Wie Bern den Spagat zwischen Partizipation und Datensicherheit meistert
Welche Chancen bietet die Digitalisierung den Schweizer Behörden – und was muss beachtet werden? Jonathan Gimmel, Leiter Digital Stadt Bern, und Daniela Zryd, Kommunikationsfachfrau bei der Stadt Bern, geben einen Überblick über die aktuellen Projekte, mit welchen die Stadt Bern die Digitalisierung für eine effizientere Zusammenarbeit und einen verstärkten öffentlichen Diskurs nutzen will – und inwiefern die Berner Fachhochschule sie bei Themen wie «Open Government Data», «once-only» und «Augmented Intelligence» unterstützt.
Chancengleichheit dank niederschwelligen Zugängen: Unter dem Motto «Einfach für alle» will Digital Stadt Bern in den nächsten Jahren den digitalen Service Public ausbauen und nutzenzentriert ausgestalten, um Menschen einfacher zu erreichen und den Dialog zu fördern. Dazu werden die städtischen Dienstleistungen Schritt für Schritt, im Sinne des digitalen Primats, aufgebaut. Im Dialog mit der Bevölkerung gilt das Prinzip «digital first», in der Stadtverwaltung selbst weitgehend «digital only». Im Zentrum bleibt dabei der Fokus auf eine inklusive Gesellschaft: Personen, die nicht digital unterwegs sind, erhalten einen bestmöglichen persönlichen Service. Gleichzeitig sollen alle sich in Bern aufhaltenden Menschen von der Digitalisierung profitieren können. So werden beispielsweise wichtige politische Anliegen mit digitalen Impulsen, wie E-Partizipation, «Open Government Data» oder digital nachhaltigen Innovationen begleitet.
In Zusammenarbeit mit dem Institut Public Sector Transformation setzt die Stadt Bern in den nächsten Monaten und Jahren diverse Projekte und Initiativen um, um die Digitalisierung gewinnbringend in den Alltag von Verwaltungsmitarbeitenden und Stadtbewohner*innen zu integrieren. Eine Auswahl dieser Projekte wird nachfolgend vorgestellt.
Digitalisierung intern: Neue Arbeitswelten und cloudbasierte Datennutzung
Der Gemeinderat hat die Einführung von Microsoft 365 mit Cloud-Nutzung in der Stadtverwaltung beschlossen. Künftig werden alle Daten der Bürokommunikation (inklusive Telefonie und Messenger-Service) mittels systematischer Datenklassifizierung verschlüsselt, und zwar sowohl während der Übertragung (im Internet) wie auch bei der Aufbewahrung im Cloud-Speicher. Besonders schützenswerte Personendaten in den Fachapplikationen werden, gemäss der Empfehlung der städtischen Fach- und Aufsichtsstelle Datenschutz, weiterhin in den stadteigenen Rechenzentren gespeichert und dabei mehrfach und mit verschiedenen Sicherheitsfaktoren verschlüsselt. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Daten aus den Bereichen Sozialhilfe, und Kindes- und Erwachsenenschutz sowie um Daten der Steuerbehörden, des Gesundheitsdienstes, der AHV-Zweigstelle und des Polizeiinspektorats. Die hybride Lösung soll die grösstmögliche, heute technisch umsetzbare Sicherheit bei minimaler Nutzereinschränkung bieten. Die Studierenden der Berner Fachhochschule helfen im Projekt mit: Sie evaluieren die digitalen Kollaborationstools (z.B. MS Teams) und die datenbasierten Automatisierungen (z.B. Chatbots) und tragen so zur qualitativen Weiterentwicklung bei.
Digitalisierung extern: Data Excellence, BernPortal und öffentlicher Diskurs
Das Programm «Data Excellence» schafft die Voraussetzungen zum Ausbau des digitalen Service Public. Ein Beispiel: Aktuell müssen die gleichen Informationen durch die Bevölkerung mehrfach mitgeteilt werden, z.B. beim Wohnortswechsel, bei der Einschulungsmeldung oder bei der Beantragung einer Parkkarte. In Zukunft sollen Dienstleistungen der Verwaltung nach dem Prinzip «once-only» bereitgestellt werden: Informationen müssen also durch Bevölkerung und Wirtschaft nur noch einmal mitgeteilt werden. Dafür sind eine intelligente Datenarchitektur sowie Prozesse für einen sicheren behördenübergreifenden Datenaustausch notwendig. «Data Excellence» definiert die Rahmenbedingungen zur Datenbewirtschaftung entlang des gesamten Datenlebenszyklus – von der Entstehung bis zur Archivierung oder Löschung. Mit der neuen digitalen Cloud-Infrastruktur entsteht die Möglichkeit zur integralen digitalen Zusammenarbeit; innerhalb und zwischen allen Organisationseinheiten der Stadtverwaltung sowie zwischen der Stadt Bern und Dritten. Im Programm ist ein verwaltungsweites Migrationsprojekt integriert, damit Datenoriginale nur an einem Ort geführt werden. Gleichzeitig wird der digitale Service der Stadt Bern mit dem Programm «Bern Portal» grundlegend neu aufgebaut, um Servicedienstleistungen zentral über ein Portal niederschwellig erreichbar zu machen. Bei beiden Projekten unterstützt das Institut Public Sector Transformation in beratender Funktion: Es ist, wie Digital Stadt Bern, in der kantonalen Interessengruppe zu künstlicher Intelligenz vertreten und bereitet eine Zusammenarbeit bei der städtischen Strategie zu Augmented Intelligence sowie bei der Ausgestaltung des Ethics Boards vor.
Nicht nur die Berner Fachhochschule wirkt an der Ausgestaltung der digitalen Angebote mit: Auch die Bevölkerung und die Mitarbeitenden sollen in Zukunft stärker in den Diskurs über Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung einbezogen werden. Neben internen Formaten wie virtuelle Talks zu «Digital Leadership» und «Heartbeat»-Anlässen ist ein neuer Webauftritt inklusive Mitwirkungsplattform und ein neues öffentliches Diskussionsformat zur Digitalisierung geplant. Damit wird der ehemalige «Digitaltag» ganzjährig an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Themen stattfinden.
Was ändert für die Bevölkerung?
Ein digitales Dienstleistungsportal bietet der gesamten Bevölkerung einen einfachen und bequemen Zugang zu Informationen zu städtischen Aktivitäten, Gesetzen, Verordnungen und Projekten. Digitalisierte Prozesse (z.B. Dokumente einreichen, Termine vereinbaren oder Anträge stellen) machen die physische Präsenz an Behördenschaltern überflüssig. Bürger*innen können ihre Meinungen äussern, Vorschläge machen und an Konsultationen teilnehmen – und sich damit an städtischen Entscheidungsprozessen beteiligen. Das Ziel ist es, vielfältige Dienstleistungen anzubieten und gleichzeitig die Privatsphäre der Nutzer*innen zu schützen.
Was ändert für die Wirtschaft?
Das digitale Dienstleistungsportal der Stadt trägt dazu bei, Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten. Unternehmen können städtische Dienstleistungen und Genehmigungsverfahren online beantragen und verfolgen – dies spart Zeit, Kosten und Ressourcen der Unternehmen.
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