Wie der Brändi-GPT barrierefreien Zugang zu Informationen ermöglicht
Künstliche Intelligenz und Chatbots setzen wir meist selbstverständlich ein, etwa um uns zu informieren. Doch für Menschen mit Beeinträchtigung ist der Zugang zu Informationen und die Suche auf öffentlichen Websites oft nicht barrierefrei. Interne Dokument können ebenfalls oft nur schwer gefunden werden. Die Stiftung Brändi setzt nun einen eigenen Chatbot ein, der mit einer inklusiven Suchfunktion sowohl öffentliche als auch interne Dokumente schnell und einfach zugänglich macht.
Das Wissensmanagement stellt in allen Unternehmen eine grosse Herausforderung dar. Agile Vorgehensweisen, moderne Organisationsstrukturen und eine immer schnellere Veränderungsdynamik erschweren diese Aufgabe zusätzlich. Sie erhöhen die Anforderungen, dass Unternehmensinformationen schnelle angepasst und gefunden werden können.
Für Menschen mit Beeinträchtigung ist der Zugang zu Unternehmensinformationen besonders schwierig, denn Internet- oder Intranet-Seiten sind nicht immer von Grund auf barrierefrei gestaltet. Selbst wenn sie es sind, bedeutet das nicht automatisch, dass Informationen leicht zu finden sind. Eine Volltextsuche stellt beispielsweise Anforderungen an das Verständnis und die Formulierungsfähigkeit der Nutzer*innen. Suchen mit Texteingaben, die Rechtschreibfehler enthalten, führen oft zu keinen Ergebnissen.
Diese Problematik wird bei Brändi mit dem Brändi-GPT adressiert. Die Lösung ermöglicht es, Informationen aus dem Unternehmen schnell und einfach zu finden. Die Suche ist inklusiv gestaltet und unterstützt auch Menschen mit Beeinträchtigung. Dies wird durch den gezielten Einsatz von KI erreicht.
KI nutzen für die Inklusion
Die verwendete Lösung kombiniert die Stärken abfragebasierter Techniken mit generativen Modellen der KI. Abfragebasierte Modelle sind hervorragend darin, Informationen aus bereits vorhandenen Quellen wie SharePoint-Seiten oder beliebigen Dokumenten zu extrahieren. Sie können jedoch keine individuellen Antworten liefern. Generative Modelle hingegen können spezifische, kontextbezogene Antworten generieren, jedoch kann ihre Genauigkeit manchmal problematisch sein (Effekt der Halluzination). Um diese Schwächen zu überwinden, wird der Ansatz der Retrieval Augmented Generation (RAG) verwendet, der beide Techniken aus der KI kombiniert.
Die aiaibot-Plattform der swiss Moonshot AG nutzt hierfür eigene Module für die abfragebasierte Technik sowie den OpenAI-Service von Microsoft CH, der auf dem LLM von OpenAI basiert.
Zunächst werden die relevanten Dokumente in eine separate, nur für Brändi verfügbare Umgebung (Knowledge Base) kopiert. Dabei kann auf Dokumentenebene entschieden werden, welche Informationen zugänglich sind. Dokumente, die aus internen Vertraulichkeitsgründen nicht allen Mitarbeitenden zugänglich sein sollen, werden nicht in die Knowledge Base kopiert.
Die Anwender des Brändi-GPT können über einen Prompt ihre Fragen formulieren. Die aiaibot-Plattform ermittelt mithilfe einer semantischen Suche (Semantic Search) relevante Dokumente bzw. passende Textabschnitte aus der Knowledge Base. Diese werden dann über das OpenAI Service API an das LLM (aktuell GPT-3.5 oder GPT-4.0) weitergeleitet. Basierend auf dem relevanten Wissen generiert das LLM eine passende Antwort, die von der aiaibot-Plattform an die anfragende Person ausgegeben wird.
Die Benutzerschnittstelle für den Brändi-GPT kann nach Wunsch auf SharePoint-Seiten oder in Applikationen integriert werden.
Abbildung 1: Internet Startseite aus der Testumgebung von Brändi
Mit dem Einsatz des LLM können auch Anfragen interpretiert werden, die nicht korrekt formuliert sind oder inhaltlich verwandte Begriffe verwenden. Wird beispielsweise nach dem Event «Frühjahrszauber» gesucht, obwohl es auf der Webseite als «Frühlingszauber» bezeichnet wird, kann das Event trotzdem gefunden werden. Dies stellt einen neuen Weg zur Informationsbeschaffung dar, der bisher nicht möglich war. Schwache Deutschkenntnisse oder Schwierigkeiten in der Formulierung, stellen in diesem inklusiven Informationszugang keine Barrieren mehr dar.
Auch der Inhalt von PDF-Dokumenten kann interpretiert werden, wie zum Beispiel der wöchentliche Menüplan aus den Restaurants. Ist der Menüplan als PDF-Dokument abgelegt, kann beispielsweise gezielt nach glutenfreien Gerichten gefragt werden. Eine solche Abfrage wäre in einer einfachen Textsuche auf einer Intranet-Seite nicht möglich. Zusätzlich zur Antwort wird auch das Dokument referenziert, auf dessen Basis die Antwort generiert wurde.
Datenschutz
Der Brändi-GPT kann in verschiedenen Konfigurationen genutzt werden: für Besucher*innen der Internetseiten, alle Mitarbeitenden von Brändi auf den Intranetseiten oder für spezifische Applikationen bei Brändi. Für jede Anwendungsgruppe wird eine klar definierte und abgegrenzte Knowledge Base verwendet.
Diese Knowledge Base wird in der Schweiz gehostet. Microsoft Azure Switzerland sichert zu, dass weder die Prompts noch die generierten Antworten anderen Kunden oder OpenAI zugänglich gemacht werden. Sie werden auch nicht für weitere Trainingszwecke verwendet.
Umsetzung
In einer ersten Phase werden bei Brändi drei Use Cases implementiert:
- Brändi-GPT auf der Internetseite: Dieser GPT ist speziell auf Informationen der Brändi-Internetseite ausgerichtet und wird allen Besucher*innen der Internetseite angeboten. Er kann Antworten basierend auf den Informationen aller Brändi-Internetseiten geben. Allgemeine Wissensinformationen aus der Welt oder interne Brändi-Dokumente kennt dieser GPT nicht und beantwortet dementsprechend hierzu keine Fragen.
- Brändi-GPT auf der Intranetseite: Dieser GPT soll Zugang zu den internen Dokumenten aus dem Brändi-SharePoint haben. Alle Mitarbeitende von Brändi sollen hier nach Unternehmensinformationen, Regelungen und Weisungen suchen können.
- Brändi-GPT im IT-Ticket-System (JIRA): Dieser GPT soll Zugang zu mehreren Tausend Tickets des IT-Supports erhalten. Mitarbeitende des IT-Supports können so direkt in der kompletten Wissensdatenbank nach relevanten Informationen suchen.
Zukünftig sind weitere Use-Cases angedacht:
- Integration in den Web-Shop
- Unterstützung beim Schreiben von Berichten oder Einträgen in Applikationen
- Auffinden von Informationen aus früheren Projekten
Zusammenfassend entsteht ein inklusiver Zugang zu allen gewünschten Unternehmensinformationen für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. Die Effizienz in den Arbeitsprozessen kann durch diese neue Art des Wissensmanagements entscheidend verbessert werden.
Mehr über die Brändi-Stiftung
Die Stiftung Brändi ist eine privatrechtliche Stiftung und professionelle Non-Profit-Organisation, angesiedelt im Kanton Luzern.Sie fördert die berufliche, gesellschaftliche und kulturelle Integration von Menschen mit vorwiegend geistiger oder psychischer Beeinträchtigung. Dazu führt sie insgesamt 15 eigene Unternehmen, die in 14 Branchen in den Bereichen Produktion und Dienstleistung tätig sind und eng mit Industrie, Gewerbe und dem Kanton Luzern zusammen arbeiten. Mit insgesamt über 2000 Beschäftigten ist sie eine der grössten Arbeitgeberinnen in der Zentralschweiz.
Die Brändi-Stiftung ist Partnerin des Instituts Digital Technology Management (IDTM). Prof. Dr. Andreas Liedtke ist neben seiner Tätigkeit am IDTM vom Departement W auch Leiter Digitalisierung und ICT an der Stiftung Brändi, er hat das Projekt des Brändi-GPT begleitet.

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