientinnen eindeutig zu identifizieren, um Verwechslungen auszuschliessen. Nur eine staatlich anerkannte digitale Identität oder Identitäten auf ähnlich hoher Vertrauensstufe, wie z.B. die SuisseID oder die geplante Versichertenkarte, die auch über einen eindeutigen Identifikator verfügt, machen das möglich.

In anderen Bereichen, wo das Schadenspotential geringer ist, kann man auch einfachere elektronische Identitäten, wie sie z.B. von Google oder Facebook bereitgestellt werden, verwenden. Diese kostenlosen Identitäten beruhen zumeist auf einer Selbstregistrierung mit Email- oder SMS-Bestätigung. Die zur Verfügung gestellten Personenattribute sind zumeist selbst deklariert. Hier sollten sich Benutzer und Server-Anbieter gleichermassen über die Gefahren und Risiken klar werden.

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Open Government Data für barrierefreie Anwendungen am Beispiel einer App für Blinde

Behörden stellen Daten zur Sekundärnutzung als Public Sector Information zur Verfügung, (barrierefreie) Anwendungen können diese nutzen und so einen Mehrwert schaffen. In diesem Beitrag stehen Anforderungen an die Bedienbarkeit einer Blinden-App zur Orientierung in Städten wie auch Anforderungen an die Daten im Fokus. Neben den weitverbreiteten Points of Information werden Points of Orientation und eine unterstützende Architektur diskutiert, die als Open Government Data oder im Crowd-basierten Ansatz zur Nutzung bereitstehen. Im Rahmen eines Verbundprojektes ist die Umsetzung einer funktionstüchtigen App unter Verwendung einer nachhaltigen Datenplattform geplant.

Behörden erheben, sammeln, produzieren und verwenden Daten aller Art, beispielsweise demografische, wirtschaftliche, geografische und meteorologische Daten. Diese öffentlichen Informationen (Public Sector Information, PSI) können unter Zuhilfenahme von IKT einen wesentlichen Mehrwert für Dienstleistungen und Produkte generieren. Eine OECD-Studie (vgl. 1) zeigt positive Auswirkungen unter anderem für ökonomische, soziale und kulturelle Lebensbereiche auf. Zwischenzeitlich haben sich auf unterschiedlichen staatlichen und kommunalen Ebenen Portale zur Bereitstellung von Open Government Data (OGD) etabliert (allen voran USA und GB). Es gibt zahlreiche Anwendungen in Form von Websites oder Apps.

In diesem Beitrag stehen Navigationssysteme für Blinde und Menschen mit visuellen Einschränkungen im Vordergrund. Entsprechende GPS-basierte Apps sind weitverbreitet, zum Beispiel myway (vgl. 2) vom Schweizer Blindenverband oder blindsquare.com. Diesen Anwendungen ist gemeinsam, dass sie Informationen zu Points of Interest (POI) zum Beispiel aus OpenStreetMap nutzen und in Kombination mit Sprachausgabe und barrierefreier Bedienung grosse Akzeptanz erreichen. Crowd-Sourcing-Ansätze sowie die Eingabe eigener POI ermöglichen verbesserte und individualisierte Navigation.

Verbesserte Orientierung für Blinde
Zur Orientierung von Blinden sind übliche Standard(sprach) ausgaben über Kreuzungen, Abzweigungen etc. nicht ausreichend, da die Umgebung nicht visuell wahrgenommen werden kann. Navigationssysteme für Blinde bieten zusätzliche Informationen über die unmittelbare Umgebung, zum Beispiel das Vorlesen von Routen zum nächsten POI je nach gewünschter Richtung, die sogenannte Turn-by-Turn-Routenführung. In einem Vergleich von fünf verbreiteten iOS-Navigations-Apps (vgl. 3) sind weitere Funktionalitäten aufgelistet, darunter eine «Wo-bin-ich?»-Funktion, eine «Route-verlassen»-Warnung, eine Routenaufzeichnung und die Möglichkeit, eigene POI anzulegen.

Da Art und Dichte von POI abhängig sind von vorhandenen Datenquellen, ist die Qualität der Orientierungs- und Navigationsdienste unterschiedlich. Vielversprechend scheint die zusätzliche Nutzung von OGD zu sein, da zum Beispiel in Städten Informationen über Brunnen, Leitlinien, akustische Ampeln, Bäume, Oberflächenbeschaffenheiten von Fusswegen etc. vorliegen, die als Points of Orientation (POO) in Anwendungen eingehen können. Olfaktorische Daten wie typische Gerüche (von Bäckereien) oder akustische Daten können ebenfalls zur Orientierung beitragen. Derzeit ist nicht ausreichend geklärt, inwiefern POI und POO in Navigationssystemen für Blinde einen tatsächlichen Nutzen bringen.

Erhebung von Anforderungen
In Zusammenarbeit mit der Stiftung für Barrierefreiheit, Zugang für alle (Zürich), sowie der Hochschule Ostschweiz (Rapperswil) mit Expertise in Geoinformationssystemen sollen im Rahmen des BLUSON-Projekts (s. Infokasten) die Anforderungen sowohl an die barrierefreie Bedienbarkeit einer Blinden-App zur Orientierung in Städten wie auch an sinnvolle und notwendige OGD-Daten ergründet werden. Zum Nachweis des Nutzens soll eine mobile Applikation entwickelt werden, wobei OGD der Stadt Zürich in enger Zusammenarbeit mit der Open-Data-Gruppe des Amtes für Statistik zur Anwendung  kommen.

In einem iterativen nutzerzentrierten Vorgehen sollen umgekehrt auch Anforderungen an zu bereitstellende Daten identifiziert werden, die im gegebenen Kontext einen Mehrwert bieten. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen ermöglichen bei entsprechender Akzeptanz eine Leuchtturmwirkung in Bezug auf die Öffnung von Daten in anderen Städten und Gemeinden.

Noch mehr Daten durch Crowd-Sourcing
Der weitverbreitete Ansatz, weitere Daten als Volunteered Geographic Information (VGI) (vgl. 4) Crowd-basiert zu integrieren, wird ebenfalls evaluiert und deren Integration vorbereitet. Den Vorteilen einer möglicherweise grösseren Flächenabdeckung sind allerdings Betrachtungen zur Sicherstellung der Abdeckungsquote und Datenqualität gegenüberzustellen (vgl.5), damit nicht wie beispielsweise in OpenStreetMap Bereiche unterschiedlicher Nutzbarkeit entstehen. Es wird angestrebt, die Qualität bei der Integration von VGI-Daten durch Workflowprozesse zu sichern. Typische CRM-Funktionalitäten tragen dazu bei, Daten zu homogenisieren und zu verwalten, die durch unterschiedliche Datenlieferanten bereitgestellt werden.

Homogenisierung durch eine Datenplattform
Die Nutzung unterschiedlicher Datenformate in unterschiedlicher Qualität sowie der Einbezug von VGI-Daten und die Regelung durch Workflowprozesse, wie oben geschildert, legen eine Kapselung der dazu notwendigen Mechanismen nahe. Im Hinblick auf die Wiederverwendbarkeit des Ansatzes für ähnlich gelagerte Szenarien und Anwendungen ist eine Datenplattform geplant, eine AAGDP (Aggregated Accessibility Geo Data Platform), die zwischen den Datenquellen und der Anwendung vermittelt und somit eine klassische Abstraktionsschicht darstellt. Durch programmtechnische Schnittstellen (API) können ohne Änderung der Anwendung zusätzliche Datenquellen eingehängt werden, zum Beispiel für weitere Städte.

bluson-projekt

Abbildung 1: Systemarchitektur des BLUSON-Projekts

Abbildung 1 zeigt, dass umgekehrt die AAGDP auch anderen Anwendungen die Datennutzung ermöglicht, ohne dass sich diese Anwendungen um Details der Anlieferung, Qualität etc. kümmern zu müssen.

Stand des Projekts und Ausblick
Im Rahmen einer Bachelorarbeit (vgl. 6) wurden Möglichkeiten zur Integration von POO mit OGD der Stadt Zürich erprobt. Als Proof of Concept entstand eine Webapplikation, die bei mehreren Projektvorstellungen auf reges Interesse stiess. Für den Praxiseinsatz allerdings blieben dabei viele Fragen offen, sowohl zum barrierefreien Design der Anwendung als auch zu den im Artikel genannten Betrachtungen über eine unterstützende Datenplattform.
Die Ergebnisse des BLUSON-Projekts sollen einen positiven Beitrag zu einer politisch gewollten inklusiven Gesellschaft liefern. Selbstständige Mobilität ist eine wesentliche Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben und bessere Lebensqualität, insbesondere für Menschen mit Einschränkungen. Die Ergebnisse dienen auch der Verbesserung der sozialen Interaktion und bergen damit einen öffentlichen  Mehrwert.

Die Systemarchitektur ist nicht spezifisch auf das in diesem Beitrag geschilderte Anwendungsszenario ausgelegt. Deshalb können die Projektergebnisse auch auf Anwendungen für andere Benutzergruppen übertragen werden, zum Beispiel solche für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer oder für Familien, die familienfreundliche Routen in Städten suchen.


BLUSON – ein Projektakronym für «Blind Users’ System for Orientation and Navigation»

Die Projektidee entstand mit dem Partner des abgeschlossenen EU-Projekts TAO (thirdageonline.eu), der Stiftung Zugang für Alle (ZfA) (Zürich), die Gestaltungs- und Analyseexpertise im Bereich Barrierefreiheit hat. Zur Realisierung konnte mit Prof. Stefan Keller vom Geometa Lab der HSR Hochschule Rapperswil ein Umsetzungspartner gewonnen werden. ZfA hat aus Erfahrung mit Blin- den und Sehbehinderten deren Bedürfnis nach verbesserter Orientierung und Navigation in Städten als prioritär identifiziert. Unter Leitung des E-Government-Instituts wird eine solide Methodik zur Anforderungserhebung für dieses Projekt entwickelt. Zur weiteren Förderung ist ein Projektantrag bei der Hasler-Stiftung eingereicht.


Quellen

  1. Vickery G./Wusch-Vincent S.: OECD Report on Public Sector Information. 2006. http://www.oecd.org/internet/ieconomy/36481524.pdf. Zugriff : 16. April 2014.
  2. https://itunes.apple.com/ch/app/myway-lite/id494516234?mt=8 (SBV, Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband).
  3. http://www.incobs.de/tests/items/ios-gps-apps.html.
  4. Goodchild, M.F./Li, L.: Assuring the Quality of Volunteered Geographic Information. In: Spatial Statistics 1 (2012). S. 11–120. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2211675312000097?np=y. Zugriff : 16. April 2014.
  5. Neis, P./Zielstra, D./Zipf, A.: Comparison of Volunteered Geographic Information Data Contributions and Community Development for Selected World Regions. In: Future Internet 2013, S. 282–300. http://www.mdpi.com/1999-5903/5/2/282. Zugriff : 16. April 2014.
  6. Rothauser, G./Schmucki, J.: Accessible Map App; Bachelor Thesis, HSR Hochschule Rapperswil, Geometa Lab/IFS, Dezember 2013.

 

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Die Post bringt ihr Kerngeschäft in die digitale Welt

Wahlberechtigte geben ihre Stimme online ab, Gerichte und Anwälte tauschen Prozessakten elektronisch aus, und Bürgerinnen und Bürger haben jederzeit und überall Einsicht in ihr Patientendossier. Als traditionelle Übermittlerin vertraulicher Informationen arbeitet die Schweizerische Post daran, diese Zukunft mit modernen und sicheren Lösungen umzusetzen. In den Bereichen E-Health, E-Voting und vielleicht bald auch E-Justice leistet sie so ihren Beitrag an die künftige Infrastruktur der Schweiz.

Die Schweizerische Post überbringt seit vielen Jahren sensible Dokumente wie Abstimmungsunterlagen, medizinische Befunde und Gerichtsentscheide. Sie tut das zuverlässig, sicher und im Rahmen des Postgeheimnisses absolut vertraulich. Gestützt auf den gesellschaftlichen und technischen Fortschritt will der Gesetzgeber E-Government vorantreiben: Berechtigte Nutzerinnen und Nutzer sollen künftig zeit- und ortsunabhängig auf medizinische und juristische Unterlagen zugreifen können, die Stimmberechtigten sollen übers Internet wählen und abstimmen können. Die Post will ihre verlässliche Mittlerfunktion auch im E-Government übernehmen. Dazu entwickelt sie derzeit Lösungen in verschiedenen Bereichen, stets nahe am Kerngeschäft – dem sicheren und zuverlässigen Transport vertraulicher Informationen.

E-Health
Die Strategie eHealth Schweiz des Bundes will, dass alle Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz über ein elektronisches Patientendossier verfügen. Jeder kann sein Dossier ortsunabhängig und zu jeder Zeit einsehen und ausgewählten Gesundheitsakteuren einen Zugang zu seinen medizinischen Daten gewähren. Ein elektronisches Patientendossier ist damit nicht nur praktisch, sondern erhöht die Selbstbestimmung des Patienten. Darüber hinaus verbessert es durch die Verfügbarkeit relevanter Gesundheitsdaten die Behandlungsqualität und sorgt für mehr Kosteneffizienz im Gesundheitswesen. Mit dem neuen Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) wurden schweizweit einheitliche Rahmenbedingungen zur Einführung des elektronischen Patientendossiers festgelegt. Der Bund definiert dabei technische und prozessuale Vorgaben, die einen standardisierten und sicheren Austausch von Gesundheitsdaten ermöglichen. Nationale und internationale Standards stellen sicher, dass die Daten auch zwischen E-Health-Plattformen unterschiedlicher Anbieter vollkommen transparent ausgetauscht werden können, sofern der Patient die Autorisierung dazu gibt.

Das Parlament hat in der Sommersession 2015 das EPDG praktisch einstimmig verabschiedet. Voraussichtlich im Jahr 2017 soll es in Kraft treten. Die Post hat im Rahmen eines Pilotprojekts bereits 2011 zusammen mit dem Kanton Genf ein elektronisches Patientendossier entwickelt, das die Vorgaben des Bundes erfüllt. Es basiert auf der E-Health-Lösung vivates und ist heute im Kanton Genf unter dem Namen MonDossierMedical in Betrieb. Die Lösung deckt die Vorgaben der Strategie eHealth Schweiz ab, geht in ihrem Leistungsumfang aber deutlich über das elektronische Patientendossier hinaus. Insgesamt stehen den medizinischen Leistungserbringern fünf optional einsetzbare Module zur Verfügung. Sie können durch deren Verwendung ihre Effizienz steigern und Kosten sparen sowie die Behandlungsqualität erhöhen.

  • Spitalzuweisung: Damit können Ärzte ihre Patienten direkt mittels Praxissoftware, via Internetportal oder wie bisher über Fax, Brief oder E-Mail im Spital anmelden. Das Spital erhält sämtliche Zuweisungen digitalisiert auf einer Plattform und kann sie intern rasch und sicher an die beteiligten Abteilungen weiterleiten. So können pro Überweisung mehrere Dutzend Franken gespart werden.
  • Behandlungsplan: Menschen, die krankheitsbedingt auf eine längere Behandlung angewiesen sind – sei dies zur Pflege, zur Re- habilitation oder für regelmässige Check-ups bei verschiedenen Spezialisten –, können alle benötigten Informationen auf der Plattform abrufen. Dasselbe gilt für die behandelnden Fachpersonen.
  • Medikation: Bei chronisch kranken Menschen ist die Medikation oft komplex und muss streng eingehalten werden. Mit einem elektronischen Medikationsplan können alle Fachpersonen die bestehenden Medikationen eines Patienten einsehen – sofern der Patient sie dafür berechtigt hat – und damit unerwünschte Wechselwirkungen oder doppelte Verschreibungen verhindern.
  • Berichtstransfer: Medizinische Berichte werden verschlüsselt an einen oder mehrere Empfänger gesendet. Diese können die Daten einsehen oder automatisch ins bestehende Informationssystem laden. So lassen sich strukturierte und unstrukturierte Patientendaten hochautomatisiert von System zu System transferieren.
  • Patientendossier gemäss EPDG: Im Wesentlichen deckt das Patientendossier die Gesamtheit der übrigen Module ab, indem es alle Elemente verbindet und dem Patienten den Zugriff auf die dezentral vorhandenen Daten gewährt.

Bei E-Health geht es um mehr, als nur darum, eine Software zur Verfügung zu stellen. Es müssen marktneutral verschiedene Organisationen, Institutionen und Bürger identifiziert, an E-Health-Plattformen angeschlossen und miteinander vernetzt werden. Es gilt, die physische mit der digitalen Welt zu verbinden. Die Post erfüllt mit ihrer Lösung bereits heute die geltenden Anforderungen. Politisch und im Markt ist sie aktiv und gut vernetzt, tritt aber im Gesundheitswesen stets neutral auf. Nebst einem wachsenden Kernteam, das die E-Health-Lösung intern weiterentwickelt und Kunden sowie Projekte betreut, arbeiten im Hintergrund zusätzlich diverse Partnerunternehmen und posteigene Abteilungen wie die Konzern-IT mit.

Die von der Post entwickelte Lösung bewährt sich in der Praxis: Für das Genfer MonDossierMedical registrieren sich pro Monat mehrere Hundert Nutzerinnen und Nutzer. Im Kanton Waadt betreibt die Post mit vivates die Kommunikationsplattform zwischen den Spitälern, dem Ärztenetz und dem Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV). Im Tessin läuft das Patientendossier für Krebspatienten reTIsan über vivates und im Aargau das Zuweisungsmanagement zwischen den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und den Kantonsspitälern  Aarau und Baden. Somit hat die Post bereits in mehreren Kantonen und in drei Sprachregionen der Schweiz produktive medizinische Plattformen im Einsatz, denen einzelne oder mehrere Module der Lösung vivates zugrunde liegen.

Wegen der hohen Sensibilität personenbezogener medizinischer Daten sind die Anforderungen an Sicherheit und Vertraulichkeit im Gesundheitswesen besonders hoch. Der Zugriff auf Gesundheitsdaten setzt von Gesetzes wegen sowohl für Patienten als auch für medizinische Fachpersonen ein starkes Authentifizierungsinstrument voraus. Als eines von mehreren infrage kommenden Instrumenten dient die von der Post mitgegründete und mitbetriebene SuisseID. Informationssicherheit und Datenschutz haben bei vivates auch über die Authentifizierung hinaus höchste Priorität. Alle Daten werden ausschliesslich verschlüsselt übermittelt. Die Post betreibt schweizweit hochsichere IT-, Kommunikations- und Logistikinfrastrukturen und verfügt daher über die notwendigen Kompetenzen, um schützenswerte Daten im Vertrauen der verschiedenen Akteure zu transportieren. Diese Kompetenzen kommen allen E-Government-Lösungen der Post zugute.

E-Justice
Der elektronische Rechtsverkehr umfasst den Austausch von Prozessakten, Verfügungen und Urteilsverkündungen. In seiner Antwort auf die Motion von Ständerat Pirmin Bischof im Jahr 2013 hat der Bundesrat schweizweit einheitliche Vorgaben begrüsst. In Zusammenhang mit der Revision des Bundesgesetzes über die elektronische Signatur (ZertES; SR 943.03) erteilte der Bundesrat verschiedene Aufträge für die Ausarbeitung eines Gesetzgebungspaketes zur Förderung des elektronischen Geschäftsverkehrs. Diese Rechtsgrundlagen sind teilweise noch in Erarbeitung. Eine elektronische Akteneinsicht soll berechtigten Akteuren ausserhalb des Gerichts – beispielsweise Anwälten und Versicherungen – die schnelle und unkomplizierte Einsicht in juristische Falldokumente erlauben.

Damit weist der elektronische Rechtsverkehr in seinem Anforderungskatalog zahlreiche Parallelen zum elektronischen Patientendossier im Gesundheitswesen auf. Die Post will deshalb eine eigene E-Justice-Lösung zur Verfügung stellen, die technisch auf der E-Health-Lösung vivates basiert und deren Sicherheitsmerkmale übernimmt. Das Projekt befindet sich derzeit noch in einer frühen Entwicklungsphase und wird erst zu einem späteren Zeitpunkt am Markt angeboten.

E-Voting
Die Post stellt den Stimmberechtigten seit vielen Jahrzehnten jährlich rund 20 Millionen Mal die Stimm- und Wahlunterlagen zu. Seit Anfang der 1990er-Jahre übernimmt sie den Transport von brieflich abgegebenen Stimmen. Sie ist damit prädestiniert, entsprechende Dienstleistungen auch elektronisch im E-Voting zu erbringen.

drehscheibe-die-post

Als Drehscheibe zwischen den Akteuren im Abstimmungsprozess vereinfacht die Post beim E-Voting die Prozesse.

Die Umsetzung von E-Voting ist grundsätzlich Sache der Kantone. Doch auch hier sorgt der Bund für einheitliche Vorgaben. Der Bundesrat hat am 13. Dezember 2013 die Bestimmungen für die Durchführung von Versuchen mit der elektronischen Stimmabgabe revidiert. Die Verordnung über die politischen Rechte (VPR, SR 161.11) ist am 15. Januar 2014 in Kraft getreten. Die neuen Rechtsgrundlagen definieren die Bedingungen für die Ausdehnung des elektronischen Stimmkanals. Insbesondere wurden die Sicherheitsanforderungen an die technischen Lösungen bezüglich Verifizierbarkeit und Auditierung erhöht.

Die Post evaluiert seit 2012 Geschäftsmodelle zur elektronischen Stimmabgabe und entwickelt derzeit zusammen mit einem spanischen Technologiepartner eine eigene E-Voting-Plattform. Aufgrund der sehr hohen Anforderungen im Bereich Sicherheit und Verschlüsselung hat sich die Post für einen Partner entschieden, der mit seiner Kernkompetenz Kryptografie in E-Voting seit 15 Jahren weltweit führend ist. Sie besitzt gemeinsame Rechte am geistigen Eigentum aus der gemeinsamen Weiterentwicklung der Lösung. Das Schweizer Wahl- und Abstimmungssystem und die Ansprüche, denen die Software genügen muss, lassen sich mit einem Standardprodukt nicht abdecken. Es handelt sich bei der E-Voting-Lösung der Post daher vielmehr um eine spezifisch für den Schweizer Markt entwickelte Software mit einer international bewährten Technologiebasis, die vor allem die benötigten Sicherheitsmerkmale liefert. Dabei geht es um zwei wichtige Punkte: Wahlmanipulation muss verhindert werden, und das Wahl- und Abstimmungsgeheimnis muss auf allen Stufen des Prozesses gewährleistet sein.

Am 31. August 2015 hat der Regierungsrat des Kantons Neuenburg entschieden, künftig auf die Lösung der Post – und damit auf eine voll ausgebaute Lösung der zweiten Generation – zu setzen. Der Entscheid ist folgerichtig, da Neuenburg bei seiner bisherigen Pilotplattform mit demselben Technologiepartner zusammen- arbeitet und sich entsprechende Synergien ergeben. Die Post sucht parallel dazu den Dialog mit weiteren kantonalen Behörden, um Interessen und Anforderungen abzuklären und zusätzliche Partnerschaften zu knüpfen.

Die elektronische Transformation des Kerngeschäfts
Mit dem Engagement im E-Government will sich die Schweizerische Post nicht von ihrem Kerngeschäft wegbewegen, sondern dieses in die Zukunft überführen. Sie ist seit vielen Jahren eine etablierte Mittlerin für Informationen, die so sensibel sind, dass der Bund und die Kunden auf hohe Sicherheitsstandards bestehen. Die Post transportiert jährlich Millionen Stimmzettel sowie Kranken- und Gerichtsakten zur Zufriedenheit der beteiligten Akteure. Eine Zufriedenheit, auf der sie sich nicht ausruhen will. Neue technologische Möglichkeiten und der gesellschaftliche Wandel verändern die Bedürfnisse der Kunden laufend. Die Nachfrage nach digitalen Angeboten steigt entsprechend. Die Post will die Bedürfnisse ihrer Kunden auch in der nahen und fernen Zukunft abdecken. Sie hat deshalb zahlreiche Projekte initiiert, um ihre Dienste in Zukunft sowohl in der physischen als auch in der digitalen Welt anzubieten. Was ihr Zustellpersonal heute an der Haustür überbringt oder bei den Kunden abholt, transportiert die Post künftig mit derselben Sorgfalt auch übers Internet. Abzusehen ist, dass beide Welten noch einige Jahrzehnte parallel existieren werden. Deshalb baut die Post insbesondere die Schnittstelle physisch-digital konsequent aus. Die klassisch physischen und die neuen digitalen Angebote existieren nicht voneinander isoliert, sondern sind als ganzheitliches System sinnvoll miteinander verknüpft: Besteht entsprechender Bedarf, digitalisiert die Post in ihren Datencentern physische Dokumente oder produziert On-Demand-Drucksachen ab elektronischen Daten.

Der Schweizer Bevölkerung erleichtert die Post mit den physisch-digitalen Lösungen den Übergang ins Zeitalter des elektronischen Informationsaustausches. Darüber hinaus senkt sie mit einem effizienten und sicheren Informationsfluss zwischen allen Akteuren im öffentlichen Sektor Kosten und vereinfacht Prozesse. Eine entsprechende Absichtserklärung befindet sich denn auch in der Vision der Post: «Wir leisten einen massgeblichen Beitrag an eine moderne Infrastruktur der Schweiz.» Die im Aufbau befindlichen E-Government-Lösungen sind ein wichtiger Teil dieser modernen Infrastruktur.

Neuland betritt die Post im E-Government indes nicht. Sie gehört im Bereich Dokumentenmanagement mit Swiss Post Solutions zu den weltweit führenden Anbieterinnen. Und sie verfügt bei der sicheren digitalen Übermittlung über grosses Know-how – etwa durch Produkte wie das sichere E-Mail IncaMail und die SuisseID, dem schweizerischen Standard für sichere Identifikation und digitale Signatur. Damit verfügt sie bereits über technische Mittel und das nötige Vertrauen, um im E-Government erfolgreich Dienstleistungen anzubieten.

Am ehesten lässt sich die Post bezüglich ihrer Rolle im E-Government mit der Swisscom vergleichen, die ebenfalls entsprechende Lösungen entwickelt. Dass im E-Government Wettbewerb entsteht – in manchen Bereichen auch zwischen der Swisscom und der Post –, ist vom Gesetzgeber gewollt. Alternativen wären, dass der Bund die Lösungen innerhalb der Verwaltung selber entwickelt oder an einen einzelnen Anbieter konzessioniert und die Kosten selber trägt. Der gewählte Wettbewerb unter strengen Bundesvorgaben sorgt indes nicht nur für innovative Lösungen, sondern immer wieder für Kooperationen zwischen den Unternehmen. Dadurch entstehen kundenfreundliche Produkte, die schliesslich auch bezahlbar sind. Die Post ist überzeugt, dass ihre Angebote in diesem Wettbewerb Bestand haben.

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