Digital Natives – das Ende des Projektmanagements?

Projekte dauern oft länger, sie sind zu teuer oder bieten nicht die versprochene Qualität. Insbesondere junge Führungskräfte, die sogenannten Digital Natives, haben sich daher vom traditionellen Projektmanagement verabschiedet und setzen auf Geschwindigkeit, Vernetztheit und Mobilität.

Als Digital Natives werden zumeist die Personen bezeichnet, die von Kindheit an den Umgang mit digitalen Medien gewöhnt sind. Mittlerweile prägt ein grosser Teil dieser Generation die heute Arbeitswelt und fordert eine Modernisierung traditioneller Arbeitsformen. Die bei digital Natives häufig vorzufindende Lebenseinstellung, herkömmlichen Statussymbole wie Eigenheim, Autos etc. einer mit hoher Flexibilität und Spontanität einhergehenden Selbstverwirklichung vorzuziehen, geben ebenfalls Anlass, Modell und Konzepte der Arbeitswelt hinsichtlich ihrer Langlebigkeit zu hinterfragen. Des Weiteren streben jüngerer Menschen immer mehr dazu, ihr Privatleben und ihre Arbeit möglichst wenig zu trennen, um sich so die nötigen Freiräume für einen ausgewogenen und ihren Wünschen entsprechenden Alltag zu schaffen. Das Motto «Sharing is Caring» rundet die Lebenseinstellung vieler Digital Natives ab und wird durch den ständigen Einsatz digitaler Medien verstärkt.

Betrachtet man die Auswirklungen dieses Generationenwechsels im Kontext von Projekten, stellt sich die Frage, ob herkömmliche, klassische Projektmanagementmethoden, Digital Natives gerecht werden.

Flexible Arbeitsweise trifft auf starre Hierarchien

Gemäss Hanisch (2011) sind die häufigsten Gründe für das Scheitern von Projekten u. a. strukturelle Probleme, Machtkämpfe, Komplexität, Ressourcenmangel, Methodenfetischismus, Kommunikation und Führung. Einige diese Ursachen lassen sich durchaus in der Arbeitsweise von Digital Natives begründen. Die herkömmliche klassische Projektmanagement-Methode setzt u. a. auf starke Termin- und Kostenvereinbarungen sowie starre Projektorganisationsstrukturen, die mit dem Lebensstil vieler Digital Natives nicht immer vereinbar sind. Wenig flexible Strukturen, starre Hierarchien, ein starkes methodengetriebenes Projektvorgehen und ein enger Führungsstil widersprechen der offenen, flexiblen und spontanen Arbeitsweise vieler Digital Natives.

Betrachtet man die Arbeitsweise von Digital Natives weiter, lässt sich schlussfolgern, dass Digital Natives mit Ihrer Arbeitseinstellung durchaus dazu beitragen können, Projekte zukünftig seltener scheitern zu lassen. Insbesondere komplexe Projekte, die weniger zeitgesteuert, sondern stärker von Spontanität und Kreativität getrieben werden, könnten so zu grösserem Erfolg führen. Ebenso besteht die Annahme, dass Projektmitarbeitende, die virtuell an für sie und den Projekterfolg geeigneten Orten und Zeiten arbeiten, zu besseren Projektleistungen beitragen können. Des Weiteren ist ein offener, ehrlicher und freundschaftlicher Umgang innerhalb des Projektteams elementar, sowie Projektleitenden, die ihrem Team die notwendige Selbstführung und Feedbackmöglichkeiten sicherstellen.

Neu ist dieser Ansatz nicht und wird bereits durch das agile Manifest in zahlreichen Unternehmen gelebt. Hierbei zeigt sich, dass Projektmanagement als Methode nicht überflüssig wird, sondern in wesentlichen Teilen auf den modernen Zeitgeist angepasst werden muss, um Projekte erfolgreich führen zu können.


Weiterführende Literatur

Hanisch, Ronald: Das Ende des Projektmanagements: Wie die Digital Natives die Führung übernehmen und die Unternehmen verändern, 2016.

Prensky, Marc: Digital Natives, Digital Immigrants University Press, 2001.


Dieser Artikel entstand im Rahmen des Referats von Prof. Katinka Weissenfeld an der Connecta Bern 2019 und ist zuerst bei der Schweizerischen Post erschienen.

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AUTHOR: Katinka Weissenfeld

Katinka Weissenfeld ist Dozentin am Institut Public Sector Transformation der BFH Wirtschaft.

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