Nachruf: Ein grosser Vorkämpfer des Open Access ist nicht mehr
Am 29. September verstarb Daniel Hürlimann, Professor für Rechtsinformatik und IT-Recht an der Berner Fachhochschule (BFH) und Rechtsanwalt by Laux Lawyers AG. Dies war für uns, seine Kolleg*innen an der BFH, ein grosser persönlicher Schock. In diesem Beitrag sollen seine Leistungen für die Rechtsinformatik gewürdigt werden.
Daniel Hürlimann studierte Rechtswissenschaft an der Universität Bern und promovierte 2009 mit der Dissertation «Suchmaschinenhaftung – Zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber von Internet-Suchmaschinen». 2014 gründete er zusammen mit Marc Thommen die Open Access Zeitschrift sui generis und 2019 mit Marc Thommen, Wendelin Hess und Beat Müller den sui generis Verlag. 2022 habilitierte er sich mit der Habilitationsschrift «Recht und Medizin am Lebensende – Menschenrechtliche Anforderungen und Regulierungsvorschläge» an der Universität Luzern.
Wir haben ihn als sehr vielseitigen, kreativen, immer für neue Forschungsfragen offenen Kollegen mit hoher Sachkompetenz und viel Energie erlebt. Er war bestens vernetzt und hat seine Netzwerke gerne mit uns geteilt, so dass wir durch ihn neue, interessante Kontakte knüpfen konnten. Seine Arbeiten zeichneten sich dadurch aus, dass er Themen in Bezug auf viele Aspekte und aus sehr unterschiedlichen Perspektiven umfassend analysierte und dabei sehr klar und auch für Nichtjurist*innen verständlich argumentierte. Er zeigte dabei ebenso die Grenzen staatlichen Handelns auf (u.a. bei der fürsorgerischen Unterbringung) wie mögliche pragmatische Ansätze für die digitale Transformation des staatlichen Handelns, wo scheinbar Gesetze aus vordigitaler Zeit dies verunmöglichen (u.a. bei digital ausgeführten Unterschriften).
Herausragend war insbesondere sein grosses Engagement für Open Access, das heisst für den offenen Zugriff auf wissenschaftliche und fachliche Publikationen und auf Gerichtsurteile. Er hat mit seinen zahlreichen, breit aufgestellten Initiativen viel bewegt, weil er in der Sache überzeugend argumentierte, viele gute Beispiele brachte, die schwierigen Herausforderungen (wie die Anonymisierung von Urteilen) direkt adressierte und auch mit den überzeugten Gegnern von Open Access das konstruktive Gespräch suchte. Vor allem auch dank ihm ist heute in der Rechtswissenschaft das Bewusstsein viel grösser, welche Defizite das traditionelle System des Unter-Verschluss-Haltens von wichtigen Dokumenten mit sich bringt – sei es, dass ein Zugang nur schwierig ist, oder teuer, oder sogar unmöglich. Wo der offene Zugang schon jetzt gewährleistet ist, profitiert die Fach- und Forschungscommunity stark davon. Open Access schafft nicht nur Transparenz, sondern unterstützt auch ganz wesentlich die fachdisziplinäre Professionalisierung. Daniel Hürlimann hat mit seinen Erfolgen in der Sache grossen, bleibenden Nutzen für viele geschaffen.
Auch in anderen Kontexten haben wir ihn als engagierten Innovator erlebt, der auf neuen Wegen vorangeht. Beispielsweise war er als Vorstandsmitglied von eJustice.ch der Initiator des Open Legal Lab in Magglingen dieses Jahr. Dieses führte Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, vor allem aber Jurist*innen und Coder*innen, zusammen und lieferte spannende Impulse für zukünftige Entwicklungen. Bei der Präsentation der Resultate war die Begeisterung der Teilnehmer*innen des Magglinger Rechtsinformatikseminars gross.
Uns bleibt die Aufgabe, die von Daniel Hürlimann angestossenen Entwicklungen weiterzuführen, jede und jeder in dem Bereich, indem sie oder er mit ihm zusammengearbeitet hat oder auf seiner Arbeit aufbaut.
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