Projekt MentalWords: Effizientes Sammeln von Textdaten im klinischen Umfeld und sprachliche Analysen
Das Projekt MentalWords untersucht, was mit der sprachlichen Ausdrucksweise passiert, wenn jemand von psychischen Problemen betroffen ist. Doch dafür braucht es erstmal Daten.
Wichtige Fragestellungen, weniger Daten
Natürliche Sprachverarbeitung (engl. Natural Language Processing NLP) wird zunehmend eingesetzt, um psychische Gesundheit besser zu verstehen. Dabei geht es darum, Texte wie Forenbeiträge oder Gesprächsprotokolle automatisch zu analysieren, um Hinweise auf Stimmungslagen, Stress oder klinisch relevante Symptome zu erkennen. Solche Methoden können Ärztinnen und Therapeuten unterstützen, indem sie zusätzliche Informationen liefern oder Muster sichtbar machen, die mit dem blossen Auge schwer zu erkennen sind. Ziel ist es längerfristig, Patientinnen und Patienten frühzeitiger und gezielter zu helfen.
Ein grosses Problem in diesem Forschungsbereich ist jedoch der Mangel an geeigneten Daten. Besonders klinische Daten, also Sprach- oder Textproben von echten Patientinnen und Patienten in Behandlung, sind selten zugänglich, da sie streng vertraulich und sensibel sind. Forschende müssen daher oft auf öffentliche Quellen wie soziale Medien zurückgreifen, die aber nicht immer zuverlässig oder repräsentativ sind. Nur wenige Studien haben direkten Zugriff auf echte klinische Daten, was die Entwicklung und Überprüfung von Modellen erheblich erschwert. Eine Übersichtsstudie zeigte, dass in über 80% der Studien Daten von Social Media verwendet wurden [1].
Erste Ansätze vielversprechend
Das Team an der BFH hat sich bereits vorgängig mit der Fragestellung befasst: zum Beispiel, wie man mithilfe von Textanalyse erste Anzeichen von Burnout erkennen kann. Dazu hat das Forschungsteam anonyme Beiträge von Menschen untersucht, die online über ihre Erfahrungen sprechen [2], und anonyme Texte mit einer Umfrage gesammelt [3]. Ziel war es, Muster in der Sprache zu finden, die auf eine besondere Belastung oder Erschöpfung hindeuten könnten.
Die Studie konnte bereits erste positive Ergebnisse zeigen: Das entwickelte Verfahren [2] erkennt Burnout-Hinweise in Texten recht zuverlässig. Allerdings ist zu beachten, dass diese Ergebnisse noch weiter überprüft werden müssen, vor allem mit klinischen Daten und in praktischen Anwendungsfeldern.
Das Projekt MentalWords
Diesen Faden nimmt das Projekt MentalWords nun auf. In enger Zusammenarbeit zwischen dem BFH Department Technik und Informatik, und dem BFH Department Gesundheit wird es zusammen mit der Universität Bern (Universitären Psychiatrischen Diensten Bern) und dem klinischen Partner Privatklinik Meiringen durchgeführt. Ziel des Projekts ist es, innovative Ansätze im Bereich Computerlinguistik in der Psychiatrie zu entwickeln und praxisnah zu erproben. Das Projekt läuft für vier Jahre und wird vom Schweizer Nationalfonds finanziert.
Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines Datenerfassungsprotokolls, das sich möglichst reibungslos in den klinischen Arbeitsablauf einfügt, um den Aufwand für den klinischen Partner langfristig in interdisziplinären Forschungskollaborationen auf ein Minimum zu beschränken. Die transkribierten Daten werden dann analysiert, um Unterschiede in der schriftlichen Ausdrucksweise zwischen Patient*innen mit Burnout, Depression, Angstzuständen und einer gesunden Kontrollgruppe zu erforschen. Dabei sollen wissenschaftliche Erkenntnisse aus unterschiedlichen Disziplinen mit klinischer Expertise verknüpft werden, um konkrete Erkenntnisse für die Psychiatrie der Zukunft zu schaffen.
Ein interdisziplinäres und translationales Team
Für so ein Vorhaben ist ein interdisziplinäres und translationales Team sehr relevant. Das Projektteam setzt sich aus Expertinnen und Experten der Bereiche Gesundheitswissenschaften, Medizin und Informatik/Computerlinguistik zusammen und arbeitet interdisziplinär an der Umsetzung. Geleitet wird das Projekt von Prof. Dr. Mascha Kurpicz-Briki von der Applied Machine Intelligence Forschungsgruppe des Departements Technik und Informatik, zusammen mit Prof. Dr. Thomas J. Müller von der Universität Bern (Universitären Psychiatrischen Diensten Bern) und Privatklinik Meiringen, in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christoph Golz vom BFH Departement Gesundheit. Die beiden Forschungsgruppen haben bereits in verschiedenen anderen Projekten erfolgreich zusammengearbeitet.

Wissenschaftskommunikation mit dabei
In der Kommunikation der Forschung wird das Projekt ausserdem vom Institute of Design Research der Hochschule der Künste Bern (HKB) unterstützt. Die Projektziele sollen für ein breites Publikum verständlich erklärt werden, um einen breiten Impact zu erzielen.
Projektwebseite:
https://www.bfh.ch/de/forschung/forschungsprojekte/2025-790-622-342/
Referenzen
[1] Zhang, T., Schoene, A. M., Ji, S., & Ananiadou, S. (2022). Natural language processing applied to mental illness detection: a narrative review. NPJ digital medicine, 5(1), 46. https://www.nature.com/articles/s41746-022-00589-7.pdf
[2] Merhbene, G., Nath, S., Puttick, A. R., & Kurpicz-Briki, M. (2022). BurnoutEnsemble: augmented intelligence to detect indications for burnout in clinical psychology. Frontiers in big Data, 5, 863100.
[3] Kurpicz-Briki, M., Merhbene, G., Puttick, A., Souissi, S. B., Bieri, J., Müller, T. J., & Golz, C. (2024). Using Natural Language Processing to find Indication for Burnout with Text Classification: From Online Data to Real-World Data. arXiv preprint arXiv:2409.14357.
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