Märzausgabe: Das Datenfundament des E-Government
Wie kann man die Zusammenarbeit in der Verwaltung zwischen autonomen Organisationen «minimal invasiv» gestalten? Das heisst: Wie kann man erfolgreich zusammenarbeiten, ohne dass sich die Beteiligten zu stark verändern müssen?
Die vorherrschende Meinung ist, dass man im E-Government nur durch zentrale Steuerung vorwärts kommt und dass konkret die Prozessstandardisierung uns einen wesentlichen Schritt vorwärts bringt. Mit der stark ausgeprägten Schweizer Subsidiarität ist das kaum vereinbar. Es liefert auch nicht notwendigerweise mehr Zusammenarbeit. Im schlimmsten Fall führt es zur Logik „Jeder für sich, aber alle strikt nach Norm.“ Erfunden wurde das Konzept der Prozessstandardisierung in der Wirtschaft, um die zentrale Steuerung zu vereinfachen.
Eine Alternative zu diesem etablierten E-Government-Denken ist die Idee des Teilens. Teilen heisst hier „anderen Nutzungsrecht einräumen und die tatsächliche Nutzung einfach machen“. Im Fall von E-Government sind das Nutzungsrechte an den eigenen Daten, Applikationen und Diensten, sowie natürlich auch das Recht, Prozesse freiwillig zu kopieren. Es wird etwas angeboten, statt verordnet. Dieser Unterschied ist aber mehr ein gefühlter, denn ein realer. Damit das alternative Modell nämlich funktioniert, braucht es ein gemeinsames Identitäts- und Zugriffsmanagement und Datenstandards, zudem möglichst auch standardisierte Dienste-Schnittstellen. Das „Teilen“-Konzept im E-Government unterscheidet sich vom konventionellem Denken daher primär durch geringere Invasivität und grösseren Nutzen. Es schränkt das eigene Gestalten der operativen Verwaltungsarbeit durch die Gemeinde oder den Kanton viel weniger ein. Und es schafft offensichtlichen Nutzen durch Reduktion von Redundanz, Softwarekosten, Aufbau- und Betriebskosten von Diensten. Es stammt ebenfalls aus der Wirtschaft und dient dort insbesondere auch der Erhöhung des Werts von Kundendaten. „Teilen“ ist also ein Konzept für mehr Effizienz und höhere Wertschöpfung.
Das alternative Konzept ist dabei nicht gänzlich neu. Es wird unter anderem durch Registerharmonisierung und Registerintegration umgesetzt. Für eine konsequente Umsetzung sollten eine ganze Reihe von Fragen zum WAS und WOZU beantwortet werden:
- Welche Standards für den Informationsaustausch sind notwendig?
- Was kann mit konkreten Standards erreicht werden?
- Wo liegen die Grenzen einer Standardisierung, die sich auf den Informationsaustausch beschränkt?
Wichtig sind auch Antworten auf Fragen zum WIE, beispielsweise wie die Governance des Teilens definiert und kontrolliert werden soll. Dabei ist der Umgang mit dem Datenschutz ein zentrales Thema.
„The one big thing“ beim Thema Daten im E-Government ist die Umsetzung des „Only Once“ Prinzips. Einwohnerinnen und Unternehmen sollen Daten nicht mehrfach den Behörden liefern müssen. Umsetzen lässt sich dies nur in einer akzeptierten Logik des Daten-Teilens. Welche Architektur tatsächlich im Large Scale Pilot TOOP ausgewählt wird, entscheidet darüber, ob „Once Only“ analog zur grenzüberschreitenden Nutzung von elektronischen Identitäten und digitalen Unterschriften per Regulierung zur Norm erhoben wird oder nicht. Denn eine Regulierung, die das „Teilen“ vorschreibt, macht nur Sinn, wenn sie in der Praxis einfach machbar ist.
Ich hoffe, Sie finden viele relevante und wegweisende Antworten in dieser Ausgabe und wünschen Ihnen ein erbauliches Lesen. In der Hoffnung, dass ein guter Fachdiskurs über Daten im E-Government einen nützlichen Beitrag zum Entstehen einer brauchbaren Datenstrategie für die Schweiz führt,
herzlichst Ihr Reinhard Riedl.
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