Wie Leistungserbringer ins elektronische Patientendossier eingebunden werden

Die Anbindung eines Leistungserbringers an das elektronische Patientendossier gestaltet sich je nach Integrationstiefe unterschiedlich komplex. Eine Übersicht der relevanten IHE-Profile kann bei der Entscheidungsfindung helfen.

Das elektronische Patientendossier (EPD) wird kommen, dies wurde in der eHealth-Strategie 2.0 nochmals bekräftigt. Für Spitäler heisst das, dass sie bis im Jahre 2020 in der Lage sein müssen, behandlungsrelevante Dokumente aus dem EPD lesen und in das EPD ablegen zu können. [1] Aufgrund der Komplexität des EPDs und der knappen Zeit bis zur geplanten Inbetriebnahme, müssen sich Leistungserbringer mit der Integration des EPDs auseinandersetzen. Dabei gibt es verschiedene Optionen wie tief das EPD in den bestehenden Systemen integriert werden soll.

Die Wahl der Integrationstiefe hat direkte Auswirkungen darauf wie automatisch der Datenaustausch zwischen Leistungserbringer und EPD vonstattengeht. [2] Je tiefer das EPD eingebunden werden soll, desto komplexer gestaltet sich die Einführung, jedoch wird die Benutzung aufgrund der Automatisierung umso effizienter und damit auf Dauer kostengünstiger. Dies hat eine Berechnung einer Sonderarbeitsgruppe der Privatspitäler Basel ergeben. [2] Für eine minimale gesetzeskonforme Umsetzung des EPDs reicht der Anschluss an eine Stammgemeinschaft und eine Registrierung einer Gesundheitsfachperson für den Zugriff auf das EPD. [3] Die Verwaltung der elektronischen Patientendossiers würde in einem solchen Fall manuell über die Portale der (Stamm-)Gemeinschaft erfolgen. Entsprechend steigt der personelle Aufwand für die Verwaltung des EPDs mit der steigenden Anzahl der Patienten mit einem elektronischen Patientendossier.

Die Gesundheitskommission des Nationalrates hat im August 2018 entschieden, dass Ärzte mit Praxen sich ebenfalls am EPD beteiligen müssen, damit sie weiterhin über die Grundversorgung der Krankenkassen abrechnen dürfen. Falls dies im Gesetz verankert wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass mittelfristig viele Patienten ein EPD eröffnen. Dies ist auch das Ziel der Gesetzgebung. Entsprechend kann sich der initiale Aufwand zur Integration des EPDs für Spitäler lohnen.

Einbindung ist komplex

Eine Einbindung des EPDs in die bestehende Systemlandschaft gestaltet sich äusserst komplex und unterscheidet sich gemäss den Anforderungen eines Spitals. Je nachdem welcher Automatisierungsgrad erreicht werden soll, werden unterschiedliche IHE-Profile benötigt, die unterstützt werden müssen. Die IHE (Integrating the Healthcare Enterprise) ist eine Initiative von Anwendern und Herstellern mit dem Ziel den Informationsaustausch zwischen IT-Systemen im Gesundheitswesen zu standardisieren und harmonisieren. IHE-Profile sind dabei technische Leitfäden, die auf bestehenden Standards basieren, die die Interoperabilität zwischen IT-Systemen sicherstellen sollen. [4] Für das EPD haben diverse IHE-Profile nationale Änderungen erfahren oder es wurden komplett neue IHE-Profile entwickelt. Dies führt dazu, dass auch die Hersteller von Krankenhaus- Informationssystemen (KIS), die bereits viele IHE-Profile unterstützen, für das EPD Änderungen an den Schnittstellen vornehmen müssen, um das EPD integrieren zu können. [5]

Abbildung 1: Mögliche Integrationsarchitektur mit relevanten IHE Aktoren und Transaktionen

Abbildung 1 zeigt eine mögliche Integrationsarchitektur, in der die Aktoren sowie Transaktionen von den IHE-Profilen gezeigt werden, welche im EPD zum Einsatz kommen und die für die Leistungserbringer relevant sind. Durch Verwendung eines Communication-Server, kann berücksichtigt werden, dass die Gesundheitsfachpersonen sowie deren Gruppierungen nicht im Primärsystem verwaltet werden und deren Verwaltungstool keine IHE-Profile unterstützt. Je nach gewählter Integrationstiefe und technischen Möglichkeiten ändert sich diese Darstellung natürlich. Die Fileregistrierung des PACS fehlt in dieser Übersicht ebenfalls. Bilddaten müssen im EPD nicht kopiert im Repository vorliegen, sondern dürfen als Originale im PACS verbleiben, werden jedoch in der Dokumentenregistry registriert und verlinkt. [6] Bei der Darstellung handelt es sich entsprechend um eine Beispielsituation ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Integration des EPDs ist nicht nur ein technisches Projekt, sondern hat einen Einfluss auf diverse Prozesse innerhalb eines Spitals. Das «on-Boarding» von Patienten ins EPD, das Herunterladen sowie Veröffentlichen von behandlungsrelevanten Dokumenten sowie die Verwaltung von Gesundheitsfachpersonen in Gruppen und deren Synchronisierung zum EPD sind einige Prozesse, die mit der Einführung des EPDs neu definiert, geändert und implementiert werden müssen.

Dezentraler Aufbau ist fraglich

Zum EPD kann grundsätzlich gesagt werden, dass es sich bei den verwendeten Technologien um etablierte Technologien handelt, die auch in anderen, ähnlichen Projekten (PEPA in Heidelberg, REPO in Österreich) zum Einsatz kommen. Abgesehen von den IHE-Profilen mit nationalen Anpassungen werden IHE-Profile verwendet, die weltweit standardisiert sein sollten. [7] Der dezentrale Aufbau des EPDs generiert für die Leistungserbringer keinen erheblichen Mehrwert, da aufgrund der rechtlichen Verpflichtung zur Einführung des EPDs die Spitäler nicht im Konkurrenzverhältnis stehen und die Anzahl der unterschiedlichen Stammgemeinschaftsplattformen gering ist.

Aus diesem Grund wäre ein Zusammenschluss von Stammgemeinschaften innerhalb der Sprachregionen der Schweiz aus Kostensicht sicherlich lohnenswert, da damit das identische Know-How nicht an mehreren Standorten aufgebaut werden muss. [7] Unabhängig welche Integrationstiefe gewählt wird, eine Integration des EPDs und dessen Prozesse ist für alle stationären Leistungserbringer Pflicht und auch Chance sich mit eHealth auseinander zu setzen.


Referenzen

  1. Gesetzgebung Elektronisches Patientendossier (EPDG)
  2. Basler Privatspitäler Vereinigung, «Basler Privatspitäler-Vereinigung 20.4.2018 – Schwerpunt EPD»
  3. J. Lindenmann, M. G. GmbH, P. Heierli, und M. G. GmbH, „«Georgis»: Angebot einer Gemeinschaft as a Service“, S. 28.
  4.  B. Bergh u. a., «[The role of Integrating the Healthcare Enterprise (IHE) in telemedicine]», Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz, Bd. 58, Nr. 10, S. 1086–1093, Okt. 2015.
  5. BAG, „Integrationsprofile Erläuterung“, 22. März 2016.
  6. eHealth Suisse, „Umsetzungshilfe Primärsysteme“. 18. September 2017.
  7. A. Ott, „Authentifizierung von Gesundheitsfachpersonen ins EPD“, 13.07.2018, S. 101.
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AUTHOR: Andreas Ott

Andreas Ott ist studierter Medizininformatiker und Mitinhaber der PROsoludo GmbH, die er zusammen mit seinem Bruder führt. Als Mitglied des Trägervereins eHealth Nordwestschweiz setzt er sich für den Fortschritt von eHealth im Gesundheitswesen ein.

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