Juli-Ausgabe: Ineffizientes E-Government bringt Korruption mit sich

E-Government ist kein Weg mit einem Endziel. Und die Geschwindigkeit im E-Government ist keine Frage von früher oder später das Endziel erreichen. Das sind die beiden Grunderkenntnisse, die es bei E-Government Strategien zu berücksichtigen gilt. Wer zu langsam des Weges kommt, der hat ein Problem. Und wer darauf hofft, dass E-Government von der Agenda verschwindet, der ist ein Problem.

E-Government ist deshalb kein Weg mit Endziel, weil wir nicht wissen, wohin die digitale Transformation die Verwaltung führen wird. Es existieren nur vage Ahnungen – und auch die nur in einigen Studierzimmern der Forschung. Und die Geschwindigkeit, mit der E-Government realisiert wird, ist deshalb wichtig, weil Langsamkeit den Staat instabil macht. Es ist entscheidend, die Effizienz der Verwaltung genügend schnell zu steigern.

Effizienzoptimierung wird von vielen abgelehnt, weil es wichtigere Werte als Effizienz gibt. Das ist nachvollziehbar. Es ist tatsächlich unvernünftig, anhand der falschen Kennzahlen Systeme zu optimieren. Und Effizienzkennzahlen sind selten die richtigen Kennzahlen für die Zukunftsfähigkeit eines Systems. Allerdings gibt es einen kritischen Ineffizienz-Grenzstreifen. Alles was jenseits dieses Grenzstreifens liegt, alles was klar zu ineffizient ist, das führt über kurz oder lang zur Korruption. Ineffizienz ist sogar eine der Hauptursachen für Korruption.

Da die Schweizer Verwaltung cum grano salis korruptionsfrei ist, scheint Ineffizienz nicht ihr Problem zu sein. Und so lange wir die heutige Effizienz aufrechterhalten, so lange wird es keine Korruptionsgefahr geben – so hat es den Eindruck. Das Problem ist nur, dass nicht die absolute Effizienz zählt, sondern die relative Effizienz, das heisst die Effizienz gemessen am technisch Möglichen. Eine Verwaltung, deren Produktivität gleichbleibt, während das technisch Mögliche sich weiterentwickelt, die wird zunehmend ineffizient. Sie wird so lang immer ineffizienter. bis irgendwann der Ineffizienz-Grenzstreifen überschritten ist und Korruption nur mehr eine Frage der Zeit. Darum ist auch im Schweizer E-Government die Umsetzungsgeschwindigkeit von zentraler Bedeutung. Es kommt wirklich darauf an, wie schnell man vorgeht.

Trotzdem wäre es falsch, der Beschleunigung die Qualität zu opfern. Eine der Hauptursachen für die langsame Entwicklung im E-Government ist die dauernde Beschleunigung zu Lasten inhaltlicher Qualität. Die andere Hauptursache ist das Controlling, das den inhaltlichen Fortschritt zugunsten einer rechtlichen Wohlfühlzone opfert. So paradox es klingt: Zu den Vätern der Korruption zählt auch die falsche Kontrolle, so wie auch sonst zu viel des Guten etwas ziemlich Schlechtes sein kann.

Das alles klingt ziemlich komplex, mindestens aber recht kompliziert. Vielleicht auch ein bisschen gar zu simpel. Aber schauen Sie sich weltweit um: Wo gibt es eine hoch ineffiziente Verwaltung, die nicht korrupt ist? Eben!

In diesem Sinne hoffe ich, dass diese E-Government-Ausgabe zur inhaltlichen Beschleunigung des E-Government beitragen wird.

Herzlichst

Ihr Reinhard Riedl

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AUTHOR: Reinhard Riedl

Prof. Dr. Reinhard Riedl ist Dozent am Institut Digital Technology Management der BFH Wirtschaft. Er engagiert sich in vielen Organisationen und ist u.a. Vizepräsident des Schweizer E-Government Symposium sowie Mitglied des Steuerungsausschuss von TA-Swiss. Zudem ist er u.a. Vorstandsmitglied von eJustice.ch, Praevenire - Verein zur Optimierung der solidarischen Gesundheitsversorgung (Österreich) und All-acad.com.

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