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Die Schweiz braucht eine Debatte um die E-ID

An der Schweizer E-ID wird intensiv gearbeitet. Doch die öffentliche Debatte darüber kommt nur langsam in Schwung. Einen Anfang machte nun die Sendung Attualità culturale von Rete due, in der unser Forscher und Autor Jérôme Brugger mitdiskutierte.

Die meisten Menschen haben eine digitale Identität. Allerdings kennen die wenigsten das Konzept des elektronischen Identitätsausweises und dessen Folgen. Der Schweizer Bundesrat hat beschlossen, einen gesetzlichen Rahmen für die Schaffung von rechtsgültigen E-IDs in der Schweiz zu schaffen und wird ein entsprechendes Gesetz bis zum Sommer vorlegen. Neun grosse Unternehmen darunter die Post und die SBB haben angekündigt, einen digitalen Personalausweis, die SwissID zu entwickeln. Kundinnen und Kunden der beiden Unternehmen erhalten damit bereits im Laufe des Jahres eine vielseitig einsetzbare E-ID. Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt für eine breite öffentliche Diskussion, bevor der Nationalrat über den Gesetzesentwurf debattieren wird.

Einen Anfang machte Rete due, das zweite Programm des Tessiner Radios. In seiner Sendung «Attualità culturale» vom Montag 12. Februar diskutierten zwei Forschende die zentralen Fragen zur digitalen Identität. Sie erläuterten die Vorzüge einer staatlichen und damit rechtsgültigen digitalen Identität für einfache und verlässliche Transaktionen mit der öffentlichen Verwaltung. Jérôme Brugger (ab Minute 8:50) gab als Mitglied des Forschungsschwerpunktes «Virtuelle Identität» am Departement Wirtschaft der Berner Fachhochschule Auskunft zu den aktuellen Entwicklungen in der Schweiz und den europäischen Perspektiven für die grenzüberschreitende Nutzung von elektronischen Identitäten.

Dieses Beispiel von Berichterstattung über E-ID ist aber eine Ausnahme. Die Debatte darum, mit welchen digitalen Identitäten wir uns künftig im elektronischen Raum bewegen, muss breiter geführt werden. Die Vor- und Nachteile von privaten und staatlichen oder staatlich kontrollierten digitalen Identitäten müssen in der Diskussion abgewogen werden. Am Ende stellt sich nicht die Frage, ob unsere elektronischen Daten gesammelt werden, sondern wie wir mit den passenden Instrumenten und Kontrollorganen Spielregeln durchsetzen können, die einem Schweizerischen und Europäischen Verständnis von Schutz der Persönlichkeit entsprechen.

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Föderierte Identitäten mit Schutz der Privatsphäre: Ist das überhaupt möglich?

Kaum will man bei einem Webshop etwas kaufen, sind persönliche Daten notwendig. Dazu gehören Vorname, Nachname, Adresse, E-Mail usw. Der Einfachheit halber wird dazu ein Konto erstellt, mit dem man sich später wieder anmelden kann. So können Bestellungen im Nachhinein überprüft und z. B. dieselben Waren mit wenigen Mausklicks nochmals bestellt werden.
Dieses Konto ist schützenswert. Es geht niemanden etwas an, wer welche Waren bei wem bestellt hat und wieviel es gekostet hat. Daher wird der Zugriff auf ein Konto mit einem Passwort geschützt, welches der Benutzer frei wählen kann.

Die meisten Benutzer kaufen aber nicht nur bei einem Webshop ein, sondern erwerben diverse Waren (Bücher, Elektronikartikel, Musik usw.) von verschiedenen Anbietern.

Dieses Verfahren hat gravierende Nachteile, birgt aber auch einen Vorteil:

  • Aus Bequemlichkeit wählen die Benutzer beim Registrieren meist den gleichen Benutzernamen und dasselbe Passwort. Die Wiederverwendung gleicher Zugriffsinformationen für unterschiedliche Webshops kann aber fatale Folgen für den Benutzer haben, wenn diese Informationen auf einem dieser Webshops gestohlen werden oder in falsche Hände geraten.
  • Ein Benutzer muss sich immer wieder von neuem registrieren und wiederholt dieselben Daten eingeben (Name, Vorname, Adresse, E-Mail, usw.).
  • Der Vorteil liegt aber darin, dass diese Informationen dezentral abgelegt sind. Wenn sich ein Benutzer bei einem Webshop anmeldet, so erfolgt dies direkt zwischen Browser und Web-Applikation. Es sind keine anderen Systeme involviert.

Was ist eine föderierte Identität?

Eine föderierte Identität ist einfach gesagt ein Login, das für mehrere Webseiten, Plattformen usw. verwendet werden kann. Der Benutzer kann so seine Benutzerdaten zentral verwalten und diese besser schützen.

Der Vorteil des Benutzers liegt darin, dass er nur noch ein Konto sowie eine zentrale Stelle hat, bei der er die Daten verwalten muss. Er hat die Übersicht, welche Web-Applikation welche Daten wann bezogen hat. Um Identitätsdiebstahl vorzubeugen, bieten Anbieter von föderierten Identitäten dem Benutzer meist an, das Konto mittels starker Authentifizierungsmittel (langes starkes Passwort, zweiter Authentifizierungsfaktor, wie SMS oder Push-Nachricht auf einem Smartphone) gut zu schützen.

Bereits heute gibt es föderierte Logins. So ist es bei einigen Portalen möglich, sich mit Google- oder Facebook-Konten anzumelden. Die genannten Konten haben neben den genannten Vorteilen aber erhebliche Nachteile bezüglich der Privatsphäre. Der Benutzer zahlt indirekt mit seinen Daten, den Spuren, die er im Internet hinterlässt. Für Google und Facebook ist sichtbar, welche Webseiten ein Benutzer verwendet und welche Benutzerdaten an die Webseiten weitergegeben werden. Sie können das Verhalten und Informationen des Benutzers aufzeichnen und somit ein Profil erstellen. Mit diesen Daten ist es für Google und Facebook u.a. besser möglich, personalisierte Werbung für den Benutzer einzublenden.

Schutz der Privatsphäre mittels Broker

Abbildung 1: Parteien in einem föderierten System mit Broker

Um die Privatsphäre der Benutzer besser zu schützen, sollte der Informationsfluss zwischen dem Identitätslieferanten (z. B. Google, Facebook) und der Web-Applikation getrennt werden. Dies kann mit einem Vermittler, einem sogenannten Broker (engl. Authentication Broker) zwischen Webshop (im Bild als Relying Party, kurz RP bezeichnet) und dem Identitätslieferanten erreicht werden.

Der Broker ist jeweils Protokoll-Endpunkt einer Kommunikationsstrecke und blockiert somit den direkten Informationsfluss zwischen Informationslieferanten und Webshop. Dies wird auch als „double blinding“ bezeichnet. Damit erhalten die beiden Endsysteme keinen Blick mehr auf die ‘andere’ Seite. Der Broker kontrolliert dabei den Informationsfluss. Aber genau dies ist wiederum ein Nachteil hinsichtlich Privatsphäre, da nun der Broker alle Kommunikationsvorgänge bei einer Authentisierung mitlesen kann. Mit zusätzlichen kryptographischen Mitteln (Privacy-Enhancing Technologies) kann auch der Broker z.T. ’blind’ gemacht werden. Mit diesen Techniken und regulatorischen Massnahmen kann der Schutz der Privatsphäre eines Benutzers mit einfachen und standardisierten Mitteln grösstmöglich umgesetzt werden.

Für die Webshops (Relying Parties) ergibt sich ein weiterer Vorteil: Sie müssen nicht mehrere Identitätsanbieter unterstützen und ihnen vertrauen, sondern nur einen, nämlich den Broker. Der Broker übernimmt die Anbindung der Identitätslieferanten und transformiert bzw. übersetzt die Nachrichten, die zwischen den Parteien versendet werden.

E-ID ohne Überwachung

Auch eine staatlich anerkannte elektronische Identität (E-ID) kann mit Hilfe eines solchen Brokers in das Schweizer Identitäts-Ökosystem einbezogen werden, ohne dass der Schweizer Staat die Daten über die Internet-Benutzer sammeln und verwerten kann. Denn in einem föderierten System mit Broker wäre der Staat ein vertrauenswürdiger, aber ‘nichts sehender’ Identitätslieferant.

Die Vorteile einer nationalen Identitätslösung kämen so am besten zur Geltung. Kommerzielle Webshops und besonders Anwendungen aus dem E-Government könnten sich auf die staatlich erfassten und überprüften Benutzerinformationen voll verlassen.
Die Benutzer müssten nicht mehr ständig ihre Daten wieder und wieder eingeben und sie könnten mit derselben Benutzerfreundlichkeit, wie sie von Google- und Facebook her gewohnt sind, nun staatlich geprüfte Identitätsdaten an Webshops weitergeben, ohne die ständige Bedrohung durch Profilbildung der Identitätslieferanten zu fürchten.

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Februarausgabe: IAM is in town, and it is globally connected

The title is a fata morgana, of course. Identity and Access Management (IAM) is a very old topic in the context of e-services. Still it has not been solved satisfactorily in practical terms. For example, the are no proper plug-in modules available for building e-government services. Although reuse has been a strategic goal in Swiss e-government for a decade, progress has only been achieved in paper work through the establishment of eCH standards. But even these standards are hardly used despite of the fact that some embody a lot of knowledge.

On a global scale it is sad, that so far there is only one broker solution with big outreach, which connects eID-ecosystems from different eID-providers: this is the network of eIDAS nodes being developed based on the eIDAS regulation. Still, in its current state of conceptualization eIDAS does only solve cross-border government problems inside EU and possibly EWR. This excludes other countries, and worse, it does not include industry. There are lots of ideas around how to get forward, but solutions seem to be far away.

Indeed, building a global broker is a hard legal, organizational, economic, and technological challenge. Many believe that it is not worth dealing with this challenge, because the progress of IT will create new solutions as deus ex machina – possibly solutions which destroy privacy anyway and dismiss any rights on careful handling of one’s data. This hope is shocking, although many who hope for future unknown solutions, they lack imagination of what these solutions would be and they may start to protest once they understand what all this amounts to. Personally, I stick to the opinion that we do need a global federation of eID-ecosystems into a universal open eID-ecosystem. This federation should be based on clear principles, trustworthy implementations, and carefully designed auditing practicing that create a good foundation for trust and confidence among all actors in the ecosystem.

I hope that our authors of this issue will provide you and me with a deeper understanding of how sustainable solutions for the IAM topic on a global scale could look like. As you know it from Cechov’s plays: Maybe, some day in the future, the world will be a brighter one. Enjoy reading this issue!

Yours sincerely, Reinhard Riedl

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