Maiausgabe: Nachhaltiges Projektmanagement

Was ist der gemeinsame Nenner von halbgescheiterten Organisationen? Von Projekten bis zu grossen Institutionen? Die Antwort scheint unmöglich – allein schon, weil es zu viele Arten von Organisationen und zu viele Arten von Tätigkeiten gibt. Trotzdem ist sie wichtig, weil sich aus ihr die wichtigste Aufgabe des Managements ableiten lässt. Doch der Reihe nach.

Zuerst zum Begriff nachhaltig: Nachhaltig ist alles was das Nutzenpotential der Gegenwart möglichst gut ausschöpft und Zukunftschancen schafft, wobei dort, wo sich beide widersprechen es auf eine vernünftige Balance ankommt. In der Praxis bedeutet dies beispielsweise für Projekte, dass aus einer gesamtheitlichen Sicht, die unterschiedliche Fach- und Stakeholder-Perspektiven vereint und die Zukunft und das Unvorhergesehene mitberücksichtigt, ein Projekt möglichst viel Sinn macht.

Das Fundament jeder nachhaltigen Organisationsführung ist die Ausrichtung aller Involvierter auf gemeinsame Ziele und darüber hinaus Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses, worum es der Organisation geht. Dazu gehört die Klärung der Frage nach dem Existenzgrund (reason for existence) und die Klärung, was verbindliche Spielregeln sind (permission to play). Für das nachhaltige Management von Projekten bedeutet dies, es müssen die Projektziele (cardinal aims) klar sein, es muss ein Bewusstsein für die Gesamtkosten (life cycle costs) da sein und es müssen die Nebenwirkungen (side effects) des Projekts bekannt sein. Und zwar allen Projektbeteiligten. Idealerweise auch den wichtigsten Stakeholdern, allen voran dem Auftraggeber. Sicher zu stellen, dass die so ist, das ist die Aufgabe der Projektleitung. Partizipation ist sinnvoll und nachhaltig bei der Analyse, wer aber im laufenden Projekt die Cardinal Aims umdefinieren will, hat im Projekt nichts zu suchen. Ein wichtiges Element nachhaltigen Projektmanagements ist, die Permission-to-Play zu definieren und Verstösse konsequent zu ahnden.

Auf der klaren Definition der Projektziele aufbauend – die auch für agile Projekte notwendig ist – können die Risiken und Chancen identifiziert werden – und vor allem so kommuniziert werden, dass sie alle kennen. Nachhaltiges Projektmanagement involviert alle in die Analyse, sorgt aber auch dafür, dass die identifizierten Risiken und Chancen allen bekannt sind und von allen beachtet werden.

Zwei weitere wichtige Elemente nachhaltigen Projektmanagements sind die Wahl der Projektstruktur und das Verständnis der besonderen Eigenschaften des Projekts, die sich aus den Inhalten ergeben. Die Projektstruktur sollte zum Risikoprofil passen und aus dem inhaltlichen Verständnis der Projektarbeit heraus sollte ein dazu passender Qualitätsmanagementplan entwickelt werden. Der Umgang mit Risiken und der Qualitätsfokus müssen passen (fiting), damit ein nachhaltiges Projektmanagement möglich ist.

Last but not least sollte die konkrete Projektplanung weder eine zu kurze noch eine zu lange Ablaufzeit vorsehen und weder zu wenige noch zu viele Mitarbeitende. Nachhaltiges Projektmanagement ist auch bei der Ressourcenplanung massvoll und es verlässt sich bei der Festlegung des Masses auf empirische Erfahrungen statt auf detaillierte Pläne.

Kommen wir zurück zur Ausgangsfrage: Was ist die Hauptursache für halbgescheiterte Projekte, oder allgemeiner für halbgescheiterte Organisationen. Bei Projekten braucht man dafür nur die oben skizzierten Punkte durchzugehen: bisweilen fehlt sogar das gemeinsame Projektverständnis, oft werden die Risikoregister (so es sie überhaupt gibt) fern vom Projekt geführt (in Schubladen aufbewahrt) und der Qualitätsmanagementplan ist wenig durchdacht und wird noch weniger konsequent eingehalten. Die Bottom-Line von all dem ist: All das, was zwingend selbstverständlich sein muss, ist es nicht.

Nachhaltigkeit scheitert meist daran, dass das notwendig Selbstverständliche nicht selbstverständlich ist und dass in der Folge das individuelle Handeln andauernd das Zusammenspiel der Akteure und das nutzbringende Arbeiten stört.

Wer mit Regeln darauf reagiert, wird verzweifeln, weil es Unmengen von Regeln braucht, um alle notwendigen Selbstverständlichkeiten zu definieren. Was also tun? Diese Frage ist bis dato unbeantwortet. Jede Führungskraft, jede Projektleiterin und jeder Projektleiter müssen sich der Herausforderung stellen, Selbstverständlichkeit zu schaffen, um dem nachhaltigen Handeln ein tragfähiges Fundament zu bieten.

Ich hoffe, die Maisausgabe 2018 bietet Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, einige nützliche Anregungen, wir sie in ihrem eigenen Verantwortungsbereich das Projektmanagement nachhaltiger gestalten können.

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AUTHOR: Reinhard Riedl

Prof. Dr. Reinhard Riedl ist Dozent am Institut Digital Technology Management der BFH Wirtschaft. Er engagiert sich in vielen Organisationen und ist u.a. Vizepräsident des Schweizer E-Government Symposium sowie Mitglied des Steuerungsausschuss von TA-Swiss. Zudem ist er u.a. Vorstandsmitglied von eJustice.ch, Praevenire - Verein zur Optimierung der solidarischen Gesundheitsversorgung (Österreich) und All-acad.com.

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