Eine Plattform für die Gesundheit von Nutzschweinen

Wie gesund sind die Schweizer Nutzschweine? Darüber gibt seit dem 1. Mai die Anwendung «Pig Health Info System» (PHIS) Aufschluss. Sie ermöglicht die datengestützte Überwachung auf nationaler Ebene und hebt die Gesundheitsversorgung der Schweizer Schweine auf ein neues Level. Entwickelt wurde die PHIS-App von Forschenden der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern und dem Departement Technik und Informatik der BFH. Tierärzt*innen können u.a. damit alle Bestandsuntersuchungen strukturiert erfassen. Ein Überblick über Ziele, Umsetzung und Nutzung der App.

Bis vor kurzem erfassten die Tierärzt*innen ihre Untersuchungsbefunde uneinheitlich und häufig wenig strukturiert. Die Daten waren für ein nationales Gesundheitsmonitoring weder geeignet noch verfügbar.  Vor vielen Jahren war sich der Management-Guru Peter Drucker der Bedeutung einer fundierten Datengrundlage aber bereits bewusst und wird mit den Worten zitiert:

«Man kann nur verbessern, was man auch messen kann.»

Um eine effiziente schweizweite Überwachung des aktuellen Gesundheitszustands der Schweine zu ermöglichen, verfolgt das «Pig Health Info System», kurz PHIS, drei Hauptziele:

  1. Die Vereinfachung der Datenerfassung mit Hilfe der PHIS-App, damit sich die Tierärzt*innen wieder vermehrt auf die eigentliche Bestandsbetreuung konzentrieren, aber trotzdem ihrer Dokumentationspflicht nachkommen können.
  2. Eine deutliche Verbesserung der Datenqualität durch die einheitliche und strukturierte Datenerfassung. Dabei ist es wichtig, sicher zu stellen, dass sämtliche erfassten Daten im System sicher abgelegt und vor dem Zugriff durch unbefugte Dritte geschützt sind. Dies ist insbesondere den Tierhaltenden und ihren Verbänden ein wichtiges Anliegen. Gleichzeitig wird ermöglicht, digitale Lücken zu beseitigen, indem beispielsweise auch Labore in das PHIS eingebunden sind und der Aufwand für Datenübertragungen reduziert wird.
  3. Die Verfügbarkeit der Daten für zeitnahe Analysen, um allfällige Veränderungen in der nationalen Tiergesundheit zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu erkennen. Dies damit bei Bedarf zeitnah adäquate Massnahmen ergriffen werden können.

Zusammenfassend soll das PHIS die Gesundheitsversorgung in der Schweizer Schweineproduktion durch die Ermöglichung einer datengestützten Bestandsbetreuung auf die nächste Stufe heben.

Anwendungen für Veterinär*innen

Das Pig Health Info System (PHIS) besteht aktuell aus vier verschiedenen Anwendungen, die auf die Bedürfnisse der Tierarztpraxen, der Tierärzt*innen, der Labore und der Labormitarbeitenden zugeschnitten sind. Die mobile Anwendung (App), die sowohl als Android- als auch als iOS-Version verfügbar ist, ermöglicht es den Bestandstierärzt*innen, ihre Untersuchungen äusserst detailliert anhand unterschiedlicher Formulare zu dokumentieren. Zudem können Bilder und Videos zur zusätzlichen Illustration aufgenommen werden. Die drei weiteren Anwendungen ermöglichen die Erfassung von Resultaten von Laboruntersuchungen oder die Verwaltung der Stammdaten der Tierarztpraxen, der Labore und deren Kunden. Einerseits findet ein gewisser Datenaustausch zwischen den verschiedenen Anwendungen statt, beispielsweise wenn eine Tierärztin einem Labor eine Untersuchung in Auftrag gibt, andererseits können die Tierärzt*innen bei Bedarf die mittels der Anwendungen erstellten Dateien direkt aus der Anwendung per E-Mail an externe Parteien (z.B. Tierhaltende) schicken. Dieser Datentransfer liegt vollständig in der Verantwortung der erfassenden Tierärztin bzw. des erfassenden Tierarztes. Darüber hinaus werden ausschliesslich aggregierte und/oder anonymisierte Daten und Analyseresultate aus dem PHIS veröffentlicht oder weitergegeben, um die Öffentlichkeit über die aktuelle Gesundheitssituation der Schweizer Schweinepopulation zu informieren oder bestimmte Forschungsfragen zu beantworten. Der Datenschutz wird jederzeit gewahrt. Rückschlüsse auf einzelne Tierbestände oder Personen sind ausgeschlossen.

Die App ist für alle Tierärzt*innen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein verfügbar. Die Nutzung ist grundsätzlich freiwillig. Bei einer Teilnahme an den beiden vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zur Förderung der Sektionsdiagnostik angebotenen Programme «PathoPig» und «ZoE-BTA» muss die Datenerfassung aber zwingend über die PHIS-App erfolgen.

Die nächsten Schritte

Hundert Tage nach der Lancierung der PHIS-App am 1. Mai 2023 haben bereits über 30 Tierarztpraxen die App genutzt. Zu diesem Zeitpunkt waren im Rahmen von 128 Bestandsuntersuchungen schon über 430 Berichte mit Hilfe der PHIS-App erstellt worden.

Aufgrund der guten Erfahrungen setzen die Vetsuisse-Fakultät und die Berner Fachhochschule die Partnerschaft fort und erweitern die Anwendung auf weitere Nutztierspezies, zunächst auf das Rind. Ein wichtiger Aspekt dabei sind Synergieeffekte, einschliesslich Kosteneinsparungen sowie ein einheitliches Erscheinungsbild. Zurzeit befindet sich das «Cattle Health Info System» (CHIS) noch in Entwicklung. Die erste Testphase, während der diese Erweiterung unter realen Bedingungen im Feld von einigen Pilottierärztinnen und Pilottierärzten eingesetzt wird, beginnt noch im Jahr 2023. Zukünftige Entwicklungen werden ein Offline-Modus für abgelegene Tierbestände ausserhalb der Mobilfunkabdeckung sowie die Unterstützung für Mehrsprachigkeit umfassen. Das eigentliche Rollout ist für das Jahr 2024 geplant.

Creative Commons Licence

AUTHOR: Claudia Egle

Dr. med. vet. Claudia Egle ist Tierärztin und die PHIS-Projektmanagerin an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern.

AUTHOR: Ulrich Fiedler

Prof. Dr. Ulrich Fiedler ist Professor für Mobile Computing am Departement Technik & Informatik der Berner Fachhochschule.

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