“Mit Process Mining helfen wir, den CO2-Ausstoss zu verringern»

Gegründet von drei Studenten hat sich Celonis von einem Start-up zu einem der schnellsten wachsenden Software-Unternehmen in Europa entwickelt. Ihre Process-Mining-Software, kann auch in der nachhaltigen Wirtschaft eingesetzt werden. Seit kurzem ist das Unternehmen Partner der BFH. Unser Autor hat mit der Leiterin des firmeninternen Academic Alliance Team für EMEA & APAC, Angela Gebert gesprochen.

Celonis ist spezialisiert auf Process Mining-Technologie. Was ist Ihre Rolle bei der fortschreitenden Digitalisierung unserer Gesellschaft und Geschäftswelt?

Angela Gebert von Celonis.

Angela Gebert: Celonis ist der Marktführer für Process Mining-Technologie. Celonis arbeitet dabei wie ein Röntgengerät für Unternehmen. Unsere Software nutzt Daten, die in IT-Systemen erzeugt werden, um Geschäftsprozesse zu rekonstruieren und zu verbessern. Das kann jeder Prozess sein, von der Logistik über die Lieferkette bis hin zum Marketing. Die meisten geschäftlichen Interaktionen hinterlassen heutzutage digitale Fussabdrücke, vom Lebensmitteleinkauf über die Bezahlung von Rechnungen bis hin zum Einchecken für einen Flug am Flughafen. Diese digitalen Fussabdrücke sind der Input, den wir für moderne Prozessanalysen nutzen können. Celonis ist eines der besten Beispiele dafür, wie sich neue Technologien aus einer zunehmend digitalisierten Welt heraus entwickeln und etablieren. Vor diesem Hintergrund trägt die fortschreitende Beschleunigung der Digitalisierung in allen Unternehmen und Branchen dazu bei, Process Mining weiter zu etablieren und die Vorteile der Technologie herauszustellen.

Viele Unternehmen beschäftigen sich heutzutage mit Prozessmanagement und Prozessoptimierung/-automatisierung, aber der Schwerpunkt von Celonis liegt auf Process Mining. Worin besteht der Unterschied, und wie können Unternehmen von Process Mining profitieren?

Process Mining ist mit Abstand die modernste Technologie im Bereich des Geschäftsprozessmanagements. Viele Techniken, die im Geschäftsprozessmanagement eingesetzt werden, sind in gewisser Weise noch mittelalterlich – von Shadowing über Interviews bis hin zu Mystery Shopping. Process Mining bietet hier einen datengesteuerten Ansatz für das Geschäftsprozessmanagement und schliesst die Lücke zwischen modellbasierter Prozessanalyse und Data Science. Es handelt sich um einen datengesteuerten Ansatz für das Geschäftsprozessmanagement.

Viele Forscher auf dem Gebiet des Geschäftsprozessmanagements befassen sich inzwischen mit Process Mining. Ich erinnere mich sogar an recht lebhafte Gespräche auf verschiedenen Geschäftsprozessmanagements-Konferenzen darüber, ob Process Mining irgendwann sogar das traditionelle Geschäftsprozessmanagement ersetzen wird – mittlerweile stellt das niemand mehr in Frage. Dabei geht Process Mining Hand in Hand mit anderen Werkzeugen und Technologien des digitalen Zeitalters wie z.B. der Prozess-Automatisierung. Process Mining schafft hierfür die notwendigen Datengrundlagen.

Können Sie uns konkrete Beispiele nennen, bei denen Process Mining eingesetzt wurde und welche Vorteile damit erzielt wurden?

Process Mining ist eine vielseitige Technologie, die in vielen verschiedenen Prozessen eingesetzt werden kann. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist, dass Process Mining sogar Flugzeugen helfen kann, pünktlich zu starten und zu landen. Die Lufthansa nutzt Process Mining beispielsweise für alle ihre Bodenprozesse, einschliesslich Boarding und Check-in. Damit wird versucht, die Zeit, die das Flugzeug am Boden verbringt, zu minimieren. Es gibt noch viele weitere großartige Beispiele wie das Beschwerdemanagement bei Uber, die Beschaffung bei der Telekom oder das Auftragsmanagement bei Pfizer.

Mit dem Klimawandel und dem zunehmenden Bedarf an einer nachhaltigeren und kreislauforientierten Wirtschaft stehen wir heute vor einigen grossen globalen Herausforderungen. Wie geht Celonis mit diesen Themen um, und wie können andere Unternehmen die Technologien von Celonis nutzen, um nachhaltiger zu werden? Haben Sie Beispiele?

Wie ich bereits sagte, ist Process Mining sehr vielseitig und es gibt zahlreiche Anwendungsfälle. Wie man sich gut vorstellen kann, können Prozesse ein Haupttreiber für CO2-Emissionen sein, z.B. wenn man an Logistik- oder Auftragsmanagementprozesse denkt. Durch die Betrachtung von KPIs wie Auftragsbündelungsraten oder Retourenquoten kann Celonis Ihnen helfen, Ihren CO2-Fussabdruck pro Prozess zu analysieren und zu verringern. Es ist sehr spannend zu sehen, wie man CO2-Emissionsdaten mit unternehmensinternen Daten kombinieren kann, um wichtige Ziele wie die Nachhaltigkeit eines Prozesses zu untersuchen.

Seit Dezember 2022 ist Celonis ein Partner unseres Instituts für Digitales Technologiemanagement. Worin sehen Sie die Vorteile einer Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschulen und was sind Ihre Erwartungen?

Akademische Partner sind ein wichtiger Teil unseres Ökosystems. Process Mining kommt ursprünglich aus dem akademischen Kontext, und wir wollen enge Verbindungen zu Vordenker*innen und Innovatoren in diesem Bereich pflegen. Unser Ziel ist es, Vordenker*innen und Branchenführer*innen für angewandte Process Mining-Ausbildung und -Forschung zusammenzubringen. Die gemeinsame Ausbildung ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der Partnerschaft mit der BFH. Auf dem Arbeitsmarkt im Bereich Process Mining besteht ein zunehmender Bedarf an ausgebildeten Talenten. Daher ist die Ausbildung in den Klassenzimmern, wie wir sie durch punktuelle Ergänzungen der Module an der BFH durchführen, ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung der Arbeitskräfte von morgen. In unseren Hochschul- und Industriekooperationen treten wir zudem auch stets als Vermittler zwischen Student*innen und zukünftigen Arbeitgebenden wie Pfizer, Nokia oder IBM auf. Aber auch gemeinsame Forschungsprojekte und Workshops für die Mitarbeiter des IDTM sind angedacht – hier gibt es sicherlich schon bald mehr zu berichten.

Wir versuchen immer, an der Spitze der Trends zu bleiben, die die Zukunft unserer digitalen Reise als Gesellschaft und für uns als Individuen beeinflussen. Was ist Ihrer Meinung nach etwas, das wir beachten sollten? Wie können wir – als Bildungs- und Forschungseinrichtung – zum digitalen Fortschritt beitragen?

Manchmal klafft eine grosse Lücke zwischen dem, was im Klassenzimmer gelehrt wird, und den auf dem Arbeitsmarkt benötigten Fähigkeiten. Unser Academic Alliance Programm bietet eine Möglichkeit, diese Kluft zu überbrücken und Köpfe, Institutionen und Märkte zu verbinden. Ich halte es für wichtig, dass Industrie und Hochschulen stärker zusammenarbeiten, um aktuelle Trends in die Klassenzimmer zu bringen. Vor allem in den Bereichen Technologie und Wirtschaft ist es wichtig, die Ausbildung anwendungsorientiert zu gestalten und Studenten darin zu schulen, kritisches Denken mit praktischen Fähigkeiten zu verbinden. Schliesslich sind diese Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt – die BFH sehe ich hierbei auf einem sehr guten Weg.


Zur Person

Angela Gebert leitet das Celonis Academic Alliance Team für EMEA & APAC. Sie bildet die Process Miners von morgen aus und bringt sie mit zukünftigen Arbeitgeber*innen in Kontakt.


Über Celonis

Celonis ist ein deutsches Softwareunternehmen mit Sitz in München. Die drei Gründer haben sich 2011 über ein Studentenprojekt beim Bayerischen Rundfunk (BR) kennengelernt. Heute ist das frühere Start-up eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen in Europa und derzeit das einzige Decacorn in Deutschland. Process Mining hat sich seither stark weiterentwickelt. Die Software von Celonis hat sich von einem reinen Analysewerkzeug zum operativen Rückgrat für viele Unternehmen gewandelt, mit einem Fokus auf Prozessverbesserung einschliesslich -vorhersage und -automatisierung.

Seit kurzem ist Celonis Partner des Institut Digital Technologie Management der BFH Wirtschaft.

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AUTHOR: Stefan Raff

Stefan Raff ist Assistenzprofessor am Institut für Digital Technology Management der BFH Wirtschaft. Zuvor war er Assistenzprofessor an der RWTH Aachen, wo er auch promoviert wurde. Zu seinen aktuellen Forschungsinteressen gehören Innovationsmanagement, Dienstleistungsmarketing und Verbraucherverhalten in digitalen Umgebungen.

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