Humane digitale Transformation: Auf dem Weg zu einer menschenzentrierten Digitalisierung

Die digitalen Technologien verändern unsere Lebens- und Arbeitsweise mit schwer abschätzbaren Folgen. Die Berner Fachhochschule setzt sich dafür ein, dass Technologie so entwickelt, eingesetzt und reguliert wird, dass sie unserer Vision einer gerechten Gesellschaft dient und die Bedürfnisse der Menschen ins Zentrum stellt. Dafür hat die BFH das strategische Themenfeld Humane Digitale Transformation lanciert. Dessen Leiterin Prof. Dr. Sarah Dégallier Rochat stellt es hier vor.

In den kommenden Jahren werden sich unsere Beziehungen zur Technologie, zu anderen Menschen und zur Natur verändern. Um die Gesellschaft bei der Bewältigung dieses Wandels zu unterstützen, hat die BFH drei strategische Themenfelder (TFs) eingerichtet:

Das Ziel des Themenfeldes Humane Digitale Transformation ist es, einen interdisziplinären Ansatz in der Forschung zu fördern, damit wir die Herausforderungen der Digitalisierung mit dem Fokus auf den Bedürfnissen und der Würde des Menschen lösen können. Die BFH sieht es als ihre Aufgabe an, Horizonte zu erweitern, zu lehren, zu forschen und die Zukunft einer verantwortungsvollen Gesellschaft zu gestalten.

Während die BFH bereits über eine grosse Expertise in Forschung und Lehre im Bereich der digitalen Transformation verfügt, zielt das neue thematische Strategiefeld darauf ab, den Fokus von der Technologie auf die menschlichen Bedürfnisse zu verlagern. Die BFH möchte sich als Ansprechpartnerin im Bereich verantwortungsvoller Digitalisierung für die Industrie, das Gesundheitswesen und den öffentlichen Sektor profilieren. Diese Position wird durch unsere führenden Rollen im Swiss Center for Augmented Intelligence (SCAI) und im Swiss Center for Design and Health (SCDH) gestärkt.

Menschen und Maschinen ergänzen sich

Als Fachhochschule wollen wir unsere Interdisziplinarität und unsere Verankerung in der Praxis nutzen, um die Herausforderungen der Digitalisierung ganzheitlich anzugehen und uns nicht nur auf den Ansatz einer technologischen Lösung zu beschränken. Indem wir die Herausforderungen in ihrem sozialen Kontext betrachten, können wir nicht nur die Entwicklung verantwortungsvoller, ethischer Technologien sicherstellen, sondern auch Lösungen anbieten, die die menschlichen Stärken nutzen. Wie Daugherty und Wilson in ihrem Buch Human + Machine: Reimagining Work in the Age of AI [1] schreiben: «[d]ie einfache Wahrheit ist, dass Unternehmen die grössten Leistungssteigerungen erzielen können, wenn Menschen und Maschinen als Verbündete und nicht als Gegner zusammenarbeiten, um von den sich ergänzenden Stärken des jeweils anderen zu profitieren.” Maschinen können Geschwindigkeit, Genauigkeit und Effizienz bei der Ausführung sich wiederholender oder komplexer Aufgaben bieten, während Menschen Kreativität, Urteilsvermögen und kontextbezogenes Verständnis in den Entscheidungsprozess einbringen können.

Wenn Menschen und Maschinen zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen, können sie die Stärken des jeweils anderen nutzen, um bessere Ergebnisse zu erzielen, als jeder von ihnen allein erreichen könnte. Dies wird oft als «Augmented Intelligence» bezeichnet [2], «Augmented Workforce» [3] oder «Operator 4.0» bezeichnet [4] und stellt einen zunehmenden Trend für Organisationen dar, die sich die Leistungsfähigkeit fortschrittlicher Technologien zunutze machen und gleichzeitig von menschlichem Fachwissen und Erfahrung profitieren wollen.

In Anerkennung des bedeutenden sozialen, ethischen und wirtschaftlichen Potenzials der digitalen Augmentation hat sich die BFH verpflichtet, mit dem neuen Themenfeld eine Vorreiterrolle in diesem Bereich zu übernehmen. Wir haben eine Gemeinschaft von Forschenden und Lehrenden gegründet, die den Dialog zwischen den Disziplinen fördert, um einen ganzheitlichen Ansatz für die Entwicklung nachhaltiger digitaler Technologien zu gewährleisten. Eine sozio-technologische Perspektive ist notwendig, um die Auswirkungen der digitalen Werkzeuge in ihrem täglichen Gebrauch zu verstehen und fundierte Entscheidungen bei der Gestaltung, Entwicklung und Integration der Technologie zu treffen [5]. Wenn Artefakte – die von uns geschaffenen Werkzeuge – den Menschen seit Beginn der Zivilisation unterstützen, so bergen die neuen Entscheidungsmöglichkeiten der künstlichen Intelligenz neue Risiken, insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungsfreiheit der Nutzer*innen und die Machtdynamik zwischen Mensch und Maschine [6]. Um einen inklusiven, fairen digitalen Übergang zu gewährleisten, ist es daher von entscheidender Bedeutung, einen Kulturwandel einzuleiten, bei der die Technologie an den Menschen angepasst wird, anstatt zu erwarten, dass der Mensch sich der Technologie anpasst.

Technologie – einfühlsam, inklusiv und verantwortungsvoll

Das Themenfeld Humane Digitale Transformation zielt darauf ab, innerhalb der BFH den notwendigen Perspektivwechsel zu fördern, um eine verantwortungsvolle digitale Transformation zu unterstützen. Indem sie die menschlichen Bedürfnisse und die Würde des Menschen in den Vordergrund stellt, kann die BFH sicherstellen, dass ihre technologischen Fortschritte nicht nur auf dem neuesten Stand sind, sondern auch einfühlsam, inklusiv und verantwortungsvoll. Die BFH will mit dem Themenfeld Humane Digitale Transformation:

  • die Bevölkerung durch die digitale Transformation begleiten
  • Expertise für die verantwortungsvolle Gestaltung und Integration digitaler Technologie bereitstellen
  • Technologien entwickeln, die Menschen in der Industrie, dem öffentlichen Sektor und dem Gesundheitswesen unterstützen

Diese Ziele stehen im Einklang mit den BFH-Werten Fairness, Privatsphäre und Nachhaltigkeit. Um eine grössere Wirkung zu erzielen, geben wir unsere Forschungserkenntnisse an unsere Studierenden weiter, damit sie es nicht nur in ihrer zukünftigen Arbeit anwenden, sondern auch zu Verfechtern unserer Vision einer menschenzentrierten digitalen Transformation werden. Indem wir unsere Student*innen mit diesem Wissen und dieser Denkweise ausstatten, wollen wir einen Multiplikatoreffekt erzeugen, der über unseren unmittelbaren Einflussbereich hinausgeht und letztlich zu einer stärker auf den Menschen ausgerichteten und nachhaltigen digitalen Zukunft beiträgt.


Mehr Informationen

Die BFH forscht und lehrt bereits seit Jahren rund um die digitale Transformation. Während früher oft von der Technologie ausgegangen wurde, stellen wir heute primär den Menschen und seine Bedürfnisse ins Zentrum bei der Entwicklung der neuen Technologien. Im Themenfeld Humane Digitale Transformation untersuchen BFH_Forscher*innen in fünf Fokusthemen, wie die Technologie uns am besten und nachhaltig nützt und wie sie in wichtigen Bereichen –  wie zum Beispiel im Gesundheitswesen – zu mehr Akzeptanz gelangen kann.

Die fünf Fokusthemen sind:

  • Open Digital Knowledge
  • Human Centered Augmented Intelligence
  • Digital Engineering & Value Creation
  • Digital Healthcare
  • BeLearn

 


Referenzen

  1. P. R. Daugherty and H. J. Wilson, Human + Machine: Reimagining Work in the Age of AI. Harvard Business Press, 2018.
  2. “Augmented Intelligence: What it is and why it will be smarter than AI,” BBC Science Focus Magazine. https://www.sciencefocus.com/future-technology/augmented-intelligence/ (accessed Mar. 25, 2023).
  3. M. Moencks, E. Roth, T. Bohné, M. Basso, and F. Betti, “Augmented Workforce: Empowering People, Transforming Manufacturing. World Economic Forum White Paper.,” Jan. 2022.
  4. “The Operator 4.0: Towards socially sustainable factories of the future,” Comput. Ind. Eng., vol. 139, p. 106128, Jan. 2020, doi: 10.1016/j.cie.2019.106128.
  5. S. K. Parker and G. Grote, “Automation, algorithms, and beyond: Why work design matters more than ever in a digital world,” Appl. Psychol., vol. 71, no. 4, pp. 1171–1204, 2022.
  6. S. Dégallier-Rochat, M. Kurpicz-Briki, N. Endrissat, and O. Yatsenko, “Human augmentation, not replacement: A research agenda for AI and robotics in the industry,” Front. Robot. AI, vol. 9, 2022, Accessed: Mar. 25, 2023. [Online]. Available: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/frobt.2022.997386

Jeden Monat wird nun jeweils ein Beitrag über die Forschungsprojekte im Themenfeld Humane Digitale Transformation erscheinen.

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AUTHOR: Sarah Degallier Rochat

Prof. Dr. Sarah Degallier Rochat ist die Leiterin des strategischen Themenfelds Humane Digitale Transformation. Zu ihren Forschungsinteressen gehören die Gestaltung inklusiver Mensch-Maschine-Schnittstellen, die Höherqualifizierung von Arbeitskräften und die Auswirkungen von Automatisierung und Augmentation auf die Arbeitsbedingungen.

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