Wie Satellitenbilder das Ausmass von Waldbränden ermitteln

Waldbrände führen zu Veränderungen in unseren Ökosystemen und können schwerwiegende soziale und wirtschaftliche Auswirkungen haben. Es wird vermutet, dass die Zahl der Waldbrände in den letzten Jahren aufgrund des Klimawandels, der zu längeren Trockenperioden führt, zugenommen hat [1]. In der Schweiz treten Waldbrände vor allem in den alpinen Regionen der Kantone Wallis, Tessin und Graubünden auf. Dank Machine Learning und Satelliten kann  die Schwere der Waldbrände ermittelt werden – eine Analyse unserer Forscherinnen von der BFH Technik & Informatik.

Die Folgen dieser Brände variieren aufgrund der unterschiedlichen Topologien. Im Kanton Tessin zum Beispiel haben die meisten Wälder eine Schutzfunktion gegen Erdrutsche, Erosion, Murgänge und Steinschlag [2]. Folglich spielt die Waldbewirtschaftung eine wichtige Rolle bei der Wiederherstellung der verbrannten Gebiete. Derzeit wird die Schadensbewertung jedes Jahr nach einem Waldbrand manuell durchgeführt. Diese Aufgabe ist mühsam, aber notwendig, um die erforderlichen Maßnahmen zu bestimmen. Die Automatisierung dieses Prozesses mit Hilfe von Satellitenbildern wäre daher für die zuständigen Fachleute von Vorteil.

Schwere des Brandes

Die Intensität eines Brandes gibt Aufschluss über die freigesetzte Energiemenge [3]. Andererseits wird die Schwere eines Brandes als Maß für den «Verlust oder die Zersetzung organischer Substanz, sowohl ober- als auch unterirdisch» definiert [3]. Die Schwere eines Brandes wird also nicht nur durch seine Intensität, sondern auch durch die Art der Vegetation am Boden bestimmt. Im Kanton Tessin ist eine in den unteren Höhenlagen vorherrschende Baumart, die Edelkastanie (Castanea sativa), recht widerstandsfähig gegen Brände und erholt sich aufgrund ihrer Fähigkeit, rasch wieder auszutreiben, schnell, im Gegensatz zu den Eichen (Quercus robur und Q. petreae).

Ihre dicke Rinde macht sie jedoch widerstandsfähig gegen Brände von geringer Intensität. Brände von geringer Intensität können der Buche (Fagus sylvatica), die ebenfalls empfindlich auf Pilzbefall reagiert, großen Schaden zufügen. Pilzbefall kann zu ihrem Absterben führen, auch Jahre nach einem Waldbrand [4]. Solche verzögerten Absterbeerscheinungen sind der Grund für die Notwendigkeit einer langfristigen Bewertung der Brandschwere. Abbildung 1 veranschaulicht die Erholung bzw. den späten Fall einiger Bäume vier Jahre nach dem Waldbrand im Sasso Fenduto in Cadenazzo im Jahr 2018.

Abbildung 1. Schäden an der Vegetation nach einem Waldbrand (v.l.n.r. Pilzbefall, Kronenschäden in großer Höhe, Anzeichen von Wiederaustrieb)

Erkennung durch Satellitenbilder

Satelliten haben den Vorteil, dass sie ein großes Gebiet abdecken und eine hohe räumliche, spektrale und zeitliche Auflösung bieten, was sie für die Analyse von Waldbrandschäden sehr geeignet macht [5]. Bilder, die für die Klassifizierung der Brandschwere verwendet werden, stammen überwiegend von den Landsat- oder Sentinel-Satelliten, da sie sich aufgrund ihrer räumlichen Auflösung besonders gut eignen [6]. Letztendlich hängt die Wahl von den jeweiligen Anwendungsfällen ab. Die Unterschiede zwischen den beiden Satelliten sind in Tabelle 1 dargestellt. Der Unterschied in der räumlichen Auflösung ist in Abbildung 2 dargestellt.

Tabelle 1. Ein Vergleich zwischen den Satelliten Sentinel 2 und Landsat 8 [7].

Abbildung 2. Räumliche Auflösung von Landsat (30 m) und Sentinel (10 m) [11]

Die spektrale Auflösung von Sentinel 2 ermöglichte eine höhere Genauigkeit bei der Klassifizierung von Gebieten mit hohem Schweregrad, während Landsat 8 besser geeignet ist, Gebiete mit geringem Schweregrad genau zu klassifizieren. Die gröbere Auflösung von Landsat 8 ermöglicht auch die Darstellung eines Gebiets in einem einzigen Pixel. Im Gegensatz dazu können wir mit den spektralen Wellenlängen von Sentinel 2 mehr Details auf dem Boden erkennen, so dass es sich besser für topografisch komplexe Gebiete eignet [7]. Der Landsat-Satellit eignet sich aufgrund seiner überlegenen Erkennung niedriger Brandschweregrade besser für Schweizer Anwendungsfälle. Dieser Unterschied in der Klassifizierung der Brandschwere ist in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3. Vergleich der Klassifizierung der Brandschwere zwischen den Satelliten Sentinel 2 und Landsat 8 [12]

Die Brandschwere kann nach der Methode von White et al. klassifiziert werden, die fünf Kategorien umfasst. Die Schwellenwerte der einzelnen Klassen sind in Tabelle 2 beschrieben [7].

Tabelle 2. Klassifizierung der Brandschwere [7]

Methoden zur Erkennung der Brandschwere

In den jüngsten Forschungen wurden mehrere Methoden zur Klassifizierung der Brandschwere verwendet. Dazu gehört die Berechnung von Spektralindizes unter Verwendung der Spektralbänder der in Abbildung 2 dargestellten Satelliten. Der in den letzten Jahren am häufigsten verwendete Index ist der Normalized Burned Ratio, der die Wellenlängen des nahen Infrarots (NIR) und des längeren kurzwelligen Infrarots (LSWIR) der Satelliten verwendet [8]. Bessere Ergebnisse wurden erzielt, wenn man die Differenz zwischen der NBR von Bildern vor und nach einem Brand, die so genannte dNBR, vergleicht [9]. NBR = NIR – LSWIR / NIR + LSWIR [9] dNBR = (NBRprefire – NBRpostfire) – dNBRoffset [9].

Mit dem Aufkommen des Deep Learning wurden neue Methoden entwickelt. Der aktuelle Stand der Technik in diesem Bereich ist die Verwendung einer speziellen Art von Deep Learning, nämlich eines Convolutional Neural Network (CNN). Das CNN kann nur auf Satellitenbildern nach Bränden trainiert werden. Für jedes Bild soll es erkennen, ob ein Pixel zu einem verbrannten oder einem nicht verbrannten Ort gehört. Sobald eine solche Klassifizierung durchgeführt wurde, kann ein weiteres CNN lernen, den Schweregrad der verbrannten Pixel anhand von Spektralinformationen zu erkennen. Jede der beschriebenen Methoden hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Ihre Genauigkeit wurde als gleich befunden. Nichtsdestotrotz haben Deep-Learning-Methoden eine neue Perspektive in dieses Studiengebiet gebracht, da sie sehr effizient und einfach zu automatisieren sind [10].


Referenzen

[1] Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. (2022). Waldbrände – WSL. Verfügbar unter: https://www.wsl.ch/en/natural-hazards/forest-fires.html. Letzter Zugriff: 22.08.2022

[2] Thomas Wohlgemuth, Alban Brigger, Philipp Gerold, Lucinda Laranjeiro, Marco Moretti, Barbara Moser, Martine Rebetez, Dirk Schmatz, Gustav Schneiter, Stéphane Sciacca, Antoine Sierro, Patrick Weibel, Thomas Zumbrunnen, Marco Conedera. (2010). Leben mit Waldbrand. Eidg. Forschungsanstalt WSL. 46.

[3] Keeley, J. E. (2009). Feuerintensität, Feuerschwere und Brandschwere: A brief review and suggested use. International Journal of Wildland Fire. 18: 116-126

[4] Conedera, M., Lucini, L., Valese, E., Ascoli, D., Pezzatti, G.B. (2010). Feuerresistenz und vegetative Rekrutierungsfähigkeit verschiedener Laubbaumarten nach Flächenbränden geringer bis mittlerer Intensität in der Südschweiz. VI International Conference on Forest Fire Research D. X. Viegas (Ed.)

[5] Mitri, Georges Habib. (2008). An Investigation in the Use of Advanced Remote Sensing and Geographic Information System Techniques for Post-Fire Impact Assessment on Vegetation. Università degli studi di Trieste, BIO/07 Ecologia. NBN: urn:nbn:it:units-7184

[6] Vlassova, L.; Pérez-Cabello, F.; Mimbrero, M.R.; Llovería, R.M.; García-Martín, A. (2014). Analysis of the Relationship between Land Surface Temperature and Wildfire Severity in a Series of Landsat Images. Remote Sensing. 6(7):6136-6162. DOI: https://doi.org/10.3390/rs6076136

[7] White, L.A.; Gibson, R.K. (2022). Vergleich der Kartierung von Brandausdehnung und -schwere zwischen den Satellitensensoren Sentinel 2 und Landsat 8. Remote Sensing. 14(7):1661. https://doi.org/10.3390/rs14071661

[8] Quintano, Carmen; Fernández-Manso, Alfonso; Roberts, Dar A. (2013). Multiple Endmember Spectral Mixture Analysis (MESMA) to map burn severity levels from Landsat images in Mediterranean countries. Remote Sensing of Environment, 136:76-88. ISSN 0034-4257

[9] Han, Dongdong; Di, Xueying; Yang, Guang; Sun, Long; Weng, Yuetai. (2021). Quantifying fire severity: a brief review and recommendations for improvement. Ecosystem Health and Sustainability, 7:1, DOI: 10.1080/20964129.2021.1973346

[10] Farasin, Alessandro; Colomba, Luca; Garza, Paolo. (2020). Double-Step U-Net: A Deep Learning-Based Approach for the Estimation of Wildfire Damage Severity through Sentinel-2 Satellite Data. Applied Sciences, 10(2):4332. DOI: https://doi.org/10.3390/app10124332

[11] Soar.Earth Ltd. (2022). Wie man Satellitenbilder auf Soar auswählt. Verfügbar unter: https://about.soar.earth/ blog-pages/how-to-choose-satellite-imagery-on-soar.html. Letzter Zugriff: 24.08.2022

[12] Kurnaz, Bahadir; Bayik, Caglar; Abdikan, Saygin. (2020). Erkennung von Waldbrandgebieten mit Hilfe von Landsat-8- und Sentinel-2-Satellitenbildern: Eine Fallstudie in Mugla, Türkei. Research Square. DOI: 10.21203/rs.3.rs-26787/v1.

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AUTHOR: Souhir Ben Souissi

Dr. Souhir Ben Souissi ist Tenure-Track-Professorin für Data Engineering am Institut für Datenanwendungen und Sicherheit (IDAS) der BFH Technik & Informatik. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf den Themen Medizinische Entscheidungssysteme, Semantische Webtechnologien und Multikriterielle Entscheidungssysteme.

AUTHOR: Celine Huettenmoser

Céline Hüttenmoser ist wissenschaftliche Assistentin am Departement Technik und Informatik der BFH.

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