Wie der Abbau Seltener Erden für die digitale Welt die Biodiversität beeinflusst

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Die digitale Revolution hat unser Leben grundlegend verändert und uns beispiellose Vernetzung und Komfort gebracht. Doch die Geräte und Technologien, die diese Transformation antreiben, verursachen erhebliche und oft unterschätzte Umweltkosten: die Auswirkungen des Abbaus Seltener Erden auf Umwelt und Biodiversität. Seltene Erden, die für ICT-Geräte wie Smartphones und Computer unverzichtbar sind, stammen aus komplexen Lieferketten, die oft in besonders artenreichen Regionen der Welt verankert sind. Dort verursachen ihre Förderung und Verarbeitung massive Umweltprobleme wie die Zerstörung von Lebensräumen, Verschmutzung und langfristige Schäden an Ökosystemen. Dieser Blogbeitrag untersucht die dringende Notwendigkeit nachhaltiger Praktiken im Abbau Seltener Erden, um das Wachstum der ICT-Branche mit dem Umweltschutz in Einklang zu bringen.

Ein Einblick in Seltene Erden und ICT

Seltene Erden sind von entscheidender Bedeutung für die Funktionalität moderner ICT-Geräte. Ihre einzigartigen Eigenschaften ermöglichen Fortschritte in der Miniaturisierung, Energieeffizienz und Leistungsfähigkeit (Zhou et al., 2017), (Charalampides et al., 2015). Mit der steigenden Nachfrage nach ICT-Innovationen und grünen Technologien wächst auch die Abhängigkeit von Seltenen Erden. Diese zunehmende Abhängigkeit bringt jedoch Herausforderungen mit sich, da die Gewinnungsmethoden für Seltene Erden oft zu schweren Umweltschäden führen, einschliesslich Habitatverlust, Umweltverschmutzung und Rückgang der Biodiversität (Nayar, 2021).

Die Kosten der Gewinnung: Bedrohte Biodiversität

Der Abbau von Seltenen Erden findet häufig in biodiversitätsreichen Regionen statt. Die Umweltfolgen sind vielschichtig:

  • Direkte Auswirkungen: Bodenerosion, Wasserverschmutzung und Luftverschmutzung führen zu Habitatzerstörung und -degradation (Yang et al., 2023).
  • Indirekte Effekte: Verschmutzte Ökosysteme stören Nahrungsketten und bedrohen das Leben an Land und im Wasser (Zhuang et al., 2015).
  • Verlust von Ökosystemleistungen: Bergbauaktivitäten beeinträchtigen wichtige Ökosystemleistungen wie Wasserregulierung, Kohlenstoffspeicherung und Bodenfruchtbarkeit (Mace et al., 2011).

Eine detaillierte Fallstudie in Südchina zeigt die schwerwiegenden Umweltfolgen des Abbaus Seltener Erden in der Region, insbesondere die Degradation biodiversitätsreicher Ökosysteme. Der unregulierte Abbau von Ionenadsporptionstonen hat zu weitreichender Bodenkontamination, Entwaldung und Wasserverschmutzung geführt und beeinträchtigt sowohl terrestrische als auch aquatische Lebensräume kritisch. Renaturierungsmassnahmen wie Aufforstung und Rehabilitation zeigen zwar erste Erfolge, doch die Aufrechterhaltung der ökologischen Resilienz bleibt eine anhaltende Herausforderung. Räumliche Analysen der Region zeigen, dass Gebiete in der Nähe von Bergbaustandorten deutlich reduzierte Biodiversitätsniveaus und langsamere Erholungsraten aufweisen. Dies unterstreicht die Dringlichkeit robuster regulatorischer Rahmenbedingungen und gezielter ökologischer Interventionen zur Minderung langfristiger Schäden (Zhang et al., 2023).

Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Reduktion und Zirkularität

Industrie, Gesellschaft und politische Entscheidungsträger müssen diese Umweltkosten durch nachhaltige und innovative Ansätze adressieren. Dazu gehören:

  • Internationale Standards einführen: Richtlinien wie das ICMM Mining and Biodiversity Framework betonen die Integration von Biodiversitätsaspekten in alle Phasen des Bergbaus. Diese Standards fördern vorausschauende Planung zur Minimierung ökologischer Auswirkungen und unterstützen Transparenz, wodurch eine größere Verantwortlichkeit in der Branche geschaffen wird (ICMM, 2024).
  • Recycling und Kreislaufwirtschaft fördern: Durch die Rückgewinnung Seltener Erden aus entsorgter Elektronik und Industrieabfällen kann die ICT-Branche ihre Abhängigkeit von neu abgebauten Ressourcen deutlich reduzieren. Dieser Ansatz schützt nicht nur natürliche Lebensräume, sondern mindert auch geopolitische Risiken im Zusammenhang mit der begrenzten Verfügbarkeit Seltener Erden und den enthaltenen Elementen. Verbesserte Recyclingtechnologien, effizientere Sammelsysteme und intelligentes Produktdesign sind entscheidend, um die Rückgewinnung Seltener Erden wirtschaftlich zu machen (Europäisches Parlament, 2024).
  • Renaturierung implementieren: Umfassende Initiativen wie Aufforstung und ökologische Rehabilitation können eine transformative Rolle bei der Wiederherstellung der Biodiversität in vom Bergbau betroffenen Regionen spielen. Innovative Techniken wie progressive Rehabilitation – die Renaturierung während der aktiven Bergbauphase – und die Verwendung heimischer Arten bei Aufforstungsmassnahmen sind entscheidend für die langfristige ökologische Resilienz (Cooke & Johnson, 2002).
  • Nachhaltige Bergbaupraktiken erkunden: Fortschrittliche Techniken wie In-situ-Laugung, bei der Mineralien vor Ort gelöst werden, können Oberflächenstörungen erheblich reduzieren. Präzisionsbergbautechnologien zielen nur auf mineralreiche Zonen ab und minimieren die Landdegradation. Untertagebau im Gegensatz zu Übertageabbau verringert die Habitatzerstörung, während kleinere Betriebe bei effektivem Management die Umweltauswirkungen reduzieren können. In Kombination mit effizienten Wasser- und Energienutzungsstrategien ebnen diese Praktiken den Weg für umweltfreundlichere Gewinnungsprozesse (Haque et al., 2014).

Nationale Vorschriften, wie der australische Environment Protection and Biodiversity Conservation Act, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle beim Schutz von Ökosystemen vor den negativen Auswirkungen des Bergbaus. Diese Richtlinien setzen einen Massstab für ökologische Verantwortlichkeit und bieten einen Rahmen für die globale Durchsetzung nachhaltiger Praktiken (Department of Climate Change, Energy, the Environment and Water, 2024).

Der Weg in die Zukunft

Das digitale Zeitalter präsentiert ein Paradoxon: Während es nachhaltige Transformationen ermöglicht, basiert es auf ressourcenintensiven Prozessen mit erheblichen Umweltkosten. Damit der ICT-Sektor weiterhin Innovation vorantreiben kann, ohne die ökologische Integrität zu gefährden, sind konzentrierte Bemühungen für nachhaltige Bergbaupraktiken unerlässlich. Die Integration von Biodiversitätsschutz in Corporate-Responsibility-Frameworks, Investitionen in Recyclingtechnologien und die Durchsetzung strenger Umweltrichtlinien sind Schritte in die richtige Richtung.

Darüber hinaus können Verbrauchende und Stakeholder sich für Transparenz und Verantwortlichkeit bei der Beschaffung von Seltenen Erden einsetzen, beispielsweise durch die Unterstützung von Unternehmen, die sich ethischer Beschaffung verpflichtet haben, durch verantwortungsvolles Elektronikrecycling und durch die Forderung nach strengeren und effektiven Umweltvorschriften.

Dieser Blogbeitrag baut auf dem Bericht auf, den wir im Rahmen des Moduls «Digitalisation & Sustainability» im BFH Master of Science-Programm für Circular Innovation and Sustainability entwickelt haben. Unser Dank gilt Jan Biser und Matthias Stürmer für ihre Begleitung während des Kurses.

 


Quellen

Charalampides, G., Vatalis, K. I., Apostoplos, B., & Ploutarch-Nikolas, B. (2015). Rare earth elements: industrial applications and economic dependency of Europe. Procedia Economics and Finance, 24, 126-135.

Mace, G. M., Norris, K. & Fitter, A. H. (2011). Biodiversity and ecosystem services: a multilayered relationship. Trends in Ecology & Evolution, 27(1), 19–26

Nayar, J. (2021, 12. August). Not So “Green” Technology: The Complicated Legacy of Rare Earth Mining. Harvard International Review. https://hir.harvard.edu/not-so-green-technology-the-complicated-legacy-of-rare-earth-mining/

Yang, W., Zhou, Y. & Li, C. (2023). Assessment of Ecological Environment Quality in Rare Earth Mining Areas Based on Improved RSEI. Sustainability, 15(4), 2964.

Zhang, J., Li, H., Huang, D. & Wang, X. (2023). Evaluation Study of Ecological Resilience in Southern Red Soil Mining Areas Considering Rare Earth Mining Process. Sustainability, 15(3), 2258.

Zhou, B., Li, Z., & Chen, C. (2017). Global potential of rare earth resources and rare earth demand from clean technologies. Minerals, 7(11), 203.

Zhuang, P., Zou, B., Li, N. Y., & Li, Z. A. (2015). Heavy metal contamination in soils and food crops around rare earth mining area in Southern China. Environmental Science and Pollution Research, 22(2), 13142-13154.

Cooke, J. A., and M. S. Johnson. “Ecological Restoration of Land with Particular Reference to the Mining of Metals and Industrial Minerals: A Review of Theory and Practice.” Environmental Reviews, vol. 10, no. 1, Mar. 2002, pp. 41–71, https://doi.org/10.1139/a01-014.

Haque, Nawshad, et al. “Rare Earth Elements: Overview of Mining, Mineralogy, Uses, Sustainability and Environmental Impact.” Resources, vol. 3, no. 4, Dec. 2014, pp. 614–35, https://doi.org/10.3390/resources3040614.

Department of Climate Change, Energy, the Environment and Water. “Environment Protection and Biodiversity Conservation Act 1999 (EPBC Act).” Environment Protection and Biodiversity Conservation Act 1999 (EPBC Act), 24 Oct. 2024, https://www.dcceew.gov.au/environment/epbc#:~:text=The%20EPBC%20Act%20and%20regulations,the%20Federal%20Register%20of%20Legislation.

European Parliament. “Right to Repair: Making Repair Easier and More Appealing to Consumers.” Right to Repair: Making Repair Easier and More Appealing to Consumers, 23 Apr. 2024, https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20240419IPR20590/right-to-repair-making-repair-easier-and-more-appealing-to-consumers.

ICMM. “Taking Urgent Action to Halt and Reverse Nature Loss Is Vital to Achieving the Sustainable Development Goals and Reaching Global Decarbonisation Targets.” Taking Urgent Action to Halt and Reverse Nature Loss Is Vital to Achieving the Sustainable Development Goals and Reaching Global Decarbonisation Targets., 26 Oct. 2024, https://www.icmm.com/.

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AUTHOR: Mila Jegerlehner

Mila Jegerlehner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Digital Technology Management am Departement Wirtschaft der BFH. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen digitale Verantwortung, künstliche Intelligenz und Lernen sowie nachhaltiges Unternehmertum. Parallel dazu absolviert sie einen Master of Science in "Circular Economy & Sustainability" an der BFH.

AUTHOR: Meret Werren

Meret arbeitet in der Beschaffungsabteilung bei Swisslog, wo sie für die Förderung der Nachhaltigkeit in der Lieferkette verantwortlich ist. Ihre Schwerpunkte umfassen nachhaltigen Einkauf, Kreislaufwirtschaftsstrategien und die Weiterentwicklung umweltverantwortlicher Praktiken. Parallel dazu absolviert sie einen Master of Science in "Circular Innovation and Sustainability" an der BFH, um ihr Fachwissen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung weiter zu vertiefen.

AUTHOR: Carine Ceppi

Mit einem Hintergrund in Geographie kommt Carine Ceppi aus den Naturwissenschaften und hat eine Vorliebe für komplexe Probleme und interdisziplinäre Projekte. Sie arbeitet im Bereich der Raumplanung und engagiert sich neben ihrem Studium und ihrer Arbeit auch privat für Nachhaltigkeit in der Politik.

AUTHOR: Kilian Styger

Als Student im Masterstudiengang "Circular Economy & Sustainability" interessiert sich Kilian Styger für Themen rund um Nachhaltigkeit, technologische Entwicklung und die Förderung der Biodiversität in städtischen Gebieten. Seit mehreren Jahren beschäftigt sich Kilian bei der Siemens Schweiz AG mit Themen des betrieblichen Umweltschutzes. Ursprünglich schloss er sein Bachelorstudium in Wirtschaftsinformatik ab.

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