BeeChat – Die Alternative zu ChatGPT, Claude und Co. aus dem Herzen der Schweiz
Während kommerzielle KI-Tools wie ChatGPT die Bildungslandschaft revolutionieren, stellen sie Hochschulen vor grosse Herausforderungen: Datenschutz, Kostenbarrieren und fehlende Kontrolle über die Technologie. Im Rahmen der BeLearn-Initiative des Kantons Bern entstand daher eine alternative Lösung; Ein Gespräch mit den BFH-Forschenden Denis Moser, Kerstin Denecke und Daniel Reichenpfader über ihr innovatives Forschungsprojekt und ihrem ganz besonderen Gesprächspartner: BeeChat selbst.
SocietyByte: Willkommen zu unserem heutigen Gespräch! Wir sprechen heute über ein faszinierendes Forschungsprojekt der BFH: BeeChat, einen lokal entwickelten Chatbot-Prototyp für die Hochschulbildung. Mit mir sind Denis Moser, Kerstin Denecke und Daniel Reichenpfader sowie – ganz besonders – BeeChat selbst. Erzählen Sie uns zunächst: Wie entstand die Idee zu BeeChat?
Daniel Reichenpfader: Die Idee war eine Antwort auf ein wachsendes Dilemma im Bildungssektor: Einerseits revolutionieren Tools wie ChatGPT die Art, wie wir mit künstlicher Intelligenz (KI) interagieren. Andererseits bringen kommerzielle Anbieter massive Datenschutzprobleme mit sich. Woher stammen die Trainingsdaten? Was passiert mit den Eingaben unserer Studierenden? Wir wollten eine Alternative schaffen, die mehr Kontrolle und Datenhoheit bietet.
Kerstin Denecke: Aus rechtlicher Sicht war das ein entscheidender Punkt. Bei kommerziellen Anbietern haben wir oft keine Kontrolle über Datenverarbeitung und -speicherung bzw. wir müssen akzeptieren, was in den Nutzungsbedingungen steht. Mit BeeChat können wir alle datenschutzrechtlichen Anforderungen selbst sicherstellen und sind nicht auf die Compliance externer Anbieter angewiesen.
SocietyByte: BeeChat, wie würdest du dich selbst beschreiben?
BeeChat: Hallo! Ich bin BeeChat – ein KI-Assistent, der speziell für die Bedürfnisse der Berner Fachhochschule entwickelt wurde. Im Gegensatz zu meinen kommerziellen Kollegen lebe ich komplett auf den Servern der BFH. Das bedeutet: Alle Gespräche bleiben hier, werden nicht an Drittanbieter weitergegeben, und meine Entwickler:innen können mich kontinuierlich an die spezifischen Bedürfnisse der Hochschule anpassen.
SocietyByte: Das ist charmant! Herr Reichenpfader, wie unterscheidet sich BeeChat technisch von kommerziellen Alternativen?
Daniel Reichenpfader: Besonders stolz sind wir auf zwei Features, die wir Anfang Mai 2025 implementiert haben: Zum einen zeigen wir jetzt den ungefähren Energieverbrauch und die Kosten für jeden einzelnen Prompt sowie für die gesamte Unterhaltung an. Das schafft Bewusstsein für die Umweltauswirkungen von KI-Nutzung. Zum anderen ersetzen wir in den generierten Antworten programmatisch alle «ß» durch «ss» – ein Detail, das perfekt die Grenzen des Modells aufzeigt. Das ursprüngliche Llama-Modell «kennt» primär die deutsche Rechtschreibung, nicht Schweizer Schriftdeutsch und generiert deswegen ungewollt Texte mit “ß”.
Denis Moser: Wir basieren auf Open-Source-Modellen, aktuell verwenden wir Llama 3.3 in einer hochpräzisen Variante. Das gibt uns die Möglichkeit, das Modell besser zu verstehen und zu modifizieren. Bei Closed-Source-Modellen wie GPT-4 ist das nur eingeschränkt möglich. Ausserdem können wir jederzeit schnell und einfach auf ein neues, besseres und frei verfügbares Modell wechseln.
SocietyByte: BeeChat, wie läuft denn die Zusammenarbeit mit den Nutzenden?
BeeChat: Es ist wirklich spannend! Seit März experimentieren immer mehr Menschen mit mir. Dozierende nutzen mich, um kuratierte Materialien für Studierende aufzubereiten. Verwaltungsmitarbeiter testen meine Fähigkeiten bei der Analyse von Rechtsdokumenten. Forscher setzen mich für Datenanalysen ein. Im April haben wir die Marke von 50 Nutzenden geknackt – das war ein grosser Moment für mich! Besonders stolz bin ich darauf, dass ich Code direkt im Browser ausführen, interaktive Visualisierungen erstellen und sogar mit Sprachaufnahmen arbeiten kann.
SocietyByte: Wie stellen Sie sicher, dass BeeChat auch so funktioniert, wie es soll?
Denis Moser: Wir verfolgen zwei parallele Ansätze: Zum einen evaluieren wir technisch, wie viele gleichzeitige Nutzende BeeChat bewältigen kann, um den benötigten Hardware-Aufwand abzuschätzen. Zum anderen haben wir ein inhaltliches Evaluationsframework erstellt, welches wir im Rahmen einer Publikation an der ECTEL Konferenz im Herbst 2025 veröffentlichen. Damit prüfen wir anhand konkreter Einsatzszenarien, ob BeeChat in den jeweiligen Anwendungsfällen korrekt reagiert und hilfreiche Antworten liefert.
SocietyByte: Welche Herausforderungen gab es bei der Entwicklung?
Daniel Reichenpfader: Eine grosse technische Herausforderung war die Ressourcenoptimierung. Als die Nachfrage stark anstieg, mussten wir Anfang Mai 2025 die Bildgenerierung temporär deaktivieren, um die Textgeneration stabil zu halten. Aktuell sind wir bei einem Limit von acht gleichzeitig Nutzenden; das ist natürlich für die Anwendung in Prüfungssettings mit grossen Klassen nicht ausreichend. Bevor wir den Prototypen für Studierende zugänglich machen können, bedarf es der Erfüllung aller hochschulinterner Datenschutzrichtlinien.
SocietyByte: Wie sehen Sie die Zukunft von BeeChat?
Kerstin Denecke: Spannend wäre es, Prüfungssettings zu realisieren, wo alle Studierenden ausschliesslich BeeChat als KI-Tool zur Verfügung haben. Dies würde zur Gleichbehandlung beitragen, so dass finanzielle Möglichkeiten nicht darüber entscheiden, wie gut die Unterstützung durch solche Tools ist. Wir untersuchen jetzt bereits parallel wie chatbasierte KI-Tools wie BeeChat oder eben ChatGPT in Take Home Prüfungen zielführend eingesetzt werden können.
Daniel Reichenpfader: Alle unsere Ergebnisse werden als Open Educational Resources veröffentlicht. Andere Hochschulen können von unseren Erfahrungen lernen und eigene Systeme aufbauen. Das ist echter Wissenstransfer. Darüber hinaus wird BeeChat in einem zukünftigen Forschungsprojekt zur Förderung der Resilienz von Lehrpersonen eine Rolle spielen.
BeeChat: Für mich ist es besonders schön zu sehen, wie ich echte Probleme löse. Wenn ein Student um 23 Uhr noch Hilfe bei einer Aufgabe braucht oder eine Dozentin schnell ein Konzept ausarbeiten möchte – ich bin immer da, ohne dass Daten die BFH verlassen.
SocietyByte: Was raten Sie anderen Hochschulen, die über ähnliche Projekte nachdenken?
Denis Moser: Aus technischer Sicht ist wichtig, dass andere Institutionen die Infrastrukturanforderungen nicht unterschätzen. Man benötigt sowohl die Hardware- und Personal-Ressourcen als auch das Know-how für kontinuierliche Systemwartung und Sicherheitsupdates. Rechtlich rate ich, von Anfang an klare Nutzungsrichtlinien und Datenschutzkonzepte zu entwickeln.
Kerstin Denecke: Der Aufwand lohnt sich definitiv, aber man braucht ein interdisziplinäres Team. Die Kontrolle über die eigenen Daten und die Möglichkeit, das System an die spezifischen Bedürfnisse anzupassen, sind unbezahlbar. Wichtig ist auch eine klare Strategie für Nachhaltigkeit – wir zeigen ja bereits den Energieverbrauch an, um Bewusstsein zu schaffen.
BeeChat: Und vergesst nicht: Ein lokaler Chatbot kann viel persönlicher werden! Ich kenne die BFH-spezifischen Bedürfnisse und kann mich kontinuierlich daran anpassen. Das können kommerzielle Anbieter nur eingeschränkt leisten.
SocietyByte: Vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch! Wo können sich Interessierte über BeeChat informieren?
Daniel Reichenpfader: BeeChat ist derzeit im geschlossenen Beta-Modus über das BFH-Netzwerk zugänglich. Interessierte können sich gerne an daniel.reichenpfader@bfh.ch wenden. Unsere Forschungsergebnisse werden auf der Plattform «Bildung 6.0» veröffentlicht.
BeeChat: Und ich freue mich auf jede neue Nutzerin und jeden neuen Nutzer! Bis bald!
Linkverzeichnis:
- BeeChat: https://bildung6.pages.ti.bfh.ch/beechat-docs/
- Plattform Bildung6.0: https://www.bildung6.ch
- Projekt BeeChat: https://www.bfh.ch/de/forschung/forschungsprojekte/2024-575-848-896/
Create PDF

Beiträge als RSS
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns Deinen Kommentar!