Wie Onlinelösungen die Bürokratie erleichtern

Während der papierlose Staat in Dänemark und Estland längst Realität ist, liegt die Schweiz im internationalen Vergleich  nur auf Rang 28. Einzelne Kantone drängen vorwärts. So hat der Kanton Zug kürzlich eine elektronische Identität eingeführt – während der Bund bis Sommer 2018 die gesetzliche Grundlage schaffen muss. Dieses und andere Pilotprojekte wurden am eGovernment Symposium vorgestellt.

«Es ist viel in Bewegung in Bundesbern und in der Schweiz», sagte Peter Fischer, Präsident des eGovernment Symposiums in seiner Eröffnungsrede im Berner Hotel Bellevue Palace. Als Beispiele nannte er, die Online-Deklaration der Mehrwertsteuer, das Portal für Open Government und den erst kürzlich lancierten Onlineschalter easygov des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO, bei dem Unternehmen Behördengänge papierlos erledigen können. Die elektronische Identität werde vorangetrieben. Dennoch gebe es ein grosses Bedürfnis nach Mehr.

Luzerner Finanzdirektor Marcel Schwerzmann

Nicht schnell genug voran geht es Marcel Schwerzmann, Regierungsrat des Kantons Luzern. «Der Föderalismus hemmt die digitale Entwicklung bei der Umsetzung von eGovernment-Lösungen», sagte er. Der Luzerner Finanzdirektor sprach sich neben der elektronischen Identität auch für die elektronische Version der AHV aus. «Das muss kommen, dort müssen wir unseren Schwerpunkt ansetzen», betonte er. Auch den Umzug möchte Schwerzmann digitalisieren. Aber er machte auch klar: «wir machen keine App-Entwicklung, sondern wir fördern Projekte, sind Manager für Service, Partnerschaften und Marketing».

Grundstücke per Formel schätzen

Im Kanton Obwalden werden Grundstücke von der Steuerverwaltung nur noch elektronisch mithilfe von Formeln geschätzt. Finanzdirektorin Maya Büchi stellte diese Praxis vor, die seit Anfang Jahr per Gesetz in Kraft getreten ist. Dabei werden Steuerwert und Eigenmietwert nach bestimmten Eckdaten festgelegt. Die Eigentümerinnen und Eigentümer erhalten einen persönlichen Zugangscode und haben so die Möglichkeit, über das Bewertungsportal wichtige Dinge zu ergänzen oder zu korrigieren. «Das Portal wird überwiegend als benutzerfreundlich, sinnvoll und innovativ bewertet», sagte Büchi. Seit der Lancierung vor rund einem Jahr wurden bereits rund 85 % der eingereichten Bewertungen online eingereicht. Für Büchi ein Erfolg. Ursprünglich sei dieses egov-Projekt aus Kostengründen lanciert worden. Der Aufwand der Vor-Ort-Schätzung in keinem Verhältnis stand. Zwar habe die technische Umsetzung am Anfang Schwierigkeiten bereitet, doch: «Wir würden es wieder tun», schloss Büchi.

Waren per App verzollen

Auch die Eidgenössische Zollverwaltung digitalisiert ihr «Kerngeschäft»: statt einer schriftlichen Anmeldung können Grenzgänger ihre Waren via App anmelden. Die App ist ein erster Teil eines der grössten Projekte des Bundes Dazit, mit dem der Bund für rund 400 Mio. Franken die IT der Zollverwaltung und den Grenzschutz erneuert.  Mit Dazit werden dereinst die gesamten Zollformalitäten digitalisiert oder wie es Zolldirektor Christian Bock ausdrückte: «ein Elefant zum Tanzen gebracht». Ein Elefant, der pro Jahr mehr als 36 Mio. Zollanmeldungen bearbeitet. Das Gesamtprojekt soll 2026 abgeschlossen sein.

Kanton Zug mit Vorreiterrolle

Bereits seit vergangenem Mai können die Bürgerinnen und Bürger des Kantons Zug ihre eigene elektronische ID nutzen. Der Kanton realisierte das 2012 gestartete Projekt «Zuglogin» quasi im Alleingang und noch vor einer Lösung auf Bundesebene. «Unsere Identifikation umfasst neben einem sicheren Login, der digitalen Unterschrift auch die digitale Zustellung anstatt per Briefpost», sagte Projektleiter Rudolf  Gisler. Dies ist in Dänemark bereits Standard. Mit Zuglogin können Behördengänge online erledigt werden sowie Eingaben und Gesuche mit einer elektronischen Unterschrift übermittelt werden.  Die Verwaltung ihrerseits kann Entscheide und Verfügungen ebenfalls via «ZUGLOGIN» online übermitteln. Ab kommendem Jahr soll erstmals die Steuererklärung komplett papierlos eingereicht werden können.

Blockchain und IoT nutzen

Wo Nachbarland Österreich in Sachen eGovernment steht, zeigte Reinhard Posch, Leiter Digitales Österreich und CIO der Bundesregierung von Österreich: «Wir waren überaus erfolgreich, aber wir dürfen uns nicht ausrufen», sagte er. Vor allem in den Bereichen Cybersecurity sowie mobile Techniken und Internet of Things (IoT) müsse mehr getan werden.

Posch konzentrierte sich in seinem Vortrag darauf, dass sorgfältig mit Daten im Bereich des eGovernment gearbeitet werden muss. «Es braucht höchste Genauigkeit und eine hinreichend gut ausgestattete Verwaltung», sagte er und stellte den Data-Only-Once-Ansatz vor. Dieser ist Teil der Tallinn-Deklaration, die 32 Länder der EU und EFTA im vergangenen Monat unterzeichnet haben. «Bürger sollten ihre Daten nur einmal an die Verwaltung weitergeben», sagte Posch.

«Papierlos war gestern», sagte Posch, er denke schon weiter und verwies auf Blockchain-Technologie. Als Baustelle für die Zukunft benannte er den internationalen Austausch von Daten innerhalb Europas. «Wir haben in der EU und in der Schweiz unterschiedliche Rechtssysteme, Kulturen und Verwaltungshistorie.» Die digitale Vorzeigenation habe eine junge Verwaltung und tue sich daher leichter mit der Digitalisierung.

 

 

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AUTHOR: Anne-Careen Stoltze

Anne-Careen Stoltze ist Redaktorin des Wissenschaftsmagazins SocietyByte und Host des Podcasts "Let's Talk Business". Sie arbeitet in der Kommunikation der BFH Wirtschaft, sie ist Journalistin und Geologin.

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