Der «Verifiable Enforcer»: Über die Schaffung gerechter und transparenter Regeln für digitale Räume
Während Naturgesetze perfekt durchgesetzt werden und menschliche Gesetze durch Justizsysteme Fairness anstreben, fehlt unserer digitalen Welt ein konsistenter Durchsetzungsmechanismus. Maël Gassmann stellt das Konzept eines «Verifiable Enforcer» vor – ein System zur verifizierbaren Regeldurchsetzung in digitalen Räumen. Durch öffentliche Algorithmen und Smart Contracts bietet dieser Ansatz Schutz gegen Verfälschung und Manipulation ohne zentrale Autoritäten oder blindes Vertrauen.
Naturgesetze: Ihre perfekte Durchsetzung
Die Welt, in der wir leben, wird von grundlegenden Regeln bestimmt – den sogenannten Naturgesetzen. Die Gesetze der Physik werden nicht durchgesetzt, weil sie moralisch richtig oder gut sind. Vielmehr werden sie von der Natur selbst inhärent und automatisch durchgesetzt. Ein Beispiel dafür ist die Erdanziehungskraft, der wir alle ständig ausgesetzt sind.
Eine Regel, die auf alle gleichermassen angewendet wird, hat dennoch unterschiedliche Auswirkungen auf ihre Subjekte. So macht uns die Schwerkraft je nach unserer Masse leichter oder schwerer. Dadurch entstehen Unterschiede zwischen Menschen und Objekten, die dieser Regel unterliegen. In bestimmten Umgebungen kann dies für manche von Vorteil und für andere von Nachteil sein.
Menschliche Gesetze: Wesentlich, auch wenn grundlegend unvollkommen
Die Menschheit hat aus guten und schlechten Absichten heraus ihre eigenen Regelwerke geschaffen und damit unsere Gesellschaften hervorgebracht. Das Prinzip ist einfach: Wenn eine neue Regel oder Gesetz erstellt wird, müssen es alle kennen und es benötigt sseinen Durchsetzungsmechanismus.
Menschliche Gesetze werden in der Regel sowohl durch das Justizsystem als auch durch Polizeikräfte durchgesetzt. Obwohl die Durchsetzungsabsicht darin bestehen mag, so blind und gleichmässig zu handeln wie Naturgesetze, wird ein menschliches Durchsetzungssystem immer seine Vorurteile und Unvollkommenheiten haben. Daher wird es nie die gleiche perfekte Durchsetzung erreichen wie Naturgesetze.
Auch wenn sie grundlegend unvollkommen sind, haben menschliche Gesetze dennoch die Kraft, einige Auswirkungen der Naturgesetze auszugleichen und eine fehlerhafte, aber bewahrte Harmonie und Gleichheit zwischen uns allen zu schaffen.
Virtuelle Gesetze: Ein Bruch in der Konsistenz
Die Schaffung digitaler Kommunikationssysteme, die sich über die gesamte Welt erstrecken, hat uns als Spezies weiterentwickeln lassen. Sie hat virtuelle Umgebungen mit eigenen virtuellen «natürliche» Regeln erschaffen. Das Internet ist ein solches System. Obwohl menschliche Gesetze und Regierungen versuchen, sich online durchzusetzen, bieten die virtuellen Naturgesetze eine andere Grundlage als die reale Welt und machen menschliche Gesetze inkompatibel, da diese auf fehlenden Naturgesetzen basieren.
In der realen Welt ist es beispielsweise bei einem begangenen und entdeckten Verbrechen sicher, dass der Täter physisch am Tatort anwesend war, um das Verbrechen zu begehen, und somit auch in der Zuständigkeit der durchsetzenden Macht liegt. In virtuellen Umgebungen ist dies selten der Fall.
Ein virtueller «Verifiable Enforcer»
Das Problem ist recht einfach: Virtuelle Interaktionen erfordern eine virtuelle Durchsetzungsmacht. Meine Thesis «Verifizierbare Labels – Ein Website-Reputationssystem» beschreibt, auch wenn sie sich auf die spezifische Umgebung des Internets konzentriert, einen «Verifiable Enforcer», der es Menschen ermöglichen soll, virtuelle «natürliche» Regeln für ein System zu erstellen und sie auf virtuelle Entitäten anzuwenden. Der Zweck dieses virtuellen «Verifiable Enforcer» besteht nicht darin, zwischen einem guten oder schlechten Subjekt zu unterscheiden, sondern sicherzustellen, dass alle nach den Regeln spielen.
Das ist es, wofür der «Enforcer» in seinem Namen steht, aber was ist mit «Verifiable»? Er ist verifizierbar, weil der angewandte Algorithmus, der Informationen verarbeitet, um zu akzeptieren oder zu scheitern, wenn Regeln missachtet werden, öffentlich ist. Dies bedeutet, dass selbst wenn der «Verifiable Enforcer» als zentraler Server gehostet würde, jeder dennoch in der Lage sein sollte, die Ergebnisse zu überprüfen, indem er den Algorithmus selbst ausführt.
Meine Thesis untersucht die Möglichkeit, einen «Verifiable Enforcer» als Smart Contract bereitzustellen, wobei ein höheres Mass an Überpüfbarkeit und Vertrauen erreicht werden kann. Ein Smart Contract kann nicht direkt bearbeitet werden, und niemand muss einen zentralen Server hosten. Daher sind Manipulationsrisiken geringer, die Infrastruktur ist widerstandsfähiger, da sie dezentralisiert ist, und alle Rechen- und Speicherkosten werden direkt von denjenigen bezahlt, die damit interagieren.
Darüber hinaus ist es zwar immer noch möglich, die Ergebnisse des Algorithmus manuell zu überprüfen, indem man ihn lokal ausführt, aber die Blockchain bietet eine Laufzeitumgebung, die kein Vertrauen erfordert.
Man sollte jedoch beachten, dass dieses Konzept noch nicht ausgereift genug ist, um die Privatsphäre seiner Subjekte zu respektieren, daher sollten Menschen niemals direkt einem solchen Verifiable Enforcer unterworfen werden.
Rechtschaffenheit & Gerechtigkeit
Die Regeln, die ein «Verifiable Enforcer» implementiert, sind in ihren Auswirkungen nicht notwendigerweise «richtig» oder «gerecht», und dies könnte zu Problemen führen. Ich komme aus einem demokratischen Land, in dem die Bürger direkt über die Gesetze abstimmen, die sie regieren werden. Diese Erfahrung hat meine Überzeugung geprägt: Regeln sind am gerechtesten, wenn die Mehrheit der Menschen, die ihnen unterworfen sein werden, sie bereitwillig als fair akzeptiert. Ein Konsens ist immer der beste Weg zu einer gerechteren Gesellschaft, auch wenn es nicht der kürzeste ist.
Ein solcher Mechanismus ist eine interessante Forschungsfrage, die in Zukunft untersucht werden wird, damit ein Regelwerk eines «Verifiable Enforcer» sich weiterentwickeln und der Gerechtigkeitsvorstellung seiner Subjekte anpassen kann.
Für weitere Details und eine Beschreibung einer praktischen Umsetzung eines solchen «Verifiable Enforcer» an einem konkreten Anwendungsfall können hier weitere Informationen gefunden werden, um weiteres Interesse zu bedienen.

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