Halbzeit: Wo steht der E-Government-Schwerpunktplan 2016–2019?
Die Fussballweltmeisterschaft ist in vollem Gang. Nach der ersten Halbzeit überlegen Spieler und Trainer: «Wie können wir einen guten Spielverlauf sichern – oder einen Rückstand aufholen?» In der Umsetzung des Schwerpunktplans der E-Government-Strategie von Bund, Kantonen und Gemeinden hat die zweiten Halbzeit bereits begonnen. Für eine Zwischenbilanz ist es aber noch nicht zu spät.
Der Steuerungsausschuss E-Government Schweiz, den Bundesrat Ueli Maurer präsidiert, prüft jährlich den Schwerpunktplan zur Umsetzung der E-Government-Strategie. Dieser umfasst 2018 neun strategische Projekte und vier dauerhafte Aufgaben (Leistungen), darunter sind Vorhaben für die Bevölkerung, die Wirtschaft und die Behörden.
Abbildung: Übersicht E-Government-Schwerpunktplan 2016-2019
Für die Bevölkerung
Die Umsetzung der Services und Basisdienste für die Bevölkerung schreiten stetig voran. Sechs Kantone (ZH, AG, ZG, UR, AR, SZ) und die Stadt St.Gallen bieten heute die elektronische Umzugsmeldung an. Alle übrigen, bis auf drei Kantone sehen vor, die Leistung im Laufe von 2018 einzuführen. Das operative Ziel der schweizweiten Verfügbarkeit bis Ende 2019 sollte damit zu erreichen sein.
Auch die elektronische Urne findet wachsende Verbreitung. Aktuell führen acht Kantone (NE, GE, FR, AG, BE, LU, SG, BS) Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe durch. Der Thurgau plant die Wiedereinführung im Herbst 2018. Fünf weitere Kantone haben entschieden, das E-Voting wiedereinzuführen oder befinden sich bereits in der Systembeschaffung (GL, GR, JU, VD, ZH). Jura, Glarus und Waadt sehen die Einführung bis Ende 2019 vor. Graubünden plant die Pilotierung per 2020, und der Kanton Zürich will bei positiver politischer Beurteilung des Vorhabens E-Voting im Jahr 2022 einführen. Trotz dieser positiven Tendenz kann das Ziel, dass bis 2019 zwei Drittel der Kantone die elektronische Stimmabgabe einsetzen, voraussichtlich nicht erreicht werden.
Abbildung 1: Einführung eUmzugCH in der Schweiz (Stand Mai 2018)
Ein wichtiger Meilenstein für eine einfachere und sichere Abwicklung von elektronischen Behördengeschäften wurde Anfang Juni erreicht: Der Bundesrat die Botschaft zum Gesetz über eine staatliche elektronische Identität (E-ID) zuhanden des Parlaments verabschiedet. Der gesteckte Zielhorizont, das Gesetz per 2020 einzuführen, kann damit gemäss heutiger Planung eingehalten werden.
Für die Wirtschaft
Die Services für die Wirtschaft befinden sich ebenfalls auf Kurs. Unternehmen können ihre Mehrwertsteuerabrechnung über das Portal SuisseTax der Eidgenössischen Steuerverwaltung elektronisch deklarieren. Mit der Möglichkeit, die MWST-Deklarationen im XML-Format zu importieren, ist ein Schritt hin zur medienbruchfreien Abrechnung gemacht.
Seit November 2017 steht den Unternehmen in der Schweiz das Portal EasyGov.Swiss zur Verfügung. Darauf können sie mit den Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden online verkehren. Das Ziel, die zehn von Unternehmen am meisten nachgefragten Behördenleistungen bis 2019 auf EasyGov.Swiss anzubieten, sollte erreicht werden können.
Für die Behörden
Ein wichtiges Ziel im Bereich der Basisdienste für die Behörden wurde Ende Juni mit der Gründung der «eOperations Schweiz AG» erreicht. Diese Organisation übernimmt zukünftig auf Nachfrage von Stellen der Verwaltung von Bund, Kantonen und Gemeinden Beschaffung und Betriebsmanagement von gemeinschaftlichen E-Government-Lösungen.
Im Projekt «Identitätsverbund Schweiz» steht der Identitätsvermittlerdienst zur Pilotierung bereit. Eine bis Ende Sommer laufende Umfrage bei Bundesstellen, Kantonen und Gemeinden wird zeigen, ob und in welchen Verwaltungen, der Dienst pilotiert werden wird. Das einheitliche Anmeldeverfahren auf Portalen verschiedener Staatsebenen sollte damit planmässig bis 2019 verfügbar sein.
Zum heutigen Zeitpunkt gefährdet ist die schweizweite Bereitstellung des E-Government-Validators bis 2019. Die unklare Frage des Betriebs des bestehenden Validators, der in der Bundesverwaltung und in den Zuger Kantons- und Gemeindeverwaltungen eingesetzt wird, hat das Projekt verzögert.
Das Projekt für den Aufbau nationaler Adressdienste ist Anfang Jahr gestartet. Bis Ende 2019 steht gemäss heutiger Planung der Prototyp der Adressdienste bereit. Somit können die öffentlichen Verwaltungen von Bund, Kantonen und Gemeinden künftig auf Wohnsitzadressen der Einwohnerinnen und Einwohner der ganzen Schweiz zugreifen und ihre Arbeitsabläufe optimieren.
Dauerhafte Aufgaben
Bei den vier strategischen Leistungen handelt es sich um dauerhafte Aufgaben, betreffend die Standardisierung, das Wissensmanagement in rechtlichen und technischen Fragen und den Zugang zu elektronischen Behördenleistungen für die Bevölkerung. Die zuständigen Organisationen haben im Rahmen des Schwerpunktplans den Auftrag, diese Aufgaben bis 2019 sicherzustellen und wo nötig weiterzuentwickeln. Dabei wurden zahlreiche Standardisierungsdokumente und Leitfäden, z.B. für die Bereitstellung von Geodaten als Open Government Data oder die Gestaltung Nationaler E-Government-Portale, erstellt. Auch Austausch und Zusammenarbeit der involvierten Fachleute in geeigneten Gefässen, wie dem Kompetenznetzwerk «Zugang zu elektronischen Behördenleistungen» oder der Fachgruppe E-Government-Recht werden durch die strategischen Leistungen gefördert.
Spielstand 7:2
Die Überprüfung des Umsetzungsstandes der strategischen Projekte zeigt einen erfreulichen Zwischenstand. In sieben von neun Projekten sollten die gesteckten Ziele in der vorgegebenen Frist erreicht werden können. Bis Ende der zweiten Halbzeit gilt es damit mehrheitlich, den bisherigen Spielverlauf weiterzuführen. Die Verantwortlichen der Projekte «Vote électronique» und «Signaturvalidator» werden daran arbeiten, der Zielformulierung bis 2019 möglichst nahe zu kommen.
E-Government-Strategie ab 2020
Trotz gutem Umsetzungsfortschritt des aktuellen Schwerpunktplans, hat das Schweizer E-Government im internationalen Vergleich noch Aufholbedarf. Die hiesige Verwaltung befindet sich, was die Verfügbarkeit von Basismodulen und elektronischen Behördenleistungen betrifft, im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld. Dies zeigen Untersuchungen der Vereinten Nationen und der Europäischen Kommission zum Thema.
E-Government Schweiz erarbeitet in den kommenden Monaten gemeinsam mit Fachleuten aller Staatsebenen geeignete Ziele und Umsetzungsmassnahmen für die E-Government-Strategie ab 2020, um die bestehenden Herausforderungen anzugehen. Denn will die Schweiz dereinst im E-Government weltweit zu den acht Besten gehören, wie sich dies die Fussball-Nati für die WM in Russland vorgenommen hat, bleibt auch in den Jahren nach 2019 noch einiges zu tun.
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