Oktober-November-Ausgabe: Digitalisierung – Vision einer fairen Teilhabe für alle
Der US-amerikanische Gesellschaftstheoretiker und Ökonom Jeremy Rifkin zeichnete 2011 in seinem Buch «The Third Industrial Revolution» die positive Vision eines «kollaborativen Zeitalters». Betriebsamkeit war früher, diese werde in der Zukunft vom «Geist der Zusammenarbeit» abgelöst. Am Übergang zwischen diesen Epochen sind wir vom BFH-Zentrum Digital Society daran, diesen Wandel aus verschiedenen Disziplinen hinaus zu verstehen und zu kommunizieren. Dass wir dabei einen normativen Ansatz in unserem Wissenschaftsmagazin SocietyByte und am BFH-Zentrum Digital Society verfolgen, ist kein Zufall, sondern vielmehr Ausdruck einer Vision, welche an dieser Stelle vor dem Hintergrund der (transdisziplinären) Oktoberausgabe kurz erläutert wird.
SocietyByte, das Wissenschaftsmagazin des BFH-Zentrums Digital Society, ist nicht nur ein Magazin zu Fragen der Digitalisierung, sondern auch ein Gesellschaftsmagazin. Dabei teilen die Exponentinnen und Exponenten des Zentrums aus den verschiedenen Departementen der Berner Fachhochschule eine Vision, welche darin besteht, dass die Schweiz das Potenzial der digitalen Transformation so nutzt, dass alle an den Errungenschaften der Digitalisierung fair teilhaben. Ganz konkret bedeutet dies, dass alle eine digitale Identität und einen diskriminierungsfreien Zugang zu Online-Diensten erhalten, aber auch die informationelle Selbstbestimmung und der Schutz der Privatsphäre sichergestellt ist. Die Wirtschaft, die sich dramatisch verändert hat – wo sich die Plattformökonomie schon durchgesetzt haben – soll gemäss der Vision ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum erzeugen und einen Wert für die Gesellschaft erzeugen, indem Forschung, Regulierung und Infrastruktur gute Voraussetzungen für geschäftliche und soziale Innovationen ermöglichen. Die Arbeitskräfte sollen über ein hohes Kompetenzniveau verfügen in Bezug auf Computational Thinking und sich Digital Skills aneignen, damit ein reger Austausch und eine intensive Vernetzung von Ideen, Daten und Algorithmen stattfinden kann. Die alternde Gesellschaft ist in dieser Vision kein Szenario des Schreckens, sondern eine Herausforderung, die den Menschen mehr gesunde Lebensjahre ermöglichen soll; die Wohn- und Lebensqualität ganz generell wird zunehmen. Verteiltes Wissen und Knowhow kann dank digitaler Kommunikationsnetzwerke besser geteilt werden, sodass beispielsweise die Gesellschaft dazu befähigt wird, ihre Gesundheit selber zu managen und das soziale Miteinander zu gestalten, gerade auch im hohen Alter.
Die Hochschulen – und ganz besonders die Fachhochschulen – spielen in dieser Vision eine zentrale Rolle; sie bieten eine breite Aus- und Weiterbildung an und ebnen mit digitalen Unterstützungswerkzeugen und Instrumenten den Weg zur transdisziplinären Lösungsentwicklung. Forschung und Lehre müssen im digitalen Kontext neuere Phänomene wie Ko-Kreativität, ad-hoc-Wettbewerbe und offene Innovation untersuchen und auch wissenschaftlich begleiten, wo solche Innovationsprozesse schon gelebt werden.
Damit sind wir mitten in den Beiträgen dieser transdisziplinären Ausgabe. Nada Endrissat, Mitarbeiterin in der Fachgruppe Neue Arbeits- und Organisationsformen am Institut New Work untersucht Hackathons als Arbeitsmethoden für Innovation, wie man dies kürzlich – während des 48-stündigen Hackathons «Bärn häckt» an der BFH Wirtschaft eindrücklich erleben konnte. Angelina Dungga, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Fachgruppe Innovation am Institut Public Sector Transformation erkennt im «Collaborative Government» für die öffentliche Verwaltung einen ko-kreativen Innovationsprozess zugunsten des «Public Values». Diesen Ansatz diskutierten Expertinnen und Experten aus Forschung, Politik und Wirtschaft an der Transform-Konferenz, die kürzlich stattgefunden hat. Prof. Dr. Sabine Hahn, Leiterin Pflege an der BFH Gesundheit zeigt am Beispiel Japan auf, wie Technologie in einer alternden Gesellschaft eingesetzt wird.
Die digitale Transformation mitzugestalten, ist die Mission des BFH-Zentrums Digital Society: dabei hilft die oben skizzierte Vision, die lebendige Forschungstätigkeit in diesem Magazin so zu kuratieren, dass man die wertebasierten Fragen immer wieder stellt. Dazu finden sich auch Anregungen im Interview mit den Glücksforschenden Maike Luhmann und Joar Vittersø, welche als Keynote-Speaker an der Jahreskonferenz der Schweizerischen Gesellschaft für Positive Psychologie (SWIPPA) präsent sein werden.
Die Herausgeber von SocietyByte sind nicht blind optimistisch, wonach die digitale Transformation zwingend zu einer bessere Teilhabe der Gesellschaft am ökonomischen Fortschritt führt, wie dies Jeremy Rifkin propagiert; aber sie teilen die Vision, dass die digitale Transformation ein Enabler ist für Menschen, Fachberufe, Unternehmen und den Staat. Damit diese Vision Wirklichkeit werden kann, braucht es das richtige Tun.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre,
Prof. Dr. Thomas Gees.
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