Wie ein 3D-Drucker kranken Kindern Essen «kocht»
Mangelernährung bei hospitalisierten Kindern ist ein grosses Problem. Darum entwickelt die Berner Fachhochschule zusammen mit der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg einen Prozess, bei dem hochkalorische Trinknahrung zu persönlichen und attraktiven Pancakes gedruckt werden können.
Kabel, Pumpen, Displays: Der Raum sieht nicht aus wie eine Küche. Doch in diesem Labor im Marly werden Pancakes hergestellt. Ein 3D-Drucker presst den zähflüssigen Teig Schicht für Schicht auf eine Heizplatte, wo nach ein paar Minuten ein fertiger Pfannkuchen in Form einer Rakete liegt. Das besondere an der Pancake-Rakete: Sie enthält Nährstoffe, die besonders für mangelernährte Kinder wichtig sind.
Spitalsetting verdirbt den Appetit
Die Idee der nährstoffreichen Raumschiffe zum Anbeissen hatten die Forschenden des Fachbereichs Ernährung und Diätetik der Berner Fachhochschule (BFH). «Mangelernährung ist bei hospitalisierten Kindern ein Problem», sagt Natalie Bez, wissenschaftliche Assistentin am Departement Gesundheit der BFH. Die medizinischen Umstände wie Therapien und Medikamente oder das ungewohnte Spitalsetting können zu einer verminderten Nahrungsaufnahme beitragen und den Genesungsprozess erschweren. Darum setzen Spitäler oft hochkalorische Trinknahrung ein. Diese schmecken aber nicht sehr fein und sind besonders für Kinder wenig attraktiv.
«Unser Ziel ist es, eine kindgerechte Zwischenmahlzeit zu kreieren, die den klinischen Ansprüchen eines Spitals gerecht wird», erklärt Natalie Bez. Der 3D-Druck von Lebensmitteln scheint eine vielversprechende Technologie zu sein, um Mahlzeiten in neuen, attraktiven Formen zu gestalten. In verschiedenen Interviews befragten Bez und ihre Kolleg*innen Fachexperten und Eltern zu ihrer Idee. «Die Rückmeldungen waren grundsätzlich sehr positiv», erzählt die Ernährungswissenschaftlerin. Fachpersonen befürchteten einzig, dass Essen zu einem Spiel werden könnte. Ein Bedenken, das die Eltern nicht teilten. Sie unterstrichen hingegen das Potential der attraktiven Zwischenmahlzeiten bei Kindern mit Essschwierigkeiten oder Autismus.
Die richtige Rezeptur finden
In einem nächsten Schritt entwickelten die Forscher*innen zusammen mit dem Institut iPrint der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg einen Teig, der nicht nur geschmacklich stimmt, sondern auch druckbar ist. Das ist laut dem Leiter Forschung und Ausbildung Dr. Gioele Balestra eine Herausforderung: «Damit wir einen Pancake mit der richtigen Textur erhalten, müssen die Konsistenz des Teigs und die Temperatur der Heizplatte passen.»
Die Spezialist*innen von iPrint kombinierten verschiedene Technologien, um ein attraktives Resultat zu erhalten: Die Raketen werden zunächst mithilfe der 3D-Druck-Technologie «Direct Ink Writing» auf eine 160 °C erhitzte Platte aufgetragen. Die kleinen Raumfähren werden dann zu einem weiteren Drucker geführt, der sie mit essbarer Tinte verziert. Der Einsatz dieser Technologien würde es erlauben, vollständig personalisierte Pfannkuchen herstellen zu lassen. Die Vision von Balestra: «Die Kinder könnten die Form ihres Snacks auf einem Tablet zeichnen und ihren Namen oder eine Zeichnung auf den Pfannkuchen drucken lassen.»
Ob der Pancake auch wirklich die Nahrungsaufnahme der Kinder erhöht, wollen die Forscher*innen in einem nächsten Schritt untersuchen. Dabei stellt sich auch die Frage, welche Wirkung eine allfällige Personalisierung haben könnte. Die grösste Herausforderung ist jedoch, die ganze Technologie in einem Spitalsetting umzusetzen. Dazu müsste der Prozess verkleinert und verschnellert und zusätzlich den klinischen Anforderungen eines Spitals gerecht werden. Bis die Pancake-Rakete abheben kann, braucht es also noch weitere Forschung und Entwicklung.
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