«Daten als Infrastruktur werden Realität sein»
Der Verein opendata.ch hat gestern Abend einen neuen Präsidenten gewählt. Andreas Kellerhals, der frühere Direktor des Bundesarchivs übernimmt das Amt des scheidenden André Golliez. Ein Gespräch über die neue Strategie des Vereins.
Herr Kellerhals, Sie waren bis Januar dieses Jahres Direktor des Bundesarchivs, noch bis Ende Jahr sind Sie Beauftragter des Bundes für OGD und nun wurden Sie zum Präsidenten von opendata.ch gewählt– was ist Ihre Motivation?
Andreas Kellerhals: Mit dem Abschluss der Redaktion der neuen Strategie ist auch meine Arbeit als Beauftragter für OGD abgeschlossen. Ich werde ab Jahresbeginn im Ruhestand sein und kann mich voll und ganz opendata.ch widmen, ohne dass mein Amt in Konflikt geraten könnte mit weiteren beruflichen Verpflichtungen. Das Thema Open Data beschäftigt mich schon seit der ersten Open Data Konferenz in der Schweiz 2011 im Schweizerischen Bundesarchiv. Ich war massgeblich verantwortlich für die Realisierung des ersten gesamtschweizerischen Portals opendata.admin.ch (2013) bzw. von dessen Nachfolgeportal opendata.swiss (2016).
Bei diesen Projekten bemühte ich mich vor allem auch darum, möglichst viele Daten zu publizieren und auf dem Portal zu referenzieren sowie die Nutzung dieser Daten anzuregen. Zu einer wirksamen Förderung einer Open Data-Kultur, wie das schon in der ersten bundesrätlichen Strategie geheissen hat, fehlten damals leider die nötigen Mittel. Aber die Plattform und die bis heute publizierten Datensätze sind dennoch ein ziemlicher Erfolg. Es ist jedoch auch klar, dass sowohl publikationsseitig wie nutzungsseitig noch vieles zu tun bleibt. Da will opendata.ch unterstützen und anregen. Die weitere Entwicklung sollte nicht einfach angebotsseitig, sondern im Dialog mit allen Stakeholdern definiert werden. Da gibt es also viele Betätigungsfelder, die ein Engagement lohnen.
Wie profitieren Sie von Ihren vorherigen Ämtern, und wie sieht Ihr Ideal aus?
Die Erfahrungen aus der Verwaltung, aus dem Prozess der Strategiedefinition ebenso wie aus der konkreten Arbeit der Strategieumsetzung halte ich für eine gute Voraussetzung, um das bisher schon erfolgreiche Werk von opendata.ch weiterzuführen. Das Ideal ist immer noch eine transparentere Welt mit klar wahrgenommenen Verantwortlichkeiten und folglich auch einer selbstverständlichen Rechenschaftsbereitschaft, in der Lösungen partizipativ entwickelt und Ideen im Dialog umgesetzt werden.
Was wollen Sie als Präsident mit dem Verein erreichen – Stichwort neue Strategie?
Die neue Strategie von opendata.ch – ebenso wie die neue Strategie des Bundesrates – orientiert sich eigentlich immer noch an den gleichen „grossen“ Zielen: mehr Transparenz, mehr Partizipation, bessere Rechenschaftsfähigkeit – der allgemeine Kontext der Open Data Bewegung bleibt auch weiterhin der massgebliche Bezugsrahmen. Für die Umsetzung muss alles konkreter und damit automatisch auch bescheidener formuliert werden, aber die Ambitionen bleiben: Es ist klar mein Ziel, mit opendata.ch dazu beizutragen, dass mehr Daten publiziert werden. Alle neuen Daten sollten automatisch als offene Daten genutzt werden können und auch die bereits bestehenden sollten, wenn möglich thematisch aufeinander abgestimmt und nachfrageorientiert, offen publiziert werden.
Generell geht es mir darum, dass dank offener Verwaltungsdaten nicht nur an Abstimmungssonntagen Demokratie praktiziert wird, sondern bereits viel früher in Verwaltungsprozessen eine breite Partizipation der Betroffenen und Beteiligten möglich wird.
Die publizierten Daten sollen ausreichend beschrieben sein und in nutzbaren Formaten vorliegen, d.h. vorzugsweise als Linked Open Data. Daneben gibt es natürlich noch die Fragen der rechtlichen und finanziell unentgeltlichen Zugänglichkeit. Zu deren Lösung kann opendata.ch einiges beitragen. Weiterer Schwerpunkt muss zudem die Förderung der so genannten Digital Skills und der Data Literacy sein, ohne die ein kompetenter Umgang mit Daten nicht möglich ist. Auch dazu hat opendata.ch schon viel geleistet und wird dies auch künftig tun.
Ein Blick in die Zukunft: die Schweiz in 10 Jahren im Bereich Open Data und OpenGLAM – Ihre Vision?
In zehn Jahren werden alle Verwaltungsdaten von Bund, Kantonen und Gemeinden als offene Verwaltungsdaten publiziert und die schon bestehenden Datenbestände, an denen sich ein öffentliches Interesse manifestiert hat, sind ebenfalls frei zugänglich. Daten als Infrastruktur werden weltweit Realität sein und die Schweiz wird eine gute Position in diesem Daten-Ökosystem einnehmen. Daten aus dem GLAM-Bereich müssen unbedingt dazu gehören. Alle diese Daten werden rege genutzt, sowohl in demokratischer Absicht, zu Bildungszwecken oder auch mit wirtschaftlichen Zielsetzungen.
Wenn Sie speziell den GLAM-Bereich ansprechen, dann sind viele Nutzungsmöglichkeiten denkbar, aktuell in politischer Perspektive z.B. speziell auch für die Provenienzforschung resp. den transparenten Provenienznachweis.
Generell geht es mir darum, dass dank offener Verwaltungsdaten nicht nur an Abstimmungssonntagen Demokratie praktiziert wird, sondern bereits viel früher in Verwaltungsprozessen eine breite Partizipation der Betroffenen und Beteiligten möglich wird. Ausserdem werden in zehn Jahren neue wirtschaftliche Aktivitäten Alltag geworden sein, die auch auf diesen Daten basieren und – vielleicht – werden sogar die Unternehmen gemerkt haben, dass die Publikation ihrer Daten nicht das Ende erfolgreicher Geschäftsführung bedeutet, sondern ein wichtiger Faktor für wirtschaftlichen Erfolg ist.
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