Wie sich die Dienstleistungswirtschaft durch Daten wandelt
Datengetriebene Wertschöpfung: was gibt es zu tun? Welche neuen Ansätze zur Entwicklung von datenbasierten Dienstleistungen notwendig sind, stellen unsere Gastautoren vor.
Mit der Verbreitung des Internets über die letzten 20 Jahre hat sich die Digitalisierung in weite Bereiche von Gesellschaft und Wirtschaft ausgedehnt. Administrative Prozesse sind schon überwiegend digitalisiert und effizient gestaltet. Die kundenzentrierte Entwicklung von Dienstleistungen, welche relevante Probleme im Alltag von Anwendern lösen, hat hingegen noch grosses Potential. Firmen stehen vor dem Entscheid, ihr Geschäft von einer Produkt- zu einer Service-Logik zu transformieren und damit den gewachsenen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Mit der breiten Verfügbarkeit von Sensoren, Daten, Netzwerken und Cloud-Infrastrukturen steht für diesen Wandel heute eine Basis zur Verfügung, welche neue und skalierbare Möglichkeiten bietet. Vor dem Hintergrund dieser vielversprechenden technologischen Innovationen kommt der Fokus auf den betriebswirtschaftlichen Nutzen aber oft zu kurz. Dieser muss konsequent an den Anwendern und Kunden ausgerichtet sein und einen Mehrwert für deren Geschäftsprozesse generieren. Eine erfolgreiche Umsetzung digitaler Services muss ausgehend vom Geschäftsnutzen konzipiert sein und dabei gleichzeitig die Potentiale der neuen Technologien nutzen. Dafür werden neuartige methodische Ansätze benötigt.
Scheitern und daraus lernen
Mit der Theorie der Dienstleistungsentwicklung stehen uns seit einigen Jahren effektive und bewährte Instrumente zur Verfügung für das Design und Engineering von anwenderzentrierten Services. In der Praxis hat sich das Konzept des Value Proposition Designs bewährt für die Entwicklung von Services, die konsequent auf die Kunden ausgerichtet sind [1]. Die Situation der Kunden wird dabei in den Dimensionen Kundenaufgaben (Jobs), Kundenprobleme (Pains) und Kundengewinne (Gains) erfasst. Bei der Umsetzung von Service-Design-basierten Projekten ist eine iterative Vorgehensweise in enger Co-Creation mit den Kunden angebracht: mit schnellen Prototypen (rapid service prototyping) kann rasch und kostengünstig gelernt werden, ob man die Jobs, Pains und Gains der Kunden richtig verstanden hat. Scheitern und daraus lernen ist dabei fixer Bestandteil des Entwicklungsweges.
Der Kunde ist stets als Partner involviert und trägt zur Entwicklung bei. Daten und Analyse können diesen iterativen Suchprozess bei der Service-Entwicklung schneller auf eine Lösung konvergieren lassen, z.B. bei der Validierung neuer Service-Ideen in bestimmten Marktsegmenten (Simulation), bei der Auswahl von Service-Prototypen und deren Akzeptanz-Test in Feldversuchen, bei der Auswertung von Nutzungsdaten für die Optimierung bestehender Services oder auch bei Vermarktungsentscheiden.
Neue Modelle für Daten-basierte Value Propositions
In den herkömmlichen Produkt- und Service-Modellen wird den Kunden eine erbrachte Leistung versprochen, z.B. eine Anzahl aufgewendeter Arbeitsstunden oder eine Anzahl gelieferter Teile und nach kostenasierten Ansätzen verrechnet. Mit den neuen Modellen erfolgt der Übergang zu sogenannten outputasierten Services [2]. Den Kunden wird eine erzielte Leistung garantiert und verrechnet. Für die Anbieter entstehen dadurch interessante neue Möglichkeiten, durch kontinuierliche Service-Co-Creation mit den Kunden die Loyalität und die gegenseitige Bindung zu festigen und letztendlich die Wertschöpfung für alle Beteiligten zu optimieren.
Dabei kommt der Datenanalyse besondere Bedeutung zu. Wenn die Anbieter für die erzielten Ergebnisse statt für den erbrachten Aufwand vergütet werden, übernehmen sie einen wesentlichen Teil des operativen Risikos. Sie müssen genau berechnen können, zu welchem Preis sie die versprochenen Resultate kostendeckend oder mit Gewinnmarge erbringen können. Betriebs- und Nutzungsdaten müssen bei den Kunden erhoben und durch die Anbieter analysiert werden.
Von Wertschöpfungsketten zu neuen Service-Ecosystemen
Bei dieser Vorgehensweise zur Entwicklung von Services gelangt man typischerweise zum Punkt, dass man als einzelnes Unternehmen Partnerschaften eingehen muss, um die «Jobs», «Pains» und «Gains» der Anwender bzw. Kunden entlang der Customer Journey umfassend abdecken zu können. Dadurch werden lineare Wertschöpfungsketten aufgebrochen und es entstehen sogenannte Service-Ecosysteme, in denen die Akteure über Cloud-Verbindungen Service-Werte austauschen. Die Co-Creation zur Entwicklung von Services erfolgt dann gemeinsam durch mehrere Akteure eines solchen Ecosystems.
Unterstützung in der innovativen Community
Mit der Swiss Alliance for Data-Intensive Services (Data+Service Alliance) gibt es ein Technologie-Netzwerk in der Schweiz für innovative Unternehmen, akademische Institute und Einzelpersonen, welches den Fokus auf daten-basierte Wertschöpfung mit Dienstleistungen, aber auch Produkte und Geschäftsmodelle setzt. Es ist eine Community, die vor allem Unternehmen hilft, mit der Digitalisierung in diesem Bereich voranzukommen.
Die Zusammenarbeit in diesem interdisziplinären Netzwerk fördert Innovationsprojekte der Mitglieder, die wiederum das Wissen aus verschiedenen Bereichen zu marktfähigen Dienstleistungen bündeln. Gemeinsame Expertengruppen und Workshops helfen, das Potenzial der Community auszuschöpfen. Zur Förderung der Innovation wurde zudem durch die Alliance eine Innovations-Initiative «Von Ideen zu Projekten» und ein Stipendium für Start-Ups 2018/2019 ins Leben gerufen.
An der 5. Swiss Data Science Konferenz im Juni 2018 kamen 400 Forscher und Praxisvertreter zusammen, um Fragen der datenbasierten Wertschöpfung zu diskutieren: von der Datenerfassung und -verarbeitung über die Analytik bis hin zur Entwicklung neuer Dienste und deren Umsetzung; aber auch die gesellschaftlichen Auswirkungen, die mit datengetriebener Wertschöpfung zusammenhängen.
Referenzen
- Osterwalder, A., Pigneur, Y., Bernarda, G., Smith, A.: Value Proposition Design: How to Create Products and Services Customers Want. John Wiley & Sons, Hoboken, New Jersey (2014)
- Kowalkowski, C, Ulaga, W: Service Strategy in Action: A Practical Guide for Growing Your B2B Service and Solution Business, Service Strategy Press (2017).
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