E-Voting als Gewähr für die Rechtsgleichheit

Heute sind rund 158’000 Auslandschweizer und -schweizerinnen zur Ausübung ihrer politischen Rechte in einem Stimmregister eingetragen. Verspätungen beim Postversand machen die schriftliche Abstimmung aber zu einer unsicheren Lösung. Daher stellt die elektronische Stimmabgabe für unsere Landsleute im Ausland häufig die einzige Möglichkeit dar, ihre demokratischen Rechte auszuüben.

1992 deutete die Botschaft zum Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer darauf hin, dass in den kommenden Jahren 20’000 bis 25’000 Schweizer Bürger und Bürgerinnen ihr briefliches Stimm- und Wahlrecht vom Ausland her ausüben würden. Heute sind es fast acht Mal so viele, wobei die Zahl jedes Jahr weiter zunimmt.

Der Wunsch, sich auf der politischen Bühne Gehör zu verschaffen, ist ein starkes Zeichen der Verbundenheit der Auslandschweizer und -schweizerinnen mit ihrem Heimatland. Der Wunsch ist gross weiterhin aktiv am politischen Leben in der Schweiz zu partizipieren. Dies ist insbesondere auf die Entwicklung der internationalen Migration zurückzuführen, die von immer kürzerer Dauer ist. Man geht vor allem aus beruflichen Gründen für einige Jahre ins Ausland, bevor man wieder in die Schweiz zurückkehrt. Es sei darauf hingewiesen, dass 60% der 775’000 Auslandschweizer und -schweizerinnen zwischen 18 und 65 Jahre alt und erwerbstätig sind. Das Bedürfnis nach Aufrechterhaltung einer intensiven Verbindung zur Schweiz ist ausgeprägt und wird unter anderem über die Ausübung politischer Rechte erreicht. Doch aufgrund der Verzögerungen beim Postversand ins Ausland ist dies häufig unmöglich. Die Lösung des Problems liegt daher in der Einführung des E-Voting.

Obwohl erste Versuche bereits 2004 begannen, stellen heute leider nur sechs Kantone (BE, BS, FR, GE, LU, NE) ihren Landsleuten im Ausland diesen Stimmkanal zur Verfügung. Paradoxerweise boten vor den eidgenössischen Wahlen 2015 noch 14 Kantone die Stimmabgabe via Internet an. Grund für diesen Rückgang ist die Auflösung des Zürcher Consortiums. Der Bundesrat hatte entschieden den 9 Kantonen, die Gebrauch vom E-Voting-System für die eidgenössischen Wahlen machten, aufgrund einer «Lücke im Schutz der Geheimhaltung der Stimmabgabe» keine Genehmigung zu erteilen.

Es besteht jedoch Anlass zur Hoffnung. Tatsächlich haben die Kantone Aargau und St. Gallen angekündigt, bereits Ende 2017 E-Voting-Versuche für ihre im Ausland lebenden Bürger und Bürgerinnen durchführen zu wollen. Der Kanton Waadt startet solche Versuche ab 2018. Auch der Bundesrat hat im April 2017 klar seinen Willen bekundet, dass alle Schweizer Kantone bis 2019 die elektronische Stimmabgabe einführen sollen, und zwar mit Blick auf die eidgenössischen Wahlen. Zu diesem Zweck wird die Bundeskanzlei in Zusammenarbeit mit den Kantonen einen entsprechenden Zeitplan für die Einführung erstellen. Diese Ankündigung ist nicht nur für die Auslandschweizer und -schweizerinnen erfreulich, sondern auch für die Auslandschweizer-Organisation (ASO). Die ASO, die sich für die Einführung des E-Voting zugunsten der Mitglieder der sogenannten «Fünften Schweiz» einsetzt, hatte den Kandidierenden für die eidgenössischen Wahlen 2015 gegenüber klargemacht, dass sie eine Erreichung dieses Ziels bis 2019 erwartet.

Ferner hat die ASO stets die Politik der Bundeskanzlei unterstützt, die der Sicherheit bei E-Voting-Systemen den Vorrang gegenüber der Geschwindigkeit geben. Nach 12-jähriger erfolgreicher E-Voting-Versuchsphase in verschiedenen Kantonen sollte einer Einführung des 3. Stimmkanals nichts mehr im Weg stehen.

Es versteht sich von selbst, dass das E-Voting mittelfristig allen Schweizer Stimmberechtigten zur Verfügung gestellt werden muss. In einem politischen System der halbdirekten Demokratie wie der Schweiz ist es normal, dass für alle Bürger und Bürgerinnen die gleichen Rechte gelten und sie diese auch ausüben können. Deshalb möchten die Auslandschweizer und -schweizerinnen schneller als bisher via Internet abstimmen können.

Neben einem besseren Zugang zu den Wahlen ist ein weiterer positiver Effekt von E-Voting, dass Auslandschweizer und -schweizerinnen aufgrund ihrer Erfahrungen im Ausland eine möglicherweise internationalere Sichtweise auf die in unserem Land diskutierten Themen einbringen. Im Falle der Auslandschweizer und –schweizerinnen ist E-Voting ein bewährtes Mittel für die Gewährleistung ihrer Partizipation am politischen Prozess.

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AUTHOR: Ariane Rustichelli

Ariane Rustichelli wurde am 7. Januar 1974 in Biel geboren.
Sie besitzt einen EMBA mit dem Schwerpunkt Innovation und nachhaltige Entwicklung der Haute Ecole de Gestion ARC und hat ein Studium in Kunstgeschichte, Geschichte und Journalismus an der Universität Neuenburg mit dem Lizentiat abgeschlossen.
Vor ihrem Eintritt bei der Auslandschweizer-Organisation (ASO) im Jahr 2008 als Leiterin Marketing und Kommunikation war Frau Rustichelli im privaten und öffentlichen Sektor sowie freiberuflich tätig. Seit dem 1.1.2014 ist sie Direktorin der ASO.

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