Januarausgabe: Digitale Verwaltung Schweiz – von der Integration zur Transformation

Es besteht Konsens, dass es uns in der Schweiz gut geht – unser Gesundheitssystem, die Sicherheit sowie die Bildung, um nur einige Beispiele zu nennen, sind top. Die Herausforderung besteht darin, heute das Richtige zu tun – damit es sich hier noch in 20 Jahren gut lebt und arbeitet.

Der Blick auf den Europäischen Markt ermöglicht uns die Anschlussfähigkeit – im rechtlichen, organisatorischen sowie technischen Sinn und zeigt uns Trends, die wir selber auf die Agenda setzen können. Denken wir z.B. an das Once-Only-Prinzip.

Schlechte Rankings aus den EU-Studien sind Ansporn, um hier im Land politischen Druck aufzubauen. Trendberichte der OECD sind Impulse für das Reflektieren unserer Innovationskraft. Der Innovation Index der Cornell University und INSEAD ist erschienen – wir sind Nr. 1 unter den Innovation Leaders. Die Schweiz ist top für Wissen und Outputs im Bereich Technologie und Kreativität. Soweit alles gut. Aber gemäss eGovernment Benchmark 2019 der Europäischen Kommission haben wir Nachholbedarf: Fehlende Basisdienste führen dazu, dass Brüssel unsere Leistung schlecht bewertet. Wir haben einen Fokus auf Projekte und Services gelegt; jetzt geht es darum, die digitale Dateninfrastruktur zu realisieren.

Internationale Analysen sind nicht nur quantitativ und auf Rankings bezogen. Das Observatorium Public Sector Innovation der OECD sammelt konkrete Use Cases und clustert diese anschliessend in Trends. Es geht nicht nur um Digitalisierung –manchmal ist genau die Auseinandersetzung mit anderen Herangehensweisen eine Bereicherung. So übernimmt z.B. die Stadt Amsterdam das Konzept von Airbnb für staatliche Gebäude – es geht um eine sinnstiftende Zwischennutzung, wenn diese leer stehen. Es geht um Adressierung konkreter Herausforderungen sozialer, ökonomischer oder ökologischer Art mit innovativen Ansätzen.

Mit dem Jahr 2019 ist für E-Government Schweiz die aktuelle Strategieperiode zu Ende gegangen: Mit dem neuen Jahr tritt die E-Government-Strategie Schweiz 2020–2023 von Bund, Kantonen und Gemeinden in Kraft. Ende November hat E-Government Schweiz eine Standortbestimmung vorgenommen und dabei der grundsätzlichen Fragestellung nachgegangen, wie die Digitalisierung der Verwaltung den grösstmöglichen Nutzen für die Gesellschaft entfaltet (Info dazu hier).

In der Wissenschaft reden wir von einem Maturitätsmodell zur digitalen Transformation des Staates. Haben wir in den letzten Jahren einen Fokus auf Prozessoptimierung, Verbesserung der Datenhaltung oder – für uns zentral – auf behördenübergreifende Zusammenarbeit gelegt, so dreht sich jetzt vermehrt alles um den smarten Staat, der neue Ressourcen mit Wissen & Know How verbindet, um an konkrete Problemstellungen heranzugehen, Entscheidungen zu treffen oder Dienstleistungen zu erbringen. Die Schweiz hat die Kommunikations- und Transaktionsphase hinter sich und befindet sich gerade bei der Integrationsphase – der Nationale Adressdienst ist ein gutes Beispiel hierfür. Aus Forschungssicht spannend ist die Frage, wie wir die letzte Maturitätsstufe dieses Modelles erreichen.

Drei Stossrichtungen zur digitalen Transformation des Staates sind erkennbar:

  • Die Öffnung des Staates für Entscheidungen und Leistungserbringungen,
  • die Relevanz von Vertrauen im staatlichen Handeln und Infrastruktur als Befähiger
  • den ganzen Bereich um Daten und darauf basierenden Dienste.

Hin zur Transformation gilt es folgende Handlungsfelder auf dem Radar zu halten:

  • Wir müssen in digitale Kompetenzen und Fertigkeiten investieren und die Führung in der digitalen Transformation befähigen
  • Es geht darum, sich Gedanken zu machen, wie wir im föderalen System eine «Good Data Governance» vorantreiben können und nach welchen Prinzipien wir Daten austauschen und behördenintern wiederverwenden wollen
  • Und: Wir brauchen Experimentierräume – neben dem Tagesgeschäft – wo wir uns aus der Komfortzone herauskriegen und mit Neuem experimentieren können.

In dieser Ausgabe lesen Sie, wie die neue Personalstrategie der Bundesverwaltung auf die Herausforderungen der digitalen Transformation fokussiert, wie Innovation im öffentlichen Sektor aus der Sicht der Privatwirtschaft vorangetrieben werden kann oder wie Governance aus politischer Sicht immer mehr eine wichtige Rolle spielt.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.

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AUTHOR: Alessia Neuroni

Alessia Neuroni leitet das Institut Public Sector Transformation der BFH Wirtschaft. Sie ist Schwerpunktverantwortliche Big und Open Data am BFH-Zentrum Digital Society. Ihre thematischen Schwerpunkte sind Data Governance und Führung behördenübergreifender Innovationsvorhaben.

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