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Christian «Chrigel» Maurer fliegt und läuft das Xalps-Abenteuer zum fünften Mal in Folge nach Hause!

Unglaublich! Den Prolog musste er wegen Krankheit auslassen und kassierte dafür zusätzlich eine 2-Stunden-Strafe. Und nach 12 Tagen siegt er trotzdem mit respektablem Vorsprung. In den 12 Tagen hat er drei Mal die Alpen überquert, 2’271.5 km zurückgelegt, 76% davon mit seinem Gleitschirm fliegend und die übrigen 535.3 km zu Fuss (andere Fortbewegungsmittel sind nicht erlaubt). Man muss sich diese 535.3 km auf der Zunge zergehen lassen: das ist etwas mehr als je eine Marathonstrecke pro Tag! Und zwar meist aufwärts!

Anlässlich unseres HERMES-Anlasses im Februar 2017 hat Chrigel den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorgestellt, wie er sich auf diesen alle zwei Jahre stattfindenden Grossanlass vorbereitet, wie er mit Unsicherheiten und Risiken umgeht, um schliesslich bei diesem härtesten Gleitschirm-Event der Welt gegen viele der weltweit besten Gleitschirm-Piloten zum Erfolg zu kommen.
Was also sind die Erfolgsfaktoren von Chrigel Maurer? Hier ist Chrigels ‘Winning Manifesto’ (das stammt zwar nur teilweise direkt von ihm selbst):

  • «Du musst nicht besser sein als alle anderen, aber als Erster über die Ziellinie fliegen»
    Träumen ist die wichtigste Motivation. Denken hilft zwar, nützt aber nichts (Dan Ariely).
  • Erfahrung und Intuition sind wichtiger als Berechnungen.
  • Das Team ist wichtiger als die Einzelleistung.
  • Automatismen sind wichtiger als tiefschürfende Überlegungen.
  • Üben schafft Sicherheit, was nicht geübt ist, wird nicht gemacht.
    Being confused is the best possible state for an expert to be in (Insoo Kim Berg).
  • Plane keine Entscheidungen, fälle sie, wenn sie fällig sind.
  • Das Wetter, die Konkurrenz steuern Dein Projekt mehr als Du denkst.
  • Effizient ist’s nicht immer.
  • «Ich übe, übe, übe.»

Schaden tut auch ein gesundes Mass an Berner Oberländer Ruhe und Gelassenheit nicht.

Die Professionalität, das harte Training, das unablässige Üben haben sich einmal mehr bezahlt gemacht. Chrigel und sein Team haben demonstriert, wozu ein agiles Team mit einer breiten Fähigkeits- und Know-how-Basis in der Lage ist, wie wichtig es ist, die richtigen Entscheide zum richtigen Zeitpunkt zu fällen und wie fundamental ein gutes Risikomanagement im Umgang mit externen Einflüssen ist.

Last but not least, dass eine hervorragende Vorbereitung und Planung den feinen, aber wichtigen Unterschied ausmachen.

Zwei, drei Dinge bleiben anzumerken: kein Projekt ohne Gegenwind, gerade im Gegenwind unterscheidet sich der Profi vom Amateur (Chrigel, 05.07.2017 bei starkem Westwind von Aschau-Chiemsee nach Leermoos Zugspitz Arena). Stakeholderpflege hilft oft weiter (Tip der Einheimischen für den Start, 05.07.2017), manchmal geht’s – trotz grossen Anstrengungen – nicht, dann kommt Plan B zum Tragen (06.07.2017, hinauf zum Monte Baldo, Plan B: zu Fuss): siehe links…

… und manchmal geht’s (10.07.2017,
westlich von Turin):

Vielleicht muss man die Reserve (Night Pass, Beschreibung im Kasten unten) zu Hilfe nehmen (10.07.2017 für die letzte Nacht, hat ihn dann doch nicht gebraucht…):

Bilanz des Projekts

Mehr als ein halbes Jahr intensive Vorbereitung, Initialisierung, Planung, Abwicklung in 2 Wochen. Schlechte Bedingungen, Knieverletzung. Jede Menge Abenteuer, Hunderte von Entscheidungen, viele Stunden Ausdauerleistung, viele Stunden höchste Konzentration. 1 Platz. Ganze € 10’000 Preisgeld. Und wie sagt der Profi ganz zum Schluss: «An erster Stelle steht das Abenteuer, nicht der Wettkampf.»

All das soll auch für unsere Projekte gelten, es ist die Essenz für den Erfolg.

Chapeau! Aber auch Chapeau all seinen Konkurrenten und deren Teams, die ebenso eine herausragende Leistung in diesem paneuropäischen Orientierungslauf durch sieben Länder vollbracht haben.


Über das X-Alps
Das X-Alps ist ein Gleitschirm-Biwakrennen über den gesamten Alpenkamm mit Start in Salzburg und Ziel in Monaco. Das 8. X-Alps wurde am 2. Juli auf dem Mozartplatz in Salzburg gestartet. Folgende Kontrollpunkte mussten in diesem Jahr passiert werden: Gaisberg (Salzburg), Triglav (Slowenien), Aschau (Chiemsee, Deutschland), Zugspitze/Lermoos, Monte Baldo und das Matterhorn. Die Athleten durften sich nur zu Fuss oder mit dem Gleitschirm fliegend fortbewegen. Bei ihren Fussmärschen mussten sie die gesamte Flugausrüstung jederzeit auf sich tragen. Wegen Sichtflugregeln durften die Teilnehmenden jeweils ab 21 Uhr nicht mehr fliegen; nachts galt zwischen 22.30 Uhr und 5 Uhr morgens Ruhezwang.

Jeder Athlet durfte einmal einen so genannten, frei wählbaren Nightpass beziehen, also während einer Nacht durchlaufen, jedoch nicht fliegen.


 

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Von Chamäleons und Lämmern

Stakeholder sind Interessenvertreter. Besonders wichtige Stakeholder sitzen in Projektausschüssen. Ihr bisweilen sonderbares Benehmen veranlasst zu einem Vergleich mit sonderbaren Tieren. Klar ist, wie sich diese Spezies von Stakeholdern zu benehmen und was sie zu tun hat. Untersuchungen zeigen, dass «Executive Management Support» einer der wichtigsten Faktoren für den Projekterfolg ist (vgl. 1).
Heute berichten wir von einem unbekannten Wesen, das sein bekanntes Unwesen treibt, seit es Projekte und Projektstakeholder gibt.

Das Biotop des Chamäleons

Zunächst müssen wir aber kurz erklären, was ein Projekt und was ein Projektstakeholder  ist:  Ein  Projekt  ist  ein  Vorhaben zwecks Erstellung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung. Also umfasst ein Projekt nicht ganz alltägliche Aktivitäten, es begibt sich gewissermassen auf Neuland. Pionierarbeit ist mit Risiken verbunden, sie kostet Geld, Ideen, Zeit usw. Damit nichts schiefläuft, braucht es einen Projektleiter.

Ein Stakeholder ist jemand, der über irgendein Interesse am Projekt verfügt, egal ob Befürworter oder Gegner. Der wichtigste Stakeholder ist zweifellos der Projektleiter, zumindest glaubt er das.

Jedes anständige Projekt wird von einem Projektausschuss beaufsichtigt. Gerade in diesen Gremien residieren Projektstakeholder (vgl. 2) vom Typus Chamäleon. Ein Chamäleon zeichnet sich dadurch aus, dass es unglaublich agil ist, über ein 360-Grad-Blickfeld verfügt, für seine Gegner immerzu durch perfekte Anpassung an die Umgebung unsichtbar bleibt, dass es extrem scharfzüngig ist und – das Allerwichtigste – sich bei nahender Gefahr blitzschnell vom Acker machen kann. Nicht selten gilt die Faustregel «Je höher auf der darwinistischen Karriereleiter, desto Chamäleon».

Hilfe  für  notleidende  Projekte
Was geschieht, wenn ein Projekt in Schwierigkeiten gerät? Hand aufs Herz: Kennen Sie namhafte Projekte, die nicht in Schwierigkeiten geraten sind? Eben. Einem Projekt in Schieflage wird «geholfen». Zuerst muss der Projektleiter viel mehr und viel genauer berichten (das Chamäleon muss die ganzen 360 Grad nutzen können), dann wird dringend von der unseligen roten Statusfarbe abgeraten («Was soll das?! Bei uns ist nie ein Projekt rot.»), weiter wird heftig an den A/K/V (Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortungen) laboriert. Schliesslich wird der Projektleiter zum Schafott geführt, und zu guter Letzt nimmt das Chamäleon das Steuer selber in die Hand. Damit ist das Projekt definitiv tot, somit bleibt nur noch die Option des blitzschnellen Abflugs.

Änderungen an den A/K/V kommen in erster Linie dank der Mehrdeutigkeit der Begriffe zustande: Das Chamäleon gibt auf und gibt dem Projektleiter zusätzlich seine eigenen Aufgaben auf. Wegen Inkompetenz entzieht das Chamäleon dem Projektleiter sämtliche an sich schon arg knappen Kompetenzen; im Austausch dafür erhält der Projektleiter aber die volle Verantwortung für das Projekt, bis dieses an die Wand klatscht. Viel später, wenn die Trümmer des Projekts beiseitegeschafft sind, hat das Chamäleon erneut einen glanzvollen Auftritt: Es beteuert und bedauert, leider von überhaupt nichts gewusst zu haben, und übernimmt für sein Nichtwissen die volle Verantwortung, besser bekannt unter dem Titel: «Sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit». Die sagen dem auch «Turn- around».

Nun kommen die Lämmer ins Spiel. Lämmer sind jene Stakeholder, die nichts zu sagen haben,  üblicherweise die  Steuerzahler. Ihrer bedient man sich immer dann gerne, wenn es grössere Unfälle und Verbrechen zu beheben gilt (ohne näher auf Details einzugehen, sei erwähnt, dass Ähnlichkeiten mit real existierenden oder toten Projekten durchaus beabsichtigt sind) oder grössere Defizitlöcher zuzuschütten sind.

Anti-Chamäleon und Appenzeller Alpenbitter
Bleibt also die Frage, über welche Charakteristika denn ein Mitglied eines Projektausschusses (nennen wir dieses Herr K.) tatsächlich verfügen muss. In erster Näherung stellen wir fest, dass ein solches Mitglied nicht selber Ausschuss sein darf und dass es – mit Ausnahme des 360-Grad-Blicks – ein Anti-Chamäleon sein muss:

  • Herr K. sollte selber schwierige Projekte geleitet haben und wissen, wie es sich anfühlt, von einem Chamäleon im Stich gelassen worden zu sein.
  • Herr K. muss wissen, dass er der wichtigste Stakeholder ist, insbesondere was die Verantwortung angeht. Er muss den Projekterfolg ebenso sehr «wollen» wie das Projektteam und nicht nur «mal schauen».
  • Herr K. muss sich zuallererst um das Projekt kümmern, er muss Bescheid wissen, er muss sich mit den übrigen Stakehol- dern befassen. Er müsste gar in der Lage sein, das Projekt selber zu führen.
  • Herr K. muss zusammen mit dem Projektleiter und dem Team für das Gelingen des Projekts kämpfen und darf nicht selbige bekämpfen. Das gilt ganz besonders für Projekte in Schwierigkeiten. Dass ein Projekt früher oder später in Schwierigkeiten gerät, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
  • Herr K. muss mit dem Legehennen-Gen ausgestattet sein. Er muss das Projekt, das Team und den Projektleiter schützen und stützen. Kennen Sie Legehennen, die anderen Wesen in den Hintern treten?
  • Herr K. sollte niemals Risiken eingehen, die er im Falle einer Havarie nicht selber zu tragen bereit ist.
  • Herr K. muss Entscheide fällen. Wenn es falsche Entscheide waren (was an sich keine Schande ist), muss er dazu stehen und bei der Reparatur aktiv mithelfen.
  • Herr K. muss bereit sein, die für das Projekt günstigsten Positionen auszuhandeln. Seine eigene Position ist immer sekundär.
  • Wenn es wirklich nicht mehr anders geht, muss Herr K. bereit sein, ein missratenes Projekt zu stoppen. Mit allen Konsequenzen und ohne Rücksicht auf die eigene Reputation.
  • Und sollte das Projekt zum Erfolg werden, gönnen wir Herrn K. die Lorbeeren. Das Weiterreichen einiger dieser Lorbeeren zeugt dann von wahrer Grösse.

Ein Anti-Chamäleon muss also genau jene Eigenschaften aufweisen, die auf jeder Flasche Appenzeller Alpenbitter vermerkt sind: Charakter, Persönlichkeit und Stil. Sonst ist es eben nur eine Flasche.


Literatur

  1. Johnson, Jim; My Life is Failure: 100 Things You Should Know to Be a Better Project Leader; Standish Group Intl; 2006
  2. Vorsicht mit der Schreibweise: Ein Steakholder ist etwas völlig anderes. Obwohl bekannt ist, dass in fast jedem Projekt gewisse Stakeholder früher oder später wie Steaks grilliert werden.

 

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