Septemberausgabe: Ein Ökosystem ist essentiell für die Etablierung von Smart Cities

Vor einigen Jahren prägte der MIT Wissenschaftler Otto Scharmer den Ausdruck oder vielmehr die Forderung «from ego-system to eco-system». Er bezog sich damit vor allem auf makroökonomische Aspekte und postulierte, dass um die heutigen grossen Herausforderungen (Klimawandel, Armut, Finanzkrise etc.) meistern zu können, ein Umdenken erforderlich sei: Weg vom Fokus auf den eigenen Vorteil, und hin zu einem gesamtheitlichen Denken.

Diese Forderung lässt sich aber auch gut auf den Smart-City-Kontext übertragen. Schon in einem früheren Artikel hatten wir, allerdings ohne diesen Ausdruck zu verwenden, die Wichtigkeit eines Multi-Stakeholder-Ansatzes postuliert. Das gilt einerseits innerhalb der Stadt selber, wo sich die nicht nur die einzelnen Departemente vernetzen und die Zusammenarbeit suchen sollten, sondern wo auch die Partizipation von Unternehmen, sozialen Institutionen und Einwohnerinnen und Einwohnern praktiziert wird. Kerry O’Connor, Chief Innovation Officer der Stadt Austin in Texas hat dies kürzlich in einem Vortrag in Bern unter dem Titel Smart City: From Ego-System to Eco-System sehr gut illustriert. Dies gilt aber ebenfalls für die Vernetzung und den Erfahrungsaustausch zwischen Städten. Laurent Horvath, Smart City Verantwortlicher von Carouge, benutzt in seiner Beschreibung der 5 Stufen, welche eine Stadt typischerweise in ihrem Smart City Entwicklungsprozess durchmacht, ebenfalls die Ausdrücke «Ego-System» und «Eco-System». Aus seiner Sicht – und ich kann dem nur zustimmen – wird es erst richtig interessant, wenn eine Stadt den Ökosystem-Ansatz verinnerlicht hat.

Es gibt weltweit heute einige Organisationen und Foren, in denen sich Städte austauschen können. In Europa, aber auch darüber hinaus, ist dies insbesondere die Open and Agile Smart Cities Initiative (OASC). Aus der Schweiz sind die Städte Carouge und Genf dort auch aktiv. OASC bietet aber mehr als nur Erfahrungsaustausch; sie fördert auch die Verbreitung von Standards um zu mehr Interoperbilität und Vendor-Unabhängigkeit zu kommen. Dazu hat sie auch sogenannte «Minimum Interoperability Mechanisms» (MIM) auf drei Stufen definiert: APIs, (semantische) Datenmodelle sowie Marktplatzintegration. In der Schweiz erfolgt der Erfahrungsaustausch der Städte hauptsächlich über die informelle, durch das Bundesamt für Energie ins Leben gerufene IG Smart City, sowie über den 2018 gegründeten Verband Smart City Hub Switzerland, welchem sich insbesondere die grösseren Städte der Deutschschweiz angeschlossen haben.

In dieser Ausgabe finden Sie zwei Artikel zu zwei neuen Aktivitäten in der Aufbauphase, welche das Schweizer Smart City Ökosystem zusätzlich erweitern. Im ersten Artikel beschreibt Dominik Grögler die neue Fachreiche «Smart City Lenzburg». In dieser Fachreihe werden konkrete Problemstellungen in den Bereichen Bezahlsysteme, Mobilität, Energie & Umwelt sowie Daten angegangen und an einer jährlichen Fachtagung diskutiert. Die erste Tagung dieser Reihe wird im Mai 2020 in Lenzburg stattfinden, in den Folgejahren dann in anderen Städten. Im zweiten Artikel spricht Enrico Baumann, CEO der Elektron AG, über die «Smart City Alliance». Als Pendant zum Smart City Hub soll diese Allianz insbesondere die Vernetzung von Technologie- und Lösungsanbietern fördern und zur Etablierung eines Smart City Marktplatzes beitragen.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.

 

 

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AUTHOR: Stephan Haller

Stephan Haller ist Professor am Institut Public Sector Transformation der BFH Wirtschaft und am BFH-Zentrum Digital Society. Er lehrt über Projektmanagement, IT-Sourcing und E-Government lehrt und forscht in den Bereichen Smart City, Open Data und Internet der Dinge.

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