Wie kann der Einsatz von ICT zu nachhaltiger Landwirtschaft beitragen?

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Das rapide Wachstum der Weltbevölkerung erfordert bis 2050 eine um 70% höhere Nahrungsmittelproduktion als gegenwärtig verfügbar, verstärkt durch Herausforderungen wie der Verknappung von Land- und Wasserressourcen, dem Klimawandel und abnehmender Bodenfruchtbarkeit (Alfred et al., 2021). Anwendungen der ICT (Information and Communication Technology, dt.: Informations- und Kommunikationstechnologie) in landwirtschaftlichen Praktiken, wie beispielsweise im Reihenkulturanbau, umfassen unter anderem intelligente Bewässerungssysteme, Drohnen und landbasierte Roboter. Diese Technologien bieten sowohl Chancen als auch Herausforderungen für die Erreichung ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit.

Einleitung

Landwirtschaftliche Betriebe, die Reihenkulturanbau betreiben, stehen vor diversen Herausforderungen, darunter demografische Veränderungen, Arbeitskräftemangel und sich wandelnde Ernährungsgewohnheiten (McFadden et al., 2022). Diese Herausforderungen haben die Einführung technologischer Innovationen beschleunigt, insbesondere Anwendungen der digitalen Landwirtschaft wie Precision Farming sind in den Fokus gerückt (Karunathilake et al., 2023; McFadden et al., 2022).

Precision Farming erfasst zeitliche, räumliche und spezialisierte Daten zur Optimierung der Ressourceneffizienz, Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft (Carrer et al., 2022). Seit der Einführung in den 1990er Jahren haben Fortschritte in Rechenleistung, Konnektivität und Technologie das Potenzial von Precision Farming erweitert, und unterstützen Landwirtschaftsbetriebe in der Erreichung von Nachhaltigkeits- und Produktivitätszielen (Karunathilake et al., 2023). Diese Fortschritte stehen im Einklang mit mehreren Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDGs), wie Kein Hunger (SDG 2) und Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen (SDG 6) (Priyambada et al., 2023; Vishnoi & Goel, 2024).

Intelligente Bewässerungssysteme

Intelligente Bewässerungssysteme nutzen Funk- und Internet of Things (IoT)-Technologien zur Optimierung des Wassereinsatzes (Boursianis et al., 2021; Ramachandran et al., 2018). Im Zentrum dieser Systeme stehen IoT-Sensoren in Form von Feldsensoren zur Überwachung von Echtzeitparametern wie Bodenfeuchtigkeit, Temperatur und Niederschlag, die sicherstellen, dass Wasser zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort und in der richtigen Menge eingesetzt wird (Vallejo-Gómez et al., 2023). Die Ressourcenoptimierung durch Echtzeitüberwachung reduziert den Wasser- und Energieverbrauch, minimiert Verschwendung und steigert den Ernteertrag (Ramachandran et al., 2018). Automatisierte Systeme übernehmen Bewässerungsaufgaben ohne menschliches Eingreifen, reduzieren den Arbeitskräftebedarf und optimieren die Effizienz (Lieder & Schröter-Schlaack, 2021). Fortschritte in KI und Cloud Computing haben das Potenzial, diese Systeme noch leistungsfähiger zu machen, indem sie Landwirtinnen und Landwirten helfen, intelligentere, datengestützte Entscheidungen zu treffen (Ramachandran et al., 2018; Vallejo-Gómez et al., 2023).

Studien haben gezeigt, dass intelligente Bewässerungssysteme ein erhebliches Potenzial zur Wassereinsparung ermöglichen, in gewissen Fällen bis zu 75% (Lieder & Schröter-Schlaack, 2021). Solche Systeme sparen nicht nur Wasser, sondern bieten auch Umweltvorteile wie die Reduzierung von Treibhausgasemissionen (Lieder & Schröter-Schlaack, 2021). Dies wird durch die Optimierung von Bewässerungszeitpunkt und -menge erreicht, was zu einem geringeren Energieverbrauch der Pumpen und verringerten Distickstoffoxid (N2O) aus dem Boden führt (Lieder & Schröter-Schlaack, 2021).

Drohnen in der Landwirtschaft

Drohnen, auch als unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) bekannt, sind im einfachsten Sinne kleine Flugroboter (Nazarov et al., 2023; Rejeb et al., 2022; Tsouros et al., 2019). Drohnen werden entweder manuell vom Boden aus gesteuert oder sind mit GPS-Programmen ausgestattet, um bestimmte Routen autonom zu fliegen (Nazarov et al., 2023). Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Optimierung des Pflanzenbaus, indem sie zuverlässige Geolokalisierungsdaten und Bilder mit ultrahoher Auflösung liefern, sowie Informationen über die einzelnen Kulturen oder das gesamte Feld erfassen (Nazarov et al., 2023; Tsouros et al., 2019).  Die Fernerkundungstechnologie hinter den Drohnen und ihre Fähigkeit, nur wenige Zentimeter über dem Boden zu fliegen, ermöglicht es ihnen, hochauflösende räumliche und zeitliche Daten sowie Bilder von den verschiedenen Feldabschnitten und Pflanzen zu sammeln und zu verarbeiten (Tsouros et al., 2019). Die Fähigkeit, grosse Flächen schnell zu scannen, ohne den Boden zu beeinträchtigen, macht sie zu einem wertvollen Werkzeug (Tsouros et al., 2019). Im Vergleich zu ihren Vorgängern sind Drohnen heutzutage einfacher zu bedienen, flexibler und kostengünstiger (Tsouros et al., 2019). Sie erstellen qualitativ hochwertigere Aufnahmen ohne lange Wartezeiten und sind nahezu bei jedem Wetter, selbst an bewölkten Tagen, einsatzfähig (Manfreda et al., 2018). Zu den häufigsten Anwendungen von Drohnen in der Landwirtschaft gehören die Unkrauterfassung und -bekämpfung, das Wachstumsmonitoring und die Ertragsschätzung, die Erkennung von Krankheiten, die Präzisionsbewässerung sowie die genaue Anwendung von landwirtschaftlichen Einsatzstoffen wie Düngemittel und Pestizide (Tsouros et al., 2019).

Landbasierte Roboter

Landbasierte Roboter umfassen autonome Systeme, die für Aufgaben wie Unkrautbekämpfung, Aussaat und selektive Ernte konzipiert sind (Araújo et al., 2021). Diese Roboter nutzen fortschrittliche Sensoren und KI-Technologien (Araújo et al., 2021).

In der Unkrautbekämpfung zielen mit Präzisionswerkzeugen (z.B. Laser) ausgestattete Roboter auf Unkraut, ohne die Nutzpflanzen zu beeinträchtigen, wodurch weniger Herbizid eingesetzt werden muss (ETH Zürich, 2022). Das «Caterra»-Projekt beispielsweise kombiniert Robotik, Maschinenbau und maschinelles Lernen, um mittels Lasertechnologie eine hohe Präzision bei der Unkrautentfernung zu erreichen (ETH Zürich, 2022). Bei der selektiven Ernte beurteilen Roboter den Reifegrad der Feldfrüchte und ernten nur reife Produkte, was die Effizienz steigert und Abfälle reduziert (ETH Zürich, 2023; Kootstra et al., 2021).

Insgesamt können Robotersysteme arbeitsintensive Aufgaben reduzieren, die Präzision bei Feldarbeiten erhöhen und die Nachhaltigkeit durch Minimierung des Ressourceneinsatzes und der Umweltauswirkungen unterstützen (Kootstra et al., 2021; ETH Zürich, 2022).

Herausforderungen und Überlegungen

Trotz ihres Potenzials stehen ICT- und IoT-Technologien erheblichen Hindernissen gegenüber. Hohe Anfangsinvestitionen können für Kleinbauern eine unüberwindbare Hürde darstellen (Mizik, 2022). Die Abhängigkeit von IoT-Sensoren und batteriebetriebenen Geräten wirft Bedenken hinsichtlich des Energieverbrauchs und des Elektronikschrotts auf (Jawad et al., 2017). Qualifikationslücken bei Landwirten, insbesondere in Entwicklungsregionen, behindern die Einführung fortschrittlicher Technologien (Torero, 2021).

Darüber hinaus stellt die Datensicherheit ein weiteres kritisches Problem dar. Der verstärkte Einsatz von IoT-Geräten erhöht das Risiko von Datenschutzverletzungen und Cyberangriffen (Gupta et al., 2020). Unklare rechtliche Rahmenbedingungen erschweren es den Landwirten und Landwirtinnen, diesen Systemen zu vertrauen (Gupta et al., 2020; Kaur et al., 2022).

Fazit

ICT- und IoT-Innovationen in der Landwirtschaft bieten bedeutende Möglichkeiten, globale Herausforderungen der Ernährungssicherheit anzugehen und gleichzeitig Nachhaltigkeit zu fördern. Allerdings ist es entscheidend, Hindernisse wie Kosten, Energieverbrauch und Qualifikationslücken zu überwinden. Eine Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Technologieanbietern und Landwirten und Landwirtinnen kann die Einführung dieser Technologien erleichtern und sicherstellen, dass sie zu einer nachhaltigeren landwirtschaftlichen Zukunft beitragen (McFadden et al., 2022).

Dieser Artikel basiert auf einem Bericht, der im Rahmen des Moduls «Digitalisation & Sustainability» im Masterstudiengang «Circular Innovation & Sustainability» erstellt wurde.

 


 

Quellen

Alfred, R., Obit, J. H., Chin, C. P.-Y., Haviluddin, H., & Lim, Y. (2021). Towards Paddy Rice Smart Farming: A Review on Big Data, Machine Learning, and Rice Production Tasks. IEEE Access, 9, 50358–50380. IEEE Access. https://doi.org/10.1109/ACCESS.2021.3069449

Araújo, S. O., Peres, R. S., Barata, J., Lidon, F., & Ramalho, J. C. (2021). Characterising the Agriculture 4.0 Landscape—Emerging Trends, Challenges and Opportunities. Agronomy, 11(4), Article 4. https://doi.org/10.3390/agronomy11040667

Boursianis, A. D., Papadopoulou, M. S., Gotsis, A., Wan, S., Sarigiannidis, P., Nikolaidis, S., & Goudos, S. K. (2021). Smart Irrigation System for Precision Agriculture—The AREThOU5A IoT Platform. IEEE Sensors Journal, 21(16), 17539–17547. IEEE Sensors Journal. https://doi.org/10.1109/JSEN.2020.3033526

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Manfreda, S., McCabe, M. F., Miller, P. E., Lucas, R., Pajuelo Madrigal, V., Mallinis, G., Ben Dor, E., Helman, D., Estes, L., Ciraolo, G., Müllerová, J., Tauro, F., De Lima, M. I., De Lima, J. L. M. P., Maltese, A., Frances, F., Caylor, K., Kohv, M., Perks, M., … Toth, B. (2018). On the Use of Unmanned Aerial Systems for Environmental Monitoring. Remote Sensing, 10(4). https://doi.org/10.3390/rs10040641

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AUTHOR: Aline Maeva Schlachter

Aline Schlachter ist Masterstudentin in Circular Innovation and Sustainability an der Berner Fachhochschule. Sie hat einen BSc in Betriebswirtschaft und war zuvor in der Entwicklungszusammenarbeit tätig.

AUTHOR: Anja Mettler

Anja Mettler ist Masterstudentin in Circular Innovation and Sustainability an der Berner Fachhochschule. Zuvor hat sie Wirtschaftsinformatik studiert und in der Bankenbranche gearbeitet.

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Maria-Luisa Gopsill befindet sich im Masterstudium für Circular Innovation and Sustainability und arbeitet bei Eaternity als Life Cycle Assessment (LCA) System Analyst. Sie hat einen BSc in International Hospitality Management.

AUTHOR: Michelle Furrer

Michelle Furrer absolviert zurzeit ihr Masterstudium in Circular Innovation and Sustainability an der Berner Fachhochschule. Sie hält einen BSc in International Management (ZHAW) und ist nebenbei in der Finanzbranche tätig.

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