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Maiausgabe: Nachhaltiges Projektmanagement

Was ist der gemeinsame Nenner von halbgescheiterten Organisationen? Von Projekten bis zu grossen Institutionen? Die Antwort scheint unmöglich – allein schon, weil es zu viele Arten von Organisationen und zu viele Arten von Tätigkeiten gibt. Trotzdem ist sie wichtig, weil sich aus ihr die wichtigste Aufgabe des Managements ableiten lässt. Doch der Reihe nach.

Zuerst zum Begriff nachhaltig: Nachhaltig ist alles was das Nutzenpotential der Gegenwart möglichst gut ausschöpft und Zukunftschancen schafft, wobei dort, wo sich beide widersprechen es auf eine vernünftige Balance ankommt. In der Praxis bedeutet dies beispielsweise für Projekte, dass aus einer gesamtheitlichen Sicht, die unterschiedliche Fach- und Stakeholder-Perspektiven vereint und die Zukunft und das Unvorhergesehene mitberücksichtigt, ein Projekt möglichst viel Sinn macht.

Das Fundament jeder nachhaltigen Organisationsführung ist die Ausrichtung aller Involvierter auf gemeinsame Ziele und darüber hinaus Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses, worum es der Organisation geht. Dazu gehört die Klärung der Frage nach dem Existenzgrund (reason for existence) und die Klärung, was verbindliche Spielregeln sind (permission to play). Für das nachhaltige Management von Projekten bedeutet dies, es müssen die Projektziele (cardinal aims) klar sein, es muss ein Bewusstsein für die Gesamtkosten (life cycle costs) da sein und es müssen die Nebenwirkungen (side effects) des Projekts bekannt sein. Und zwar allen Projektbeteiligten. Idealerweise auch den wichtigsten Stakeholdern, allen voran dem Auftraggeber. Sicher zu stellen, dass die so ist, das ist die Aufgabe der Projektleitung. Partizipation ist sinnvoll und nachhaltig bei der Analyse, wer aber im laufenden Projekt die Cardinal Aims umdefinieren will, hat im Projekt nichts zu suchen. Ein wichtiges Element nachhaltigen Projektmanagements ist, die Permission-to-Play zu definieren und Verstösse konsequent zu ahnden.

Auf der klaren Definition der Projektziele aufbauend – die auch für agile Projekte notwendig ist – können die Risiken und Chancen identifiziert werden – und vor allem so kommuniziert werden, dass sie alle kennen. Nachhaltiges Projektmanagement involviert alle in die Analyse, sorgt aber auch dafür, dass die identifizierten Risiken und Chancen allen bekannt sind und von allen beachtet werden.

Zwei weitere wichtige Elemente nachhaltigen Projektmanagements sind die Wahl der Projektstruktur und das Verständnis der besonderen Eigenschaften des Projekts, die sich aus den Inhalten ergeben. Die Projektstruktur sollte zum Risikoprofil passen und aus dem inhaltlichen Verständnis der Projektarbeit heraus sollte ein dazu passender Qualitätsmanagementplan entwickelt werden. Der Umgang mit Risiken und der Qualitätsfokus müssen passen (fiting), damit ein nachhaltiges Projektmanagement möglich ist.

Last but not least sollte die konkrete Projektplanung weder eine zu kurze noch eine zu lange Ablaufzeit vorsehen und weder zu wenige noch zu viele Mitarbeitende. Nachhaltiges Projektmanagement ist auch bei der Ressourcenplanung massvoll und es verlässt sich bei der Festlegung des Masses auf empirische Erfahrungen statt auf detaillierte Pläne.

Kommen wir zurück zur Ausgangsfrage: Was ist die Hauptursache für halbgescheiterte Projekte, oder allgemeiner für halbgescheiterte Organisationen. Bei Projekten braucht man dafür nur die oben skizzierten Punkte durchzugehen: bisweilen fehlt sogar das gemeinsame Projektverständnis, oft werden die Risikoregister (so es sie überhaupt gibt) fern vom Projekt geführt (in Schubladen aufbewahrt) und der Qualitätsmanagementplan ist wenig durchdacht und wird noch weniger konsequent eingehalten. Die Bottom-Line von all dem ist: All das, was zwingend selbstverständlich sein muss, ist es nicht.

Nachhaltigkeit scheitert meist daran, dass das notwendig Selbstverständliche nicht selbstverständlich ist und dass in der Folge das individuelle Handeln andauernd das Zusammenspiel der Akteure und das nutzbringende Arbeiten stört.

Wer mit Regeln darauf reagiert, wird verzweifeln, weil es Unmengen von Regeln braucht, um alle notwendigen Selbstverständlichkeiten zu definieren. Was also tun? Diese Frage ist bis dato unbeantwortet. Jede Führungskraft, jede Projektleiterin und jeder Projektleiter müssen sich der Herausforderung stellen, Selbstverständlichkeit zu schaffen, um dem nachhaltigen Handeln ein tragfähiges Fundament zu bieten.

Ich hoffe, die Maisausgabe 2018 bietet Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, einige nützliche Anregungen, wir sie in ihrem eigenen Verantwortungsbereich das Projektmanagement nachhaltiger gestalten können.

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Digitalisierung im Projektmanagement – was Revolution, Happiness Coins und Transformation mit dem Megaprojekt Bahnhof Bern zu tun haben

Erneut vor «ausverkauftem» Hause fand am 27. Februar 2018 die Tagung «HERMES 5 angewandt: Digitalisierung im Projektmanagement» der Berner Fachhochschule BFH (E-Government-Institut) zusammen mit der APP Unternehmensberatung AG statt. Wer im Berner Rathaus dabei war, hat sicher einige «Happiness coins» mit auf den Weg genommen, hat sich gut mit einigen der über 210 anderen Teilnehmenden vernetzt und beginnt nun bestens gerüstet mit der digitalen Erneuerung des Unternehmens.

Vortrag von Dr. Bruno T. Messmer

Die digitale Revolution, vorgestellt von Dr. Bruno Messmer, verändert die Welt mehr und mehr und immer schneller. Digital wird das neue Normal. Egal, wann und wo wir was tun. Dies ist bereits heute in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen der Fall. Wir leben, ob bewusst oder unbewusst, schon bald in einer total vernetzten, digitalen Welt. Wie das vor sich gehen kann, hat Prof. Dr. Marc K. Peter im 2. Vortrag anhand eines Saugroboters illustriert. Welcher Kunde macht sich schon Gedanken darüber, wie solch ein Saugroboter vernetzt ist und was mit den gesammelten Daten – dem Grundriss meiner eigenen Wohnung zum Beispiel – genau passiert? Im privaten Leben erwarten wir seit geraumer Zeit, dass digitale Systeme mit uns sprechen können, wir viel Wissen aus diesen Systemen übernehmen können. Die Geschwindigkeit der digitalen Entwicklung ist enorm, bereits vor mehr als 20 Jahren gewann der Schachcomputer gegen den Schachweltmeister, heute nutzt der weltbeste Go-Spieler ein Computerprogramm, um sein Spielverhalten mittels künstlicher Intelligenz weiter zu verbessern. In chinesischen TV-Shows spielen Menschen gegen Maschinen, die Menschen geraten zunehmend auf die Verliererstrasse.

Vortrag von Prof. Dr. Marc K. Peter

Spannend sind innovative Ansätze, wie man mit der Vernetzung und den Veränderungen im digitalen Umfeld umgeht: «Scrum Areas», in denen gemeinsam Probleme gelöst werden, oder auch «Transformation Journeys» anstelle eines fast schon alltäglichen Apéros, bieten Lösungen. Ähnlich die Zeichen, die man als Unternehmen seinen Mitarbeitenden geben kann, um den digitalen und dadurch auch den kulturellen Wandel zu stärken: Krawatte weg, Nicht-Erreichbarkeit nach Feierabend, Qualität und Leistung nur ohne Überstunden. Dabei gibt es natürlich auch die Kehrseite der Medaille: Menschen die mit der digitalen Transformation nicht umgehen wollen oder können. Wenn nach wenigen Wochen oder Monaten Entwicklungsarbeit Mitarbeitende entlassen werden, dann ist das eben eine dieser Kehrseiten der digitalen Welt. Sowohl angemessene Beschäftigungen für frei werdende Mitarbeitende als auch in kürzester Zeit hochqualifizierte Fachkräfte für die neuen Stellen zu finden, sind weitere grosse Herausforderungen, die auf uns zukommen. Wie flexibel sind Universitäten, Hochschulen und Ausbildungsbetriebe aber heute? Und welches Unternehmen hat sich überlegt, wie sich aufgrund der digitalen Wandlung die Wertschöpfung im Unternehmen verändern wird?

Vortrag von Andrea Vaterlaus Marty und Goran Raspor

Einen Blick in die Zukunft vermittelten schliesslich Frau Andrea Vaterlaus Marty und Herr Goran Raspor: der Bahnhof Bern in der Zukunft, den im Jahr 2030 etwa 365’000 Zugreisende, also 40% mehr als heute benützen werden. In der digitalen Welt können wir uns schon heute ein gutes Bild der Zukunft machen: Modelle und VR-Brillen helfen mit, die Kundenfreundlichkeit des Bahnhofs zu prüfen und zu verbessern, die Bewirtschaftung der Flächen zu gestalten und zu optimieren sowie schneller Mieter zu finden etc. Gerade in einem Projekt mit solch einem öffentlichen und politischen Interesse, in dem ein Kompromiss zwischen Bedürfnissen und Wünschen gefunden werden muss, hilft die Digitalisierung enorm.

Ab 2025 treffen sich diejenigen Tagungsteilnehmenden, die die digitale Revolution und Transformation überstanden haben, im Mega-Bahnhof Bern wieder, um die selbsterklärenden Wege, die Schilder und Uhren mit (Happiness-)Coins zu bewerten. Bis dahin aber gerne auch erstmal im nächsten Jahr im Frühling, wenn es wieder «HERMES 5 angewandt» heisst!

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Mindestens 10 einfache, aber zwingende Rezepte für erfolgreiches Projektmanagement

Wer an Grossprojekte denkt, dem fallen vor allem die gescheiterten ein. Dabei sind viel mehr dieser Projekte ohne Desaster realisiert worden. Welche Aspekte das Projektmanagement unbedingt beachten sollte und welche typischen Fehler leider immer wieder auftreten, darum ging es im eGov Fokus der Berner Fachhochschule BFH.

„Gescheiterte Grossprojekte wie den Berliner Hauptstadtflughafen, Stuttgart 21 oder die Elbphilharmonie gibt’s nicht nur in Deutschland“, sagte Klaus Grewe beim Eröffnungsvortrag am 11. November im vollbesetzten Berner Rathaus. Zuvor hatte Prof. Dr. Ines Heer von der BFH die Tagung eröffnet und das Wort an den Regierungsratsvizepräsident Christoph Neuhaus weitergegeben, der ein augenzwinkerndes Grusswort zur Historie des Projektmanagements hielt. Den Ball spielte Moderator Prof. Dr. Reinhard Riedl, wissenschaftlicher Leiter des Fachbereichs Wirtschaft der BFH, Mr. Olympia zu. Klaus Grewe kennt sich mit milliardenschweren Vorhaben aus – der gelernte Zimmermann baut sie in der ganzen Welt. „Nur sind Länder wie Grossbritannien oder die USA nicht so reich, um ein falsch geplantes Projekt für weitere Abermillionen zu Ende zu führen“, sagt er.

Eröffnungsredner Klaus Grewe

Grewe koordinierte die Bauvorhaben für die Olympischen Spiele 2012 in London und vollbrachte so etwas wie ein kleines Wunder, indem er das neun Milliarden Euro teure Gesamtprojekt rund eine Milliarde Euro günstiger und vier Monate früher als geplant fertigstellte. Grewe ist ein Experte, der in dicht gepackten Sätzen durch seine Erfahrungen saust und bescheiden festhält, warum ihm das gelang: „akribische Planung und Steuerung des Projektes, vorausschauendes Denken sowie einen jederzeit einsehbaren Stand der Realisierung und deren Finanzierung“. Bei ihm klingt das, als wäre es eben kein Kunststück, sondern nurFleiss und Disziplin. „Die Briten haben aus ihren schlechten Erfahrungen beim Bau des Wembley-Stadions gelernt.“

Risiken bei der Planung berücksichtigen

Aus seiner Sicht starten viele Grossprojekte schon falsch. Neben einer unfertigen Planung macht Grewe noch einen schwerwiegenden Fehler bereits am Beginn eines Vorhabens aus. „Der Preis ist oft geraten, damit er gesellschaftlich tragbar ist, das ist eher ein politischer denn ein planerischer Entscheid“, betont Grewe. Weitere Fehler seien zu hohe Ambitionen und eine fehlende Projektsteuerung. Heutige Projekte würden kaum noch auf der grünen Wiese geplant, daher sei es zwingend notwendig, dass die Umgebung samt Infrastruktur mit bedacht werden müsse. „Auf diese Weise können Risiken geplant und in einem Register aufgezeichnet werden und Teilschritte sollten priorisiert werden“, sagte Grewe. Zudem brauche es gerade in der Anfangsphase mehr Personal, sagte Grewe, der von seinem Team jeweils einen grossen Einsatz fordert. Am wichtigsten sind ihm Fleissarbeit, ein hohes Mass an Eigeninitiative, ein regelmässiger Jour fixe und eine wöchentliche Berichtsroutine. „Das macht natürlich nicht immer Spass, aber es zwingt zur Disziplin.“ Grewe gibt den Konferenzteilnehmenden das simpelste, aber zwingende Rezept mit auf den Weg: „Erst planen dann bauen.“

Post ist längst digital

Von einem Mammutprojekt berichtet die nächste Rednerin Claudia Pletscher. Sie leitet die Abteilung Entwicklung und Innovation bei der Schweizerischen Post und gestaltet den wohl grössten Wandel, den das 186-jährige Unternehmen seit seiner Gründung durchläuft. „Das Geschäft am Postschalter ist um 67% zurückgegangen, obwohl dank eCommerce mehr Pakete versendet werden. Darauf mussten wir reagieren, zumal in einem hochdynamischen Umfeld“, sagte Pletscher. Einerseits werden Poststellen geschlossen, andererseits transportiere die Post täglich immer noch 18 Millionen Sendungen. „Wir bringen die analoge und die digitale Welt zusammen und arbeiten längst hochgradig digital“, erklärte Pletscher. Die grösste Herausforderung sei heute einfach der hohe „Speed“. Besonders aus dem Silicon Valley kommen laut Pletscher „Angriffe“, wie die Erfindung des Beförderungsunternehmens Uber, Paketdrohnen des US-Grosshändlers Walmart und die Packstationen von Amazon, die das Geschäft der Post tangieren.

Claudia Pletscher

Einige dieser Innovationen hat das Unternehmen auf schweizerische Verhältnisse zugeschnitten und implementiert. Roboter liefern Pakete in Zürich aus, autonome Drohnen transportieren in Lugano Laborproben zwischen Spitälern, in Sion verkehrt ein autonomer Smart-Shuttle-Bus, bei der Postsortierung unterstützen Virtual-Reality-Brillen: Diese und weitere Projekte hat Pletschers Abteilung auf den Weg gebracht, immer mit der Absicht, zusammen mit den besten Startups des Fachs produktiv einsetzbare Lösungen aufzubauen. „Wir screenen pro Jahr etwa 350 Start-ups und sind danach mit rund 15 Pilotprojekten am Start, alleine würden wir das nie schaffen“, erläutert Pletscher. Dank den Joint-Ventures eröffneten sich für die Post völlig neue Use-Cases und die Technologie dafür sei parat, man müsse sie nur nutzen. Zudem veranstaltet die Post so genannte Boost Camps, bei denen Ideen mit den Methoden ‚Design Thinking‘, ,Lean Start-up‘ und ,Agile Working geprüft und weiterentwickelt werden. Zudem hat Pletscher das Label „Early“ entwickelt, mit welchem Produkte möglichst früh bei den Kundinnen und Kunden getestet werden.

Freihändige Vergabe verführt zu Fehlentscheiden

Projekte der Bundesverwaltung stehen ebenfalls im Rampenlicht und werden besonders kritisch beobachtet. „Die teuersten Projekte sind meist diejenigen in der IT, und leider gab es davon in letzter Zeit auch missglückte“, sagte Michel Huissoud. Der Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK sprach über seine Erfahrungen mit „Erfolgreichen sinnlosen IKT-Projekten“. Obwohl das Projektmanagement in der Bundesverwaltung schon besser geworden sei und weniger Fehler als früher passierten, gebe es so typische Beispiele wie den Fall, als das Verteidigungsdepartement VBS und das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT zwei umfangreiche, aber vergleichbare CMS-Projekte unkoordiniert beim selben Lieferanten in Auftrag gaben. „Wir müssen bei solchen Projekten die Finanzierung unter die Lupe nehmen“, sagte Huissoud, dessen Behörde dem Bund empfehlen kann, schiefe IT-Vorhaben zu stoppen. Gelangten dann die Informationen an die Öffentlichkeit, würden die gescheiterten Projekte diskutiert. „In der Privatwirtschaft erfährt man hingegen kaum von Flops, obwohl dort natürlich auch Projekte schiefgehen.“ Zudem gebe es in der Privatwirtschaft kein öffentliches Beschaffungswesen.

Die Praxis der freihändigen Vergabe führte in der Vergangenheit immer wieder zu viel öffentlicher Kritik, und Huissoud erinnerte an das Insieme-Fiasko. Damit solche Fälle verhindert werden, sieht der Finanzkontrolleur Nachholbedarf in der Bundesverwaltung bei der Prozess- und Anwendungsarchitektur sowie bei Datenmodellen. Zudem fordert Huissoud „dezidierte und sachorientierte Diskussionen und Entscheide mit den Vertretern der betroffenen föderalistischen Ebenen“. Denn zu oft wirke sich Föderalismus erschwerend auf IT-Projekte aus.

Mehr Aufwand für die Dokumentation

„HERMES 5 ist keine Theorie, sondern eine lebendige Methode“, sagte Hélène Mourgue d’Algue, die Hauptautorin der HERMES 5-Methode und seit nunmehr zwei Jahren Leiterin Projekte und Kunden Informatik beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA. Sie berichtete in ihrer Präsentation vom „Spagat zwischen Vorgaben und Agilität“, den sie bei ihrer Arbeit machen muss. Erschwerend sei heute für viele Akteure der zunehmende administrative Aufwand für Dokumentation und Nachweise. Dem will sie mit neuen Lösungen im Projektmanagement entgegenwirken.

Falsche Schätzungen

Der Titularprofessor der Universität St. Gallen, Peter Rohner hat untersucht, warum sie nicht gelingen. „Das Lernen aus gescheiterten Projekten fällt schwer, weil kaum jemand ein Buch darüber schreibt“, sagte er. Aus seiner Sicht missglücken Projekte vor allem wegen Irrtümern und Täuschungen. „Wir überschätzen uns, aber das Projekt unterschätzen wir und das Initialbudget schätzen wir falsch ein“. Zudem hat Rohner herausgefunden, dass schlecht gestartete Projekte im Verlauf nicht besser werden.

Prof. Dr. Peter Rohner

Die Verantwortung für missglückte Vorhaben verortet er zumeist bei der Führung: „zwei Drittel des Elends liegen oben“, bemerkte Rohner pointiert und warnte vor Geltungsdrang bei Projektleitenden. Er empfiehlt die KEY-Methode, bei der die Erfolgsfaktoren systematisch geprüft werden. Damit liessen sich unter anderem Probleme früh erkennen. Weiter rät Rohner zu einem wirkungsvoll funktionierenden Projektausschuss, dessen Mitglieder spezifisch trainiert würden. 

Projektmanagement im Ehrenamt

Eine ganz andere Art von Grossprojekt stellte Thomas Gross (HYCON GmbH) vor: er organisierte zusammen mit einer Co-Organisatorin das Bundeslager Contura 08 der Pfadibewegung Schweiz. Das Budget betrug 10 Millionen Franken und ehrenamtlich erbrachte Leistungen von über 15 Millionen Franken. Das Projektmanagement im ehrenamtlichen Umfeld brachte für Gross eine Reihe von überraschenden Herausforderungen mit sich. „Ich identifizierte mich mit dem Projekt, hatte eine klare Motivation und nahm dies auch für mein Team an“, sagte Gross. Doch so klar war dies dann nicht. Eine der Lehren, die Gross gezogen hat, ist denn auch die Identifikation mit dem Projekt, die bei Freiwilligenarbeit einen besonderen Stellenwert haben müsse. „Es braucht noch stärker als im beruflichen Kontext eine ausgeprägte Feedbackkultur, Teambuilding und immer wieder Motivation“, fasste er seine Erfolgsfaktoren zusammen. Deshalb würden an die Führung eines ehrenamtlichen Teams spezielle Anforderungen gestellt. So sollte sie aus Gross› Sicht den Menschen immer wieder den Sinn vermitteln und sie „berühren“. Dies müsse eigentlich genauso auch in Profitorganisationen gelten, schloss Gross.

Die Tagung beendete Prof. Dr. Andreas Spichiger, Leiter des E-Government-Instituts der BFH. Der nächste eGov Fokus mit dem Arbeitstitel „Die Schweiz im Europäischen E-Government – Projekte und Perspektiven“ findet am 1. Juni 2018 im Berner Generationenhaus statt.

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Success Matters, Doing is Not Good Enough

Swiss e-government is positive thinking in practice. All projects are successful. Permanent speed-up is taking place. And, last but not least, progress is pretty slow. Switzerland is lagging behind.

The Digital Switzerland Strategy has a roadmap about doing things: which agency will do what for which time period. This roadmap materializes what is called input controlling in public administration science. It will lead to good work measured in terms of input controlling, but we should not expect too much relevant progress.

Going for delivery culture
Output controlling, if it would matter, is materialized by roadmaps on achievements: What is achieved until when and who is responsible for each task. Even better is, if there exists a second road map with outcomes, and the relationship between output and outcome is scrutinized. Independent of whether we are looking at the output or the outcome roadmap, it is important to understand what is not on this roadmap: this is “who does what and when”. If you want to achieve a delivery culture, you have to get away from the spirit of input controlling and you have to get rid of the equality of tasks, accountability, and span of control.

If we move from input controlling to output controlling, and then from output controlling to outcome controlling, the public value created by tax payers’ money is each time increased. But in order to do so, we have to start evaluating project outputs and outcomes with scrutiny.

Features of the input culture
Typical features of input culture are high success rates, ignorance for key minor steps, and no sense of risk and urgency, whereby the latter can go well hand in hand with regular speed up initiatives.

In the past, Switzerland has monitored the success of its priority projects in e-government, but no one ever heard of a single failure. Maybe I have overlooked one, but in any case the success rate is fantastically close to 100%. And even more, no waste of money was reported. This is the record of several dozens of projects. Question: What does this tell us?

There are many small successes, for example in the area of registers for buildings and living places (link: not available in English) or in the area of government platforms for cantons. These successes are not celebrated and are much less well known than the many long-living construction sites of Swiss e-government. This highlights, that perceived success is not delivery, but doing. Question: What does this tell us?

Switzerland does have success culture in its companies, at least in some, but it lacks a success culture in e-government. Projects are not evaluated in a both clear and differentiated way. Risk registers look like they had been written by students, if they exist at all. This is natural, because if you never fail, you can never understand the concept of risk.

Remarkably enough, contrary to real success, speed does matter in Swiss e-government. And speed is achieved by getting rid of expertise that could block progress. Practitioners work hard to kick out experts – and if they have to invite experts, they invite them from abroad. As a foreign expert, you are usually polite. Personally, I have experienced in Norway, that I was much nicer in evaluations than the locals – although these locals were very charming people. But when the local experts looked at innovation projects, their judgements were harsh. In Switzerland, usually no local experts help foreign experts to benchmark their politeness. Even worse, no academic research deals seriously with success in public innovation. There are no funds for academic scrutiny. Question: What does this tell us?

Different types of accountability
It is important to note, that Switzerland does have a strong accountability. Its public administration is in the large not corrupt at all. It outperforms most public administrations of the world – and even most large companies. But it is culturally adapted to a slow change of environment conditions. In such environments it is good enough to hold people accountable for the money they spend. In environments with fast change, this type of traditional accountability fails. There, outcome matters – not input, and not output either. Very good is not excellent enough. And zero or one perspectives do not properly describe the outcome, but you have to look closer to learn for the future.

What should change?
Switzerland has about 13.5 years* to start changing its e-government culture – that is a very looooong time. It is good enough to start up a success culture in 13.5 years. But if we only start in 13.5 years, we shall not be allowed any mistakes anymore. Whoever thinks that she or he does make mistakes, should start earlier. From a practitioner’s point of view – as theory does not make predictions on this – starting last year was on time.

Quite seriously, we have to look closely at the output and the outcome of e-government projects. We have to learn from success and from failure. We have to celebrate the small successful steps, even if they do not look great. We have to keep responsible managers and politicians accountable for outcome, even if they have no ability to fully control it. There is no good or bad management other than successful or unsuccessful management.

A delivery culture demands entrepreneurial behavior. It is simply a myth, that entrepreneurial behavior of managers in public administration contradicts public law. The sovereign wants more than just correct spending of tax payers’ money. And if you do not believe that, ask the sovereign!

* Of course, “13.5 years” is a biblical number. You can equally assume one third of forty years.

 

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Die Earned Value Analyse (EVA)

Mit der Einführung der Weisung P038 betreffend der Berichterstattung über die IKT-Schlüsselprojekte des Bundes ist die Earned Value-Methode erfreulicherweise nun auch offiziell in den Projekten der Bundesverwaltung angekommen. Dieser Beitrag stellt die Vorgaben der Weisung den praktischen Belangen dieser einfachen, aber wirkungsvollen Methode gegenüber. Der Beitrag zeigt aber auch, dass die Earned Value-Methode ihre Wirkung nur dann voll entfalten kann, wenn mit den erhobenen Zahlen mehr getan wird als die Weisung verlangt.

Abschnitt 6.6 der Weisung P038 [ISB 2016] besagt:

«6.6 Leistungswertanalyse 
6.6.1 Voraussetzungen und Umfang
Der Zweck der Leistungswertanalyse besteht darin, den bisher aufgelaufenen Projektkosten und dem gemäss Planung erwarteten Wert der Zwischenergebnisse einen möglichst objektiv berechneten Wert der effektiv vorliegenden Zwischenergebnisse des Projekts (Fertigstellungs- oder Leistungswert) gegenüberzustellen.

  1.  Für die Leistungswertanalyse MÜSSEN halbjährlich folgende Werte geliefert werden:
    I. Der Planned Value (PV) ist die Summe der geplanten Kosten für diejenigen Aufgaben, welche gemäss Projektstrukturplan bis zum Berichtszeitpunkt erledigt sein sollten.II. Der Earned Value (EV) ist der erzielte Leistungswert, d.h. die Summe der geplanten Kosten für die bis zum Berichtszeitpunkt abgeschlossenen Arbeitspakete4. Die zum Berichtszeitpunkt begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Arbeitspakete SOLLEN mit 50% des Planned Value für das gesamte Arbeitspaket bewertet und dem Earned Value der abgeschlossenen Arbeitspakete hinzugefügt werden.

    III. Die Actual Costs (AC) sind die Ist-Kosten, d.h. die bis zum Berichtszeitpunkt effektiv aufgelaufenen Projektkosten.

  2. Spätestens am Ende der Phase Initialisierung MUSS als Voraussetzung für die Leistungswertanalyse ein ausführlicher und stabiler Projektstrukturplan vorliegen, in welchem pro Arbeitspaket der geplante Aufwand sowie die Anfangs- und Endzeitpunkte eingetragen sind (vgl. auch Ziffer 6.6.2).
  3. Die folgenden beiden Kennzahlen MÜSSEN berechnet und kommentiert werden, um aussagekräftige Zahlen für den Projektstatus zu erhalten:
    EV / AC (Cost Performance Index – CPI)
    Der CPI (Kostenentwicklungsindex) ist ein Mass für die Kosteneffizienz. Ein Wert kleiner als 1 deutet darauf hin, dass sich das Projekt teurer entwickelt als geplant.
    EV / PV (Schedule Performance Index – SPI)
    Der SPI (Terminentwicklungsindex) ist ein Mass für die Zeiteffizienz. Ein Wert kleiner als 1 deutet einen Projektverzug im Vergleich zum Plan an.
  4. Kennzahlen kleiner als 1 MÜSSEN begründet werden.
  5. Markante Änderungen gegenüber dem letzten Berichtszeitpunkt MÜSSEN erläutert werden.
  6. Die Projektorganisationen DÜRFEN das Werkzeug zur Leistungswertanalyse frei wählen. Derzeit bietet das Cockpit IKT keine Unterstützung für das Tracking der für die Leistungswertanalyse nötigen Grössen.

6.6.2 Mindestanforderungen an den Projektstrukturplan 
Für eine möglichst objektive Bestimmung des Earned Value SOLL der Projektstrukturplan folgendermassen strukturiert werden:

  1. Granularität der Arbeitspakete: Der Umfang der einzelnen Pakete SOLL so gewählt worden, dass ihre Dauer max. 3 Monate beträgt; der Aufwand für Arbeitspakete, welche weit in der Zukunft liegen, DARF noch summarisch dargestellt werden; spätestens ein halbes Jahr vor dem jeweiligen Start MUSS dieser Aufwand auf einzelne Arbeitspakete mit kurzer Dauer (max. 3 Monate) aufgeteilt werden;
  2. Ergebnisorientierte Arbeitspakete: Wenn immer möglich SOLL jedes einzelne Arbeitspaket zu einem konkreten Ergebnis führen, welches vordefinierte qualitative Abnahmekriterien erfüllen muss;
  3. Dauerhafte Arbeitspakete teilen: Gewisse Aktivitäten (typischerweise die Koordination durch den Projektleiter oder die administrative Unterstützung durch ein Project Office) erzeugen nicht direkt Projektergebnisse, sondern stellen eine notwendige Begleitung der ergebnisorientierten Arbeitspakete dar. Auch diese Aktivitäten SOLLEN in kürzere (max. 3 Monate) Arbeitspakete aufgeteilt werden, welche mit wichtigen Meilensteinen (z.B. Entscheidungspunkten oder konkreten Ergebnissen aus anderen Arbeitspaketen) gekoppelt sind. Zum Beispiel kann das zu umfangreiche Arbeitspaket «Projektleitung in der Phase Konzept» in mehrere, eventuell sogar überlappende Schnitte («Projektleitung bis Abnahme Grobkonzept», «Projektleitung für das Prototyping» usw…) aufgeteilt werden.

6.6.3 Besonderheiten 
Werkverträge 
Bei Werkverträgen werden bedeutende, gelegentlich sehr lange dauernde Arbeitspakete an externe Leistungserbringer ausgelagert. Damit verzichtet der Auftraggeber auf die feingranulare Kontrolle über die entsprechenden Aktivitäten, was die Anwendung der Leistungswertanalyse für das Gesamtprojekt schwieriger macht. In den Werkverträgen SOLL der Gesamtaufwand so auf messbare Meilensteine wie Teillieferungen oder Releases verteilt werden, dass auch ohne ausführlichen Projektstrukturplan eine zuverlässige Leistungswertana-lyse möglich ist.

Sachkosten 
Die Leistungswertanalyse SOLL immer über den gesamten Budgetbetrag gehen. Folglich SOLLEN allfällige Sachkosten (Hardware, Software, Pauschalrechnungen) auch eingeplant sein und gelten bei Rechnungstellung als abgeschlossene Arbeitspakete.

Neuplanungen 
Bei komplexen, lange dauernden Vorhaben wie die IKT-Schlüsselprojekte des Bundes kommt es nicht selten vor, dass eine umfassende Neuplanung des Projektes nötig ist. Dabei werden die Termine, die Budgets und/oder die zu liefernden Ergebnisse angepasst. Der gesamte Projektstrukturplan muss folglich überarbeitet werden. Ab dem Zeitpunkt, wo die Neuplanung in Kraft tritt, MUSS der neue Projektstrukturplan als Baseline für die Bestimmung des Planned Value und des Earned Value der neu definierten Arbeitspakete verwendet werden. Der Planned Value und der Earned Value MÜSSEN am Stichtag der Neuplanung mit den Ist-Kosten gleichgesetzt werden. In der Statusübersicht nach der Neuplanung MUSS dieser «Reset» der Grössen für die Leistungswertanalyse dokumentiert werden. Konkret MÜSSEN die Endwerte aller Kennzahlen (PV, AC und EV sowie Kennzahlen EV/AC und AV/PV) gemäss der alten Planung angegeben und erläutert werden.»

In den 60er Jahren wurde die Earned Value Methode in den USA primär durch das Department of Defense eingeführt, Eigner der Methode war der Verteidigungs-Unterstaatssekretär für Beschaffungen. Später hat die Industrie übernommen und die Methode 1998 als ANSI/EIA 748A standardisiert. Wegen gewissen Schwächen der Methode, wurde sie 2009 von W. Lipke um die so genannten Earned Schedule-Elemente ergänzt [Lipke 2009].

Weshalb Earned Value?
EV stellt nicht nur – wie in vielen Reportings üblich – den Mittelverbrauch im Projektverlauf dar, sondern weist mit dem EV auch aus, wie viele der geplanten Ergebnisse in der bisherigen Projektzeit mit den bislang effektiv verbrauchten Mitteln erarbeitet wurden.

Was will EVA?
Mit der EV-Methode werden grundsätzlich die folgenden Ziele verfolgt:

  1. Feststellung des aktuellen Projektstatus durch die Berechnung der Cost Variance (Kostenabweichung) mit CV = EV – AC und die Berechnung der Schedule Variance (Planabweichung) mit SV = EV – PV. Abbildung 1.
  2. Feststellung des bisherigen Projektverlaufs mit dem Cost Performance Index CPI = EV/AC und dem Schedule Performance Index SPI = EV/PV.
  3. Bei grösseren Abweichungen vom Projektplan muss man in der Lage sein, die für die Abweichungen verantwortlichen Arbeitspakete zu identifizieren und zu analysieren und daraus Massnahmen zur Steuerung des Projekts abzuleiten, so dass die CV und SV gegen 0 streben und umgekehrt CPI und SPI möglichst nahe bei 1 verlaufen. Oder noch besser: CV und SV positive Zahlen und CPI und SPI > 1 sind.
  4. Prognose/Abschätzung des künftigen Projektverlaufs unter bestimmten Annahmen. Eine solche Annahme könnte sein, dass das Projekt gleich weiterläuft wie bisher, also mit dem gleichen CPI wie in der Vergangenheit. Daraus ergibt sich das Estimate at completion  EAC = BAC / CPI, wobei BAC (Budget at completion, d.h. PV am Projektende) die ursprünglich geschätzten Gesamtkosten darstellt.

Abbildung 1: Die Earned Value-Methode in der Übersicht

Earned Value ist englischsprachiger Abstammung, die deutsche Sprache hat sie verkompliziert…
Ab sofort werden in diesem Beitrag nur noch die englischen Originalbegriffe verwendet (die vielfältigen deutschen Übersetzungen haben, wie üblich, schon genug Unheil und Verwirrung angerichtet).

Und wo ist der Haken?
Damit aussagekräftige Earned Value-Kennzahlen erhoben werden können, wird man zu einer seriösen Projektplanung schlicht gezwungen. Das heisst, dass wir eine Projektplanung benötigen, die so hinreichend detailliert ist, dass Arbeitspakete in ausreichender Granularität geschätzt und geplant sind (kritische Projekte erfordern hohe Granularität, so dass kleine Abweichungen festgestellt und entsprechend fein gesteuert werden können. Praktiker folgen der 20-80-Regel, d.h. die Arbeitspakete sollen mindestens 20h und maximal 80h Aufwand umfassen [Lukas 2017]). Matchentscheidend sind gute Schätzungen von Aufwand und Dauer für die Abarbeitung der Arbeitspakete.

Ausserdem müssen die Projektmitarbeitenden ihre Arbeitsaufwände exakt entlang der Arbeitspakete erfassen können. Dabei muss unbedingt vermieden werden, dass die Arbeitsaufwände mehrfach erfasst werden müssen und es muss gewährleistet sein, dass die erfassten Aufwände automatisch in die diversen Berechnungs- und Kontroll-Systeme übertragen werden. Jeder manuelle Zwischenschritt, Schattenbuchhaltungen, Mehrfacherfassungen schadet der Akzeptanz, der Effizienz und der Effektivität der Methode.

Negativ ausgedrückt: Wer auf eine zweckdienliche Projektplanung verzichtet, kann von der Earned Value-Analyse keinerlei brauchbare Aussagen erwarten.

Der Earned Value angefangener Arbeitspakete
Die genaueste Methode, um den EV angefangener Arbeitspakete zu ermitteln, wäre eine objektive Feststellung von deren prozentualer Fertigstellung. Aber gerade bei hoher Granularität verursacht diese Feststellung einen hohen Administrativaufwand, der letztlich nicht einmal dem Projektergebnis zu Gute kommt. Deshalb kommen meist einfache Heuristiken zum Zug, wie zum Beispiel die 50/50-Metrik: dabei wird jedem angefangenen Arbeitspaket 50% des PV als EV zugewiesen und wenn das Arbeitspaket fertig gestellt ist, beträgt sein EV 100% des PV. Diese Heuristik wird auch in P038 vorgegeben. Solche Bewertungsmethoden (neben 50/50 sind auch andere Splittings wie 0/100, 20/80 oder 25/75 bekannt) empfehlen sich aus verschiedenen Gründen: sie verursachen praktisch keinen Zusatzaufwand bei der Datenerfassung und sie sind statistisch vertretbar, vorausgesetzt die Granularität der AP ist hinreichend gross.

Bei zu geringer Granularität und damit tendenziell grossen Arbeitspakete verfälscht die 50/50-Bewertungsmethode die Earned Value-Kennzahlen zu sehr: einem 3 Monate dauernden Arbeitspaket wird während beinahe 3 Monaten ein EV von 50% des PV zugewiesen und am Tag seiner Fertigstellung verdoppelt sich der EV. Auch nicht hilfreich ist eine hohe Variabilität in der Granularität der Arbeitspakete.

Noch einmal: Voraussetzungen für die Anwendung der Earned Value-Methode

  1. Es muss eine gute, vollständige Projektplanung vorliegen, d.h. ein vollständiger Projektstrukturplan mit qualitativ guten Schätzungen für Aufwand und Dauer der Abarbeitung der Arbeitspakete,
  2. Es muss ein aufgabenorientiertes Rapportierungssystem implementiert sein (die Arbeitsaufwände und die übrigen Kosten müssen direkt auf die Objekte im Projektplan abbildbar sein),
  3. Es muss ein Messintervall (monatlich, wöchentlich, …) definiert sein und es muss sichergestellt sein, dass die Zeit- und Kostenverbuchungen unmittelbar vor der Messung auf den aktuellen Stand gebracht werden.

Für die Länge des Messintervalls gilt, dass kurze Intervalle zu einer feineren Steuerung beitragen und demgegenüber lange Intervalle (z.B. halbe Jahre gemäss P038) der Projektsteuerung kaum dienlich sind. Nicht vergessen: die Länge des Messintervalls ist im Verlauf des Projekts einfacher zu verändern als die Definitionen der Arbeitspakete. Von Interesse sind natürlich nicht nur die jeweils aktuellen  Earned Value-Werte, sondern Zeitreihen derselben (so wie das in der Weisung P038, Abschnitt 6.6.1, Ziffer 5 angedeutet ist), so dass Trends und Anomalien erkennbar sind.

Earned Value-Analyse im Kontext von P038
Aus den bisherigen Ausführungen geht hervor, dass die IKT-Schlüsselprojekte des Bundes via EVA Zahlen bzw. Projektdaten generieren werden, die sich aber wegen des halbjährlichen Berichtsintervalls, weder für die Projektsteuerung noch für eine Prognose eignen. Deshalb ist auch Informationsgehalt der erhobenen Zahlen zu hinterfragen, weil von der Ermittlung der Werte bis zu deren Ankunft bei den designierten Empfängern zweifellos mehr oder weniger viel Zeit verstreichen wird.

Es ist fraglich, ob und wie bei (maximal) 3-monatigen Arbeitspaketen die Ursachen von allfälligen Abweichungen (Variances) zu eruieren sind. Eine wirksame Steuerung bedingt die Kenntnis der Problemverursacher.

Wie P038 ausführt, spricht nichts dagegen, weit in der Zukunft liegende Arbeitspakete oder gar ganze Projektphasen zunächst summarisch in die Planung bzw. für den PV einzubeziehen. Ebenso klar ist, dass diese summarischen Objekte vor deren Inangriffnahme, wie oben beschrieben, zu detaillieren sind.

Die übrigen Bemerkungen in P038 unter ‘6.6.2 Mindestanforderungen an den Projektstrukturplan’ und ‘6.6.3 Sonderfälle’ sind nachvollziehbar und aus unserer Sicht zutreffend.

Aber!
Wenn schon Projektdaten erhoben werden, sei jedem Projektleiter dringend empfohlen, nicht nur der Weisung P038 Genüge zu tun, sondern die Earned Value-Methode mit ihrem wirklichen Wert zu Gunsten des Projekts zu nutzen. Das heisst, dafür zu sorgen, dass die oben angeführten Voraussetzungen erfüllt sind, um das Projekt wirkungsvoll steuern und den weiteren Projektverlauf abschätzen zu können.

Und wo bleibt die Kritik an der EV-Methode?
Es liegt auf der Hand, dass die Earned Value-Methode, gleich wie alle übrigen Methoden, kritisiert wird. [Bea, 2011] hält fest, dass die Annahme geprüft werden muss, wonach sich im Projekt die Kosten jeweils proportional zu den Kosten entwickeln. Aus unserer Sicht ist diese angenommene Proportionalität nur dann ein Problem, wenn die Arbeitspakete zu lange dauern und diese tatsächlich eine inhomogene Struktur aufweisen. Einerseits schafft die angemessene Anwendung der 20/80-Regel [Lukas 2017] diesbezüglich Abhilfe, (aber andererseits führen Heuristiken wie zum Beispiel die 50/50-Bewertung angefangener Pakete künstlich scheinbare Inhomogenitäten bei der Akkumulation des EV ein).

[Bea2011] fragt sich auch «Was passiert, wenn die Plankostenschätzung im Projektverlauf häufig revidiert wird?» und gibt die Antwort gleich selber: «Die Hintergründe für Fehleinschätzungen können vielfältig sein….: Selbstüberschätzung aufgrund von fehlender Erfahrung oder durch das ‘Groupthink’-Phänomen, die menschliche Tendenz zu sozial erwünschten Antworten, aber auch ein rigider Umgang des Managements mit ‘schlechten Nachrichten’ können zu einer verzerrten Berichterstattung führen.» Es liegt auf der Hand, dass «häufige Planrevisionen» nichts mit der Earned Value-Methode zu tun haben, sondern mit der ganz alltäglichen Arbeit des Projektmanagers angesichts der in jedem Projekt herrschenden mehr oder weniger grossen Unsicherheiten.

Substantiell ist allerdings die Kritik betreffend des SPI gegen Ende des Projekts. Per definitionem wird der EV eines Projekts an dessen Ende gleich sein wie der PV am Ende des Projekts. Das heisst, der ganze Plan ist umgesetzt worden, deshalb beträgt der SV am Ende des Projekts EV – PV = 0, und zwar unabhängig davon, mit wieviel zeitlicher Verspätung (oder Vorsprung) das Projekt beendet worden ist. Oder anders gesagt: die Schedule Variance beträgt am Ende des Projekts immer 0 und kurz vor Projektende ist die Schedule Variance sehr klein, auch wenn das Projekt doppelt so lange gebraucht hat, um fertiggestellt zu werden.

Abbildung 2: Am Ende des Projekts sind PV und EV gleich!

Vor diesem Hintergrund ist die Earned Schedule-Methode definiert worden [Lipke 2009]. Sie gibt die zuverlässigere Auskunft über die zeitliche Abweichung des Projekts vom Plan als die ‘gewöhnliche’ SV, Abbildung 3:

Abbildung 3: Earned Schedule

Die einzige (kleine) Schwierigkeit besteht darin, den Schnittpunkt zwischen der horizontalen Geraden ausgehend vom aktuellen EV mit dem PV zu berechnen. Dies ergibt den ES. ES – AT stellt die tatsächliche zeitliche Abweichung vom Plan dar.

Ihr Projekt war mit EVA erfolgreich! Was dann?

  • Weitermachen!
  • Lernen aus der Vergangenheit, übertragen der Erkenntnisse auf neue Projekte.
  • Feststellen, wo und weshalb es Abweichungen gab.
  • Prozesse und Schätzverfahren verbessern.
  • Automatisieren, falls die Datenversorgung noch nicht vollständig durchgängig ist.

Quellen

  • Bea, 2011. Bea, F. X., Scheurer, S. & Hesselmann, S., 2011. Projektmanagement. 2. Auflage Hrsg. Stuttgart: Lucius & Lucius.
  • ISB, 2016. P038 – Halbjährliche Berichterstattung über den Stand der IKT-Schlüsselprojekte des Bundes. 1 Hrsg. Bern.
  • Lipke 2009. Lipke, Walter H., 2009; Earned Schedule; Lulu Publishing; Morrisville NC, USA
  • Lukas 2017. Lukas, J. A., 2017. PMI Scheduling Conference 2017. s.l., Project Management Institute.
  • PMI 2005. Project Management Institute, Inc., 2005. Practice Standard for Earned Value Management. Newtown Square, Pennsylvania: Project Management Institute, Inc..
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Projektabschluss: Sechs Tipps für wirkungsvolle Projekt-Nachbereitung

Jedes Projekt sollte zu Ende gehen. Denn zu einem erfolgreichen Start gehört eine sichere Landung. Das PMI, als Standard der international agierenden Projektmanager, stellt in seiner neuen, sechsten Ausgabe eine ganze Prozessgruppe für den Projektabschluss als hilfreiche Arbeitsgrundlage zur Verfügung. Dieser Artikel liefert Ihnen sechs praktische Tipps, die Sie nach erfolgreicher Projektdurchführung beachten sollten. 

Warum der Projektabschluss wichtig ist
Schließen Sie Ihr Projekt formal ab und kommunizieren Sie dessen Status umfassend. Lassen Sie nicht zu, dass sich Ihr Team planlos zerstreut. Sie haben sonst keine Möglichkeiten, lose Enden zusammenzuführen und es beim nächsten Mal noch besser zu machen. Natürlich können Sie auch ein erfolgloses Projekt abschließen. Auch in dieser Situation gibt es etwas zu lernen. Stellen Sie sicher, dass Fehler nicht ein zweites Mal in Ihrem Unternehmen gemacht werden.

Die Projektarbeiten abzuschließen hat einige Vorteile. Dazu zählen:

  • Projektergebnisse nachweisen
  • Erfahrungen festhalten, um sie weitergeben zu können (Lessons Learned)
  • Verbesserungspotential für nachfolgende Projekte definieren
  • Ressourcen für andere Projekte und Arbeiten freigeben

Tipp 1: Projektabschluss-Meeting organisieren
Erfolgreiche Projektmanager starten ihr Projekt mit einem Kick-Off. Sie planen Ihren Start sorgfältig und kümmern sich um eine gesteuerte Landung. Machen Sie es ihnen nach. Rufen Sie alle aktiven Projektmitglieder, Sponsoren und Stakeholder zu einem offiziellen Abschlussmeeting zusammen. Bitten Sie auch den Auftraggeber, an den für ihn betreffenden Punkten teilzunehmen. Das Meeting mit dem Team sollte diese Besprechungspunkte beinhalten:

  • Fassen Sie zusammen, was Sie mit dem Projekt erreichen wollten und was Sie tatsächlich erreicht haben.
  • Reflektieren Sie gemeinsam mit dem Team, was ihnen gut gelang und was weniger gut.
  • Rufen Sie sich Stärken und Schwächen ins Gedächtnis.
  • Extrahieren Sie Methoden und Techniken, die das Projekt beflügelten und auch solche, die den Projektfortschritt blockierten.
  • Diskutieren Sie Ihre gröbsten Fehler, die Sie auf gar keinen Fall wiederholen wollen.
  • Listen Sie alle verbliebenen Arbeiten auf und legen Sie fest, wer sich um diese Aufgaben abschließend kümmert.

Tipp 2: Abschlussbericht erstellen
Versuchen Sie alle verbleibenden Fragen zu beantworten. Offene Enden erzeugen Fragezeichen, mit denen später niemand so richtig etwas anfangen kann. In Ihrem Abschlussbericht sollten diese Punkte Platz finden:

  • Wie stellte sich die Ausgangssituation dar? Welchen Auftrag hatte das Projekt?
  • Welches Ziel und welche wesentlichen Meilensteine waren ursprünglich geplant?
  • Welche Liefergegenstände wurden zu welchen Meilensteinen bereitgestellt?
  • Wie ist das Projekt verlaufen? An welchen Stellen traten Risiken ein? Wo und wann kam es zu Abweichungen?
  • Welche Aufgaben verbleiben nach dem Abschluss und wer kümmert sich darum?
  • Wie bewertet der Projektleiter und der Auftraggeber den Verlauf des Projektes sowie dessen Ergebnisse?
  • Welche Verbesserungsvorschläge ergeben sich aufgrund der gesammelten Erfahrungen?

Tipp 3: Formaler Abschluss gegenüber dem Auftraggeber
Kommunizieren Sie den Projektabschluss formal und offiziell an Ihren Auftraggeber . Sie benötigen eine formale Abschlussmeldung – idealerweise dokumentiert in einem Abschlussprotokoll.

Sofern das Projekt im Auftrag durchgeführt wurde, sollten Sie darauf achten, dass Ihnen der Auftraggeber Ihre Abschlussmeldung schriftlich bestätigt. Dieses Vorgehen dient Ihrer Absicherung als formaler Abschluss. So können Sie diesen belegen, falls der Auftraggeber im Nachhinein weitere Leistungen von Ihnen wünschen sollte. Tipp 4: Projektergebnisse archivieren
Sobald Sie das Projekt abgeschlossen haben, kümmern Sie sich um das Sichern von projektrelevanten Daten, Informationen und Erfahrungen. Ziel ist es, die gespeicherten Informationen der Nachwelt zugänglich zu machen – sofern sie nicht durch Nutzungs- oder Zugriffsrechte beschränkt sind.

  • Nutzen Sie ein Dokumentenmanagementsystem oder eine Projektmanagement-Software, welche eine transparente Struktur verwendet. Sichern Sie die Erfahrungen, die Sie während des Projektes sammelten. Halten Sie Schlüsselerkenntnisse fest.
  • Wenn es die Strukturen und Prozesse in Ihrem Unternehmen erlauben, machen Sie die Informationen für alle Mitarbeiter zugänglich. Warum das Rad ein zweites Mal erfinden? Sparen Sie Zeit und Geld!
  • Sammeln Sie Lessons Learned im gesamten Team. Das heißt: Reden Sie mit allen Projektmitarbeitern. Besuchen Sie Ihre wichtigsten Stakeholder persönlich. Bitten Sie um konstruktives Feedback bei Ihren Auftraggebern.
  • Räumen Sie auf: Überflüssige Unterlagen, redundante Informationen sowie veraltete Arbeitsstände interessieren niemanden. Sofern Sie nicht rechtlich daran gebunden sind, löschen Sie sie!

Tipp 5: Ressourcen freigeben
Befolgen Sie die konkreten Abläufe in Ihrem Unternehmen, um Ressourcen freizugeben. Bedanken Sie sich bei den zuständigen Abteilungsleitern für die konstruktive Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitern. Ihr Projektkollege wird es Ihnen danken.
Die formale Freigabe von Mitarbeitern ist wichtig, um die Einsatzplanungen zu unterstützen. Möglicherweise warten andere Projekte dringend auf die Zuarbeit des Experten, der in Ihrem Projekt arbeitete. Falls möglich, geben Sie unverbrauchtes Budget zurück. So können andere Projekte von dem Geld partizipieren.

Tipp 6: Team-Event organisieren
Ist die Arbeit vollbracht, gibt es Grund zum Feiern. Manchem Mitarbeiter fällt ein Stein vom Herzen, dass die zeitintensive Arbeit ihr Ende findet und der berechenbare Strom von Routinearbeiten auf ihn wartet. Andere blicken traurig zurück auf die schöne Zeit, in der sie Neues gestalteten und viel erreicht haben. So wie Sie den Projektstart mit einem Kick-off Meeting oder Event zelebrierten, auch um den Teamzusammenhalt zu fördern, so wäre es empfehlenswert, den Projektabschluss gemeinsam ausklingen zu lassen. Nicht nur der erste Eindruck zählt, oft sind es die letzten gemeinsamen Erlebnisse, die als Erinnerungen bleiben. Wertschätzen Sie Ihre Mitarbeiter mit Dankesworten. Unterstreichen Sie die Unterstützung durch Ihre Stakeholder.


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