Digitalisierung und Demokratie: Schub für E-Voting in der Schweiz

Seit dem Jahr 2000 engagieren sich Bund und Kantone gemeinsam im Bereich der elektronischen Stimmabgabe. Seither verzeichnete die Etablierung der elektronischen Urne Fortschritte und Rückschläge. Ein neues Planungsinstrument und zusätzliche finanzielle Mittel von E-Government Schweiz ebnen nun den Weg für angepasste Rahmenbedingungen: Das elektronische Abstimmen soll sich als dritter ordentlicher Stimmkanal etablieren.

Die Pioniere des E-Votings in der Schweiz waren die Kantone Genf, Neuenburg und Zürich, die 2004, resp. 2005 die ersten Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe auf eidgenössischer Ebene durchführten. Alle drei Kantone hatten hierfür ein anderes System im Einsatz. Genf setzte auf eine eigens entwickelte Lösung, Neuenburg nutzte eine spanische Software und Zürich baute das Consortium Vote électronique (bestehend aus den Kantonen AG, FR, GL, GR, SG, SH, SO, TG und ZH) auf. Seither gab es mehr als 200 Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe bei Abstimmungen auf Bundesebene. Dazu kamen zahlreiche Durchführungen auf kantonaler und kommunaler Ebene.

Systemlandschaft und Ausbreitung
Nach den drei Pionieren folgten weitere Kantone, die sich einem der drei Systeme anschlossen, so dass bis heute 14 Kantone Versuche mit E-Voting durchgeführt haben. Im Herbst 2015 veränderte sich diese Ausgangslage. Das Consortium löste sich auf, da ihr System die bundesrechtlichen Anforderungen für die Zulassung zu den eidgenössischen Wahlen 2015 nicht erfüllen konnte. Zudem entschied sich der Kanton Neuenburg 2015, im E-Voting mit der Post als Systembetreiberin zusammenzuarbeiten. In der Folge gruppierten sich 2016 die Kantone neu: Der Kanton Freiburg entschied sich für den Anschluss an das System der Post, die Kantone Aargau und St. Gallen erteilten dem Kanton Genf den Zuschlag.

Auch die meisten übrigen Kantone aus dem ehemaligen Consortium arbeiten aktiv daran, E-Voting (wieder) einzuführen. Der Kanton Thurgau hat die Ausschreibung eines entsprechenden Systems lanciert. Im Kanton Graubünden steht eine Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte an, das die notwendigen Rechtsgrundlagen für die flächendeckende Einführung von E-Voting schaffen soll.

Die nachstehende Karte zeigt, welche E-Voting-Systeme im Mai 2017 wo im Einsatz sind:


Neues Planungsinstrument, zusätzliche finanzielle Mittel, Übergang in den ordentlichen Betrieb
Den bisherigen Versuchen mit E-Voting gemein war, dass sie nur einem Teil der Stimmberechtigten eines Kantons die Möglichkeit zur elektronischen Stimmabgabe eröffneten – seien es die Ansässigen oder Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Dies sieht die Verordnung über die elektronische Stimmabgabe vor, in der das zugelassene Quorum an Sicherheitsanforderungen der eingesetzten Systeme geknüpft wird. An seiner Sitzung vom 5. April 2017 hat der Bundesrat nun entschieden, die Versuchsphase beenden zu wollen und gemeinsam mit den Kantonen die nötigen Rechtsgrundlagen für die Etablierung des elektronischen Kanals als dritter ordentlicher Stimmkanal zu schaffen.

An der Frühjahrestagung der Schweizerischen Staatsschreiberkonferenz haben sich Bund und Kantone zudem zum Ziel bekannt, das im Schwerpunktplan von E-Government Schweiz definiert ist: Sie wollen die nötigen Schritte unternehmen, um das E-Voting bis 2019 in zwei Dritteln der Kantone zu etablieren. Im Anschluss daran hat der Steuerungsausschuss E-Government Schweiz an seiner Sitzung Ende April zusätzliche Mittel für das strategische Projekt «Vote électronique» beschlossen.

Transparenz und Sicherheit zentral
Mit diesen Entscheiden ist nun einerseits die strategische Stossrichtung für die Weiterführung von «Vote électronique» in der Schweiz gegeben. Andererseits stehen die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung, um die interessierten Kantone bei der Einführung des dritten Stimmkanals zu unterstützen.

Aus Sicht von E-Government sind weitere Aspekte der Entscheide zentral: Es wird geprüft, unter welchen Bedingungen der Prozess der Stimmabgabe vollständig digitalisiert werden kann, so dass auch die Zustellung der Wahl- oder Abstimmungsunterlagen elektronisch erfolgen kann. Zudem müssen die Systemanbieter künftig ihre Quellcodes offenlegen, und die universelle Verifizierbarkeit soll gemäss Aussage der Systemanbieter bis 2018 umgesetzt werden. Diese Massnahmen verbessern die Transparenz, die Sicherheit und Effizienz der Stimmabgabe im virtuellen Raum sowohl für die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger als auch für die involvierten Behörden.

Somit schaffen Bund, Kantone und Gemeinden das nötige Vertrauen für die Nutzung der technologischen Möglichkeiten im Bereich der Stimmabgabe und machen einen wichtigen Schritt zur Weiterentwicklung der politischen Mitspracherechte im Zeitalter der Digitalisierung.

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AUTHOR: Anna Faoro

Kommunikationsverantwortliche und stellvertretende Leiterin der Geschäftsstelle E-Government Schweiz, welche die Umsetzung der E-Government-Strategie Schweiz koordiniert.

AUTHOR: Mirjam Hostettler

Projektleiterin Vote électronique, Bundeskanzlei

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