Das Datenaustausch-Ökosystem der Sozialversicherung

Der Verein eAHV/IV definiert Schnittstellen und Standards für den Datenaustausch und koordiniert die Digitalisierung-Projekte für die AHV und die IV. Ziel ist die Verringerung des administrativen Aufwandes für alle Beteiligten. Dazu werden eine hochverfügbare Infrastruktur und ein Ökosystem benötigt, welches die betroffenen Parteien und Partner aktiv verbindet.

In der ersten Säule der Sozialversicherung sind heute 108 Durchführungsstellen aktiv. Sie sind in der IV-Stellen Konferenz (IVSK), der Konferenz der Kantonalen Ausgleichskassen (KKAK) und der Schweizerischen Vereinigung der Verbandsausgleichskassen (VVAK) organisiert. Die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) ist das zentrale Vollzugsorgan des Bundes im Bereich der 1. Säule der Sozial-versicherung. Sie umfasst: die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), die Invalidenversicherung (IV) sowie die Erwerbsersatzordnung (EO).

Im Jahr 2004 wurde der Verein eAHV/IV von den vier Mitgliedern KKAK, VVAK, IVSK und ZAS gegründet. Der Verein vereint alle Kassen, alle Verbände, die ZAS sowie die IT der Durchführungsstellen der AHV und IV und bildet die Brücke zwischen der Deutschen und der Latinischen Schweiz. Als In-teressensvertreter (Fachverband) von über 100 Durchführungsstellen modernisiert der Verein e-AHV/IV laufend den Datenaustausch (DA) in der AHV und der IV. Übergeordnetes Ziel des Vereins ist es, die Unternehmen von den administrativen Arbeiten zu entlasten. Zusammen mit Vertretern der Durchführungsstellen, den IT der Durchführungsstellen, dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) sowie Dritten definiert und erarbeitet eAHV/IV Schnittstellen und Standards für den Datenaustausch und koordiniert zusätzlich eGovernment- und Digitalisierung-Projekte für die AHV und die IV.

Das Netzwerk

Abbildung 1: Ökosystem der eAHV/IV

Aufgrund der gesetzlichen Aufgabe, welche die Durchführungsstellen wahrnehmen, besitzt eAHV/IV ein grosses Netzwerk an Partnern. Diese sind sehr unterschiedlich positioniert und nehmen unterschiedliche Rollen wahr. Zum Beispiel ist eAHV/IV Themenführer bei eGovernment Schweiz zum Thema AHV/IV. Der Verein eCH  definiert die schweizweiten Standards, welche soweit möglich bei eAHV/IV Anwendung finden.

Art. 33: Schweigepflicht: Personen, die an der Durchführung sowie der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durch-führung der Sozialversicherungsgesetze beteiligt sind, haben gegenüber Dritten Verschwiegenheit zu bewahren.

Eine enge Zusammenarbeit findet speziell mit dem Bundesamt für Sozialversicherung (BSV)  statt. Dieses ist als Aufsichtsbehörde verantwortlich für die Vorgabe von Anforderungen/Normen für die Umsetzung der Sozialversicherung. Ein Teil der Gesetze und Weisungen befasst sich auch mit den Themen Datenaustausch, Information Security oder Modernisierung der Aufsicht (in Vorbereitung, Vernehmlassung). Konkret, zum Beispiel der Artikel 33 des ATSG (Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts).

Kategorien des Datenaustauschs

Der Datenaustausch der 1. Säule der Sozialversicherung lässt sich in mehrere Kategorien einteilen:

    • Datenaustausch mit der Versicherten Person
    • Unternehmen / Arbeitgeber
    • Behörden (Bund / Kanton / Gemeinde)
    • Dritte (Kranken-/ Unfall-Versicherer / SUVA / RSA / usw.)

Abbildung 2: Schematische Darstellung des Datenaustausches

Hochverfügbare Infrastruktur – sedex

Der Datenaustausch mit dem Arbeitgeber, mit der Versicherten Person und den Gemeindebehörden wird grundsätzlich durch die Durchführungsstellen oder die IT der DS definiert. Eine Ausnahme bildet einzig der Datenaustausch vom Arbeitgeber via Dritte – zum Beispiel Swissdec oder easyGov.
Im Rahmen unserer Datenaustausch-Projekte wird mehrheitlich sedex eingesetzt. sedex steht für secure data exchange und ist eine Dienstleistung des Bundesamts für Statistik (BFS). Die Plattform ist für den sicheren asynchronen Datenaustausch zwischen Or-ganisationseinheiten konzipiert. Die Plattform ist hochverfügbar (24/7). sedex wurde im Rahmen der Modernisierung der Volkszählung ab 2010 aufgebaut, um die Statistiklieferungen der kommunalen Einwohnerdienste und der Personenregister des Bundes an das BFS sicherzustellen. Da sensitive Daten ausgetauscht werden, musste die Plattform von Beginn an hohen Anforderungen an die Si-cherheit sowie die Nachvollziehbarkeit genügen. Dazu setzt sedex moderne Verschlüsselungsverfahren sowie Sicherheitszertifikate der Swiss Government PKI ein. Seit Inbetriebnahme Mitte 2008 hat sich sedex auch Teilnehmern ausserhalb der Registerharmonisierung und der Statistik geöffnet. Heute wird sedex von über 4‘850 Organisationseinheiten in über 60 Domänen eingesetzt. Im Jahr 2017 wurden ca. 14.8 Millionen Meldungen via sedex übermittelt. sedex fungiert als «Postbote» und kann mit einem eingeschriebenen Brief verglichen werden.

Es ist sehr erfreulich, dass bereits heute über 30 Millionen Records elektronisch im Ökosystem der 1. Säule der Sozialversicherung ausgetauscht werden.

Für die Zukunft

Eine Herausforderung der Zukunft wird der elektronische Kontakt mit den Versicherten Personen sein. Obschon durch die Unterzeichnung der Tallinn-Deklaration definiert wurde, dass jeder Bürger mit den Behörden in der Schweiz elektronisch kommunizieren darf, ist dies noch ein weiter Weg. Hier gilt es speziell zu beachten, dass im Rahmen der Sozialversicherung die meisten Daten personenbezogen sind und mehrheitlich als besonders schützenswert eingestuft werden. Aufgrund dieser Situation muss sichergestellt werden, dass die Kommunikation von den Durchführungsstellen zu den Versicherten Personen korrekt ist. Das heisst, es ist ein onboarding-Prozess notwendig, um sicherzustellen, dass die verwendeten Mail-Adressen auch wirklich korrekt sind. Dies wird eine sehr grosse Herausforderung sein, speziell, da in der Sozialversicherung alle Bürger der Schweiz integriert sind.
Ein Lösungsansatz hierfür wäre zum Beispiel die schweizweite Einführung des eBürgerdossiers, wie in der Studie «Zukunftsstandort digitale Schweiz» beschrieben ist.


Referenzen

https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/publikationen-und-service/gesetzgebung/vernehmlassungen/aenderung-ahvg.html
https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/register/personenregister/sedex.html
https://www.egov-schweiz.ch/media/archive2/Zukunftsstandort_digitale_Schweiz_dt_Web.pdf

Creative Commons Licence

AUTHOR: Christian Zeuggin

Christian Zeuggin ist Geschäftsführer der AHV-, Familien-Ausgleichskasse sowie Krankentaggeldkasse EXFOUR, Präsident des Vereins eAHV/IV, Vorstandsmitglied der Interessen-Gemeinschaft-Ausgleichskassen–Informations-Systeme (IGAKIS). Er leitet das Ressort Technik der Vereinigung der Verbands-Ausgleichskassen (VVAK) und ist Vorstandsmitglied bei Swissdec.

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